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VORWORT

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Arsène Lupin, der Gentleman-Einbrecher, ist genauso alt wie ich: Im Jahre 1907 wurde er in den Buchläden geboren, als Sohn aus den Werken des Schriftstellers Maurice Leblanc, der bis dahin nur als Journalist bekannt war.

Damals schrieb ein bekanntes Mitglied der Académie Française, Jules Claretie, das Vorwort.

Heute wissen einige wenige noch, wer Maurice Leblanc, jedoch keiner mehr, wer Jules Claretie war. Aber die Gestalt Arsène Lupins ist berühmt geworden, sie kann auf den Vater und den Paten verzichten.

Arsène Lupin hat viele Kinder gehabt:

»Le Saint« (der Heilige), der lustige und elegante Weltverbesserer, Verteidiger der Unterdrückten, der im Vorbeigehen seine Provision von den Bösartigen erhebt und der das Leben ebenso wie auch die Gefahr und das Vergnügen liebt; der elegante und romantische Geheimagent Hubert Bonisseur de la Bath; der spitzfindige und bezaubernde Rechtsanwalt Perry Mason; »le Baron« (der Baron), der in seiner Taktlosigkeit so taktvolle Kunstsammler. Viele andere Autoren, wie z. B. Leslie Charteris, Jean Bruce, Ellery Queen oder Anthony Morton, wurden freiwillig oder unfreiwillig von Arsène Lupin inspiriert.

Maurice Leblanc wurde in Rouen, wo sein Vater Reeder war, im Jahre 1864 geboren.

Das Abenteuer überrascht ihn in einem gutbürgerlichen Haus in der Rue de Fontenelle. Er ist vier Jahre alt, als sein Vaterhaus abbrennt. Natürlich wird das Kind durch höhere Fügung im letzten Augenblick den Flammen entrissen und gerettet.

Zwei Jahre später bricht der Krieg von 1870 aus. Der Vater bringt den kleinen Maurice Leblanc auf eines seiner Schiffe und schickt ihn nach Schottland in ein sicheres Asyl.

Ein Jahr später kehrt er zurück und erhält seinen Schulunterricht im Pensionat Patry und im Gymnasium Corneille, er ist ein ausgezeichneter Schüler.

Sehr viel später grämt er sich noch deswegen: »Ich hatte die besten Zeugnisse«, sagt er, »und ich behaupte mit einer bewussten Romantik, dass das bedauernswert war.«

Oft holte am Sonnabend ein zweispänniger Wagen den jungen Maurice Leblanc ab und fuhr ihn bis zum Sonntagabend kreuz und quer durch die Landschaft von Caux spazieren.

Während einer dieser langen Fahrten entdeckt er L’Aiguille creuse (der hohle Gipfel), dessen historisches Geheimnis Schritt um Schritt von Arsène Lupin und seinem liebevollen Feind, dem jungen Reporter Beautrelet, aufgedeckt wird.

Manchmal macht Maurice Leblanc seine Sonntagsausflüge auch zusammen mit seinen Eltern nach Croisset auf einem, wie er berichtet, »außergewöhnlich grünen Schiff, L’Union genannt. Alte Stiche stellen ähnliche Schiffe auf dem Mississippi oder dem Orinoko dar. Ein Geigenspieler verkürzte die langsame Überfahrt. Man brauchte zwei Stunden, um nach Bouillie zu kommen. Und die Reise von Croisset schien ohne Ende. Ich war zehn Jahre alt …«

In Croisset hört sich der junge Maurice Leblanc bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr die wunderbaren Geschichten an, die ihm Gustave Flaubert erzählt, dessen Vater, der Chirurg Flaubert, der Hausarzt und Geburtshelfer seiner Mutter war.

Zwei Schriftsteller, Normannen wie er, die er regelmäßig aufsucht, haben auf seine Jugend und später, wie man sehen wird, auf sein Werk großen Einfluss: Guy de Maupassant und Gustave Flaubert.

Doch Maurice Leblanc beginnt sein Leben als Industrieller in der Tuchfabrik Miroude-Pichard.

Tuchkämme … Maurice Leblanc hat nie gelernt, was das ist. In seiner Fabrik zieht er sich in den Waschraum auf dem Boden zurück und schreibt, schreibt, schreibt …

»Die Fabrik mit ihrem Lärm löste sich in nichts auf. Das Völkchen der Arbeiter verschwand wie eitle Gespenster. Ich war glücklich … ich schrieb.«

Er schreibt, aber der Wunsch, Schriftsteller zu werden, überkommt ihn eines Tages durch Zufall.

Er geht zur Einweihung des Denkmals für Flaubert zum Square Solferino. Dort sind schon Edmond de Goncourt, Emile Zola, Guy de Maupassant und Mirbeau. Er mischt sich unter sie, isst mit ihnen zu Mittag und besteigt den Zug mit denen, die nach Paris zurückkehren.

