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"PRINCESS an CONTROL - Wir sind bereit für den Landeanflug auf PORT TESECO."

Roy Anthony, der Kommunikationsspezialist mit dem strohblonden Haar, bediente die Funkanlage des TESECO- Kreuzers, ohne auch nur einmal hinsehen zu müssen.

"CONTROL an PRINCESS - Sie können auf Leitstrahl umschalten. Wir übernehmen die letzten Meter für Sie!"

"Verstanden - Leitstrahl empfangen und eingekuppelt. Ende mit CONTROL."

Ein knapper Fingerdruck auf eine Sensorfläche deaktivierte die Funkanlage.

Harriet James, ihres Zeichens Spezialistin für Kybernetische Systeme, und von vielen Raumfahrern als braunhaarige Schönheit verehrt, räkelte sich bequem auf ihrem Kontursessel.

"Endlich wieder zu Hause!", seufzte sie. "Die Feierlichkeiten in Xorr City haben mich ganz schön mitgenommen - von dem Job ganz zu schweigen, den wir nebenher noch erledigen mussten."

Der Submaster der Crew, Glenn Stark, ein hochgewachsener, stämmiger Kanadier, mit schwarzem, kurz geschorenen Haaren und stahlblauen Augen, pflichtete ihr bei.

"Da kann ich dir nur zustimmen, Meisterin der Computer. Die Einsetzungsfeier von Derek in seinen Posten als Werftchef von Xorr Space Center war ja in Ordnung. Aber die Überprüfung der Raumhafenbehörden im Wega-System - zum Gähnen!"

Er reckte sich und unterstrich seine Worte eben durch ein herzhaftes Gähnen.

Dann warf er einen Blick in Richtung der Verteidigungskontrollen des Schiffes, wo eine schwarze Gestalt die Füße auf das Kontrollpult gelegt hatte und zu dösen schien.

"Stimmt’s, Kumpel?", rief Glenn zu der dunklen Gestalt in der tiefblauen TESECO- Uniform hinüber.

Nomo Teniate, der mit diesem Ruf gemeint war, blinzelte kurz und entblößte eine Reihe blendend weißer Zähne in seinem ansonsten ebenholzschwarzen Gesicht.

"Feiern sind immer gut und arbeiten ist schlecht. Aber irgendwie muss man ja die Mittel zusammenbekommen, um sich das Feiern leisten zu können."

Er nahm die Füße vom Pult, erhob sich zu seiner vollen Größe von 1,92m und reckte seine Arme nach oben.

Nachdem er sich ausgiebig gestreckt hatte, ließ er seinen Blick suchend durch das Rund der PRINCESS- Zentrale schweifen.

"He, wo steckt denn eigentlich unser allseits beliebter Crewmaster?", fragte er dann, als er den unbesetzten Kommandoplatz erblickte.

Noch bevor jemand dazu kam, ihm zu antworten, ertönte das Geräusch der sich öffnenden Lifttür des zentralen Bordliftes.

Heraus trat Crewmaster Tom Carna. Er war ein sehr gut aussehender, athletisch gebauter junger Mann. Er war über 1,85 m groß, hatte dichtes, blauschwarz schimmerndes Haar, das er in einem modischen Kurzschnitt trug. In seinen Augen lag ein waches, intelligentes Funkeln, die dem blaugrauen Glanz seiner Iris einen besonderen Touch verlieh.

Im linken Ohrläppchen trug er einen kleinen, goldenen Ring.

"Aha", rief Nomo dem Commander entgegen.

"Hast dich wieder einmal abgeseilt. Typisch Crewmaster. Schleicht sich davon und überlässt den niederen Dienstgraden die schwere Arbeit!"

Tom Carna ging zu seinem Kommandopult und gab dem Afrikaner im Vorbeigehen einen kräftigen Schlag auf die Schulter.

"So wird es sein, mein Freund", meinte er dann schmunzelnd.

"Wenn du aber während deiner schweren Arbeit nicht eingeschlafen wärst, hättest du mitbekommen, dass auch ein Crewmaster einmal die Hygienezellen aufsuchen muss!"

