Читать книгу Purpurner Nebel: Undying Blood 3 - Narcia Kensing - Страница 6
Kapitel vier
ОглавлениеHolly
Völlig unvermittelt schubst Cade mich an der Schulter zur Seite. Shelly, die meine linke Hand hält, wird mitgerissen. Ich stoße einen kurzen Schrei aus. Gemeinsam stolpern wir in einen dunklen Hauseingang, bemüht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Was ist denn bloß in ihn gefahren? Hat er den Verstand verloren? Weshalb ist er so grob zu mir?
Ich möchte gerade den Mund öffnen, um mich lauthals über Cades Verhalten zu beschweren, als Richard hinter uns in die schattige Nische hechtet und mir eine Hand auf den Mund presst.
»Psst, seid beide ganz still, okay?« Er nimmt seine Hand wieder herunter. Ich bin noch immer empört, sage jedoch nichts. Richard schiebt Shelly und mich tiefer in den Schatten. Es riecht nach Schimmel und Feuchtigkeit. Die alte hölzerne Haustür, gegen die wir uns nun drängen, ist verrottet und fleckig.
Ich höre Schritte, dann eine männliche Stimme. »Zu welcher Einheit gehören Sie, 87-3?«
Mir rutscht das Herz in die Hose. Diese monotone gefühllose Stimme weckt schlimme Erinnerungen. Sind dort etwa Oberste bei Cade?!
»Ich bin allein unterwegs.« Das ist Cades Stimme. Seinem gepressten Tonfall entnehme ich, dass er alles andere als entspannt ist. Was geht dort draußen vor sich? 87-3? Dann fällt mir ein, dass Cade noch immer den gestohlenen Anzug trägt. Hoffentlich erkennen sie ihn nicht.
Ich höre wieder Schritte, mehrere Personen nähern sich. Von meinem Standort aus kann ich jedoch nichts erkennen. Meine Hände schwitzen, auch Shellys Finger sind kalt, sie zittert an meiner Seite. Vielleicht ist es tatsächlich eine dumme Idee gewesen, überhaupt hierher gekommen zu sein. Ich fühle mich für Shelly verantwortlich, ich könnte es nicht ertragen, wenn die Obersten uns erneut gefangen nähmen.
»Zwei Straßen nördlich von hier liegen drei frische Leichen von Einwohnern«, sagt eine fremde Frau. »Die Bestien, die sie überfallen haben, sind noch in der Nähe. Wir benötigen Verstärkung. Sie sind schnell und unberechenbar.«
»Offenbar hält man sich im zwanzigsten Bezirk nicht an die Ausgangssperre«, sagt eine andere Frau, ebenso tonlos wie die erste.
»Kommen Sie mit.« Das ist wieder der Mann, der Cade zuerst angesprochen hat. Zwei Sekunden lang höre ich gar nichts, dann sehe ich, wie eine größere Gruppe Menschen an unserem Versteck vorbei rennt, Cade ganz hinten. Er wirft noch einmal einen Blick zurück zu uns, dann verhallen die Schritte auf der Straße.
»Wer war das?«, fragt Shelly im Flüsterton. Noch immer bewegen wir uns keinen Zoll weit aus der Nische heraus.
»Das waren V23er«, antwortet Richard. Er wendet sich an mich. »Ist dein Freund vertrauenswürdig? Oder wechselt er die Seiten? Ich habe schlechte Erfahrungen mit Verrätern gemacht.«
Empörung macht sich in mir breit. Ich muss mich beherrschen, um nicht laut zu werden. »Cade ist garantiert kein Verräter, darauf würde ich mein Leben verwetten.«
Richard macht eine beschwichtigende Geste ob meines harschen Tonfalls. »Nimm es nicht persönlich, aber ich kenne ihn erst seit gestern. Woher soll ich wissen, wie er tickt? Er kommt mir nicht wie ein friedliebender Menschenfreund vor, wenn ich ehrlich sein darf.«
»Er hat mich gerettet«, mischt Shelly sich ein. »Er ist ein guter Kerl. Man sieht es nur nicht auf den ersten Blick.«
»Er hatte doch gar keine andere Möglichkeit, als den Obersten zu folgen«, sage ich und verschränke die Arme vor der Brust. »Hätte er uns in dieses Versteck gestoßen, wenn er uns ans Messer liefern wollte?«
»Du hast ja recht. Dann wünschen wir ihm, dass er schnell aus der Situation herausfindet und zurückkehrt.« Im Halbdunkel kann ich erkennen, wie Richard gequält lächelt. »Sollen wir auf ihn warten oder allein weitergehen?«
»Lass uns warten.« Ich lehne mich gegen die kühle Betonwand unserer Nische, Shelly hockt sich neben mich und fährt mit dem Finger gedankenverloren die Risse in der Mauer nach. Richard steht mir gegenüber, im schmalen Hauseingang nur eine Armlänge von mir entfernt. Wir warten und warten, aber Cade kehrt nicht zurück. Allmählich werde ich nervös. Ist ihm etwas zugestoßen? Es waren viele Oberste bei ihm. Er hätte keine Chance gegen sie gehabt. Mit einem Mal habe ich das Gefühl, ihn im Stich gelassen zu haben. Aber was hätte ich machen sollen? Ich hatte keine Wahl. Mit jeder Minute, die verstreicht, steigt meine Angst um ihn. Ich schleiche zur Öffnung der Nische und spähe um die Ecke, aber alles bleibt still, fast schon gespenstisch. Dann höre ich jäh Schüsse fallen, von weiter entfernt, vielleicht ein oder zwei Häuserblocks weiter westlich. Ich fahre zusammen, Richard legt mir eine Hand auf die Schulter.