Die alten Meister lauschen dem unbekannten jungen Mann, der ihnen von Flaubert erzählt, den er gekannt hat, von der Frau, die Flaubert zu seiner Madame Bovary inspirierte (die Frau seines Apothekers stellt genau die Tochter der Heldin in dem berühmten Roman dar) …

Durch so viel Aufmerksamkeit ermutigt, entschließt sich Maurice Leblanc, diese großen Schriftsteller um ihre Hilfe zu bitten, als Edmond de Goncourt beim Verlassen des Tunnels Sainte Catherine zu brummen beginnt:

»Meine kleinen Freunde, ich hoffe doch, dass ihr nicht bis Paris so weiterschwätzen werdet, he? Ich bin halb tot. Dieser ganze Einweihungsrummel hat mich ermüdet. Ich schlafe. Wer hat die Güte, den Vorhang vorzuziehen?«

Und Maurice Leblanc zieht den Vorhang vor … vor seine Pläne auch.

Nach Rouen zurückgekehrt, gesteht er seinem Vater, dass er keinerlei Berufung zum Tuchfabrikanten habe und dass er nach Paris fahren möchte.

Rein äußerlich geht er nach Paris, um Jura zu studieren und seine Schwester zu begleiten, denn lange Zeit war er der kleine Bruder der großen Tragödin Georgette Leblanc, der Darstellerin und Inspiratorin, der zeitweilig geheimen Gefährtin von Maurice Maeterlinck, mit dem sie in ruhmvollen Skandalen lebte. In ihren Memoiren hat Georgette Leblanc Maurice übrigens nur als einen Dandy erwähnt, »der im Jahre 1900 die Mode von 1835 einführt«.

Doch Maurice Leblanc, der gut schreibt, ist ein »sehr pariserischer« Journalist geworden.

Man findet ihn als Chronist in den Zeitungen Gil Blas, Figaro und Comœdia. Er veröffentlicht eine Sammlung Novellen unter dem Titel Von Liebespaaren, über die Léon Bloy sagt: »Das ist Maupassant« und Jules Renard: »Das ist Flaubert«, ohne dass sich die große Öffentlichkeit dafür interessiert.

Ohne großen Erfolg veröffentlicht er auch einige Romane: Eine Frau, Das Todeswerk, Der schweigende Mund.

Bei Antoine lässt er ein Stück mit dem Titel Die Begeisterung spielen, das aber das Publikum nicht zu begeistern vermag.

Aber Pierre Laffitte, der große Verleger, der gerade mit dem Magazin Je sais tout begonnen hat, bittet ihn, eine Kriminalnovelle zu schreiben, deren Held in Frankreich das Äquivalent zu Sherlock Holmes und Raffles in England sein sollte. Und so entstand auf Antrag der erste Arsène Lupin.

Tatsächlich heißt er noch nicht Arsène Lupin, sondern Arsène Lopin; das war der Name eines Stadtrats von Paris, der mit der Regierung im Streit lag. Lopin erhebt Einspruch, und Maurice Leblanc ändert den Namen seines Helden.

Die Gestalt Arsène Lupins drängt sich sofort auf.

Er ist Sherlock Holmes und Raffles so unähnlich wie nur möglich. Jeden Monat (Je sais tout ist eine Monatszeitschrift) erlebt Arsène Lupin Abenteuer, in denen sich die Vorgänge nicht auf Zigarettenstummel oder Fußspuren stützen und deren Geheimnis nicht von schweren, verbrecherischen Stimmungen erzeugt wird.

Ganz im Gegenteil, alles im Leben Arsène Lupins ist klar, heiter, optimistisch. Man weiß sofort, dass, wenn es sich um ein Verschwinden oder einen Diebstahl handelt, der Schuldige Arsène Lupin ist.

Er ist lebhaft, verwegen, unverschämt und führt den Kommissar (der hier gelegentlich Inspektor Ganimard heißt) unentwegt an der Nase herum, er bezaubert und hat die Lacher auf seiner Seite, er macht sich über die Situationen, in denen er sich befindet, lustig, macht die satten Bürger lächerlich und hilft den Schwachen; Arsène Lupin, der Gentleman-Einbrecher, ist ein Freischütz der »Belle Epoque«.

Ein sehr französischer Freischütz: Er nimmt sich nicht sehr ernst, seine tödlichsten Waffen sind seine witzigen Einfälle; er ist kein Aristokrat, der wie ein Anarchist lebt, sondern ein Anarchist, der wie ein Aristokrat lebt; er ist nie feierlich, immer spöttisch, er schenkt sein Herz nicht der Dame seines Lebens – sondern den Damen seiner Leben. So wurde er schließlich während langer Abende im Theater von André Brulé verkörpert, und vierzig Jahre später spielt ihn Robert Lamoureux auf der Leinwand.

Nach einem halben Jahrhundert ist Arsène Lupin noch nicht gealtert. Er wird nie altern trotz seines Zylinders, seines Umhangs und seines Monokels.

Die Leute meines Alters sprechen unter sich von Arsène Lupin wie von einem Helden ihrer Familie, sodass der geringste Irrtum des Gedächtnisses bezüglich seiner Abenteuer eine Unschicklichkeit ist.

Aber seit einiger Zeit haben die jungen Leute aus der Generation unserer Söhne dasselbe heiße Interesse an diesem alten Freund ihrer Eltern, der für sie das Alter von Ivanhoe, Mouron rouge oder Fantomas hat, das Alter, in dem die eingebildeten Helden unsterblich werden.

Pierre Lazareff

Arsène Lupin, der Gentleman-Gauner

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