Читать книгу Die AfD-Abrechnung - Nico Oelrichs - Страница 9
Alice Weidel
ОглавлениеBeginnen möchte ich mit meiner „Abrechnung“ bei Alice Elisabeth Weidel, geboren am 6. Februar 1979 in Gütersloh. Sie ist seit Oktober 2017 Leiterin der Alternative für Deutschland (AfD) im Bundestag. Seit der Bundestagswahl 2017, bei der sie zusammen mit Alexander Gauland die Spitzenkandidatin der AfD war, ist sie Mitglied des Bundestages (MdB). Seit dem 30. November 2019 ist sie stellvertretende Bundessprecherin ihrer Partei und seit Februar 2020 Vorsitzende des AfD-Landesverbandes in Baden-Württemberg.
Weidel wurde in Gütersloh geboren und wuchs in Versmold auf, wo sie 1998 das Abitur am Gymnasium „Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands“ (CJD) erhielt.
Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bayreuth und schloss 2004 als eine der besten des Jahres ab. Nach ihrem Universitätsabschluss arbeitete Weidel von Juli 2005 bis Juni 2006 als Analystin für Vermögensverwaltung in Frankfurt bei Goldman Sachs.
In den späten 2000er Jahren arbeitete sie bei der Bank of China und lebte sechs Jahre in China. Sie spricht sogar Mandarin. Anschließend schrieb sie mit dem Gesundheitsökonomen Peter Oberender an der Fakultät für Recht und Wirtschaft in Bayreuth eine Doktorarbeit über die Zukunft des chinesischen Rentensystems. 2011 promovierte sie mit summa cum laude und promovierte in Philosophie in internationaler Entwicklung. Ihre Promotion wurde von der Konrad Adenauer Stiftung unterstützt.
Von März 2011 bis Mai 2013 arbeitete sie bei Allianz Global Investors in Frankfurt. Sie war 2013 und 2014 bei Heristo beschäftigt, einem in Bad Rothenfelde ansässigen Tierfutterlieferanten. Seit 2014 arbeitet sie als freiberufliche Unternehmensberaterin. Im Jahr 2015 arbeitete sie für Rocket Internet und Foodora. Weidel ist Mitglied der Friedrich A. von Hayek Gesellschaft, einer Gruppe von Wirtschaftswissenschaftlern, Juristen, Unternehmern und Publizisten.
Weidel führt eine lesbische Beziehung mit einer Filmproduzentin aus Sri Lanka, die in Einsiedeln in der Schweiz lebt. Weidel lebt hauptsächlich in Berlin, lebt aber in Teilzeit in Einsiedeln. Sie haben zwei adoptierte Kinder.
*Quelle:(https://de.wikipedia.org/wiki/Alice_Weidel)
Diese nüchternen Fakten können sich doch erst mal sehen lassen, oder? Erfolgreiche Karrierefrau, spricht Chinesisch, idyllische Beziehung samt Adoptivkindern in der Schweiz.
Doch, wie kommen Menschen wie Frau Weidel, die offensichtlich nicht auf den Kopf gefallen sein kann und augenscheinlich liberal, zumindest der LGBTQ-Community gegenüber, eingestellt sein müsste, zumal sie ja zu allem Überfluss auch noch Philosophie studiert hat, auf teilweise vollkommen widersprüchliche Aussagen und Ansichten?
So hat Weidel zum Beispiel ihre Ablehnung der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe zum Ausdruck gebracht und erklärt, dass sie den Schutz der "traditionellen Familie" und gleichzeitig "andere Lebensstile" unterstützt.
Wenn sie und ihre Partnerin keine Heirat brauchen um glücklich zu sein, so soll es ihnen gegönnt sein; wie aber kann eine Frau, die selbst lesbisch ist, anderen Paaren, gleich welchen Geschlechts, eine so wichtige und emotional überragende Sache wie die Ehe verwehren? Den Tag, der für viele Menschen der schönste ihres Lebens ist, dürfen nur „traditionelle Familien“ erleben?
Doch der größte Dorn in ihrem Auge sind anscheinend Muslim*innen. Über nichts echauffiert sich die ansonsten so kühle und unnahbare Frau Weidel so leidenschaftlich.
2018 kassierte Alice Weidel vom Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble eine Rüge für ihre Rede bei der Generalaussprache zur Regierungspolitik. Die AfD-Fraktionschefin hatte „Kopftuchmädchen“ in einem Atemzug mit „Messermännern“ und „Taugenichtsen“ genannt. Sie würden „unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern“, hatte die Politikerin gesagt.
Zu den Pegida-artigen Protesten in Cottbus meinte sie: „Das sind einfach nur Menschen, die sich dagegen wehren, dass hier messerstechende Migranten auf unseren Straßen rumlaufen”.