Allgemeines Gelächter breitete sich in der Kommandokanzel aus.

Doch die Heiterkeit währte nur einen kurzen Moment.

Mehrere rote Warnlichter und ein durchdringender Summton rissen die Männer und Frauen in der Zentrale recht unsanft auf den rauen Boden der Realität zurück.

Hanne Arminos ließ ihre Finger rasch über einige Sensorfelder der Raumüberwachungskontrollen huschen.

"Kollisionsalarm!", rief sie in der nächsten Sekunde laut aus.

"Ein Lunar- Transporter kreuzt außerplanmäßig unsere Einflugebene!"

Carna handelte augenblicklich.

Er warf sich förmlich auf seinen Sessel hinter dem Kommandopult. Gedankenschnell aktivierte er die Steuersysteme des Schiffes. Und während er mit der einen Hand den Kurs des Raumkreuzers änderte, schaltete er mit der anderen die Antriebsaggregate auf Schubumkehr.

Tief unten im Schiffsinneren heulten die Triebwerke gequält auf und die Anzeigenfelder auf dem Kommandopult ließen erkennen, dass die Andruckneutralisatoren bis fast an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit belastet wurden.

Die schnelle Reaktion der Crew hatte eine Katastrophe gerade noch verhindern können. Nur wenige Meter voneinander entfernt, flogen die PRINCESS und der Lunar- Transporter aneinander vorbei. Die Raumfahrer konnten erleichtert aufatmen.

"Leute, das war knappe Haaresbreite!“, seufzte Roy Anthony. Feine Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

Der Crewmaster, Tom Carna, fluchte dagegen vernehmlich.

"Verdammt - welche Idioten sitzen denn heute in der Anflugkontrolle?", schimpfte er. "Haben die ihre Ausbildung im Fernkurs gemacht?"

Er wandte sich an seinen Kommunikationsspezialisten.

"Roy - nimm Kontakt mit CONTROL auf. Ich will wissen, wer für diese Panne verantwortlich ist. Demjenigen werde ich mal ordentlich den Kopf waschen müssen!"

Der blonde, schnauzbärtige Engländer nickte bestätigend und widmete sich dann seinen Kommunikationsanlagen. Während er mit dem Tower sprach, näherte sich der Landeanflug des Schiffes langsam seinem Ende. Der Autopilot, von Carna nach dem Zwischenfall mit dem Luna-Transporter wieder aktiviert, verzögerte die Fahrt der PRINCESS, so dass der TESECO- Einsatzkreuzer sich dem Mond immer langsamer werdend annäherte.

Luneville, die Mondhauptstadt, kam auf den Bildschirmen der Außenbeobachtung in Sicht.

Deutlich sichtbar, weil keine Atmosphäre den Blick eines Beobachters trübte, leuchteten die 37 riesigen Kuppeln aus N-Plast im Licht der Sonne auf.

N-Plast war ein spezieller Kunststoff, dessen Hauptbestandteil Nullitrium war, ein quarz-ähnliches Element, welches bisher nur auf athmosphärenlosen Himmelskörpern gefunden werden konnte. Der Kunststoff N-Plast zeichnete sich durch seine extreme Flexibilität bei maximaler Belastbarkeit aus. Zudem war er sehr leicht. So wurde er mit Vorliebe für den Bau von Kuppelstädten verwendet. Die ersten Nullitrium-Vorkommen waren von einem europäischen Forscher im Rahmen einer Europäischen Mondmission im Januar 2013 entdeckt worden. Von diesem Forscher, George K. Nullit, hatte das neue Element dann auch seinen Namen erhalten.

Das Bild der Mondhauptstadt wanderte nun langsam seitlich aus dem Monitorbereich heraus. Dafür war nun PORT TESECO zu erkennen, größter Raumhafen des Mondes und zentrale Basis von TESECO im Sonnensystem. Rund um das rund 300m hohe, kegelförmige Zentralgebäude, welches den Tower des Raumhafens, CONTROL, beherbergte, reihten sich über 90 Start- und Landeplattformen aneinander. Die meisten der Druckkuppeln über den Plattformen waren geschlossen, denn es war nur bei Starts oder Landungen notwendig, sie zu öffnen.

