Читать книгу Unnahbares Herz - N.R. Walker - Страница 6
Kapitel Eins
ОглавлениеIch fand schon immer, dass der Wagen eines Menschen das Spiegelbild seines Besitzers ist, und als ich die Beifahrertür des Ford Taurus aus den späten Achtzigern öffnete und einstieg, lächelte ich in mich hinein. Genau wie sein Eigentümer Dr. Fields war der Wagen grau und in tadellosem Zustand. Kein Kratzer, keine Beule, nichts, das nicht an seinem Platz war. Poliert, ordentlich und sauber. Familienorientiert. Sicherheit kam zuerst. Genau wie beim Eigentümer.
Und auch wenn er noch fuhr und noch immer zuverlässig war, kam er in die Jahre. Genau wie sein Eigentümer.
Ob mein Auto mich repräsentierte? Sosehr ich wünschte, dass es anders wäre: Ja, tat es. Ein wuchtiger Jeep 4x4 mit ein paar Beulen und Kratzern. Nicht allzu alt und ganz sicher kein Vorzeigemodell. Eher robust, abgetragen, manchmal spaßig, immer praktisch. Das bin ich. Praktisch für meine Arbeit als Tierarzt. Praktisch für meine freien Tage, wenn ich meinen Hund auf dem Rücksitz anschirrte und aus der Stadt fuhr. Nichts an meinem Wagen schrie schwuler Mann, aber für mich galt schließlich dasselbe.
Es sei denn, man zählte den kleinen Sternenaufkleber auf der hinteren Stoßstange dazu.
Mein bester Freund Mark hatte ihn dort angebracht, bevor ich Hartford in Connecticut verlassen hatte, um meine neue Stelle in Boston anzutreten.
Er hatte gewusst, dass ich mich wie üblich in der Arbeit vergraben und damit meine Chancen begrenzen würde, jemand Neuen kennenzulernen. Er hatte behauptet, dass ein Stern auf der Stoßstange die Chancen erhöhen würde, dass irgendein Mann das tätowierte Gegenstück auf meiner Hüfte zu sehen bekam. Er hatte gemeint, der Stern wäre diskreter als der Ich bin schwul. Willst du ficken?-Aufkleber, den er zuerst an meinem Wagen anbringen wollte. Er fand die Vorstellung zum Schreien komisch. Mark hielt sich immer für schreiend komisch.
»Warum lächeln Sie?«, fragte Dr. Fields.
Ich sah zu dem älteren Mann hinter dem Lenkrad hinüber. »Oh, nichts«, sagte ich abwehrend, lächelte ihm aber zu.
Er erwiderte die Geste und fragte dann: »Wie gewöhnen Sie sich ein? Gefällt es Ihnen hier?«
»Ja«, antwortete ich ehrlich. »Sehr. Ich meine, es ist erst eine Woche vergangen, aber was ich bisher gesehen habe, finde ich großartig.« Und das tat ich. Meine neue Stelle in der East Weymouth-Tierklinik war ein ziemlicher Aufstieg für mich.
Er lächelte erneut, offensichtlich zufrieden mit seiner Entscheidung, mich einzustellen.
Eine Weile konzentrierte er sich aufs Fahren, dann fragte er: »Haben Sie in Hartford Hausbesuche gemacht?«
Ich lachte. »Oh, nein. Ich dachte, Hausbesuche wären nur etwas für Landtierärzte in Kleinstädten auf dem Land.« Oder für Fernsehsendungen, dachte ich abgelenkt, aber das behielt ich für mich.
Dieses Mal war es Dr. Fields, der lachte. »Na ja, es stehen in diesen Tagen nicht mehr viele Hausbesuche in meinem Terminkalender. Nur die Familien, die schon seit Jahren zu mir kommen.«
Und genau dorthin waren wir nun unterwegs. Die Tierklinik lag in einem hübschen Teil der Stadt und alle Hausbesuche waren in der Nähe. Unseren ersten statteten wir einer Mrs. Yeo und ihrem siebzehn Jahre alten Kater Mr. Whiskers ab. Als wir ankamen, war ich nicht überrascht, dass Mrs. Yeo Hausbesuche vorzog. Sie musste an die hundert Jahre alt sein, war vielleicht einen Meter zwanzig groß, hatte graues, drahtiges Haar und eine Haut wie zerknittertes Papier.
