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2. Kapitel - Teil 1

Mirella fühlte sich benutzt, völlig erschöpft und verzweifelt. So ging sie unter die Dusche. Zuvor hatte sie die Strümpfe weggeworfen und auch den Rock, er würde sie immer an diese schlimme Nacht erinnern. Sie duschte eine halbe Stunde, wusch sich die Haare, kauerte sich hin, weil sie sich so normalerweise immer schnell erholte, von was auch immer. Aber diesmal hockte sie derart lange im Duschregen, dass Simon anklopfte und fragte, ob alles in Ordnung sei.

Selbst der Gedanke, dass sie wenigstens nicht mit ihm geschlafen hatte, konnte sie nicht trösten. Das, was sie ihm gegeben hatte, war viel gewesen! Nicht mal dem Mann, den sie liebte – Niklas – hatte sie das in diesem Umfang gewährt.

Davide hatte sie und ihre dunkle Seite im Übermaß ausgenutzt. Sie hatte ihre Hände hingehalten, damit er sie mit dem Rohrstock schlagen konnte und hatte sich auf den Bock schnallen und mit Peitsche und Gürtel züchtigen lassen ... Das war in ihren Augen Teil der SM-Ästhetik. Aber das Geschehen gestern war nur schmutzig!

Hoffentlich haut mich das nicht wieder um, dachte sie, als sie in die Küche ging, um sich Kaffee zu kochen.

»Was war das gestern?« Simon kam dazu und klang, als sei er ihr Vater.

»Eine Männerfantasie.«

»Bestimmt nicht meine. Du siehst beschissen aus.«

»Vielen Dank.«

»Hast du Schluss gemacht?«

»Ja, ich denke, so könnte man es nennen.«

Simon atmete auf. »Ich mach dir ein paar Omeletts.«

»Bloß nicht, aber danke.«

»Pralinen?«

»Schon eher.«

»Da ist ein Paket für dich gekommen, als du unter der Dusche warst.«

»Ach, der Bikini.«

»Du willst schwimmen gehen? Ich dachte Schwimmbäder sind alle voller Viren und Bakterien, Seen voller Parasiten? Das sagst du jedenfalls immer.«

»Es gibt noch den Balkon. Und manchmal ist es heiß. Man muss für jeden Fall gerüstet sein.«

»Ich an deiner Stelle würde jetzt nicht mal mehr ’ne Pizza essen.«

»Sei nicht rassistisch. Er war zufällig Italiener. Aber ich liebe Italien. Die Sprache, die Musik, die Mode, das Essen. Italien kann nichts dafür, dass Davide zu weit gegangen ist. Und nicht zu vergessen: Ich bin selber halbe Italienerin und meine Mutter war eine Ganze. Ich werde wie immer Pizza essen und Tiziano hören.«

»Solange du dich dabei nicht anziehst, als wolltest du auf den Strich gehen.«

»Erinnere mich nicht daran!«

»Wie wär’s mal mit Duplo statt Giotto?«

»Du meinst dich. Das hatten wir doch schon!«

»Früher oder später kriegen wir Sie ...!«

»Mit Danone-Joghurt. Uralte Tagline. Dass du die überhaupt kennst, da warst du doch noch nicht mal ein schmutziger Gedanke deiner Eltern!«

***

Mit letzter Kraft schleppte sich Mirella in die Agentur. Ute rümpfte die Nase bei ihrem Anblick. War es so offensichtlich? Sie hatte doch alles abgewaschen. Sich sogar mal geschminkt, ganz dezent wie es ihre Art war und hatte einen geschäftsmäßigen Gerry Weber-Blazer gewählt samt schwarzer Anzughose. Sie sah aus wie perfekt vorbereitet für ein Vorstellungsgespräch in der Chefetage von Mercedes.

»Lange Nacht, was? Hätte ich dir gar nicht zugetraut!«

Ute war eben ein Sex-Detektor. Sie roch ihn förmlich heraus wie ihren Lieblingsduft aus einer ganzen Parfüm-Abteilung. Es war so, als wenn man in Grasse, der Welthauptstadt des Parfums, wäre, umhüllt von diesen breit gefächerten, verschiedenen Duftnuancen, und man trotzdem ein paar flüchtige Spritzer eines längst vom Markt genommenen Produkts an einer Besucherin identifizieren konnte.

