Читать книгу Boys, Girls – One School - Niksche Taylor - Страница 5

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Erstes Kapitel

„Chrissy, Schatz, bist du fertig?“, schreit meine Mutter aus dem Wohnzimmer herauf. Ich mache mir nicht die Mühe ihr zu antworten, sondern tue einfach so, als hätte ich sie nicht gehört.

„Christin, wird’s bald? Wir haben schließlich nicht den ganzen Tag Zeit.“

Kann sie mich denn nicht einfach in Ruhe lassen? Ich habe null Bock darauf in dieses doofe Internat zu fahren, denn schließlich ist es nicht mein Problem, wenn meine Eltern sich scheiden lassen und beschließen, dass ich dabei halt im Weg bin. Also schalte ich einfach weiter auf Durchzug.

„Christin, warum kommst du nicht herunter? Wir müssen los!“

Meine Mutter steht im Türrahmen und sieht mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Wütend starre ich zurück und sage: „Ich will nicht in dieses Mädchen – Internat gehen. Es ist schließlich nicht meine Schuld, wenn du dich mit Papa nicht mehr verstehst, aber ich sehe nicht ein, warum ich darunter leiden soll.“

Meine Mutters Augen füllen sich mit Tränen, die sie aber schnell wieder wegblinzelt.

„Chrissy, glaubst du etwa mir fällt es leicht, dich einfach wegzuschicken? Aber dein Vater und ich sind der Meinung, dass das die beste Lösung für dich ist. Verstehst du das denn nicht?“

„Ihr habt mich ja noch nicht einmal gefragt, was ich will. Und nein, das kann ich nicht verstehen. Doch um alles noch schlimmer zu machen, machst du auch noch auf die: „Wir – wollen – doch – nur – das – Beste – für – dich- Nummer.“ Ich will dir dabei einfach nicht mehr zuhören.“

Ich stehe nach diesem Ausbruch auf und lasse meine Mutter einfach stehen. Als ich meine Jacke nehmen und gehen will, hält meine Mutter mich am Arm fest und flüstert mit tränenerstickter Stimme: „Chrissy, bitte versuche mich doch zu verstehen. Ich will dich aus dem ganzen Scheidungskrieg nur heraushalten, weil ich dich liebe!“

Ich sehe sie an und merke, dass es ihr wirklich schwerfällt mich wegzuschicken. Ich seufze und weiß jetzt schon, dass ich es in diesem Internat nicht einen Tag lang aushalten werde, aber ich tue meiner Mutter den Gefallen und bleibe.

Von außen sieht das Gebäude gar nicht mal so übel aus, aber ich kann echt nicht nachvollziehen, wie man einem Internat, welches aussieht wie ein Märchenschloss, so einen Namen wie „Graustein“ geben kann. Na, mir kann es ja eigentlich auch egal sein.

Als meine Mutter und ich eine lange Marmortreppe in den ersten Stock hinaufsteigen, treffen wir viele Mädchen, die mich freundlich anlächeln. Seltsam finde ich an ihnen nur, dass die Klamotten der Mädchen vollkommen einheitlich sind. Oh nein, etwa auch noch eine Schuluniform? Na, das kann ja alles heiter werden!

Mrs. Linsow ist eine Frau in den Vierzigern, die ein wahnsinnig nettes Lächeln hat. Als Mrs. Linsow mich fragt, ob ich besondere Interessen oder einen Wunsch bezüglich meines Zimmers hätte, schaue ich sie zwar an, sage aber nichts. Meine Mutter stößt mich an und meint zur Direktorin gewandt: „Christin ist nicht sehr froh darüber, dass sie jetzt hier ist. Ich hoffe, Sie entschuldigen ihr tadelhaftes Benehmen?“

Mrs. Linsow lächelt, doch bevor sie überhaupt etwas sagen kann, heule ich los und schreie: „Sie wissen doch gar nicht wie das ist, wenn man gegen seinen Willen einfach weggeschickt wird und dann auch noch versuchen soll glücklich zu sein, während die ganze Welt um einen herum kaputt bricht!“

Ich drehe mich um und laufe aus dem Zimmer hinaus.

Tränenblind übersehe ich ein anderes Mädchen und stoße sie voll um. Mit verheultem Gesicht sehe ich auf das Mädchen, das da vor mir auf dem Boden hockt und ihre Bücher einsammelt. Mit rotem Kopf entschuldige ich mich eifrig und helfe ihr beim Aufheben der Schulmaterialien.