»Das hat nichts zu bedeuten«, versucht er mich zu beruhigen, weil er meine Angst spürt. »Den ganzen Tag fallen hier schon Schüsse.«
Ich drehe mich zu ihm um und sehe in seine grünen Augen. »Wir hätten nicht herkommen dürfen.« Meine Stimme klingt dünn und gepresst.
»Wir hätten es aber auch nicht ignorieren dürfen. Denk an deine Freunde, die du herausholen möchtest.«
Ich nicke. »Lasst uns weitergehen. Es hat keinen Sinn, wenn wir hier warten, bis es dunkel ist. Bis dahin möchte ich bei Carl sein. Falls Cade noch leben sollte, wird ihm die Dunkelheit nichts ausmachen. Mir hingegen schon.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, schlüpfe ich aus dem Hauseingang. Ich höre weder einen Protest, noch versucht jemand, mich zurückzuhalten. Shelly greift wieder nach meiner Hand. Sie hat ihr Jagdmesser verloren, meines steckt in meinem Gürtel. Ich hoffe, dass ich es nicht benötigen werde.
Hinter mir höre ich, wie Richard seine Pistole nachlädt. »Wie weit ist es noch?«, fragt er.
»Nur noch eine Querstraße«, sage ich und laufe weiter, immer schneller. Dabei vergesse ich fast, nach rechts und links zu sehen, ich werde unvorsichtig. Zu groß ist mein Wunsch, endlich einen sicheren Unterschlupf zu finden und Carl wiederzusehen. Doch es bleibt ruhig, auch hinter der nächsten Kreuzung.
Ich wende mich nach links, meine Schritte hallen über den Asphalt, das einzige Geräusch in dieser gespenstisch stillen Gegend. Ich bin hier aufgewachsen, dennoch ist es mir nie trostloser vorgekommen. Überall liegt Müll, zersplittertes Glas und sogar Kleidungsstücke. Im dritten Stock eines Gebäudes brennt es, Flammen lecken aus der leeren Fensterhöhle. Ich habe nie erlebt, was es bedeutet, in Kriegszeiten zu leben, doch so stelle ich es mir vor.
»Da vorne ist es«, rufe ich über die Schulter hinweg zu Richard, der dicht hinter mir läuft. Doch plötzlich wird er langsamer und lässt sich zurückfallen. Ich verlangsame ebenfalls meine Schritte, Shelly dreht sich um und wirft Richard einen fragenden Blick zu.
»Was ist?«, möchte sie wissen. »Geht es dir nicht gut?«
Richard ist inzwischen stehen geblieben. Nur noch zwanzig Yards trennen uns von meinem ehemaligen Wohnhaus.
Richard ist blass. Er lässt die Pistole sinken. »Ist dies der neunzehnte Bezirk?«
»Ja. Stimmt etwas nicht?« Ich gehe ein paar Schritte zurück auf ihn zu. »Wir sind da, bald sind wir in Sicherheit.«
»Du sagtest, dein Freund hieße Carl?« Etwas an seinem Tonfall gefällt mir ganz und gar nicht. Wieder höre ich in einiger Entfernung Schüsse, gefolgt von einem spitzen Schrei, der mir durch Mark und Bein fährt.
»So heißt er, ja. Jetzt komm schnell, ich glaube, wir sind hier nicht mehr lange sicher. Wir müssen über den Wellblechzaun in den Hinterhof klettern. Ich hoffe so sehr, dass Carl nichts passiert ist.«
Langsam geht Richard weiter, aber immer noch blass und mit ausdrucksloser Miene. »Ich kenne diesen Carl auch. Und ich kann dich nur vor ihm warnen.«
Wie bitte?! Ich bin so perplex, dass sich mein Mund nur öffnet und wieder schließt, ohne dass meiner Kehle ein Laut entwichen wäre.
»Was stimmt denn nicht mit ihm?«, fragt Shelly. »Sind wir hier etwa auch nicht sicher?« Ihre Stimme bekommt einen ängstlichen Unterton.
