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1. Hilflosigkeit
ОглавлениеHilflosigkeit ist fraglos das erste und sicherste Kennzeichen eines betenden Herzens. Soviel ich verstehe, ist das Gebet eigentlich für die Hilflosen eingerichtet. Es ist der letzte Ausweg der Hilflosen. Ja, wahrhaftig, der letzte Ausweg. Wir versuchen alles, bevor wir endlich den Weg des Betens gehen.
Nicht nur vor der Bekehrung ist das so. Unser ganzes Christenleben hindurch ist das Beten unser letzter Ausweg. Ich weiß wohl, dass wir oft schöne Gebete sprechen, privat und öffentlich, ohne dass uns die Hilflosigkeit treibt. Aber ich bin nicht sicher, ob das Gebete sind.
Beten und Hilflosigkeit gehören unlöslich zusammen. Es sind sicher nur die Hilflosen, die beten können.
Höre du zu, der du oft so hilflos bist, dass du nicht weißt, was du tun sollst. Manchmal verstehst du nicht einmal zu beten. Dein Herz ist so voller Sünden und Unreinheit; alle deine Interessen sind von dem erfüllt, was die Bibel Welt nennt. Gott, das Ewige und das Heilige sind dir so fern und so fremd, dass du es als eine doppelte Sünde empfindest, dich Gott mit einem solchen Gemüt nahen zu wollen. Ab und zu fragst du dich selbst: »Will ich denn wirklich los werden von diesem lauen Sinn und diesem weltlichen Leben? Sind die Lauheit und Halbheit meines Christenlebens nicht eine Frage davon, dass ich es im tiefsten Grunde meines Herzens gar nicht anders haben will?«
So streitet die redliche Seele gegen ihre eingeborene Unredlichkeit und fühlt sich so hilflos verloren, dass das Gebet auf den Lippen erfriert.
Höre, mein Freund! Deine Hilflosigkeit ist dein bestes Gebet. Sie ruft aus deinem Herzen besser zu Gottes Herzen als alle deine Worte und formulierten Gebete. Er hört dich vom ersten Augenblick an, da dich die Hilflosigkeit ergriffen hat. Und er macht sich schon bereit, dir zu helfen. Heute wie damals, als er das hilflose und wortlose Gebet des Gichtbrüchigen erhörte.
Als Mutter verstehst du leichter diese Seite des Gebets. Dein kleines, zartes Kind kann nicht eine einzige Bitte an dich in Worte kleiden; und doch bittet es, so gut es kann, indem es schreit. Aber du verstehst die Bitte in seinem Schreien. Ja, das Kleine braucht nicht einmal zu schreien. Du brauchst es nur zu sehen in all seiner hilflosen Abhängigkeit von dir, so erreicht seine Bitte dein Mutterherz, eine Bitte, die eindringlicher ist als der lauteste Schrei.
Er, der Vater ist für alle, die Mutter genannt werden, und alle, die Kinder heißen im Himmel und auf Erden, nimmt in derselben Weise teil an uns. Unsere Hilflosigkeit ist eine einzige Bitte an sein Vaterherz. Und er ist unaufhörlich bereit, diese Bitte zu hören und unseren Drang zu stillen. Tag und Nacht ist er bereit dazu, obgleich wir meist nicht darauf achten, geschweige denn ihm dafür danken.
Als Mutter verstehst du ihn hierin besser als wir anderen. Du versorgst das Kleine Tag und Nacht, obgleich es nicht versteht, was du für es tust, opferst und leidest. Es dankt dir auch nicht und ist oft unwillig und sogar widerspenstig gegen dich. Aber du lässt dich nicht beirren. Du hörst unablässig die Bitten, die seine Hilflosigkeit an dein Mutterherz richtet.
Genauso ist Gott.
Nur mit dem Unterschied, dass sein Wirken vollkommen ist, während menschliche Liebe unvollkommen bleibt. Wie eine richtige Mutter ihr Leben der Pflege ihres Kindes weiht, so hat der ewige Gott in seiner unfasslichen Gnade sein ewiges Leben der Pflege seiner sündigen Menschenkinder geweiht.
So ist Gott mit allen.
Auch mit dem unbekehrten Menschen. – Du denkst gewiss, Gott liebt dich nicht. Ab und zu glaubst du, dass er sich nicht um dich kümmert. Manchmal scheint es dir sogar, als verfolge dich Gott mit seiner Rache und Vergeltung, als zerstöre er alle deine Pläne und vernichte dein Glück.
