Читать книгу Von Drachen Geboren - Морган Райс, Morgan Rice - Страница 6
KAPITEL ZWEI
ОглавлениеFast seit dem Tag ihrer Ankunft, als er noch ein Junge war, hatte Vars den Moment herbeigesehnt, an dem er Aethe einfach wegschicken konnte. Die Frau seines Vaters, sein Ersatz für Vars’ Mutter, war lange Zeit die Hauptquelle für so viele seiner Enttäuschungen im Leben gewesen. Sie hatte seinem Vater so lange ins Ohr geflüstert, wie er sich erinnern konnte, und ihm gesagt, dass Vars schwach oder feige oder unwürdig war und dass ihre Töchter herrschen sollten.
Selbst in den letzten Gesprächen hatte sie es unterstellt. Sie hatte Fragen darüber gestellt, wie Lenore zum Zeitpunkt des Angriffs hatte allein sein können, was offensichtlich darauf hindeutete, dass sie Vars verdächtigte, seine Pflichten als Wache nicht erfüllt zu haben. Sie hatte vorgeschlagen, dass ihre Brut helfen könnte, die Last der Regierung zu teilen, und Vars wusste sehr wohl, dass dies nur eine verschleierte Art war, ihm zu sagen, dass sie ihm möglicherweise die Macht abnehmen könnten. Als die Wachen Aethe in ihre Zimmer brachten, riskierte Vars ein selbstzufriedenes Lächeln.
„Was macht Ihr alle hier?“, fragte er, als er sich im Raum nach den Dienern und Wachen umsah. Soweit er sehen konnte, standen sie da nur herum. „Glaubt Ihr, mein Vater wird sich aufsetzen und ein Glas Wein verlangen oder Euch alle in den Kampf führen?“
Die meisten von ihnen schauten bei seinen Worten weg, als wollten sie ihm nicht zuhören. Nun, Vars war jetzt der Regent und sie hatten keine Wahl, denn sie mussten zuhören.
„Wir bleiben aus Loyalität beim König, Hoheit“, sagte einer der Diener. „Und für den Fall, dass er unsere Hilfe benötigt.“
„Welche Hilfe?“, forderte Vars. „Ich habe gesehen, wie Medicus Jarran wieder nach oben gegangen ist. Konnte er helfen? Nein. Selbst der gepriesene Magier meines Vaters hat bisher nur in seinem Turm vor sich hingemurmelt. Doch Ihr alle werdet ihm helfen können? Verlasst das Zimmer.“
„Aber Eure Hoheit –“
Vars drehte sich zum Diener. „Du hast gerade noch von Loyalität gesprochen. Ich bin der Regent des Königs. Ich spreche mit der Stimme des Königs. Wenn du einen Funken Loyalität in dir hast, wirst du gehorchen. Mein Vater muss nicht von Wachen oder Dienern umgeben sein. Du wirst gehen, oder ich werde dich mit Gewalt aus diesem Raum entfernen lassen.“
Vars konnte sehen, dass keinem von ihnen der Gedanke, seinen Vater sich selbst zu überlassen, gefiel, aber es war ihm egal. Er hatte vor langer Zeit schon festgestellt, dass die Leute nur das taten, was man von ihnen verlangte. Diejenigen, die über Ehre, Loyalität oder Patriotismus sprachen, waren nichts anderes als Lügner und gaben vor, so viel besser zu sein als Vars.
Als sie begannen, einer nach dem anderen den Raum zu verlassen, hielt eine der Wachen inne. „Was ist, wenn der König aufwacht, Hoheit? Sollte nicht einer von uns bleiben, um sich um ihn zu kümmern und Euch zu informieren, wenn es passiert?“
Vars schrie den Mann nur deshalb nicht an, weil er nicht als Sohn gesehen werden wollte, der seinen Vater hasste, oder als Dummkopf, der sein Königreich nicht kontrollieren konnte. Was die Leute sahen, war schließlich weitaus wichtiger als die Wahrheit.
„Das ist kein Job für einen von Euch“, sagte er. „Es ist eine Aufgabe, die ein Kind erledigen könnte.“ Eine Idee kam ihm in den Sinn. „Wer ist der jüngste der Pagen hier?“
„Das wäre Merin, Hoheit“, sagte einer der Diener. „Er ist elf.“
„Elf ist alt genug, um darüber zu wachen, ob mein Vater aufwacht, und jung genug, um für nichts anderes nützlich zu sein“, sagte Vars. »Hol ihn hierher und begib dich dann an deine eigentlichen Pflichten. Wir sind doch mitten im Krieg!“
Diese Worte waren genug, um sie alle in Bewegung zu bringen, auch wenn Vars’ eigene Aura als Befehlshaber dies so offensichtlich nicht vermochte. Er hasste sie dafür. Es gab jedoch mehr zu hassen, als den Mangel an Respekt der königlichen Wachen und Bediensteten. Er ging zum Krankenbett seines Vaters und starrte auf die reglose Gestalt von König Godwin, der dort im Koma lag.