Die PRINCESS steuerte nun direkt auf eine der Plattformen zu, deren beide Hälften der Druckkuppel gerade zur Seite glitten. Die Plattform selbst war mit einer großen, grell leuchtenden "3" gekennzeichnet. Nachdem das Schiff über der Plattform zur Ruhe gekommen war, wurde es von Fesselfeldern unverrückbar verankert. Nahezu gleichzeitig schoben sich aus den Seiten der Landeplattform die Hälften der Kuppel wieder nach oben, um sich schließlich über dem Schiff zu schließen. Aus nicht sichtbaren Düsen strömte nun Atemluft in den Kuppelraum. Der Vorgang des Druckausgleiches nahm nur wenige Minuten in Anspruch. Gleichzeitig erklang Dudelsackmusik im Schiff. Der Bordcomputer spielte „Arrival“, eine Tradition bei TESECO. Jedes heimkehrende Raumschiff wurde so bei seiner Rückkehr willkommen geheißen. Und jede Besatzung eines TESECO- Schiffes genoss diesen Moment der stillen Freude, wieder zu Hause zu sein.

Anschließend senkte sich die Plattform mitsamt dem Schiff in das Innere des Mondes hinab.

Hier befand sich die eigentliche Basis. Die von außen sichtbaren Plattformen waren tatsächlich nur der geringste Teil von allem. Unter der Mondoberfläche gab es riesige Hangarhallen, Werftstationen, Verbindungstunnels, Kraftwerke, Energieprojektoren, Unterkünfte, Lagerräume und vieles mehr. Bis in eine Tiefe von 10 km war der Mond an dieser Stelle ausgehöhlt worden. Eine gigantische Leistung, mit der die Menschen begonnen hatten, als Luneville als Forschungsbasis der Europäischen Union im Jahre 2012 gegründet worden war.

Die Plattform mit der PRINCESS hatte mittlerweile ihren unteren Haltepunkt erreicht. Nun übernahm das Basis-Leitsystem das Schiff. Mittels Traktorfelder wurde der TESECO- Kreuzer behutsam durch die riesigen Schächte von PORT TESECO bugsiert, bis schließlich der angestammte Hangarplatz erreicht worden war. Dort verankerten andere Projektoren das Schiff mit energetischen "Tauen".

Die PRINCESS war nicht völlig zum Stillstand gekommen, als Roy Anthony einen eingehenden Funkspruch registrierte.

"Chef - da ist die Werftleitung dran", meldete er, nachdem er den Spruch entgegengenommen hatte.

"Big Tom kann es wohl nicht abwarten, uns in seine breiten Arme zu schließen!"

Mit 'Big Tom' meinte der junge Engländer Basemaster Thomas Kawaihulole, einen stämmigen, breitgesichtigen Hawaiianer und guten Freund der Crew.

Roy legte die Funkverbindung nun auf den Bildschirm des Kommandopultes.

"Hi, Big Tom", rief Carna dem Abbild des Hawaiianers mit freundlichem Grinsen entgegen.

"Was gibt es denn wichtiges, das nicht warten kann, bis wir unseren Kahn verlassen haben?"

Kawaihulole hob nun seinerseits grüßend die Hand.

"Hi Tom", entgegnete er, "Ich habe hier eine Prioritätsanweisung des HQT vor mir liegen, die euch und eure Sternenschaukel betrifft!", sagte er, und ein geheimnisvolles Grinsen spielte um seine Mundwinkel.

"Nun mach es nicht so spannend, alter Freund“, rief ihm der Commander entgegen.

"Hier steht, dass eure PRINCESS einen Intensivcheck verordnet bekommen hat. Außerdem sollt ihr euch sofort in der Chefetage melden. Unsere GM hat wohl wieder einen Auftrag für euch parat."

"Oh nein!", stöhnte Carna mit gespieltem Entsetzen.

"Eigentlich hatte ich mich auf ein paar freie Tage gefreut. Ist wenigstens der Grund für die Anweisungen aus dem HQT bekannt?"

Big Tom schüttelte seinen massigen Kopf.

