Читать книгу Erweckt - Морган Райс, Morgan Rice - Страница 11
KAPITEL VIER
ОглавлениеCaitlin saß neben Caleb in dem weißen Krankenhauszimmer und sah Scarlet beim Schlafen zu. Die beiden saßen auf unterschiedlichen Stühlen, ein paar Zentimeter voneinander getrennt, jeder gefangen in seiner eigenen Welt. Sie waren beide so emotional ausgelaugt, so in Panik, dass sie keine Energie mehr hatten, um auch nur miteinander zu reden. In allen anderen schwierigen Zeiten ihrer Ehe hatten sie immer Trost ineinander gefunden, aber dieses Mal war es anders. Die Vorfälle der letzten Tage waren zu dramatisch gewesen, zu beängstigend. Caitlin stand immer noch unter Schock und so, das wusste sie, ging es auch Caleb. Sie mussten es beide auf ihre eigene Weise verarbeiten.
Dort saßen sie schweigend und sahen Scarlet beim Schlafen zu, das einzige Geräusch in dem Raum war das Piepen der verschiedenen Maschinen. Caitlin hatte Angst, die Augen von Ihrer Tochter abzuwenden, Angst davor, dass wenn sie wegschauen würde, sie sie erneut verlieren würde. Die Uhr über Scarlets Kopf zeigte 8 Uhr früh und Caitlin wurde klar, dass sie die letzten drei Stunden so gesessen hatte, seitdem sie es ihr erlaubt hatten und sie angeschaut hatte. Scarlet war nicht aufgewacht, seitdem sie eingeliefert worden war.
Die Krankenschwester hatte ihnen mehrfach versichert, dass alle lebenswichtigen Organe normal funktionierten, dass sie nur in einen tiefen Schlaf gesunken war und dass es nichts gab, über das sie sich Sorgen machen mussten. Auf der einen Seite war Caitlin sehr erleichtert; aber auf der anderen Seite würde sie es nicht wirklich glauben, bis sie es selbst gesehen hatte, Scarlet wach gesehen hatte, mit offenen Augen, so aussehend, wie sie immer ausgesehen hatte – glücklich und gesund.
Caitlin ging in ihrem Kopf immer und immer wieder die Ereignisse der letzten 24 h durch. Aber egal, wie sehr sie sie auseinander nahm, nichts von alledem machte einen Sinn – wenn sie nicht zu demselben Schluss kam: dass Aiden Recht hatte. Ihr Tagebuch war echt gewesen. Ihre Tochter war ein Vampir. Dass sie, Caitlin, ebenfalls mal einer gewesen war. Dass sie in der Zeit zurück gereist war, das Gegenmittel gefunden hatte und sich entschieden hatte, hierher zurück zu kommen, zu dieser Zeit und diesem Ort, um ein normales Leben zu leben. Dass Scarlet der letzte verbleibende Vampir auf Erden war.
Der Gedanke erschreckte Caitlin. Sie war so um den Schutz von Scarlet besorgt und wollte nicht, dass ihr irgendetwas schlechtes widerfahren würde; doch zur gleichen Zeit fühlte sie sich auch Verantwortlich für die Menschheit, fühlte, dass, wenn es wahr wäre, sie es Scarlet nicht erlauben dürfte sich zu verbreiten, die Vampirrasse wieder zu erschaffen. Sie wusste nicht, was zu tun war, und sie wusste nicht, was sie denken sollte, oder auch nur glauben. Ihr eigener Ehemann glaubte ihr nicht und sie konnte dafür nicht sauer auf ihn sein. Sie glaubte sich ja selbst kaum.
“Mama?”
Caitlin setzte sich auf, als sie sah, dass Scarlets Augenlider flatterten. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und rannte zu ihrer Bettseite, so wie Caleb es auch tat. Die beiden schwebten über Scarlet, als sie langsam ihre großen, wunderschönen Augen öffnete, beleuchtet durch die Morgensonne, die durchs Fenster schien.
“Scarlet? Liebling?” fragte Caitlin. “Geht es Dir gut?”
Scarlet gähnte und rieb sich mit Ihrem Handrücken die Augen, dann rollte sie sich langsam auf den Rücken, blinzelnd, desorientiert.