»Lassen Sie sich von ihrer Erscheinung nichts vormachen«, hatte Dr. Fields mich im Auto gewarnt. »Sie ist blitzgescheit.«
Das war sie, aber dem armen, alten Mr. Whiskers ging es nicht so gut. Er war träge und reagierte nur wenig, als Dr. Fields ihn behutsam untersuchte. Er verabreichte Mr. Whiskers weitere Medikamente gegen seine Arthritis. Doch selbst Mrs. Yeo nickte traurig und signalisierte damit, dass ihr klar war, dass die Tage des alten, getigerten Katers gezählt waren.
Obwohl wir ablehnten, begleitete Mrs. Yeo uns nach draußen. Dr. Fields klopfte ihr aufmunternd auf den Arm und sagte ihr, dass sie ihn anrufen sollte, falls sie etwas brauchte.
Als wir wieder im Auto saßen, seufzte er. »Ich glaube nicht, dass Mr. Whiskers den Sommer überstehen wird«, sagte er traurig. »Bin mir nicht sicher, wie Mrs. Yeo ohne ihn zurechtkommen wird. Sie hat sich die Katze als Gesellschaft angeschafft, nachdem ihr Mann gestorben ist…« Der ältere Mann verstummte, mehr musste er nicht sagen. Ich verstand.
Es war ihm leicht anzumerken, dass er seine Arbeit liebte. Ich war erst seit einer Woche bei ihm, aber er kannte jeden Patienten und Besitzer mit Namen sowie ihre persönlichen Geschichten und nahm sich für jeden von ihnen Zeit. Er legte eine altmodische Arbeitsmoral an den Tag und ich fragte mich, wie ihm sein nahender Ruhestand bekommen würde.
Ich vermutete, dass er die Arbeit genauso sehr vermissen würde wie die Klinik andersherum ihn. Schon nach einer Woche auf meinem neuen Posten war eines absolut klar: Ich trat in große Fußstapfen.
Eine Zeit lang fuhren wir schweigend dahin und ich sah durch das Beifahrerfenster langsam die Häuser vorbeiziehen. Die Tierklinik lag in Weymouth im südlichen Boston, was schon eine nette Wohngegend war, aber die Häuser, die wir nun passierten, wurden immer hübscher, die Gärten und Rasenflächen waren gut gepflegt.
Um die Unterhaltung zwischen uns am Laufen zu halten, lieferte ich Dr. Fields ein Stichwort: »Der nächste Halt ist bei Brannigans.«
Er nickte. »Isaac Brannigan…«, sagte er leise und schüttelte den Kopf. »Traurige Geschichte, aber nicht meine Angelegenheit, darüber zu sprechen. Hannah wird da sein. Sie ist seine zugewiesene Pflegekraft«, fuhr er kryptisch fort.
Ich fragte mich, was er meinte, als wir in das Rondell der Einfahrt fuhren. Das große, eingeschossige Haus stand stolz inmitten eines gepflegten Gartens. Es sprach von Geld.
Dr. Fields hielt vor der Haustür, aber bevor er aus dem Wagen stieg, sagte er: »Isaac hat ein paar Probleme, sich an seinen neuen Hund Brady zu gewöhnen. Er ist ein bisschen…« Er suchte nach dem richtigen Wort. »…stur, aber ich schätze, er hat seine Gründe.«
Bevor ich fragen konnte, ob er sich auf den Hund oder seinen Besitzer bezog, stieg Dr. Fields aus dem Wagen. Ich folgte ihm, nahm die Tasche vom Rücksitz und ging mit ihm zur Haustür.
Eine Frau öffnete und lächelte warmherzig, sobald sie Dr. Fields sah, dann trat sie beiseite, um uns hereinzubitten. Sie schien um die dreißig zu sein – ein paar Jahre älter als ich – und hatte braunes, lockiges Haar, eine blasse Haut und ein breites, freundliches Lächeln.