"Mit dieser Information kann ich dir leider nicht dienen, mein Freund", sagte er bedauernd.

"Ich bin nur ein armer Basisleiter, dem solche Informationen nicht zukommen!"

Hanne Arminos, die hinter Carna an das Kommandopult getreten war, lachte lauthals auf.

"Ich weine gleich, du armer, kompetenzloser Mensch, du!"

"Jeder so, wie es ihm gebührt", sagte Big Tom mit breitem Grinsen.

"Ich sehe schon, wir werden zur Chefin müssen, um genaueres zu erfahren", seufzte Carna.

"Aber nun noch was anderes. Bevor wir von Bord gehen, bräuchte ich noch ein paar Daten von dir, bezüglich......“

Die beiden Männer tauschten noch einige Minuten lang diverse Daten aus, dann wurde die Funkverbindung wieder getrennt.

Nomo Teniate hatte den Kopf auf beide Hände gestützt und starrte nachdenklich vor sich hin.

"Freunde...", murmelte er mit düsterer Stimme“, Freunde, da ist mal wieder was im Busch. Unseren lang ersehnten Urlaub werden wir wohl wieder einmal verschieben müssen. Unsere First Lady und ihre Überraschungsaufträge… oh Mann!"

First Lady - das war die scherzhafte, aber keineswegs respektlose Bezeichnung der Raumfahrer für ihre oberste Chefin, Generalmanagerin Kate Reed.

Diese war eine ungemein energische und intelligente Frau, die TESECO zu einem äußerst wirksamen Instrument der Sicherheit und Ordnung in der Stellaren Union ausgebaut hatte. Zudem war es auch ihr Verdienst, dass die Organisation dabei die größtmögliche Unabhängigkeit von allen staatlichen Instanzen behalten konnte. Einzig dem Unionsparlament war TESECO Rechenschaft schuldig. Von ihm wurde auch alle 6 Jahre der Generalmanager gewählt.

Nomos Bemerkung bezüglich der 'Überraschungsaufträge' kam nicht von ungefähr. Eine direkte Beorderung ins Chefbüro, bei gleichzeitigem Intensivcheck des betreffenden Einsatzkreuzers - jeder Angehörige von TESECO wusste sofort, was das hieß: Sonderauftrag!

Mit tausendfach geübten Handgriffen führten die Raumfahrer rasch und konzentriert die vorgeschriebenen Landungs-Endkontrollen durch.

Bald darauf begaben sie sich die aktivierte Antigravrampe der Schiffs-Bodenschleuse hinab. Ihre Bordtaschen hatten sie in den Kabinen zurückgelassen. Irgendwie hatten alle das unbestimmte Gefühl, dass es sich nicht lohnen würde, diese von Bord zu bringen.

Die sechs Menschen strebten dem Gewirr der sublunaren Korridore und Gänge entgegen, das sie in wenigen Sekunden verschluckt hatte.

Wiederum einige Zeit später standen die Raumfahrer im Hauptquartier TESECO ihrer Vorgesetzten gegenüber.

Generalmanagerin Kate Reed hatte ihnen Platz in der gemütlichen Sitzgruppe angeboten, die sich in ihrem großen Büro befand. Auf den dicken Polstern aus xorrianischem Flachechsenleder saß es sich äußerst bequem.

Carnas Blicke schweiften durch den Raum, über den riesigen Wandbildschirm, der sich genau gegenüber des mächtigen Marmorschreibtisches der Generalmanagerin befand.

Schließlich ruhten seine Augen auf der Frau, die neben der Crew in einem breiten Sessel Platz genommen hatte.

Auf dem schmalen Glastisch standen Gläser mit Erfrischungsgetränken, in denen ab und zu leise ein Eiswürfel knackte.

Kate Reed hatte das reife Gesicht einer 42-Jährigen Frau. Insgesamt etwas herb, mit der einen oder anderen Sorgenfalte. Doch man konnte sie durchaus als attraktive Erscheinung bezeichnen.

Das Gesicht mit den strahlend grünen Augen wurde von sanft gewelltem, kastanienbraunem Haar umrundet. Man konnte ihre irische Abstammung aus dieser Kombination erraten.