»Alex ist heute auch zu spät dran. Das ist doch kein Zufall, oder?« Sie sagte das schnippisch mit einem vulgären Unterton.

»Wie du meinst«, erwiderte Mirella und machte ihren PC an.

»War es denn nicht gut? Ich hätte gedacht, Sex mit dem Chef wäre eine epochale Erfahrung.«

»Hör auf, da war nix.«

»Also mich müsste er nicht zweimal bitten. So ein attraktiver, erfolgreicher Mann. Ich würde ihm zeigen, was er wert ist und ihm überall einen blasen.«

Mirella erinnerte das ans Schlucken und sofort hatte sie wieder diesen Geschmack im Mund. Bevor es sich zu einem Brechreiz entwickeln konnte, nahm sie schnell ein Kaugummi.

»Oooooh, du hast es getan! Jemandem einen Blowjob verpasst und es war so übel, dass dir jetzt beim bloßen Gedanken daran schlecht wird. Dann kann es nicht unser Alex gewesen sein. Ich wette, er schmeckt himmlisch!«

»Ute! Lass mich einfach in Ruhe arbeiten, okay?«

Alex kam hereingeschneit. »Ute, hör mal weg! Ich habe eine Überraschung für dich, Miri. Wir gehen einkaufen. Als Dank, dass du Hartmann an Land gezogen hast.«

»Echt?«, riefen Ute und Mirella gleichzeitig.

Sie fuhren zu einem Shopping-Center und Mirella steuerte sofort ihr Lieblingsschuhgeschäft an. Dort verliebte sie sich ziemlich schnell in ein Paar Riemchen-Pumps von Jimmy Choo. Es gab sie in Taupe, in Weiß und in Schwarz. Mirella konnte sich nicht entscheiden.

»Ach, komm, nimm alle drei!« Schon nahm ihr Alex die Schachteln ab und ging damit zur Kasse.

Im Auto meinte sie etwas schuldbewusst: »Die sind eigentlich viel zu schön zum Tragen.«

»Freut mich, wenn ich dir eine Freude machen konnte.«

»Ich hoffe, es ist noch etwas für mein Honorar übrig.«

»Das ist ein Riesenbudget, da fällt schon noch was ab für dich. Stimmt es, dass du noch Jungfrau bist?«

Was für eine Frage! Mirella war baff. Wie kam er jetzt darauf?

»Bryan erzählt so was. Also ich tippe nein, dafür bist du zu sexy. Aber höchstens zwei!«

»Das musst du schon selber rausfinden.« Mirella war peinlich berührt. Ihr erster Ausflug mit dem Boss und dann so was.

»Bryan sagt auch, du würdest zu Nutten gehen«, fand Mirella einen Weg, es ihm heimzuzahlen.

»Nein, ich lass sie ins Haus kommen«, sagte er laut lachend.

Sie starrte ihn etwas angewidert an.

Sogleich klärte er sie auf: »Dann könnte ich mich ja gleich in eine Petri-Schale voller HP-Viren setzen!« Der Satz kam ihr so bekannt vor. Genau den hatte sie selber erfunden – zu einer Aufklärungskampagne über Humane Papilloma-Viren.

»Nein, kleine Mirella, ich steh nicht auf Schlampen. Egal, welchen Grades.«

»Sehr sympathisch.«

»Ach ja, Bryan ... Der wandelnde Gerüchte-Umschlagplatz. Von ihm weiß ich auch, wann du dein Kettensägenmassaker hast.«

Mirella wurde blass. Das war nun wirklich kein Thema, das sie mit ihrem Chef besprechen wollte.

»Er sagt, du kriegst dann immer einen dicken Pickel am Kinn.«

Mirella fasste sich ermattet an die Stirn und konnte nicht glauben, dass ihr Zyklus Gesprächsthema in der Agentur war ...