»Hannah«, stellte Dr. Fields uns einander vor. »Das ist Dr. Carter Reece. Carter, das ist Hannah Brannigan.«
Ich gab ihr die Hand. »Sehr nett, Sie kennenzulernen.«
Sie lächelte immer noch. »Nimmt Max Sie mit auf seine Runde?«
Da sie ihn bei seinem Vornamen nannte, war mir schnell klar, dass sie ihn gut kennen musste. Bevor ich etwas erwidern konnte, antwortete Dr. Fields an meiner Stelle. »Dr. Carter wird meinen Platz in der Klinik übernehmen.«
»Oh«, sagte sie leise und sah von mir zu ihm. »Sie gehen in Ruhestand?«, fragte sie und Dr. Fields nickte. »Das hat Isaac gar nicht erwähnt…«
»Er weiß es nicht«, entgegnete Dr. Fields ebenso leise. »Ich wollte es ihm heute sagen.«
Da betrat ein Mann – nicht älter als ich – das Foyer. Er war gekleidet, als wäre er gerade von einer Jacht gestiegen. Kakishorts, weißes Polohemd, teure Lederbootsschuhe und eine kleine, dunkle Designersonnenbrille, die mich ein Monatsgehalt gekostet hätte. Er sah sportlich aus, war wie ich um die 1,75 Meter groß und hatte kurzes, stachelig geschnittenes, dunkelbraunes Haar und blasse Haut. Er war hinreißend.
Er lächelte. »Mir was sagen?«
Dieser Mann war Isaac Brannigan? Ich wusste nicht, warum ich einen alten Mann erwartet hatte, aber es war so. Dr. Fields hatte gesagt, dass Isaac eine Pflegekraft hatte. Ich war davon ausgegangen, dass Hannah, die denselben Nachnamen trug, diese Aufgabe übernommen hatte. Vielleicht war sie seine Frau.
»Ich gehe Brady holen«, sagte Hannah, als Isaac zu uns trat. »Ich habe ihn nach draußen gelassen, bevor Sie angekommen sind.«
Dr. Fields lächelte ihr zu, dann wandte er sich an Isaac. Der jüngere Mann sah in meine Richtung, wenn auch nicht direkt. »Und wir haben Gesellschaft?«
»Oh, ja«, sagte Dr. Fields. »Isaac Brannigan, das ist Dr. Carter Reece. Er ist ebenfalls Tierarzt.«
»Hallo«, grüßte ich. »Nett, Sie kennenzulernen.«
»Und warum ist er hier?«, fragte Isaac recht brüsk. Ich war ein wenig schockiert über seine offene Unhöflichkeit mir gegenüber.
»Sollen wir uns ins Wohnzimmer setzen?«, fragte Dr. Fields. »Ich habe Neuigkeiten.«
Isaac drehte sich um und ging durch eine breite Türöffnung zu den Sofas. Er berührte leicht ihre Rückenlehnen, dann die Armlehne einer Couch, bevor er sich hinsetzte. Dr. Fields folgte ihm, während ich immer noch leicht verblüfft im Foyer stand.
Dr. Fields hatte diesen Kerl als stur bezeichnet. Ich dagegen hielt ihn einfach für verdammt unhöflich. Aber ich folgte ihnen dennoch und setzte mich auf das Sofa gegenüber von Isaac, während Dr. Fields neben ihm Platz nahm. Und dann tat er etwas Merkwürdiges: Er legte Isaac die Hand aufs Knie.
»Ich habe Carter heute mitgenommen, damit er alle meine Hausbesuchspatienten kennenlernt«, sagte Dr. Fields zu ihm. »Denn er wird mich ersetzen. Ich gehe in Rente, Isaac.«
Isaac saß einfach da. Keine Reaktion, die Miene stoisch. Er nahm nicht mal seine Sonnenbrille ab. »Wann?«
»In zwei Wochen«, antwortete Dr. Fields.
Da kam Hannah aus der gegenüberliegenden Küche. Bei ihr war – so viel vermutete ich – Brady, ein heller Labrador, vielleicht zwei oder drei Jahre alt, mit hellen Augen und einem freundlichen Gesichtsausdruck. Er trottete zu uns und setzte sich neben Isaacs Füße, als wäre er Teil der Unterhaltung zwischen den Menschen.