Nein, mein Freund, so ist Gott nicht. Du kennst ihn nicht und gehst deshalb mit einem Zerrbild von ihm herum.
Höre, wie Gott ist: »Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte« (Matth. 5,45). Christus benutzte seine letzte Kraft und seine letzten Augenblicke, um für seine Feinde zu beten: »Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!« (Luk. 23,34). Und als Jesus das letzte Mal nach Jerusalem kam und kein Mittel mehr besaß, um diese gottlose und widerspenstige Stadt zu erlösen, stand er auf dem Ölberg und weinte über sie, während sein prophetischer Blick das schreckliche Gericht sah, das diese Stadt treffen würde.
So ist Gott. Er liebte seine Feinde. Wenn er die Not der Gottlosen sieht, ihre leeren Freuden und wirklichen Sorgen, ihre Enttäuschungen, Leiden und Ängste, und wie sie unerbittlich im Strom der Zeit der ewigen Pein der Hölle entgegengehen, dann schreien die Not und Hilflosigkeit der Gottlosen zu Gottes Herzen. Er hört diesen Schrei und beugt sich zu seinem hilflosen Menschenkind nieder, um ihm zu helfen. Und der Unbekehrte nimmt die Hilfe entgegen, soweit sie zeitliche Dinge betrifft. Aber sobald Gott ihm Hilfe für die Seele anbietet, wendet sich der Hilflose erschrocken ab und flieht vor seinem Gott: Er will nicht bekehrt werden!
Das Gebet ist für die Hilflosen. Für den hilflosen Sünder, der nicht länger vor seinem Gott flieht, der in dem himmlischen Licht stehen bleibt. Er fängt an, seine früheren Sünden zu erkennen, die Unreinheit seines Herzens, seine Reuelosigkeit, seine Kälte und Gleichgültigkeit, seinen Unwillen gegen Gott, gegen die Bibel und das Gebet, seinen schwachen Willen gegenüber der dauernden Lust zur Sünde.
Was soll er nun machen?
Wie alle anderen schreit er in dieser Not zu Gott. Mehr oder weniger heftig, mehr oder weniger oft, mehr oder weniger regelmäßig. Aber er bekommt keine Antwort von Gott. Er fühlt sich verlassen wie ein Mann, der in einem kleinen Boot draußen auf dem offenen schäumenden Meer treibt. Er ruft aus aller Kraft. Er kann es nicht lassen, obgleich nirgends ein Mensch zu sehen ist, der ihn hören könnte.
Und so sagt sich der zerknirschte Sünder: »Wenn mir Gott nicht antwortet, liegt das natürlich daran, dass ich nicht richtig bete. Kann denn mein Rufen ein Gebet genannt werden? Sind das nicht nur Worte, leere Worte? Reichen sie höher als bis zum Dach? Wenn nicht mehr heiliger Ernst und entschiedener Wille in meinem Gebet sind, dann ist das kein Gebet, das Gott erhören kann.«
Mein hilfloser Freund, deine Hilflosigkeit ist ein starkes Gebet, das zu Gottes Vaterherzen aufsteigt. Er hat es vom ersten Augenblick an, als du ehrlich deine Not vor ihm ausbreitetest, gehört. Tag und Nacht neigt er sein Ohr zur Erde, um zu hören, ob sich irgendeins seiner hilflosen Menschenkinder in seiner Not an ihn wendet.
Höre weiter: Es ist nicht dein Gebet, das Gott in Bewegung setzt, dich zu erlösen. Nein, dein Gebet ist eine Frucht davon, dass Jesus an dein Herz anklopfte und dir sagte, dass er in deine Not zu dir hinein will. Du meinst, dass dir alles verschlossen sei, weil du nicht beten kannst. Mein Freund, gerade diese Hilflosigkeit ist das Entscheidende in deinem Gebet.
Beten heißt, sich für Jesus aufschließen und ihn in unsere Not einlassen. Meine Hilflosigkeit ist es, die Jesus die Tür völlig öffnet und ihm Zugang verschafft zu all meiner Not.
Aber warum antwortet er mir nicht?, fragst du in deiner Ratlosigkeit.
Er hat auf dein Beten geantwortet. Er ist zu dir hineingegangen durch die Tür, die du ihm durch deine Hilflosigkeit geöffnet hast. Er wohnt schon in deinem Herzen und tut dort seinen guten Dienst. Du hast seine Antwort noch nicht richtig verstanden. Wir beten und bekommen Antwort, aber verstehen die Antwort nicht gleich, oft verstehen wir sie erst lange hinterher.