Zum Glück waren sie zu Hause bei Mirella angekommen und sie musste nicht länger über dieses peinliche Thema diskutieren. Gegenüber heterosexuellen Männern vermied sie es, auch nur den leisesten Verdacht zu erregen, sie könnte, genau wie ihre Geschlechtsgenossinnen, einmal im Monat unpässlich sein. Sie wollte den Eindruck erwecken, als existierte das gar nicht.

Simon öffnete die Tür, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte. »Da ist ein Päckchen für dich. Conleys.«

»Ach, die Pumps.«

»Noch mehr Schuhe?«, kommentierte Alex das sofort.

Mirella zuckte mit den Achseln.

»Also, gute Nacht, war ein netter Tag«, meinte Alex.

Nett? Entweder er hatte eine Freundin oder sie verlor ihren Charme. Oder ging das mit dem Altern etwa los?

»Du, das mit dem ewigen Shoppen, meinst du nicht, das führt irgendwann zu deinem Ruin?« Simon war ernsthaft besorgt.

»Alex hat mir die Schuhe geschenkt.«

»Hast du ihm einen geblasen, oder was?«

»Sei nicht so ordinär! Es war eine Belohnung für den Hartmann-Auftrag. Außerdem ... kannst du auch mal an was anderes denken?!«

»Das ist schwer. Ich sehe dich jeden Tag, wie du gehst, wie du dich anziehst. Ich rieche, wie du duftest. Selbst auf der Toilette duftet es immer, wenn du drauf warst. Du bist die schönste Frau, die ich kenne, die belesenste und die coolste. Wenn du mir jemals einen Blowjob verpassen würdest, könnte ich danach happy sterben, weil eine Steigerung gäb’s dann für mich nicht mehr.«

Diese etwas andere Liebeserklärung rührte Mirella schon. Sie gab ihrem Zeigefinger einen Kuss und berührte damit seinen Schritt. »Du bist süß.« Dabei beließ sie es aber.

»So was will ein Mann hören, glaub mir!«

***

Heute war die Konferenz für die Markteinführung von »Hartmann’s Wet«. Mirella fühlte sich unwohl. Der dicke Pickel am Kinn war mal wieder da.

Mirella desinfizierte sich wie immer vor der Monats­hygiene die Hände, wusch sie danach zweimal mit ihrer eigenen, antibakteriellen Flüssigseife, schrubbte dabei jeden einzelnen Finger und ließ das gerade noch erträglich heiße Wasser dann mindestens eine halbe Minute über ihre Hände laufen.

»Was haben Sie denn vor – eine OP?«

Mirella erstarrte. Jemand hatte sie bei der Vorbereitung zu einer ihrer OB-OPs erwischt. Und es war leider ein Mann! Ein gutaussehender noch dazu.

»Dies ist die Damen-Toilette.«

»Ich weiß, Alex schickt mich, eine Mirella Alsterlund soll zur Konferenz erscheinen. Sind Sie das?«

»Ja, das bin schon ich, aber ich muss noch ... ich kann nicht ... ich werde ...«, stammelte sich Mirella einen ab.

Der Mann lächelte milde, dann meinte er: »Sie haben Ihre Tage und bereiten einen Wechsel vor, nicht wahr?«

Die Röte in ihrem Gesicht kam dem Blut, das bestimmt bald durchsickern würde, wenn der Herr sie nicht endlich auf die Toilette gehen ließ, schon sehr nahe. Gott, war das peinlich! Gleich würde sie in Tränen ausbrechen.

»Ich sag einfach, Sie brauchen noch ein paar Minuten.«

Sie nickte nur, murmelte ein verwaschenes Danke und verschwand schnell in der Kabine. Die Tür mit dem Fuß zuziehend und die Klinke und das Schloss mit dem Ellbogen niederdrückend.

Der Mann schmunzelte, zog die Brauen hoch, aber war von dem extremen Hygiene-Bewusstsein der jungen Frau sehr angetan. Pussy de Luxe, dachte er. Vielversprechend ...