Isaac ignorierte den Hund, was mir eigenartig vorkam. Nicht einmal ein schnelles Tätscheln des Kopfes, kein Streicheln, nichts. Stattdessen sagte er: »Ich brauche Kalziumpulver. Das, das ich Brady ins Futter gebe.«
Dr. Fields nickte. »Ich dachte, ich hätte letztes Mal welches mitgebracht.«
»Ich habe es umgeworfen«, sagte Isaac leise.
Irgendetwas stimmte nicht. Zum Beispiel, dass Isaac Dr. Fields nicht direkt ansah, während sie sich unterhielten. Die Sonnenbrille. Ich sah mich im Raum um, bis ich fand, wonach ich gesucht hatte. Fotos auf dem Kamin am anderen Ende des Zimmers. Und da war es. Fotos von ihm mit einem anderen Hund. Und nicht irgendein Hund, sondern ein Assistenzhund.
Isaac Brannigan war blind.
»Ich weiß nicht, Max…«, sagte er. »Du bist schon so lange unser Tierarzt.«
Dr. Fields sah mich an und lächelte mir irgendwie entschuldigend zu. »Dr. Reece ist sehr gut. Ich habe ihn eigenhändig aus einem Berg von Bewerbern als meinen Nachfolger ausgesucht. Er ist von Hartford nach Boston gezogen, um die Stelle zu übernehmen.«
»Ich kann Ihre Vorbehalte verstehen«, warf ich aufrichtig ein. Da wandte Isaac mir das Gesicht zu. Ich wollte ihm beweisen, dass er mir vertrauen konnte. Aber ich schätzte, wenn ich es darauf anlegte, dass Isaac oder Brady mich mochten, hatte ich bei dem Hund bessere Karten. Daher fuhr ich fort. »Sie vertrauen Dr. Fields und von mir wissen Sie nicht das Geringste, aber wenn Sie nichts dagegen haben, Isaac, würde ich mich gern ein paar Minuten mit Brady beschäftigen.«
Isaac murmelte irgendetwas, das nach Klar, was auch immer klang. Dann stand er auf und ging zur offenen Küche. Brady richtete sich auf und beobachtete Isaac, doch er folgte ihm nicht.
Ich rief leise den Namen des Hunds und er wandte sich mir gehorsam zu. Dann setzte ich mich auf die Sofakante und klopfte auf meinen Oberschenkel. »Komm.«
Er tat natürlich, was ich von ihm verlangte, und während er sich zwischen meine Knie setzte und mit seinen großen, braunen Augen zu mir aufsah, schien er zu lächeln. Ich grinste prompt zurück, dann sah ich zu Dr. Fields, doch er beobachtete Isaac.
Isaac ging zur Ecke des Küchentresens und betrat den Raum mit vertrauter Leichtigkeit. Er fuhr mit den Fingern über die Arbeitsplatte und hielt inne. »Kann ich jemandem etwas zu trinken anbieten? Eistee?«
Er wartete nicht wirklich auf eine Antwort, sondern ging einfach zu einem bestimmten Regal und holte Gläser, dann ging er zum Kühlschrank und nahm eine Karaffe Eistee heraus.
Er war so offenkundig mit der eigenen Küche vertraut, dass er sich verhielt, als könnte er sehen. Ich stellte fest, dass ich ihn beobachtete, und erst als Hannah neben mir auf dem Sofa etwas sagte, fiel mir der Grund unseres Besuchs wieder ein.
»Brady hat Sie durchschaut«, sagte sie lächelnd.
Ich sah hinab auf den Hund, um festzustellen, dass er das Kinn auf mein Knie gelegt hatte und es mit geschlossenen Augen genoss, von mir gedankenverloren hinter dem Ohr gekrault zu werden. Ich lächelte Hannah zu.
»Ja, sieht so aus, als hätte ich einen neuen Freund gefunden.«
Ein lautes Klirren aus der Küche ließ uns die Köpfe wenden. Isaac hatte einen Löffel fallen lassen. Seinem mehr als unzufriedenen Gesichtsausdruck nach fragte ich mich, ob er es vielleicht absichtlich getan hatte. Er sah nicht glücklich aus.