»Mir wäre es lieber, wir würden uns woanders verstecken.«
Eine unbändige Wut packt mich, und endlich finde ich meine Sprache wieder. »Carl ist der beste und liebste Mensch, den ich je kennengelernt habe!«, keife ich für meine Verhältnisse ungewohnt barsch. »Er hat mich aufgezogen und mir das Lesen und Schreiben beigebracht. Er war immer für mich da! Macht doch, was ihr wollt. Ich gehe jetzt!«
Richard schickt sich an, nach meinem Arm zu greifen, doch ich weiche zurück. »Lass mich in Ruhe! Ich weiß, was ich tue.«
Ich renne über die Straße, direkt auf die Stelle zu, an der ich auch beim letzten Mal schon über den Zaun geklettert bin. Ich höre Shellys schnelle Schritte hinter mir. Mein Herz hämmert wie wild. Erst will Richard mir einreden, Cade könne man nicht trauen und jetzt hackt er auch noch auf dem armen Carl herum! Eine Träne der Wut und Verzweiflung löst sich aus meinem Augenwinkel, als ich mit dem Fuß auf das Fensterbrett im Erdgeschoss trete und mich heraufziehe.
»Schaffst du es allein?«, frage ich Shelly, ehe ich mich auf der anderen Seite in den Hof schwinge.
»Ja, das schaffe ich.«
Ich lasse mich hinunter gleiten und meide bewusst Richards Blick. Wenn er mir nicht folgen sollte, bin ich bitter enttäuscht. Ich kenne ihn erst seit kurzem - glaubt er, ich würde seinem Wort mehr Bedeutung zumessen als meiner eigenen Menschenkenntnis? Ich habe mit Carl mein gesamtes Leben verbracht!
Erleichtert beobachte ich, wie Shelly kurz nach mir über die Zaunkante springt und neben mir im Hof landet. Wenig später sehe ich zwei Hände, die sich über das grüne Wellblech schieben, gefolgt von Richards Kopf. Binnen eines Herzschlags schwingt er sich herüber. Aha. Allein lassen würde er mich also nicht.
Ich werfe ihm einen giftigen Blick zu.
»Beruhige dich, Holly. Ich kann verstehen, dass du wütend bist. Ich würde mir wahrscheinlich auch nicht glauben, wenn ich du wäre.«
Ist das der klägliche Versuch, mich versöhnlich zu stimmen? »Du wirst schon sehen, dass du Unrecht hast.«
»Das wünsche ich mir, ehrlich.«
Ich wende mich ab und betrete die hölzerne Veranda, von der der ehemals rote Lack abplatzt. Ich bin nervös, Angst macht sich in mir breit und verdrängt die Wut, die ich noch Augenblicke zuvor verspürt habe. Ich spähe durch die Glasscheibe der Tür, doch dahinter ist es dunkel.
»Vielleicht ist er nicht zuhause«, bemerkt Shelly.
Ich drehe mich über die Schulter hinweg zu ihr um. »Nicht zuhause? Wo sollte er denn sein? Es herrscht Chaos auf den Straßen.«
Eine dunkle Vorahnung streift mich. Nein, das kann nicht sein. Carl würde sich nicht über die Ausgangssperre hinwegsetzen. Ihm kann nichts passiert sein. Es würde mir den Boden unter den Füßen wegziehen. Ich habe Neal verloren, vielleicht sogar Cade. Und jetzt Carl?
Verzweiflung schüttelt mich, dann fasse ich mir ein Herz und klopfe an die Tür. Ich atme schnell und flach, meine Knie zittern. Nichts rührt sich.
»Hätten wir es nicht an der Vordertür probieren können?«, fragt Richard. »Du hast doch einst hier gewohnt.«
»Ich habe keine Zugangsberechtigung mehr. Die Tür ist mit einem Scanner verschlossen«, presse ich hervor, bemüht, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich mit den Tränen kämpfe.
Erneut klopfe ich, diesmal lauter. Und tatsächlich, ich höre Schritte auf der Treppe im Haus. Dann schaltet jemand das Licht ein. Einen Lidschlag später öffnet sich die Tür einen Spaltbreit. Sofort weht mir der Geruch von Carls herber Seife entgegen. Ich kann die Tränen nicht mehr zurückhalten.
»Carl?«
Die Tür wird aufgerissen. Da steht er vor mir - klein, faltig, blass und mit stärker ergrautem Haar als zuletzt. Doch es ist Carl, mein Carl. Mein Mentor, Lehrer und Vaterersatz. Ich kann mich nicht zurückhalten und falle ihm um den Hals.
»Ich bin wieder da«, schluchze ich an seiner Schulter. Seine warmen großen Hände legen sich um meinen Körper. Für den Moment vergesse ich meine Sorgen, meine Ängste, meine Zweifel. Eine gefühlte Ewigkeit lang lasse ich ihn nicht los. Dann schiebt er mich behutsam von sich und löst die Umarmung.