Du hast dir eine bestimmte Antwort von Gott gedacht: Frieden, Gewissheit, Freude in der Seele. Und wenn du das nicht bekommst, glaubst du, dass Gott dir nicht geantwortet habe. Jesus hat uns viel zu sagen und viel in uns zu tun, was wir nicht gleich verstehen. Wir sind ungeduldig und möchten, dass er etwas anderes tut oder sagt, genau wie Petrus bei der Fußwaschung (Joh. 13,1-10). Aber Jesus läßt sich nicht durch unsere Unvernunft beirren. Er fährt ruhig fort und sagt: »Was ich tue, das verstehst du jetzt nicht, aber du wirst es hernach erfahren« (Vers 7).
Lass dich darum nicht von deiner Hilflosigkeit ängstigen. Vor allen Dingen lass sie dich nicht am Beten hindern. Denn sie ist das eigentliche Geheimnis und die treibende Kraft des Gebets. Darum sollst du lieber versuchen, Gott für die Gabe der Hilflosigkeit zu danken. Sie ist eine der größten Gaben, die Gott uns schenken kann. Denn nur allein durch Hilflosigkeit schließen wir uns auf, so dass Jesus in unsere Not hineinkommen kann mit aller Gnade und allen Gaben.
Vom Himmel her sehen viele Dinge anders aus als von der Erde. Auch unsere Gebete nehmen sich gewiss von dort oben anders aus.
Da sind z. B. die Gebetstreffen, Gebetsstunden. Einer betet nach dem anderen. Zuerst solche, die gewohnt sind, laut und in Gegenwart anderer zu beten. Sie beten gut und erbaulich, und wenn sie Amen sagen, sind sich alle stillschweigend darüber einig, dass es ein gutes Gebet war. Auf demselben Gebetstreffen ist ein anderer, der auch gern seine Stimme in der Versammlung von Betern erheben möchte. Er weiß, er braucht das Gebet vielleicht mehr als irgendein anderer. Indessen ist er ungewandt, und es will ihm nicht glücken. Seine Gedanken sind unzusammenhängend, und die Worte überstürzen sich. Zuletzt ist er so verwirrt, dass er vergisst, Amen zu sagen. Und hinterher ist er so verzweifelt über sein Gebet und über sich selbst, dass er kaum jemandem in die Augen zu sehen wagt, nachdem das Treffen beendet ist.
Ich glaube aber, dass im Himmel ein neuer Lobgesang angestimmt wurde, aus Freude darüber, einen Menschen zu hören, der wirklich zu Gott betete, weil er in seiner Hilflosigkeit keinen Rat wusste. Ja, solche Gebete machen Eindruck im Himmel.
Hilflosigkeit beim Beten kann sehr verschieden erlebt werden. Besonders in unserem Gefühlsleben kann sie ganz verschiedene Wirkungen hervorrufen. In der Regel ist es wohl so, dass die Hilflosigkeit in der ersten Zeit unseres Christenlebens am stärksten in unser Gefühlsleben eingreift. In dieser Zeit »beugt« der Herr unseren Sinn und »demütigt« unser Herz (Jes. 5,15) und zerbricht unser Selbstvertrauen sowie unsere Selbstsicherheit. Nicht nur, dass das Ganze so neu und ungewohnt ist, sondern es ist so unverständlich.
Zu Gottes Wesen gehört, dass er unbegreiflich ist. Er ist so groß, dass kein Geschöpf ihn völlig verstehen kann. Und so kann kein Mensch Gott begegnen, ohne auch auf seine Unbegreiflichkeit zu stoßen. Und es dauert gar nicht lange, bis der wache Sünder die bange Frage stellt: Warum bekomme ich keinen Frieden, keine Gewissheit, keine Freude? Warum hilft mir Gott nicht in meiner Not, die ich kaum noch ertragen kann? Warum lässt er mich in ewige Verdammnis sinken, wenn er doch sieht, wie gern ich erlöst werden möchte? Warum antwortet er nicht auf alle meine Notrufe?
Wir können viel leiden, wenn wir den Grund unserer Leiden und ihren Zweck erkennen können. Aber das Unbegreifliche, das uns so leicht zum Sinnlosen wird, beunruhigt uns und rührt uns mehr auf als alles andere. Darum gibt es überhaupt nichts, an dem wir leichter Anstoß nehmen als gerade an dieser Unbegreiflichkeit Gottes. Keine Wesensart Gottes erschüttert darum unser Selbstvertrauen und unsere Selbstsicherheit so schnell wie diese Unbegreiflichkeit.