Auch auf Twitter ist Frau Weidel recht aktiv. Neben den üblichen zynischen Kommentaren zu Migration und Gewalttaten hat die aktuelle Corona-Krise neuerdings die Oberhand gewonnen und lässt Schmankerl wie ihren Tweet zu Xavier Naidoos Rauswurf bei DSDS leicht vergessen.
Am 11.3.2020 zwitscherte sie:
„Weil er die Migrationspolitik in Deutschland kritisierte, flog Xavier Naidoo aus der Jury von DSDS. Das sagt viel über die Meinungsfreiheit in unserem Land aus!“
Jeder logisch denkende Mensch findet hier einiges an Fehlinformationen. Meiner Meinung nach sagt es viel über die Meinungsfreiheit in Deutschland aus, dass Personen wie Alice Weidel ihre Ansichten auf öffentlichen Plattformen wie Twitter oder Facebook verbreiten können, ohne gleich rechtlich belangt zu werden.
Dann hat der Rauswurf Naidoos nichts mit der Agenda der vermeintlichen deutschen Meinungsideologie zu tun, sondern wurde vom Privatsender RTL, seinem damaligen Arbeitgeber, ausgeführt, wozu dieser jedes Recht hatte.
Und darüber hinaus bin ich davon überzeugt, dass RTL sich nicht nur wegen Naidoos Kritik an der Migrationspolitik von ihm getrennt hat. Wer weiß, wie sich Xavier Naidoo hinter den Kulissen verhalten hat, was er für Aussagen im Hintergrund getätigt hat, ob er gar Kollegen missionieren wollte? Das ist natürlich reine Spekulation und ich möchte dem guten Xavier nichts anhängen, was er nicht getan hat.
Dass man neuerdings aber mit etwas mehr als nur einem skeptischen Blick auf Herrn Naidoo schaut, hat er ganz alleine zu verantworten.
Wer sich näher mit diesem Thema beschäftigen möchte, dem lege ich das Interview von Eva Herman ans Herz. Wer am Ende dieses 44 minütigen Videos* noch dasselbe Bild von Xavier wie zu Zeiten seiner größten Hits hat, der gehört wahrscheinlich selbst zu einer Sekte.
*Quelle:(https://www.youtube.com/watch?v=pzmyI5xIf60)
Wer sich der Sogwirkung der AfD gegenüber sehr-rechten bis rechtsextremen Anhängern nicht bewusst sein sollte, dem sei ein kleines Beispiel aus Weidels Twitter-Timeline gegönnt.
Am 31.10.2018 twitterte sie folgendes:
„+++ Der Migrationspakt muss verhindert werden! +++ Der Globale Pakt für Migration, dessen Verabschiedung im Dezember vonstatten gehen soll, öffnet der millionenfachen Einwanderung aus Afrika nach Europa Tür und Tor.“
Unter den vielen Kommentaren finden sich erschreckende Dinge wie diese:
„Haben wir nicht schon genug Mischpoke im Land? Hoffen wir, dass dieser Irrsinn wirklich noch zu verhindern ist!“
„Noch mehr Gesindel in Europa... Nein Danke!!“
„Quatsch, wir brauchen ne Mauer um Deutschland“
„Ich hoffe nur das die Fürsprecher, Buntmenschen und Einfältigen auch entsprechend bereichert werden..“
„Deutschland nur den deutschen! Xd“
„Süss „ der Migrationspakt - muss - verhindert werden“ !;-) Das Ende Deutschlands ist besiegelt! Es lebe Eurabien! Ich glaube nicht an Wunder, Alice!“
Das sind nur einige der Kommentare, geschrieben von Menschen, die Anhänger*innen oder wenigstens Sympathisant*innen der AfD oder Frau Weidel sind. Ich möchte damit jetzt nicht den Fehler machen und alle AfD-Wähler*innen verallgemeinern. Sicherlich gibt es die Protestwähler*innen oder Menschen, die sich erst gar nicht tiefer mit den Aussagen der AfD befassen, aber es gibt halt auch diese offensichtlich sehr weit rechts bis hin zu rechtsextrem eingestellten Leute, die man bei den Altparteien sicherlich nicht finden wird.
Ja, Alice Weidel ist wahrlich eine Frau der Gegensätze, wenn man ihr politisches Engagement und ihr Privatleben mit lesbischer Partnerin aus Sri Lanka und Teilzeit-Wohnsitz in der Schweiz gegenüberstellt.
Aber sie ist vielleicht noch eine der moderateren Persönlichkeiten im Pantheon der AfD und nichts im Vergleich mit ihrer illustren Kollegin Beatrix von Storch.