Ich wandte mich wieder Hannah zu und sie verdrehte lächelnd die Augen. »Also, Carter war der Name, ja?«
»Ja«, antwortete ich, dankbar für die Ablenkung. »Carter Reece.«
»Und Sie sind gerade erst hergezogen?«, bohrte sie weiter.
»Hat Max das nicht gerade gesagt?«
Ich nickte und streichelte nach wie vor Brady. »Aus Hartford, aber jetzt ist Boston mein Zuhause. Ich bin nach Weymouth gezogen, nette Gegend und nah an der Arbeit.«
Isaac trug ein Tablett mit halb gefüllten Eisteegläsern heran und setzte es langsam auf dem Couchtisch ab. Ich war begeistert, wie leicht er es wirken ließ, obwohl ich mir nicht ansatzweise vorstellen konnte, wie schwierig es in Wirklichkeit sein musste.
»Also, Carter«, sagte Hannah nach wie vor lächelnd, als ich endlich den Blick von ihrem Bruder löste. »Wie geht's dem Patienten?«, fragte sie und betrachtete den Hund zwischen meinen Beinen.
Ich untersuchte ihn, betastete seine Wirbelsäule, seine Hüften, Rippen, Beine und Fesseln. Dann nahm ich mir seine Augen, sein Zahnfleisch und die Zähne selbst vor, auch wenn das nicht wirklich nötig war. Er war der Inbegriff von Gesundheit. Aber bevor ich etwas sagen konnte, fragte Dr. Fields: »Brady ist jetzt wie alt? Knapp drei, oder?«
Es war ein bisschen seltsam. Er gab keinerlei Diagnose ab. Er steuerte lediglich das Gespräch. Ich sah ihn fragend an, aber er schüttelte schnell, wenn auch subtil den Kopf. Da wusste ich, dass ich ihn besser nicht hinterfragte. Aber ich musste etwas sagen. Wenn ich wollte, dass Isaac in Zukunft meiner professionellen Meinung vertraute, musste ich etwas fragen. »Isaac, wie steht es um seinen Appetit?« Es war keine aufdringliche Frage, eher eine generelle Anmerkung.
Isaac, der sich wieder neben Dr. Fields gesetzt hatte, schien überrascht zu sein. »Wenn man ihn ließe, würde er fressen, bis er explodiert.«
Ich lachte leise. Labradore, selbst gut ausgebildete Assistenzhunde, würden fressen, bis sie platzten, wenn man es ihnen erlaubte, aber das sagte ich nicht laut. »Und an wie vielen Tagen der Woche arbeitet er im Durchschnitt?« Ich war kein Experte für Blindenhunde, aber ich kannte ein paar. Ich wusste, dass man von Arbeit sprach, sobald sie ihr Geschirr trugen und an die menschliche Hälfte des Teams gebunden waren.
Isaac schwieg, keine Regung, keine Bewegung, und ich fragte mich, ob ich die falsche Frage gestellt hatte. Aber dann erwiderte er: »Das kommt darauf an. Manchmal fünf, manchmal sieben Tage die Woche.« Er öffnete den Mund, um etwas hinzuzufügen, überlegte es sich aber dann noch einmal. Er neigte den Kopf unwirsch in meine Richtung. »Warum?«
»Nur, um den Patienten kennenzulernen«, antwortete ich. Ich hoffte, dass er die Nonchalance in meiner Stimme wahrnahm. »Das ist alles. Ich bin mir sicher, dass Dr. Fields mich in die Einzelheiten einweihen wird, falls nötig.«
Dr. Fields, mein Chef für die nächsten zwei Wochen, schaltete sich in das Gespräch ein. »Dr. Reece, würden Sie nach draußen zum Wagen gehen und den Sack Trockenfutter holen? Es liegt ein Fünf-Pfund-Sack im Kofferraum. Ich habe vergessen, ihn mit hineinzunehmen.«
Ich erkannte den Hinweis. Er wollte ein wenig mit Isaac allein sein. »Sicher.«
Und als ich aufstand, schloss Hannah sich mir an. »Ich bringe Sie nach draußen.«
Als wir in die warme Sommersonne traten, seufzte sie. »Isaac kann schwierig sein«, sagte sie leise. »Also fühlen Sie sich deshalb nicht schlecht. Max und er kennen sich seit vielen Jahren.«
Ich öffnete den Kofferraum, nahm das Hundefutter und schloss die Klappe wieder. Lächelnd sah ich sie an. »Das merke ich.«
Sie grinste zurück. »Was? Dass Isaac schwierig sein kann oder dass er gut mit Max befreundet ist?«
Ich entschied mich weise, nicht zu antworten, was natürlich auch eine Antwort war.