»Holly, was machst du hier?«
»Ich bin gekommen, um dich rauszuholen. Das habe ich dir doch versprochen.« Ich lächle, obwohl noch immer Tränen aus meinen Augenwinkeln rinnen.
Carl sieht mich an, als könne er nicht glauben, was er sieht. Er mustert mich von oben bis unten. »Du trägst keinen schwarzen Anzug mehr. Haben dich die Obersten hergeschickt, um wie die anderen wild um sich zu schießen und harmlose Bürger zu töten?« Ein Hauch Sarkasmus liegt in seiner Stimme.
Ich wische mir mit dem Handrücken über das Gesicht und streiche eine Locke nach hinten. »Nein, ich bin abgehauen. Das ist eine lange Geschichte. Freie Rebellen haben mich bei sich aufgenommen.«
Ich trete zur Seite, damit Carl die beiden anderen sehen kann, die etwas abseits hinter mir stehen. Richards Miene ist wie eingefroren. Es jagt mir einen Schauder über den Rücken. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er Carl tatsächlich kennt und seine Erinnerungen nicht angenehmer Natur sind. Auch Carls Züge verhärten sich, er zieht die Augenbrauen zusammen.
»Was wollt ihr hier?« Er klingt kalt und tonlos, so habe ich ihn noch nie erlebt. Mir ist die Situation unangenehm, meine Hände schwitzen und mein Magen reagiert mit einem flauen Rumoren.
»Wir benötigen Unterschlupf.« Ich traue mich kaum, es auszusprechen, denn mit einem Mal sieht Carl alles andere als glücklich darüber aus, mich zu sehen. »In der Stadt herrscht Chaos, man kann kaum ein paar Schritte gehen, ohne von Monstern oder V23ern überfallen zu werden.«
Carl reißt seinen kalten Blick von Richard los und sieht mir wieder in die Augen. »Erzähl mir mal etwas Neues, Holly. Ich konnte seit Tagen das Haus nicht mehr verlassen. Ich glaube, die Welt geht unter. Aber dass ich ausgerechnet mit euch meine letzten Tage verbringen soll, erscheint mir wie ein weiterer Schlag des Schicksals.«
»Freust du dich denn nicht, mich zu sehen? Ich habe so viel auf mich genommen, um hierher zu kommen. Wir kennen einen Riss in der Barriere und können gemeinsam die Stadt verlassen.«
»Ich freue mich über deine Rückkehr, aber mir scheint, du bist dir nicht darüber bewusst, wem du dich angeschlossen hast. Und wer ist das Mädchen?«
»Ich bin Shelly«, antwortet sie zögerlich. »Ich war einst ein freier Mensch, würde aber in der Zentrale gefangen gehalten.«
»Carl, vielleicht sollten wir in Ruhe über alles reden«, mischt sich Richard ein. »Es sind viele Jahre vergangen, und ich hätte mehr Gründe als du, verbittert zu sein. Immerhin hast du mich verraten.«
Carl stößt einen tiefen Seufzer aus und macht eine Geste, dass wir eintreten sollen. »Es ist wahrscheinlich völlig ohne Belang. Wir sind ohnehin alle verloren. Also kommt herein.«
***
Wir sitzen am großen Tisch im Gemeinschaftsraum im ersten Stock. Es hat sich wenig verändert, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin, und doch liegt eine seltsam gedrückte Stimmung über dem Raum. Früher habe ich den Gemeinschaftsraum immer mit lustigen Abenden, interessanten Geschichten und geselligen Spielen in Verbindung gebracht. Heute strahlt er Einsamkeit aus. Eine Staubschicht bedeckt die Anrichte, die Fensterscheiben sind schmutzig.
Carl erzählt, dass die Monster erst vor wenigen Tagen die Stadt überrannt und Einwohner getötet hätten, aber in der kurzen Zeit hätten sie die gesamte Ordnung des Systems zu Fall gebracht. In den ersten Tagen hätten die Obersten noch Versorgungspakete vor die Türen gestellt, die Lebensmittel und Ersatzwäsche beinhalteten, inzwischen ist selbst dies zusammengebrochen. Eine Gänsehaut überzieht meinen gesamten Köper, während er spricht. Ich bin froh, dass Carl noch lebt, doch es tut mir um die vielen Menschen leid, die entweder den Acrai oder den Obersten zum Opfer gefallen sind, weil sie panisch ihre Häuser verlassen und zur Barriere gelaufen sind. Die Obersten denken jedoch gar nicht daran, die Barriere fallen zu lassen, sagt Carl. Verbittert berichtet er, dass sie billigend in Kauf nehmen, dass die mordenden Monster-Acrai eine Schneise der Verwüstung in die Stadt reißen. Die Einwohner können nicht fliehen, sie sind dazu verdammt, in ihren Häusern zu verharren und früher oder später den Hungertod zu erleiden. Mir wird schlecht bei dem Gedanken, und eine unbändige Wut gegen die Obersten braut sich in mir zusammen - sofern sie sich überhaupt noch steigern lässt.