Frisch tamponiert und aufgeräumt erschien Mirella im Konferenzraum. Alex warf ihr einen strengen Blick zu, aber der Mann von eben lächelte sie breit an. Sie erkannte ihn an den blendend weißen Zähnen. Alex räusperte sich und stellte den Fremden neben sich vor. Oh je, es war der berühmte »Hartmann’s Wet«-Hartmann! Ihr neuer Auftraggeber ...

Na, da hast du ja den Einstand schlechthin hingelegt, beschimpfte sie sich innerlich.

In der Kaffeepause kam Corey Hartmann ihr nach und meinte: »Sie brauchen sich nicht zu schämen, das ist doch nur menschlich. Na ja ... Eigentlich übermenschlich. Ich war beeindruckt von Ihrer Gewissenhaftigkeit. Sind Sie in Wahrheit vielleicht Ärztin?«

Okay, Miri, du wirst für deine Ideen bezahlt, jetzt brauchst du gerade dringend eine!, dachte sie, war sonst aber komplett leer im Hirn. »Ich ...«

»Wie alt sind Sie? Siebenundzwanzig?«

»Ich bin dreiundvierzig.«

Er verschluckte sich an seinem Espresso. »Ernsthaft? Jesus! Sie haben sich aber gut gehalten. Ich kann keine Falte entdecken. Aber Ihr Gesicht können Sie trotzdem bewegen. Wie geht das?«

»Viel Sex!«, mischte sich Ute plötzlich ein.

Mirella wäre am liebsten auf der Stelle von einem Ufo entführt worden, und sei die Destination eine düstere Galaxie voller extrem glitschiger, wahnsinnig intoleranter Aliens.

Sie war jetzt nicht mehr rot, sondern leichenblass. »Nein. Ich esse kein Fleisch«, brachte sie heraus.

»Variante Eins erschien mir plausibler.«

Ihr wurde fast schlecht vor Aufregung. »Hören Sie auf zu zittern, sonst lege ich Sie übers Knie.«

Das hatte Mr Hartmann ihr ins Ohr geflüstert, aber er erreichte damit das Gegenteil. »Ich meine es ernst«, sagte ihr neuer Boss nun ganz laut.

Mirella hätte sich am liebsten auf die Toilette verzogen und masturbiert, was das Zeug hielt. Dieser Typ war wie ein Hochglanzmusikvideo mit ultrasexy Texten. Justin Timberlakes neuestes Zeug war harmlos dagegen. Kinderkram.

Alex rief zur Aufmerksamkeit, es ging weiter. Mirella setzte sich mit einer erhitzten Muschi und ebenso feuchten Händen. Es wurde ein ewig langes Briefing – das längste Briefing der Werbe-Geschichte, dachte Mirella.

***

Es war Null Uhr und alle waren längst gegangen, nur Mirella und ihre beiden Bosse hockten noch im Büro.

»Lasst uns noch irgendwohin gehen!«, schlug Alex vor, sich streckend und ein bisschen gähnend.

»Okay, das große M hat sicher noch auf!«, pflichtete Corey ihm bei.

Mirella wunderte sich, dass die beiden sich beim Vornamen nannten. Aber im Auto klärte Alex sie darüber auf, dass Corey ein alter Schulfreund aus Alex’ High School-Jahr war, den er unter einem anderen Namen gekannt hatte, damit der kleinere Corey nicht von den Mitschülern wegen seines großen Namens gemobbt wurde.

»Das ist ja lustig. Dann kennt ihr euch also gut.«

»Corey war damals schon der Schwarm aller Frauen, aber er hatte nur Augen für eine. Joy.«

»Immer ist zu wenig Remoulade darauf!«, kritisierte Mirella ihren Veggie-Burger.

»Beschwer dich!«, meinte Corey.

Simon rief an. »Wann kommst du nach Hause, ich mach mir Sorgen. Da ist eine Tüte für dich gekommen.«

»Ach, der Gürtel.« Sie wurde rot.

Coreys Blick zeugte von Interesse und Erregung. Mit diesem Blick hatte er sich endgültig offenbart, oder täuschte sie sich? Ihr Herz pumpte wie verrückt und sie schien jenen Gürtel auf ihrem Popo schon spüren zu können.