„Ist schon okay, aber wieso heulst du so herum und läufst wie eine Irre über den Flur?“

Das Mädchen mustert mich mit ihren blauen Augen und grinst, als ich mein Gesicht wütend abwende.

„Ah, ich glaube, ich kann es mir schon denken. Ich schätze mal, du sollst gegen deinen Willen hierhergebracht werden. Stimmt doch oder?!“

Staunend sehe ich sie zum ersten Mal richtig an. Die blonden Locken passen gut zu ihren blauen Augen. Die kesse Himmelfahrtsnase und die Grübchen in den Wangen geben ihr ein freches und lustiges Aussehen. Als ich merke, dass sie immer noch auf eine Antwort von mir wartet, nicke ich.

Sie lacht und meint: „Das war bei mir am Anfang auch nicht so viel anders, als bei dir. Aber nach einer Weile wird es dir hier schon gefallen. So schlimm ist es in „Graustein“ nämlich gar nicht.“

„Hm, meinst du ehrlich, mir könnte es hier wirklich gefallen?“

Diese Worte sind heraus, noch ehe ich sie aufhalten kann, denn eigentlich will ich doch gar nicht, dass es mir hier gefällt. Erschrocken presse ich mir die Hand auf den Mund und laufe in den Park. Dort setze ich mich auf eine Bank und beobachte die vielen Mädchen um mich herum. Sie scheinen wirklich glücklich zu sein, aber ich will nicht so werden wie sie. Aus lauter Verzweiflung fange ich wieder an zu weinen und vergesse vollkommen, wo ich mich gerade befinde. Meine ganze Umgebung verschwimmt hinter einem Schleier aus Tränen. Ich vermisse meinen Vater. Und auch unsere heile kleine Familie, obwohl ich weiß, dass es die in Zukunft nicht mehr geben wird. Alles ist kaputt. Plötzlich schrecke ich auf, als sich mir eine Hand vorsichtig auf die Schulter legt. Als ich mich umdrehe, sehe ich genau in Mrs. Linsows Gesicht.

Sie lächelt mich leicht an und sagt: „Deine Mutter ist bereits nach Hause gefahren und hat deine ganzen Sachen in die Eingangshalle bringen lassen.“

Total ungläubig starre ich sie an. Ich kann nicht glauben, dass meine Mutter mich einfach hiergelassen haben soll, ohne sich richtig von mir zu verabschieden. Ich stehe auf, um mich selbst davon zu überzeugen. Als ich auf dem Parkplatz angekommen bin und das Auto meiner Mutter wirklich nicht entdecken kann, weiß ich, dass Mrs. Linsow nicht gelogen hat. Mit hängenden Schultern mache ich mich auf den Weg zurück zur Schule. Wo sollte ich auch anders hin. Weinen kann ich nicht mehr, obwohl ich genau das am liebsten tun möchte. In mir ist nur noch eine große Leere und das Gefühl verraten worden zu sein.

Mrs. Linsow steht noch an der gleichen Stelle wie vorher. Sie kommt auf mich zu und legt mir ihren Arm tröstend um die Schultern. Ich bin ihr dankbar dafür, dass sie nichts sagt. Sie zeigt mir meine Sachen, mein Zimmer und die Mädchen, mit denen ich mir fortan nun ein Zimmer teilen soll. Ich registriere nebenbei, dass es ein 8er Zimmer ist und bis jetzt erst fünf Mädchen da sind. Sie sehen eigentlich alle ganz okay aus. Alle lächeln mich freundlich an. Doch ich lächele nicht zurück, sondern packe wortlos meine Sachen aus und lege mich dann mit einem Buch auf mein Bett. Ich tue nur so als würde ich lesen, damit man mich in Ruhe lässt. Ich will keine blöden Fragen beantworten und auch keine neuen Freundschaften schließen. Ich will einfach nur weg von hier. Aber ich würde Zuhause nur noch einsamer sein. Und das ist dann noch viel schlimmer. Doch bevor ich noch weiter darüber nachdenken kann, kommen zwei weitere Mädchen ins Zimmer gestürmt.

Unauffällig schiele ich an meinem Buch vorbei auf die sieben Mädchen, die alle um den Tisch herumstehen. Sie unterhalten sich so lebhaft, dass sie mich gar nicht bemerken und so kann ich sie alle eingehend mustern. Die Namen habe ich vorhin von Mrs. Linsow erfahren.

Ganz außen und zum Fenster hin steht Linda. Sie hat feuerrote Haare, viele Sommersprossen, eine etwas füllige Figur, schmale Lippen und eine kleine Hakennase. Sie scheint ganz in Ordnung zu sein. Ich glaube, ihr einziger Nachteil (für sie selbst) könnte sein, dass sie eine Schwäche für Schokolade hat.