Wie so oft, musste sich Tom Carna auch diesmal eingestehen, dass man einer Frau mit der Erscheinung von Kate Reed nicht unbedingt die Leitung einer solch gewaltigen Organisation zutraute, wie es TESECO darstellte.

Doch er wusste natürlich auch, dass es diese Frau meisterhaft verstand, Zweifler eines Besseren zu belehren.

Die Generalmanagerin warf einen kurzen Blick in eine Unterlagenmappe, die sie in der Hand hielt.

"Nun, da wir alle versammelt sind, können wir ja mit unserer Besprechung beginnen", begrüßte sie die Anwesenden mit ihrer überraschend sanften Alt-Stimme.

Sie machte eine knappe Handbewegung, die von irgendeinem verborgenen Servo registriert worden sein musste, denn fast augenblicklich wurde die Beleuchtung im Raum gedämpft, während gleichzeitig der riesige Bildschirm gegenüber dem Schreibtisch aufleuchtete.

Farbig und dreidimensional war ein Ausschnitt des Weltraumes darauf zu sehen.

Mehrere rote Lichtpünktchen blinkten darin in einem hektischen Rhythmus.

Ein wenig Abseits von diesen Lichtpunkten war ein ebenfalls in rot gehaltener Kreis zu sehen, in dessen Mittelpunkt sich ein gelbes Licht befand.

"Kolleginnen und Kollegen, hier sehen sie durch den Kreis markiert den Standort der Sonne Agena", erklärte sie das Bild.

“In der Nähe dieses Raumbereiches registrieren wir seit einiger Zeit das Auftreten ungeklärter Vorkommnisse. Wir haben schon etliche Raumschiffe in dieser Region verloren - natürlich nicht nur in diesem Bereich, wie sie an der Verteilung der Lichtpunkte sehen können. Aber auffällig ist dieses massierte Auftreten in diesem Raumbereich.“

Während die Generalmanagerin ihre Erklärungen abgab, war Hanne Arminos aufgestanden und näher an die Projektion herangetreten. Sie musterte das Bild vor ihr mit aller Gründlichkeit.

Als GM Reed eine kurze Sprechpause machte, wandte sie sich kurz zu ihrer Chefin um.

"Eine Frage, Generalmanagerin....", sagte sie dann zögernd.

"Kollegin?"

"Agena ...ich müsste mich doch sehr irren, aber diese Sonne gehört nicht zum Kontrollbereich der Stellaren Union. Sie ist über 136 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt. Was um alles in der Welt haben diese Raumschiffe dort zu suchen gehabt?"

Die Leiterin von TESECO hatte diese Frage mit Sicherheit erwartet, denn die Antwort kam postwendend und ohne Verzögerung.

"Sie wissen doch, dass Bestrebungen im Gange sind, das Territorium der Union zu vergrößern. Der künftige Gesamtdurchmesser wird dann 400 Lichtjahre betragen. Agena liegt damit im zukünftigen Territorium."

Glenn Stark nickte.

"Habe ich mir doch beinahe gedacht", bemerkte er.

"Deshalb auch die hektischen Aktivitäten im Raumamt für Vermessung und Kartographie. Bei den verschwundenen Schiffen scheint es sich demnach um Pioniereinheiten, Vermessungsschiffe, Versorgungskreuzer und ähnliches zu handeln, nicht wahr?"

"Sie haben recht, Glenn", bestätigte Kate Reed.

"Aber nicht nur. Es verschwand auch ein Transporter, der eine neue Androiden-Bauserie an Bord hatte. Es handelt sich um Service- Modelle für vorgeschobene Versorgungs- und Kommunikationsbasen."

Carna stieß überrascht einen hellen Pfiff aus.

"Menschenähnliche Modelle, man kann sie fast nicht von realen Personen unterscheiden", rief er überrascht aus.

"Und wann hat dieses Verschwinden eingesetzt?"

"Ziemlich genau vor 5 Monaten.“

"Vor fünf Monaten sagen sie.....", sagte Carna mit nachdenklichem Gesicht.