Mir fällt auf, dass Richard und Carl sich nie in die Augen sehen. Richard ist sehr still, sieht abwechselnd auf die Tischplatte hinab oder aus dem Fenster. Ich versuche, in seinem Gesicht zu ergründen, was zwischen ihm und Carl in der Vergangenheit vorgefallen sein mag, doch ich kann mir nicht vorstellen, dass es derart wichtig gewesen sein könnte, dass man auch nach weit über einem Jahrzehnt nicht mehr miteinander spricht.
Ein wildes Hämmern reißt uns aus unserer Schweigsamkeit, ich fahre zusammen. »Was war das?« Plötzlich bekomme ich Angst, dass unser neues Versteck alles andere als sicher sein könnte.
»Da ist jemand an der Vordertür«, sagt Carl.
Niemand von uns macht Anstalten, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen, wir sind wie gelähmt. Shellys blaue Augen sind weit aufgerissen. Ihre Finger krallen sich in die Sitzfläche ihres Stuhls.
Wieder klopft es, diesmal drängender. Wenn das Oberste wären, hätten sie sich längst Zutritt verschafft, dessen bin ich mir sicher.
Jäh springe ich von meinem Platz auf, laufe über den kurzen Flur im ersten Stock und in mein ehemaliges Zimmer hinein. Kurz wird mir das Herz schwer, als mein Blick die ordentlich zusammen gefaltete Bettdecke auf meiner Matratze streift. Meine Kehle schnürt sich zusammen.
Ich stürme ans Fenster und spähe hinaus. Von hier oben habe ich die Vordertür im Blick. Ich bereite mich bereits auf eine unangenehme Zusammenkunft vor und gehe geistig in Windeseile schon Pläne durch, wo ich mich im Haus verstecken könnte, als Erleichterung und Freude meine Glieder durchflutet. Sofort schlägt mir das Herz bis zum Hals. Mit großen Sprüngen, drei Stufen auf einmal nehmend, renne ich die Treppe hinab. Hinter mir vernehme ich Shellys Stimme aus dem ersten Stock. »Wer ist es?«
Ich komme nicht mehr dazu, ihr zu antworten, denn ich reiße die Tür auf und springe Cade an den Hals.
»Ich hatte befürchtet, dass sie dich getötet haben. Ständig fielen Schüsse. Weshalb warst du so lange weg?«
Ich lege den Kopf in den Nacken, um ihm ins Gesicht zu sehen. Hinter mir höre ich Shelly auf der Treppe.
»Cade!«, quietscht sie, rennt zu uns und umarmt ihn ebenfalls. Cade fühlt sich sichtlich bedrängt. Man merkt ihm an, dass ihm solche emotionsgeladenen Ausbrüche noch unangenehm sind.
»Komm erst einmal herein«, sage ich. Ich ziehe Cade am Ärmel ins Haus, er lässt es widerstandslos geschehen. Als sich die Tür hinter ihm schließt, atme ich erleichtert auf.
»Wir haben gedacht, du seiest tot«, meldet sich Shelly zu Wort, die sich inzwischen wieder zwei Schritte entfernt hat. Ich hingegen umarme Cade erneut.
»Ich habe solche Angst gehabt.«
Cade knurrt. »Ja, ich auch. Ich bin tatsächlich in eine Schießerei geraten und wäre gerne schon früher zu euch zurückgekehrt, aber das war leider nicht möglich. Ich hatte nur noch fünf Patronen im Magazin. Als ich euch im Hauseingang nicht gefunden habe, hab ich auch einen ganz schönen Schrecken bekommen.«
»Was ist denn da unten los? Wer ist gekommen?«, ruft Carl vom oberen Treppenabsatz. »Wer ist das? Ein Freund von dir?«
Ich sehe zu ihm hinauf. »Ja, er gehört zu uns. Es sind jetzt noch fünf unserer Freunde in den Straßen unterwegs. Wir hoffen, dass sie auch bald zurückkehren.«
»Und sie wollen alle in mein Haus?!« Carl zieht die Augenbrauen hoch. »Das ist doch hier kein Flüchtlingslager.«
»Carl, wohin sollen wir denn sonst? Das Haus ist groß und du lebst hier allein. Außerdem haben wir nicht vor, ewig zu bleiben. Ich wollte dich herausholen aus Manhattan.«
Carl macht eine wegwerfende Handbewegung. »Ist ja schon gut. Das ist ohnehin ein Ausnahmezustand in den letzten Tagen.« Er seufzt und wendet sich ab.