Gott, du bist so dermaßen pervers, Mirella!, dachte sie.

Corey hatte viele Gesichter, so kam es ihr jedenfalls vor. Es hatte lange gedauert, sich seine Physiognomie einzuprägen. Sie konnte sich das Antlitz eines Menschen ohnehin schlecht merken. Da war nichts, was herausstand. Außer das Fernwehblau seiner Augen vielleicht. Er hatte keine markante Nase, dafür ein äußerst männliches Kinn, eine hohe Stirn. Das Gesamtbild war sehr maskulin, etwas verwegen.

»Mann, das war was auf dem Flughafen! Ich musste mich bis auf die Unterhose ausziehen. Fehlte nur noch ...«

Er redete nicht zu Ende, aber sie sah es bildlich vor sich. Wie er sich vorbeugen musste, mit heruntergelassener Hose und sie ihn nach Substanzen untersuchten. Warum stieß sie das Bild nicht ab?

»Ich bin so froh, jetzt hier zu sein. Hab Matuschke vermisst. Ich könnte ihn übers Netz hören, aber zu der Zeit hab ich andere Sachen ...«

Was für Sachen? Eine Freundin, eine Ehefrau, vier Kinder?

»Ich mag Matuschkes Musikauswahl auch«, steuerte sie einen Beitrag zur Konversation bei.

»Hey, guter Musikgeschmack für eine Frau!«

»Das war der Chauvi-Spruch des Tages!« Himmel, sie hatte doch den Satz nur gedacht!

Er sah sie mit einer unglaublichen Arroganz an, ja, er schlug sie schon jetzt – mit seinen Augen. Sie hielt dem Blick nicht stand. Mirella sah ihn vor ihrem geistigen Auge sie ohrfeigen. Sie spürte schon die Stöße, fühlte, wie sein warmer Nektar sich in ihr verströmte ...

Corey mahlte mit dem Kiefer auf seinen Wangenknochen herum, sah nur sie an. Alex wurde Zeuge eines Naturschauspiels. Die Gravitation zwischen beiden machte die herkömmliche Schwerkraft zu einem müden Witz.

»Okay, ein Milchshake in die Chauvi-Kasse«, löste Alex die Spannung zwischen den beiden auf.

Corey ging zur Kasse.

»Was war das?«, zischte Alex.

»Entschuldigung, ist mir so rausgerutscht.«

»Das meine ich nicht. Eure Augen ficken miteinander!«

»Ach, das bildest du dir ein, ist doch gar nicht mein Typ!«

»Dominant, männlich, gepflegt, gut riechend, gutaussehend bis schön. Und nicht dein Typ? Stinkreich noch dazu, erzähl mir nichts!«

»Ja, er ist schon nicht übel.«

»Mirella, er ist so was wie dein Chef!«

Corey war wieder da, mit einem Milchshake für Mirella.

»Würd zu gern wissen, wie der schmeckt.« Corey leckte sich demonstrativ die Lippen.

»Dann hol dir einen!«, warf Alex gereizt ein.

»Ich teile den Strohhalm nur mit jemandem, mit dem ich auch das Bett teile!«, kokettierte Mirella mit ihrem Flirtpartner.

Er sah sie an, als wollte er sagen: Das wirst du schon noch, Baby!, sagte aber: »Seh ich auch so.« Corey lachte. Seine Zähne waren blendend weiß und gerade, typisch amerikanisch eben.

Sie fand ihn mehr als attraktiv, doch nicht so sehr wie ­Niklas. Wenn er so tickte wie sie, würde sie allerdings darüber hinwegsehen. Aber wie sollte sie das herausfinden? Sie hatte an Niklas gesehen, dass nicht alle Männer dazu bereit waren. Als Alex einen Anruf bekam und aufstand, um außer Hörweite zu gehen, fasste sie sich ein Herz. Sie zeigte ihm ein paar Fotos auf ihrem Handy. Darunter ein Bild von ihrem Bett.

»Gut zum Fesseln«, bemerkte Corey.