Rechts von ihr steht Taylor. Sie scheint irgendwie ein wenig verrückt drauf zu sein. Soweit wie ich es mitgekriegt habe jedenfalls. Taylor hat schwarze Haare mit pinken Strähnen (etwa hüftlang), ihre Gesichtsfarbe ist fast schneeweiß. Außerdem hat sie eine kleine Stupsnase, einen kleinen Mund und soll aus Frankreich kommen.

Neben Taylor steht ein ziemlich kleines Mädchen mit einer Brille. Ihre kleinen Augen scheinen durch die Brillengläser überdimensional vergrößert zu werden. Sie hat kurze dunkelbraune Haare, die ihr im Moment wirr vom Kopf abstehen. Ich glaube, sie ist ziemlich schüchtern. Ihr Name ist Robin.

Daneben steht das Mädchen, welches die Wortführerin der Unterhaltung zu sein scheint. Liane. Ein sehr großes Mädchen (jedenfalls für ihre siebzehn Jahre), mit wahnsinnig langen blonden Haaren. Sie hat brombeerfarbene Augen, vier Sommersprossen auf der Knubbelnase und einen breiten ausdrucksstarken Mund. Sie scheint ziemlich beliebt zu sein.

Rechts neben Liane sitzt ein Mädchen, aus der ich einfach nicht schlau werde. Sie hat rot – schwarze Haare, die ihr bis zur Taille reichen, grüne mandelförmige Augen, eine Stupsnase und traurig nach unten gezogene Mundwinkel. Irgendwie sieht alles an ihr ziemlich traurig aus. Die Augen, ihre Gestik, Mimik und der ganze Körper. Sie beteiligt sich auch nicht am Gespräch der anderen, sondern schaut wehmütig aus dem Fenster. Ihr Name ist Bella und so sieht sie auch aus: „Schön!“

Ja, und daneben sitzen die beiden Mädchen, die als letztes ins Zimmer gestürmt kamen. Jenny und Mira sind Zwillinge. Sie sehen wirklich vollkommen gleich aus. Weißblonde kurzgeschnittene Haare, hellblaue Augen, kleine zierliche und spitze Nasen, rote Wangen und Schmollmünder.

Das sind also all die Mädchen, mit denen ich mir von jetzt an ein Zimmer teilen soll.

Die Unterhaltung am Tisch wird immer hitziger. Ich würde zu gerne wissen, worüber die bunte Truppe redet.

Mit einem Mal bricht die Diskussion ganz ab und alle, außer Bella, drehen sich zu mir um. Liane hat es sich anscheinend gerade zur Aufgabe gemacht diejenige zu sein, die mir die Fragen stellt.

Sie räuspert sich und fragt: „Du bist doch gerade erst hier angekommen, oder?!“

Als ich nicke spricht sie weiter.

„Kannst du uns dann vielleicht sagen, ob du davon etwas weißt, dass ab jetzt auch Jungs in diesem Internat aufgenommen werden?“

„Sorry, aber dabei kann ich euch nicht helfen. Ich weiß es nicht, aber vielleicht ist es ja auch bloß ein dummes Gerücht.“

In dem Moment, wo Liane mich das fragt, wird mir klar was das bedeuten würde. JUNGS! Hier in einem Mädcheninternat. Ein Albtraum. Obwohl, vielleicht könnte es ja doch ganz witzig werden, vorausgesetzt es sollte stimmen. Seltsamerweise fühlte ich mich jetzt irgendwie besser. Daran, dass ich keine Freundinnen haben wollte, denke ich gar nicht mehr. Was mich in dem Moment auch nicht weiter stört.

Ich klettere vom Bett herunter, setze mich auf den letzten noch freien Stuhl und beteilige mich an dem weiterlaufenden Gespräch. Nach einiger Zeit kommen wir zu dem Entschluss, dass wir vorher, bevor wir beginnen Pläne zu schmieden, erst einmal ausspionieren, ob an der ganzen Geschichte überhaupt etwas dran ist.

Jenny und Mira rennen los, um sich zu erkundigen. In der Zwischenzeit stelle ich mich den anderen Mädchen vor. Als dann die Zwillinge wieder ins Zimmer stürzen und keuchen: „Sie kommen morgen um 15.00 Uhr“, fangen wir an uns Gedanken zu machen, wie wir den Jungs einen denkwürdigen Empfang bereiten können.

Boys, Girls – One School

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