Er sah so gebrechlich und grau aus, sein Körper wirkte jetzt, da er auf dem Rücken lag, weniger muskulös und hart. Er sah für Vars älter aus als zuvor und weniger beängstigend.
„Dies ist wahrscheinlich das einzige Mal, solange ich mich erinnern kann, dass Ihr nicht über mir thront und mir sagt, wie nutzlos ich bin“, sagte Vars. Obwohl sein Vater die Worte nicht hören konnte, tat es gut, sie zu sagen. Er hätte niemals den Mut gehabt, sie zu sagen, wenn sein Vater wach wäre, hätte niemals die Worte herausgebracht.
Vars ging auf und ab und dachte an all die Dinge, die er seinem Vater immer hatte sagen wollte, all die Dinge, die in seinem Kopf steckten, gefangen hinter der Angst, die sie immer dort gehalten hatte. Selbst jetzt war es schwer, sie zu sagen, aber zu wissen, dass sein Vater sie nicht wirklich hören konnte, nichts dagegen tun konnte, half.
„Es heißt, dass Ihr leben oder sterben könntet“, sagte Vars. „Ich hoffe, Ihr werdet sterben. Es ist das, was ein Vater wie Ihr verdient hat.“ Er starrte voller Hass auf seinen Vater hinunter. Wenn er den Mut dazu gehabt hätte, hätte er vielleicht ein Kissen angehoben und es auf das Gesicht seines Vaters gedrückt.
„Wisst Ihr, wie es war, mit Euch als Vater aufzuwachsen?“, fragte er. „Nichts, was ich getan habe, war gut genug für Euch. Rodry war immer der Goldjunge. Oh, Ihr mochtet ihn, wenn er nicht gerade Botschafter attackierte. Ich bin froh, dass Ihr gehört habt, dass er tot ist, bevor sie Euch erstochen haben. Und Nerra … wie muss es sich angefühlt haben, als sie gehen musste?“
Es gab natürlich keine Antwort, keinen Hauch einer Reaktion von den schlaffen Gesichtszügen seines Vaters. In gewisser Weise reizte es Vars noch mehr.
„Als meine Mutter starb, habt Ihr so schnell eine neue Frau gefunden“, sagte er. „Eure Söhne brauchten Euch, ich brauchte Euch, aber Ihr habt Aethe geheiratet und sie gab Euch Eure kostbaren Töchter.“
Er dachte an all die Zeiten, in denen sein Vater ihn getadelt hatte, während er Nerra, Lenore und sogar Erin seine ganze Zuneigung schenkte.
„Ihr habt Lenore und ihrer dummen Hochzeit so viel Aufmerksamkeit geschenkt, nicht wahr? Ihr habt so viele Hoffnungen in sie gesetzt. Wisst Ihr, warum Ihr hier liegt? Wisst Ihr, warum sie überhaupt genommen wurde?“ Vars machte eine Pause, dann beugte er sich zu seinem Vater hinunter, nah genug, dass er flüstern konnte. „Sie haben sie genommen, weil ich meine Männer auf den falschen Weg geführt habe. Ich wollte meine Zeit nicht damit verschwenden, sie zu beschützen, wenn ich derjenige war, der vor ihr in der Thronfolge stand. Ich wollte nicht dort herumreiten und zusehen, während die perfekte Prinzessin durch das Königreich reiste und sich überall Bewunderung zollen ließ. Ich hatte sie verlassen, sodass Ravins Männer sie entführen konnten und Rodry ist gestorben, um sie zu retten.“
Vars richtete sich auf und fühlte die tiefe Befriedigung, seinem Vater endlich alles erzählen zu können, was er hatte zurückhalten müssen.