“Wo bin ich?” fragte sie.
Caitlin wurde durch den Klang ihrer Stimme mit Erleichterung überflutet, sie klang, und sah aus, wie dieselbe alte Scarlet. Es war Kraft in Ihrer Stimme, Kraft in ihren Bewegungen, in ihrer Mimik. In der Tat, zu Caitlins völliger Überraschung, sah Scarlet komplett normal aus, als wäre sie nur beiläufig aus einem langen Schlaf erwacht.
“Scarlet, erinnerst Du Dich noch an irgendwas, was passiert ist?” fragte Caitlin.
Scarlet drehte sich und sah sie an, dann stütze sie sich auf ihren Ellbogen und setzte sich teilweise auf.
“Bin ich im Krankenhaus?” fragte sie, überrascht. Sie betrachtete den Raum, realisierend wo sie war. “Oh mein Gott. Was mache ich hier? Bin ich ernsthaft krank?”
Caitlin fühlte sich noch erleichterter bei ihren Worten – und ihren Bewegungen. Sie hatte sich aufgesetzt. Sie war wach. Ihre Stimme war völlig normal. Ihre Augen glänzten. Es war schwer zu glauben, dass irgendetwas Ungewöhnliches je passiert war.
Caitlin überlegte, was sie ihr antworten sollte, wie viel sie ihr erzählen sollte. Sie wollte sie nicht erschrecken.
“Ja, Schatz”, warf Caleb ein. “Du warst krank. Die Krankenschwester hat Dich nach Hause geschickt und wir haben Dich diesen Morgen ins Krankenhaus gebracht. Erinnerst Du Dich an irgendetwas davon?”
“Ich erinnere mich daran, nach Hause geschickt worden zu sein…dass ich im Bett war, in meinem Zimmer…dann…” Sie runzelte die Stirn, als wenn sie versuchen würde, sich zu erinnern. “…das ist alles. Was war es? Ein Fieber? Was auch immer. Jetzt geht´s mir gut.”
Caleb und Caitlin tauschten einen verwirrten Blick. Klar, Scarlet sah normal aus und erinnerte sich an nichts.
Sollten wir es ihr sagen? fragte sich Caitlin.
Sie wollte sie nicht erschrecken. Aber zur selben Zeit fühlte sie, dass sie es wissen müsste, zumindest einen Teil von dem, was passiert ist. Sie konnte fühlen, dass Caleb dasselbe dachte.
“Scarlet, Schatz”, begann Caitlin sanft, dabei überlegend, wie sie ihre nächsten Worte formulieren sollte, “als Du krank warst, bist Du aus dem Bett gesprungen und aus dem Haus gerannt. Erinnerst Du Dich daran?”
Scarlet schaute sie an, die Augen groß vor Überraschung.
“Wirklich?” fragte sie. “Aus dem Haus gerannt? Was meinst Du damit? Wie schlafwandeln? Wie weit bin ich gegangen?”
Caitlin und Caleb tauschten einen Blick.
“Du bist eigentlich ziemlich weit gerannt”, sagte Caitlin. “Wir konnten Dich eine Weile nicht finden. Wir haben die Polizei gerufen und haben einige Deiner Freunde angerufen—”
“Ernsthaft?” fragte Scarlet, aufrecht sitzend, rot werdend. “Ihr habt meine Freunde angerufen? Warum? Das ist so peinlich. Wie seid Ihr an ihre Nummern gekommen?” Dann begriff sie. “Hast Du mein Handy durchstöbert? Wie konntest Du das tun?”
Sie lehnte sich im Bett zurück und seufzte, verärgert an die Decke starrend.
“Das ist so demütigend. Nie im Leben bin ich so tief gesunken. Wie soll ich den anderen je wieder ins Gesicht sehen? Jetzt denken die, dass ich eine Art Freak bin oder sowas.”
“Schatz, es tut mir leid, aber Du warst krank und wir konnten Dich nicht finden—”
Plötzlich öffnete sich die Tür des Krankenzimmers und ein Mann kam herein, der offensichtlich ihr Arzt war, stolzierend mit Autorität, flankiert von zwei Assistenten, jeder ein Clipboard in der Hand. Sie gingen direkt zu dem Clipboard an Scarlets Bett und lasen die Aufzeichnungen.