Shelly, Cade und ich gehen die Treppe wieder hinauf und betreten den Gemeinschaftraum. Die Begrüßung zwischen Richard und ihm fällt weniger herzlich, eher frostig aus. Es tut mir im Herzen weh. Ich möchte nicht, dass mein Vater Cade misstraut, obwohl ich es verstehen kann.
Cade berichtet kurz von der Schießerei und dem Zusammentreffen mit den anderen Rebellen. Zac sei verletzt, aber man wolle sich alsbald auf den Weg hierher machen. Bislang hätten sie keine Verluste zu beklagen, allerdings habe man Patricia und Steve nicht finden können.
»Also ein ziemlich unsinniger Ausflug nach Manhattan«, bemerkt Richard trocken. »Wir hätten nicht herkommen sollen.«
»Unsinnig war er mit Sicherheit nicht.« Mein Tonfall ist schärfer als beabsichtigt. »Ich habe Carl gefunden, sind meine Freunde etwa nichts wert?«
Richard schnaubt, lehnt sich im Stuhl zurück und verschränkt die Arme vor der Brust.
»Kannst du mir mal verraten, was so Dramatisches vorgefallen ist, dass du so schlecht auf Carl zu sprechen bist?«
Richard wirft Carl einen giftigen Blick zu. »Hast du ihr etwa nie verraten, auf wessen Seite du wirklich stehst? Ich kann kaum glauben, dass jemand wie du meine Tochter aufgezogen hat. Und auch jetzt traue ich dir noch nicht über den Weg.«
»Was stimmt denn nicht mit Carl?«, wirft Shelly ein.
Carl verdreht die Augen. »Können wir uns nicht einfach zusammenreißen? Wir sitzen doch alle in einem Boot.«
»Ach ja, tun wir das?« Richards Augen sprühen Funken in Carls Richtung. »Na los, erzähl meiner Tochter, was los ist. Ich kenne dein Geheimnis ohnehin, früher oder später würde sie es von mir erfahren.«
Carl sieht plötzlich gar nicht mehr wütend aus, eher traurig und verletzt. Es bricht mir das Herz, wenn Richard auf dem alten Mann herumhackt. Cade sitzt bewegungslos neben mir, lediglich sein Blick wandert im Raum umher. Seiner Miene ist überhaupt nicht zu entnehmen, was er denkt. Vermutlich amüsiert er sich über unsere kindischen Probleme.
»Es ist nicht so, dass du der einzige bist, der ein Recht darauf hat, wütend auf den anderen zu sein«, bringt Carl mit ruhiger Stimme hervor. Er lässt sich von Richard nicht provozieren.
»Nicht? Was habe ich denn verbrochen?«
»Du hast mich im Stich gelassen, hast dich abgesetzt und mir die Erziehung deiner Tochter überlassen.«
»Wie bitte?!« Richards Stimme überschlägt sich. »Ich habe all die Jahre nicht einmal gewusst, dass Holly noch lebt! Denkst du etwa, ich hätte mich aus dem Staub gemacht und sie abgeschoben, weil ich mich mit Eva vergnügen wollte?«
»So in etwa. Du hast doch schon immer nur an dich gedacht und dich mit diesem Acrai angefreundet, damit er dich und Eva aus der Stadt bringt. Als das Kind da war, war es dir lästig.«
Ich stutze. Carl weiß von den Acrai? Carl hat die ganze Zeit gewusst, wer mein Vater ist? Allmählich habe ich das Gefühl, mein ganzes Leben verschlafen zu haben. Ich komme mir vor wie eine dumme Unbeteiligte, dabei geht es offensichtlich auch um mich.
»Nur aus Verzweiflung habe ich mit Lucas Geschäfte gemacht! Kannst du das nicht verstehen? Ich wollte Eva in Sicherheit bringen, weil sie bei den V23ern nicht bleiben konnte. Sie hatte kein Mal, war außerdem schwanger. Was hätte ich denn tun sollen?«
»Und das gibt dir das Recht, ohne eine Wort des Abschieds in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einfach zu verschwinden? Ich dachte, wir wären befreundet gewesen.«
Richard ballt die Hände zu Fäusten, entspannt sie jedoch gleich wieder. »Du bist ein Verräter der V23er. Du hast mit ihnen gemeinsame Sache gemacht, willst du das leugnen? Du hast mich verraten, Carl, du hast versucht, unsere Flucht zu vereiteln.«
Carl wird blass. Ich habe ebenfalls das Gefühl, dass mein Blutdruck bedenklich abfällt. Was erzählt Richard denn da? Träume ich? Das kann doch nicht die Realität sein.