Hannah nickte. »Lassen Sie nur nicht zu, dass er Sie allzu sehr ärgert. Er liebt Brady, das tut er wirklich. Nur sind manche Tage eben besser als andere…«
Bevor ich mich erkundigen konnte, wie sie das meinte, betrachtete sie den Sack in meinen Armen und strahlte. »Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo Sie den hinbringen können.«
Wir kehrten ins Haus zurück, durchquerten das Wohnzimmer, wo sich Isaac und Dr. Fields immer noch unterhielten, und betraten die Küche. Ich stellte Bradys Trockenfutter auf dem Tresen ab. Keine Sekunde später erhoben sich die beiden Männer im Wohnzimmer, ihre Unterhaltung neigte sich dem Ende entgegen.
Als wir uns verabschiedeten, nahm Dr. Fields Isaacs Hand und tätschelte sie, wie es ein Großvater bei seinem Enkel tun würde. »Dies ist kein Abschied. Ich werde von Zeit zu Zeit anrufen und mich erkundigen, wie es dir geht.«
Isaac schnaubte. »Wenn du dich lange genug vom Golfplatz loseisen kannst.«
Dr. Fields lachte. »Tja, da ist was dran.« Aber dann wurde er ernst und tätschelte erneut die Hand des jüngeren Manns. »Du kannst von Dr. Reece denselben Service wie von mir erwarten, Isaac. Er wird sich um dich kümmern.«
Isaac nickte, erwiderte jedoch nichts, und als wir auf die Straße hinausfuhren in Richtung Klinik, seufzte Dr. Fields. »Isaac kommt nicht gut mit Veränderungen zurecht«, erklärte er. »Ist er noch nie.«
Ich dachte darüber nach, was gewisse Veränderungen für einen blinden Mann bedeuten mussten. Er war mit Dr. Fields befreundet und vertraute ihm. Nicht nur, was die Behandlung seines Blindenhunds anging, sondern auch seinem Urteil und – was noch wichtiger war – in seinem Haus. In seinem sicheren Hafen. Jede Form von größerer Veränderung musste eine Tortur sein.
Ich stimmte nickend zu. »Nein, davon würde ich auch nicht ausgehen.«
Ich hatte Fragen zu Isaac Brannigan. Aber da ich davon ausging, dass Dr. Fields sich gerade im Grunde von einem alten Freund verabschiedet hatte, entschied ich, dass sie warten konnten. Auf der restlichen Rückfahrt schwiegen wir und dann stürzten wir uns direkt in unsere Termine. Erst später am Nachmittag konnten die Fragen nicht länger warten.
Ich hatte meine täglichen Termine hinter mir und kümmerte mich um den Papierkram, als ich auf die Brannigan-Akte stieß und sie zu Dr. Fields mitnahm. Ich klopfte leicht an seine Bürotür. Als er aufsah, hielt ich die dicke Akte in die Höhe, damit er wusste, wovon ich sprach.
»Gibt es irgendeinen Grund, warum wir jeden vorstellbaren Test an einem gesunden Hund vornehmen?«, fragte ich. »Was genau ist mit ihm los? Nach was suchen wir?«
Dr. Fields legte seinen Stift beiseite und schloss den Aktenordner vor sich. Dann nahm er seine Lesebrille ab, rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Augen und seufzte schwer.
»Komm, setzen Sie sich, Carter«, sagte er schicksalsergeben. »Lassen Sie mich Ihnen von Isaac Brannigan erzählen.«