"Da war doch noch etwas, ebenfalls vor ungefähr fünf Monaten.....“

Nomo Teniate, der ebenfalls angestrengt nachgedacht hatte, hieb plötzlich mit seiner Faust in die flache Hand.

"Aber klar!", rief er triumphierend aus.

"Vor etwas mehr als fünf Monaten verschwand doch das PTS. Man hat nie eine Spur davon gefunden!"

GM Reed nickte bestätigend.

"Ich sehe, dass sie auf die gleichen Gedankengänge gekommen sind wie wir!"

Carna, der sich nachdenklich an der Stirn kratzte, warf seiner Chefin einen fragenden Blick zu.

"Also vermuten sie einen Zusammenhang mit dem verschwundenen PTS und den abhanden gekommenen Raumschiffen.“

"In der Tat. Man braucht sich bloß die Transportliste vom verschwundenen PTS anzuschauen, dann drängt sich einem ein solcher Verdacht förmlich auf. Ich sage nur zwei Namen: Bob Cornth und Lahire Loxko!"

Ein Aufstöhnen ging durch die Reihe der Raumfahrer.

"Ausgerechnet die beiden meistgesuchten Verbrecher der Union", rief Harriet entsetzt aus.

"Es hat Jahre gedauert, bis TESECO sie zur Strecke gebracht hatte!"

Auch Carna konnte ein gequältes Stöhnen nicht unterdrücken.

"Und ich kann mir auch denken, was auf uns zukommt - wir sollen uns bei Agena ein wenig umsehen!"

Kate Reed hatte ihr berüchtigtes, breites Lächeln aufgesetzt, das sie immer dann zeigte, wenn eine besonders schwierige Aufgabe bevorstand.

"Richtig - und wenn sie die beiden Fieslinge finden, wäre das auch sehr beruhigend für mich. Ist doch ein leichter Auftrag, oder?"

Roy Anthony lies sich mit einem säuerlichen Grinsen in die Polster der großen Rundcouch zurücksinken.

"Das ist mindestens genauso einfach, als wolle man sich mit dem großen Zeh hinter den Ohren kratzen!"

Diese Vorstellung brachte die anderen Raumfahrer und die Generalmanagerin zum Lachen.

Die Generalmanagerin erhob sich und ging hinüber zu ihrem Schreibtisch. Von diesem nahm sie einige bedruckte Folien, die sie anschließend an den Commander weiter reichte.

"Hier drauf finden sie weitere Details und ihren Startbefehl für Montag 0711:2230, 19:00 Uhr lunarer Standardzeit. Sie haben also noch knapp zwei Tage Zeit, sich etwas auszuruhen.

Im Übrigen muss ich mich jetzt von ihnen verabschieden. Andere Arbeit ruft...."

Sie seufzte kurz.

"Eigentlich ruft ständig Arbeit nach mir. Irgendwann muss ich mir auch mal ein paar Tage Urlaub gönnen."

Sie schüttelte dem Raumfahrer kurz die Hände.

"Viel Erfolg für die bevorstehende Mission. Zeigen sie, was die Typen unseres Vereins auf dem Kasten haben!"

Tom lachte bei diesen Worten.

"Wo sie aber auch immer diese Ausdrücke her haben.", sagte er in gespielt tadelndem Tonfall.

"Aber keine Angst, wir werden schon ein wenig Licht in die Sache hineinbringen können."

Die PRINCESS- Crew verließ das Büro der Generalmanagerin, und einige Minuten später auch das HQT.

Einige Zeit lang bummelten sie durch die belebten Straßen von Luneville, musterten die Auslagen in den Schaufenstern der zahlreichen Geschäfte oder studierten Speisekarten von Restaurants.

"Was fangen wir nun mit dem angebrochenen Tag an?", fragte Harriet die Kameraden nach einiger Zeit.

Zuerst kam fast keine Reaktion, weil keiner so recht wusste, was sie anfangen sollten.

Bis Nomo schließlich den Vorschlag machte, in den SPACE TOWER zu gehen. Die anderen stimmten begeistert zu.