»Ich habe mich schon vor langer Zeit von den Obersten distanziert«, sagt Carl kraftlos. »Als sie mir Holly brachten, habe ich kein Interesse mehr daran gehegt, sie an diese Mutanten auszuliefern. Dieses kleine Würmchen, kaum ein paar Wochen alt. Ich habe dich nicht verraten, Richard. Im Gegenteil. Ich kann mich noch genau an die Nacht erinnern, als die V23er Holly in meine Obhut übergaben, wie sie sie in der medizinischen Station in meine Arme gelegt haben. Sie haben diesem Winzling Blut abgenommen, weil sie wissen wollten, ob Holly genauso besonders ist wie Eva. Sie wussten schon damals um das Undying Blood, die Forschung steckte allerdings noch in den Kinderschuhen. Eva war die erste, die mit diesem Merkmal geboren wurde und sie hat das Versteckspiel in der Zentrale lange unbemerkt mitgemacht. Nur, um deine Tochter zu schützen, habe ich die Blutproben vertauscht. Ich habe Kopf und Kragen für sie riskiert, dabei habe ich eine unbändige Wut gegen dich entwickelt. Man erzählte mir, du hättest das Kind absichtlich ausgesetzt.«
Richard schlägt mit der flachen Hand auf die Tischplatte, Shelly und ich zucken zusammen. »Das war eine Lüge!«
»Heute bin ich gewillt, es dir zu glauben. Jedenfalls habe ich Holly sechzehn Jahre lang wie alle anderen Einwohner der Stadt aufwachsen gesehen. Ich war froh, dass die V23er das Interesse an ihr verloren hatten. Bis zum Tag ihrer Erstuntersuchung ...«
Carl wusste also um das Undying Blood? Ich kann es noch immer nicht fassen. Nie habe ich auch nur geahnt, was wirklich vorgefallen ist. Meine Kinnlade klappt herunter. Carl bemerkt meine Fassungslosigkeit und lächelt mich gequält an.
»Ich wollte es von dir fern halten, Holly. Deshalb habe ich dir nie von Richard erzählt. Ich wollte nicht, dass du mit dem Schmerz leben musstest, verstoßen worden zu sein. Den Obersten hatte ich längst abgeschworen. Ich war einst einer ihrer Informanten gewesen, aber das ist eine Ewigkeit her. Als du zur Erstuntersuchung gerufen wurdest, ist eine Welt für mich zusammen gebrochen. Noch einmal konnte ich die Blutproben nicht vertauschen, wie auch? Ich war ja nicht dabei. Du bist wie eine Tochter für mich, ich wollte dich nicht an sie verlieren. Ich weiß doch, was wirklich los ist in der Zentrale und dass es nicht das Paradies ist, das sie euch glauben lassen. Dann kam der Brief, in dem stand, was ich befürchtet hatte: Du wurdest rekrutiert. Ich habe Suzie dazu ermutigt, deine Individuenkarte zu stehlen und an deiner Stelle zu gehen. Ich fühle mich schrecklich deswegen, weil ich dein Leben mit ihrem erkauft habe.« Tränen lösen sich aus Carls Augenwinkel. Inzwischen haben sich auch Richards Gesichtszüge sichtlich entspannt. Er sieht nun eher betroffen als wütend auf die Tischplatte hinab.
»Du hast Suzie dazu angestiftet?« Meine Stimme klingt seltsam dünn, ich zittere am ganzen Leib.
Carl nickt. »Sie wollte unbedingt in die Zentrale. Ich habe ihr gesagt, sie hätte es mehr verdient als du. Es war nicht einmal schwer, sie zu überreden. Suzie war nie die Hellste, wie du weißt. Ich war froh, als mein Plan aufzugehen schien. Doch dann habe ich die Fetzen des Briefs auf der Treppe gefunden. Suzie muss sie verloren haben. Als du plötzlich verschwunden warst und nicht wiedergekommen bist, habe ich ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, mir das Leben zu nehmen, weil ich wusste, dass ich versagt hatte.«
»O Carl, alles ist so anders gekommen. Ich bin nur über Umwege in die Zentrale gelangt. Aber jetzt bin ich hier, die V23er haben kein Blut von mir und sie werden mich auch nicht wieder bekommen. Das verspreche ich.«
Ich greife über die Tischplatte hinweg nach Carls Hand. Sie ist kühl. Richard sagt überhaupt nichts mehr. Ich habe den Eindruck, dass er sich für sein Verhalten schämt. Ein fürchterliches Missverständnis, und es stand so viele Jahre zwischen ihnen. Ich bin sehr erleichtert, dass sie es ausgeräumt haben.
Cade räuspert sich. »Ist ja alles schön und gut, aber wenn wir uns doch darüber einig sind, dass die V23er Holly nicht in ihre Finger bekommen dürfen, dann frage ich mich, weshalb wir Holly hierher gebracht haben. Ist das nicht irrsinnig? Ich hätte mit ihr nach Philadelphia fahren können, dort wäre sie sicherer gewesen.«
»Ich bin nirgendwo sicher. Ich kann mir sogar vorstellen, dass sie mich hier am allerweinigsten erwarten. Davon abgesehen bedeutet es mir unendlich viel, dass ich Carl wiedergefunden habe.« Erst recht, nachdem ich weiß, was er alles für mich getan hat, füge ich in Gedanken an.
