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6. Kapitel

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Am nächsten Tag lagen wir wieder am Strand nah bei den exotischen Bäumen und dem azurblauen Meer, und ließen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Ich fragte mich wohl zum hundertsten Mal, wie Käthe mit ihrem so sorgfältig lila getönten und gelegtem Haarschopf und ihrer streng moralischen Auffassung zu einem Sohn wie Denis gekommen war? Denis, der ein paar Jahre in Holland in einer Männer-WG gewohnt, der vor mir unzählige Frauen gehabt, ohne mit ihnen verlobt zu sein, und unehelich eine Tochter gezeugt hatte. Nun war Käthe Jahrgang 1949 und damit exakt mit neunzehn Jahren mitten hinein in die 68ger gelangt. Aber diese „unmögliche, renitente Zeit“, wie sie einmal sagte, hätte Käthe nicht mitgemacht, weil ihr Mann sowieso die ganz große Liebe ihres Lebens gewesen wäre, außerdem hätte sie eine monogame Ader. Spät erst hatte sie ihr einziges Kind bekommen, ihren geliebten und verwöhnten Denis. Es hatte nicht vorher geklappt, bei der Geburt von ihrem Sohn war Käthe schon achtunddreißig. Sie hatte ihren Mann, der vor sechs Jahren verstorben war, über alles geliebt. Und das ließ mich fast wirklich an das Glück glauben. Ich hatte Käthe irgendwann mal gefragt, warum sie Denis in der französischen Schreibweise wählte. Und sie erzählte mir leutselig, sie und ihr Mann Rudolf wären nach Jahren, wo sich kein Kind eingestellte, an die französische Riviera gefahren. Dort wären sie in einem Hotel untergekommen, dass „Chez Denis“ hieß und da hätte es dann direkt funktioniert mit der „Befruchtung“. Eingedenk des Hoteliers mit Namen Denis, der eine Weltschönheit als Mensch und Mann gewesen wäre, benannten sie ihren Sohn nach ihm.

Ich legte mich von der Bauch in die Rückenlage und betrachtete mein Umfeld. Neben uns lag eine Familie von zehn Personen, die mit Kind und Kegel, Oma, Opa und Tanten mit Wohlgefallen ihren ersten Urlaubstag gemeinsam zelebrierten.

Ich hatte nur Käthe und Karla mit, und das reichte mir voll und ganz, denn wenn ich darüber nachdachte, suchte ich eigentlich nicht das Abenteuer und einen Abenteuer-Urlaub, sondern eher Ruhe und Erholung. Alleine ein Kind großzuziehen und eine Trennung hinter sich zu bringen, stresste schon genug. Hätte ich gewusst, was alles auf mich noch zukommen würde, hätte ich gewiss versucht, mich meditativ zu wappnen. Jetzt saß ich noch vollkommen ahnungslos am Strand und betrachtete mit Wohlgefallen mein Töchterchen, das im türkis-rot-gelb-gepunkteten Bikini am Strand saß und voller Eifer Sand anhäufte und mit der Schaufel wieder platt haute. Käthe sammelte Muscheln und arrangierte sie Karla zu einem Muster, dann schaute sie mich stolz an und sagte: "Schau, was meine Enkelin alles kann." Dass diese Enkelin, die ihre Oma nur wenig im Jahr wirklich richtig sah, meine Tochter war, schien sie in dem Moment völlig vergessen zu haben.

Ich nickte aber, dann griff ich zum Sonnenöl, ölte mich ein und legte mich dann wieder auf dem Bauch, um doch ein wenig weiter zu dösen. Noch konnte ich mein Glück gar nicht so richtig fassen. Später ging ich mit Karla zum Meer, steckten nur einmal die Füße ins kalte, schäumende Meer, dann gingen wir zurück zu unseren Badehandtüchern. Es war April und im April ist manchmal sogar bei den Balearen das Wasser zu kalt, um schwimmen zu gehen. Schließlich gingen wir ein Eis essen und machten uns anschließend auf den Weg in die Zimmer, um etwas zu ruhen.

Nach einem Abendspaziergang und einem späten Essen, gingen wie früh zu Bett. Käthe ging es nicht so gut. Sie sah ganz blass aus, hoffentlich hatte sie nicht vor auf der Insel zu sterben.







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