„Ihr habt mich immer nur herabgesetzt“, sagte Vars. „Aber seht mich jetzt an. Ich bin derjenige, der einfach getan hat, was er wollt. Ich habe meine Zeit im Haus der Seufzer und in den Gasthäusern verbracht hat und nicht in Eurem kostbaren Haus der Waffen. Dennoch bin ich jetzt derjenige, der das Kommando hat, und ich werde das Beste daraus machen.“
Es klopfte an der Tür der Kammer. Ein Diener kam herein und führte einen Jungen mit sandfarbenem Haar und molligem Gesicht, gekleidet in Hemd, Tunika und Hose in Königsblau und Gold herein. Er sah nervös aus, in Vars’ Gegenwart zu sein und verbeugte sich unsicher. Dabei sah Vars, dass eine seiner Hände verdreht und kleiner als die andere war, vielleicht eine Folge eines Unfalls vor langer Zeit. Vars kümmerte es nicht.
„Du bist Merin?“, forderte Vars.
„Ja, Hoheit“, sagte der Junge mit leiser, verängstigter Stimme.
„Weißt du, warum du hier bist?“, fragte Vars.
Der Junge schüttelte den Kopf, offensichtlich zu verängstigt, um zu sprechen.
„Du sollst auf meinen Vater aufpassen. Du sollst ihm seine Mahlzeiten bringen, ihn waschen und bei ihm bleiben, falls er aufwacht.“ Er fragte nicht, ob der Junge alles machen könnte oder nicht; es war ihm egal „Verstehst du das?“
„J-ja, Eure …“
„Gut“, sagte Vars und unterbrach ihn. Er hatte kein Interesse daran, was ein solcher Junge zu sagen hatte, nur daran, dass die Demütigung seines Vaters vollständig war. Leben oder sterben, das war egal. Entweder würde sein Vater leben und Vars würde die kleine Rache haben, ihm das angetan zu haben, oder er würde sterben, und Vars würde wissen, dass er die letzten Tage des alten Narren nur ein bisschen schlimmer gemacht hatte.
Er wandte seine Aufmerksamkeit dem anderen Diener zu, der hereingekommen war und nervös zappelte. „Was tust du hier?“, verlangte er zu wissen. „Ich dachte, ich hätte euch allen gesagt, dass ihr euch euren normalen Pflichten widmen sollt.“
„Ja, Hoheit“, sagte der Mann. „Ich bin gekommen, weil … weil Eure Anwesenheit verlangt wird.“
„Verlangt?“, fragte Vars. Er streckte die Hand aus und packte den Mann am Hemd. Es war leicht genug, da er wusste, dass der Diener es nicht wagen würde, zurückzuschlagen. Das wäre schließlich Verrat. „Ich bin der Regent des Königs. Die Leute verlangen keine Dinge von mir!“
„Vergib mir, Hoheit“, sagte der Mann. „Das … das war das Wort, das sie benutzt haben, als sie mich geschickt haben, um Euch zu holen.“
Ihn zu holen war fast so schlimm wie verlangen. Vars überlegte, den Mann zu schlagen und hielt sich nur zurück, weil er dadurch vergessen könnte, wo sein Platz war, und Vars wollte nicht zurückgeschlagen werden, oder die Vergeltung des Dieners erleben müssen.
„Wer hat dich geschickt und warum?“, fragte Vars. „Wer glaubt, dass er in meinem Schloss Befehle erteilen kann?“
„Die Adligen, Hoheit“, sagte der Diener. „Sie haben eine …“ Es schien, als versuche er sich an Worte zu erinnern, die er weitergeben sollte. „… Eine Konferenz einberufen, um die Invasion vonseiten des Südreichs zu erörtern und gemeinsam über eine Reaktion darauf zu entscheiden. Die Adligen sind da und die Ritter. Sie beginnt in der großen Halle in diesem Moment!“
Vars schob den Mann von sich weg, plötzlich flammte Wut in ihm auf. Welche Unverfrorenheit! Wie konnten sie es wagen, zu versuchen, ihn zu demütigen, in diesem Moment, in dem er die ganze Macht im Königreich hatte?
Er konnte sehen, was dies bedeutete, auch, ohne dass er den Rest gehört hatte. Seine Adligen prüften ihn und behandelten ihn, als wäre er kein wahrer König, kein mächtiger Herrscher wie sein Vater. Sie versuchten, ihn in eine Marionette zu verwandeln, der sie befehlen und die sie kontrollieren konnten, einen Diener ebenso wie einen Herrscher. Sie glaubten, sie könnten ihm sagen, wo er wann sein sollte, und die Dinge untereinander entscheiden, wobei Vars kaum mehr als eine Gestalt auf einem Thron mit einer Krone auf dem Kopf wäre.
Nun, sie würden schon sehen. Vars würde ihnen zeigen, wie sehr sie sich täuschten.