»Ich habe Freundschaften noch nie verstanden«, knurrt Cade. Ich ringe mir ein Lächeln ab. Mag er schmollen, so viel er will, es war die richtige Entscheidung, hierher gekommen zu sein.
In diesem Moment klopft es erneut an der Tür. Richard schiebt seinen Stuhl geräuschvoll zurück. »Ich werde nachsehen, wer es diesmal ist.« Mit diesen Worten verlässt er den Raum.
Kurze Zeit später höre ich, wie die Haustür sich öffnet. Ich halte den Atem an, doch das aufgeregte Geplapper, das daraufhin zu uns heraufdringt, lässt mich Gutes hoffen.
Ich stürme zur Treppe und tatsächlich sind es die anderen Rebellen - sehr zu meiner Freude vollzählig. Richard und die anderen umarmen sich.
Wenig später drängen wir uns zu neunt in den kleinen Gemeinschaftsraum, Zac liegt in Suzies ehemaligem Zimmer im Bett. Er hat eine Schussverletzung am Knie und kann nicht laufen, die anderen haben ihn den ganzen Weg hierher tragen müssen. Er ist sehr blass, aber Elijah meinte, dass er sich erholen würde.
Alle sprechen durcheinander, begrüßen sich, stellen sich Carl vor und berichten von ihren Erlebnissen. Cade ist aufgestanden und steht mit dem Rücken an die Wand gepresst nahe der Tür. Er fühlt sich sichtlich unwohl. Er ist ein Einzelgänger und kann der Geselligkeit einer Gruppe nur wenig abgewinnen. Ich lasse ihn in Frieden und wende meine Aufmerksamkeit wieder Shelly zu, die ihren Kopf auf meinen Schoß gelegt hat. Wir sitzen auf dem nackten Fliesenboden und lauschen den Gesprächen der anderen. Ich streiche mit der Hand über ihren Kopf und genieße die Nähe des Mädchens. In diesem Moment fühle ich mich - trotz der bedrohlichen Umstände - wohl. Wir sind alle wieder vereint.
***
Wir verbringen noch drei volle Tage in Carls Haus. Ich schlafe mit Cade und Shelly nachts in meinem alten Zimmer, tagsüber schmieden wir mit den Rebellen Fluchtpläne. Zac ist noch immer nicht wieder auf den Beinen, aber wir sind guter Dinge, dass er alsbald wieder aufrecht steht. Richard und die anderen sind fast den ganzen Tag in der Stadt unterwegs, um Nahrung für uns zu besorgen, was alles andere als einfach ist. Trinkwasser bekommen wir zum Glück aus der Wasserleitung in unserem Badezimmer, zumindest ist die Wasserversorgung noch nicht zusammengebrochen.
In manchen verlassenen Häusern finden die Rebellen noch unangetastete Versorgungspakete der Obersten, doch das wird immer seltener. Viele Einwohner sind tot oder verschwunden, andere zu Acrai mutiert. Cade ist tagsüber oft stundenlang unterwegs, um die Biester zu töten und um nach Lucas zu suchen, bei dem er die Ursache allen Übels vermutet.
Unser Plan sieht vor, in einigen Tagen, wenn es Zac wieder besser geht, den Rückweg anzutreten, weil uns keine zufriedenstellende Lösung einfällt, wie wir die übrig gebliebenen Einwohner Manhattans retten könnten. Die V23er halten noch immer an ihrer Barriere fest. Mittlerweile haben die Schießereien auf den Straßen nachgelassen, weil mehr und mehr Oberste sich in die Zentrale zurückziehen. Es scheint, als hätten sie die Stadt aufgegeben und würden sie fortan sich selbst überlassen. Inzwischen sind wir uns sicher, dass sie die Barriere nur noch deshalb aufrecht erhalten, um die wildernden Monster davon abzuhalten, die Grenze zu passieren und um die Folgen der Epidemie einzudämmen. Mir tun die vielen noch lebenden Einwohner leid, die nicht fliehen können und einen baldigen Tod erleiden werden. Cade nannte die Stadt abfällig eine »riesige Quarantänestation«, wobei ich nicht weiß, was er damit meinte. Auch für uns gibt es keinen Grund mehr, länger zu bleiben. Die Situation verschärft sich mit jeder Stunde, denn Überfälle und Plünderungen sind an der Tagesordnung. Mir haben die Rebellen verboten, das Haus zu verlassen, was mich an den Rand des Wahnsinns treibt. Stundenlang sitze ich am Fenster und spähe auf die verlassene Straße hinaus. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich mit Carl und den anderen zu verschwinden. Die Stadt ist verloren.