Caitlin war froh für die Unterbrechung, die ihren Streit zerstreute.
Eine Krankenschwester begleitete sie und ging zu Scarlet hinüber und stellte das Krankenhausbett auf eine sitzende Position. Sie nahm ihren Bizeps und maß ihren Blutdruck, dann hielt sie ein digitales Thermometer in ihr Ohr und nannte die Ergebnisse dem Arzt.
“Normal”, sagte sie zum Arzt, als er auf sein Clipboard schrieb, dabei nickend. “Dasselbe als sie hier ankam. Wir haben bei ihr nichts Krankes festgestellt.”
“Ich fühle mich gut”, stimmte Scarlet zu. “Ich weiß, dass ich gestern krank war, ich glaube, ich hatte Fieber oder so etwas. Aber jetzt geht es mir gut. Eigentlich würde ich gern zur Schule gehen. Ich habe eine Menge Tests heute. Und einige Schadensbegrenzung zu betreiben”, fügte sie hinzu, wütend auf ihre Eltern schauend. “Und ich habe Hunger. Kann ich jetzt gehen?”
Caitlin machte sich Sorgen um Scarlets Reaktion, ihr Versuch, alles unter den Teppich zu kehren und in ihr normales Leben zurück zu springen. Sie schaute Caleb an, hoffte, dass er dasselbe fühlte, aber sie sah in ihm auch den Wunsch, alles zu vergessen und zurück zur Normalität zu kehren. Er schien erleichtert.
“Scarlet”, begann der Arzt. “Ist es okay, wenn ich Sie untersuche und Ihnen ein paar Fragen stelle?”
“Sicher.”
Er gab das Clipboard an einen seiner Assistenten, nahm sein Stethoskop, legte es auf ihre Brust und lauschte. Dann legte er seine Finger auf verschiedene Stellen ihres Bauches, nahm ihr Handgelenk und beugte den Arm in verschiedene Richtungen. Er tastete ihre Lymphknoten ab, betastete ihren Hals und die Druckpunkte an ihren Ellbogen und Knien.
“Mit wurde gesagt, dass Du gestern mit Fieber von der Schule nach Hause geschickt wurdest”, sagte er. “Wie fühlst Du Dich jetzt?”
“Ich fühle mich großartig”, antwortete sie schnell.
“Kannst Du mir beschreiben, wie Du Dich gestern gefühlt hast?”, antwortete er.
Scarlet runzelte die Stirn.
“Es ist etwas neblig, um ehrlich zu sein”, sagte sie. “Ich war in der Klasse und ich, wie, fühlte mich auf einmal richtig krank. Mein Kopf tat weh, das Licht tat meinen Augen weh und ich hatte überall Schmerzen…Ich erinnere mich, dass mir wirklich kalt war, als ich nach Hause kam….Aber das ist alles etwas unscharf.”
“Hast Du Erinnerungen an gestern, an irgendetwas, das geschehen ist, nachdem Du krank geworden bist?”, fragte er.
“Ich habe es schon meinen Eltern gesagt, ich erinnere mich an nichts. Es tut mir leid. Sie sagten, dass ich schlafgewandelt wäre oder sowas. Aber ich erinnerte mich an nichts. Aber ich würde trotzdem gerne wieder in meine Klasse gehen.”
Der Arzt lächelte.
“Du bist ein starkes und tapferes, junges Mädchen, Scarlet. Ich bewundere Deine Arbeitsmoral. Ich wünschte, alle Teenager wären wie Du”, sagte er mit einem Augenzwinkern. “Wenn es Dir nichts ausmacht, würde ich gern ein paar Minuten mit Deinen Eltern sprechen. Und ja, ich sehe keinen Grund, warum Du nicht wieder zur Schule gehen solltest. Ich spreche mit der Krankenschwester und wir erledigen den Papierkram, um Dich zu entlassen.”
“Ja!” sagte Scarlet, vor Aufregung sich aufsetzend, mit glänzenden Augen.
Der Arzt wandte sich an Caitlin und Caleb.
“Darf ich mit Ihnen beiden kurz privat sprechen?”