Ihr Herz explodierte schier. »Deshalb hab ich’s gekauft.« War das ihre Stimme? Sie klang so erotisch und irgendwie abgeklärt.

Ihre Blicke trafen sich wie zwei Blitze. Es wurde laut in ihren Hirnen und sengend heiß. Dieses Neurotransmittergewitter fegte alles weg: Alex, die Umgebung, das Angestelltenverhältnis.

»Hab ich gleich gewusst«, meinte Corey frech und Mirella wurde noch röter.

»Was?«

»Du hast was Devotes.«

»Wo?«

»Die Art, wie du den Blick senkst, wie du sprichst, deine Stimme. Ich würde sie zu gern hören, wenn du ausgepeitscht wirst.«

Sie schluckte. War das so offensichtlich oder nur sein Kennerblick? »Wenn du mich ...?«

»Für die Art und Weise wie du mit Alex flirtest, hättest du mindestens zehn Hiebe verdient.«

»Ach, nur zehn?«

»Mit der Reitgerte.«

»Ich habe nicht geflirtet.«

»Natürlich nicht. Jetzt ja auch nicht.«

Er nahm ihr Handgelenk, drückte es. Es tat weh, und erregte sie. Sie biss sich verlegen auf die Unterlippe.

Da kam Alex zurück zum Tisch. »Na, habt ihr gebondet?«

Eher gebondaged, dachte Mirella.

»Ich bin müde, ich fahre. Bringst du sie nach Hause?«, bat Alex.

»Ich nehm ein Taxi«, warf Mirella ein.

»Kommt gar nicht in Frage«, sagte Corey.

»Ich hab den Corrado voller Umzugskisten.« Entschuldigend zuckte Alex mit den Schultern. »War lustig mit euch, also gute Nacht.«

Sie waren allein. Corey nahm wieder ihr Handgelenk. Dann das andere auch. »Jede ›normale‹ Frau würde jetzt sagen: Lass mich los! Aber du sagst nichts, du kriegst vielmehr einen halben Orgasmus, oder?«

In der Tat spürte sie den Druck auf ihre Arme zwischen den Beinen, es machte sie unbestritten an.

Unterm Tisch spreizte er ihre Schenkel mit seinen Knien. »Ich würd jetzt gern meinen Schwanz in dir haben, Mirella. Ich werd dich gegen die Wand ficken.«

»Lass mich los«, zischte sie, hielt sie den mentalen Druck auf ihre Geschlechtsorgane nicht mehr aus.

»Wir sollten ein Safewort ausmachen«, schlug Corey vor.

Sie konnte nicht sprechen, in ihrem Kopf wurde sie gerade gegen die Wand gefickt.

»Wie wär’s mit ›Danke‹?«

Mirella nahm dann doch lieber ein Taxi nach Hause. Sie bestand darauf. Corey zahlte es und entschuldigte sich förmlich für seine Forschheit im Burgershop. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist, aber du reizt mich eben so sehr, dass ich kaum an mich halten kann.«

»Schon gut«, sagte Mirella nur und stieg ins Taxi.

Ihr ganzes sexuelles Leben lang, das mit einundzwanzig begonnen hatte, als sie zum ersten Mal masturbiert hatte, hatte sie sich nach einem dominanten Mann gesehnt. Nie war ihr einer begegnet und jetzt, innerhalb von ein paar Monaten, bereits zwei! Sie sah sich mitten im Raum an der Decke hängen, bekleidet mit einem glitzernden Spitzenensemble aus Monaco ...

Dieser Hartmann, er war wie ein Filmstar. Und verweigerte man sich einem Filmstar, der noch dazu ganz nach ihrem Geschmack war? Gott, er roch so gut! Und er hatte die gleichen Anwandlungen wie sie. Das war doch ein Glücksfall. Auch wenn das mit Davide so unglücklich verlaufen war, ihre Neigung war trotzdem präsent, vielleicht sogar noch stärker, weil sie es endlich ausprobiert hatte und wusste, dass sie nicht nur in der Phantasie darauf ansprang.

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