Also steuerte man rasch einen der nächsten Haltepunkte der LUNAR TRAVELTUBE an. Mit diesem subplanetar angelegten Verkehrssystem konnte man nicht nur in Luneville fast jeden Punkt in kürzester Zeit erreichen. Sämtliche Siedlungen des Mondes waren auf diese Art verbunden. Wollte man eine der anderen, größeren Mondstädte aufsuchen, z.B. Newton Town, Crisum City oder Australis, so konnte man das ohne große Mühe und mit allem Komfort tun.

Nach zirka einer Viertelstunde hatten sie SPACE TOWER erreicht.

Diese turmartige Anlage mit ihrem diskusähnlichen Aufsatz war eines der markantesten Bauwerke Lunevilles. Und zudem eine der größten Attraktionen der Mondhauptstadt.

Mit seinen rund 600 Metern Gesamthöhe überragte er die durchschnittlich 400 m hohen N-Plast Kuppeln der Stadt um ein gutes Stück. Der Anblick, der sich dem Auge von dort oben bot, war atemberaubend.

In dem diskusähnlichen Turmaufsatz befand sich alles, was der Erholung und Abwechslung suchende Mensch nur so begehren konnte.

Angefangen bei Diskotheken, Bars, Casinos, Kinos, Restaurants, Schwimmbäder, Wellnesscenter, bis hin zu Park- und Sportanlagen - es gab einfach alles. Zudem befanden sich etliche der besten und teuersten Einkaufsläden hier.

Darum war es kein Wunder, das sich SPACE TOWER nicht nur bei den Raumfahrern großer Beliebtheit erfreute.

Aus allen Teilen des Sonnensystems, ja sogar von anderen Welten der Stellaren Union, kamen Scharen von Touristen, um einige Tage hier zu verbringen. Ein Großteil der Hotels von Luneville war jedenfalls immer gut ausgebucht. Der Tourismus war ein wichtiges Standbein der lunaren Wirtschaft geworden.

Die sechs PRINCESS- Raumfahrer waren in der Zwischenzeit im MARITIM eingetroffen, einer sehr beliebten Bar des SPACE TOWERS.

Die Räumlichkeiten hier waren so gestaltet, dass man sich vorkam, als befände man sich in einer Höhle am Grunde des Meeres. Alles war von einem märchenhaft-geheimnisvollen, grünblauen Licht illuminiert.

An verschiedenen Stellen hatte man Wrackteile, Amphoren, Schatzkisten und viele andere Accessoires aus der Seefahrt und Meereswelt effektvoll angeordnet. In Wassergefüllten Säulen stiegen unaufhörlich kleine Luftblasen nach oben. Holoprojektoren ließen exotische Fische und andere Bewohner der See um die Besucher 'herumschwimmen'. Die Atmosphäre des MARITIM begeisterte jeden, der einmal in dieser Bar gewesen war.

Auch in Sachen Musik ging man hier eigene Wege. Es wurden ausschließlich Stücke aus dem 20.Jahrhundert gespielt.

In ausgesprochen fröhlicher Stimmung saßen die Raumfahrer in einer der vielen 'Höhlennischen' beieinander. Sie tranken Cocktails und unterhielten sich angeregt.

Nach einiger Zeit wurden die Gespräche der Crew kurz unterbrochen.

"Mr. Carna, Mr. Tom Carna, bitte melden Sie sich", drang eine sanfte Stimme auffordernd aus den unsichtbaren Lautsprechern der Nische.

Die Freunde sahen sich überrascht an. Tom zuckte ratlos mit seinen Schultern.

"Tom Carna spricht - ich bin hier", meldete er sich dann mit halblauter Stimme.

Mehr war nicht notwendig. Ein Servo würde die gesprochenen Worte auffangen. Die Computergestützte Steuerung der Bar konnte dann ohne Probleme den Aufenthaltsort von ihm ermitteln.

Gleich darauf näherte sich ein kleiner, kegelförmiger Inforobot dem Sitzplatz der Crew. Auf seiner hellgrauen, spiegelglatten Oberfläche blinkten hektisch einige Lichter.

Vor dem Tisch der Raumfahrer kam er zum Stillstand.

"Mr. Tom Carna?", drang eine künstliche Stimme fragend aus dem Inneren des Roboters hervor.

Carna gab sich zu erkennen. Daraufhin schob sich eine dünne Sensorplatte aus dem Robotkörper.

"Identifikation", verlangte die Maschine.

Carna legte seine rechte Hand auf die Sensorfläche. Er wusste, dass nun hochempfindliche Sensoren das unverwechselbare Linienprofil seiner Hand abtasten würde.

"Positiv", kam nach weniger als zwei Sekunden die Bestätigung des Roboters. Eine runde Öffnung tat sich in der Kegeloberfläche auf, aus der sich eine dünne, zusammengerollte Folie schob.

"Ihre Nachricht - bitte nehmen Sie diese an sich."

Der Commander ergriff die Folie. Gleich darauf entfernte sich der Roboter wieder, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.

Carna verfolgte ihn stirnrunzelnd mit seinem Blick, bis er ihn nicht mehr sehen konnte.

"Wenigstens verabschieden hätte sich der Bursche können", brummelte er vor sich hin.

Nomo, der neben ihm saß, gab ihm einen sanften Rippenstoß mit seinem Ellbogen.

"Nun mach's doch nicht so spannend - lies vor, was auf der Folie steht!", forderte er den Freund auf.

"Ist das eine Liebesbotschaft eines heimlichen Verehrers oder einer Verehrerin?", fragte Hanne kichernd.

"Das würde dir Spaß machen, nicht wahr?", erwiderte Tom augenzwinkernd. Dann musterte er den Umschlag genauer.

"Allerdings muss ich dich enttäuschen. Die Nachricht ist von TESECO, genauer gesagt vom Personalbüro … Oh nein!"

"He - was gibt es denn?"

Roy Anthony war durch die beiden letzten Worte seines Crewmasters erst recht neugierig geworden.

"Das Personalbüro teilt uns mit, dass der für uns vorgesehene, neue technische Spezialist ausfällt. Er hat sich auf Nelingia III die Gressinische Grippe geholt und muss für mindestens ein Jahr in ein Sanatorium. Wir bekommen dafür einen Ersatz, einen gewissen K. Schroeder, frisch von der Akademie."

Glenn Stark schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn.

"Mann - sind die denn verrückt geworden?", schimpfte er verärgert.

"Wir stehen vor einem Risikoeinsatz außerhalb des Unionsterritoriums, und da weist man uns einen Grünschnabel von der Akademie zu. Das hat doch bestimmt wieder so ein Sesselfurzer ausgeheckt. Einer von der Sorte, deren weiteste Raumflugstrecke Erde-Mond beträgt!"

Tom Carna teilte die Meinung seines Submasters. Aber er war auch Realist genug, um zu wissen, dass solche Entscheidungen nicht ohne Grund getroffen wurden.

"So trübe die Aussichten auch sind - wir werden uns damit abfinden müssen. Die Einsatzkoordination hätte der Versetzung dieses Schroeders auf unsere gute, alte PRINCESS niemals zugestimmt, wenn er nichts auf dem Kasten hätte. Außerdem ist die Zeit zu kurz, um etwas dagegen unternehmen zu können. Wie ihr alle wisst, ist unser Start bereits übermorgen Abend!"

"Unser Chef hat recht", kam Harriet einem Widerspruch Glenns zuvor.

"Machen wir das Beste aus dieser Situation!"

"Und was ist deiner Meinung nach das Beste?", fragte Glenn, immer noch recht missmutiger Stimmung.

"Na was wohl - eine neue Runde! Ich lade euch ein. Servo - Order aufnehmen!"

Ihr Angebot löste allgemeine Begeisterung aus. Und bald darauf war auch die kurzfristig eingetretene Trübung der Stimmung wieder verschwunden.

Es wurde noch ein wahrhaft feuchter Abend im MARITIM. So war es kein Wunder, dass die Raumfahrer der PRINCESS ziemlich betrunken von Servicerobotern der Bar zu ihren Zimmern im Crew-Bereich des HQT gebracht wurden.


TERRA FUTURA - TESECO im Einsatz

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