Das veranlasste Jesus, die wehmütigen Worte zu sprechen: »Selig ist, wer sich nicht an mir ärgert« (Matth. 11,6).
Wir kommen zum ersten Mal zu einem Punkt, wo wir nicht wissen, was wir tun sollen. Wir sind unfähig, zu unserem alten Leben zurückzukehren, können aber auch nicht den Weg zu Gott finden. Wir haben noch nicht gelernt, uns dem unbegreiflichen Gott zu übergeben. Darum ist unser ganzes Menschenwesen in Aufruhr. Das Unbegreifliche erfüllt uns stets mit einer lähmenden Angst.
Der Mensch, der diese Angst aushält, ohne vor Gott und seinem eigenen Gewissen zu flüchten, der vor dem unbegreiflichen Gott stehen bleibt, erlebt nun ein Wunder: Gott zerbricht sein Selbstvertrauen und seine Selbstsicherheit. Ohne zu verstehen, wie, wird der hilflose Sünder in die Gemeinschaft des unbegreiflichen Gottes gezogen. Es ist Gott selbst, der ihn durch Christus in den Stand versetzt, sich vor dem unbegreiflichen Gott zu beugen, sich gleichzeitig auf ihn zu verlassen und in ihm zu ruhen. Damit ist etwas sehr Entscheidendes im Leben des Sünders geschehen. Er ist versöhnt worden, nicht nur mit Gottes Unbegreiflichkeit, sondern ebenso mit seiner eigenen Hilflosigkeit. Während diese bisher sein ganzes Wesen in Aufruhr und Angst versetzte, hat er nun die Hilflosigkeit als die eigentliche Stellung des Sünders Gott gegenüber erlebt. Nicht durch Reflexion, sondern durch die Gewissheit des Erlebens weiß er nun, dass ein zartes Kind nicht hilfloser ist im Verhältnis zu seiner Mutter als er im Verhältnis zu seinem Gott. In allen Einzelpunkten bleibt er hilflos, ob es sich um die Vergebung der Sünden, ihre Überwindung, das neue Leben in seiner Seele, das Wachsen in der Gnade oder um die Treue im täglichen Zusammenleben mit Gott und Menschen handelt.
Nun geht die Hilflosigkeit auf neue Weise in das Gebetsleben ein. Zunächst war sie das Sturmzentrum des Gebets, das entweder den Notschrei herauspresste oder die Seele verstummen ließ. Jetzt wird das ganze Gebetsleben von der Hilflosigkeit getragen. Das zerknirschte Herz weiß, dass es Gott gegenüber nichts vermag, dass es aber auch nichts weiter braucht, als sich in seine Hilflosigkeit zu finden und sich von dem großen und heiligen Gott bedienen zu lassen, genau wie das kleine Kind sich von der Mutter bedienen lässt.
Darum besteht Beten ganz einfach darin, Gott den ganzen Tag zu erzählen, in welcher Weise wir uns hilflos fühlen. Das Gebet wird intensiver, wenn Gottes Geist unsere Hilflosigkeit unterstreicht und wir erkennen müssen, wie ohnmächtig unsere Natur ist, zu glauben, zu lieben, zu hoffen, zu dienen, zu opfern, zu leiden, zu lesen, zu beten und gegen die Lust der Sünde zu kämpfen.
Wohl geschieht es oft, dass wir herausgleiten aus dieser seligen Stellung der Hilflosigkeit gegenüber Gott. Das alte Selbstvertrauen, die frühere Selbstsicherheit erheben den Kopf. Und die Folge ist, dass wir mit der Hilflosigkeit wieder in Streit kommen. Sie erfüllt uns von neuem mit Angst und Verwirrung. Alles wird unklar für uns. Die Sündenvergebung wird unsicher. Der Frieden verschwindet aus dem Herzen. Gleichgültigkeit, Trägheit und geistliche Interessenlosigkeit legen sich quälend über das Seelenleben. Sünden übermannen uns im täglichen Leben, und der unwillige Geist drängt sich in unseren Dienst hinein.
Das dauert so lange, bis Gott wieder unser Herz »demütigt« und wir aufs Neue erkennen, dass wir hilflose Sünder sind, die nichts anderes vermögen als sich begnaden, lieben und pflegen zu lassen von dem unbegreiflichen Gott. Dann bringt die Hilflosigkeit wieder Ordnung in unser Verhältnis zu Gott und auch zu den Menschen. Und vor allen Dingen stellt sie die richtige Gebetshaltung wieder her.
Die Hilflosigkeit beim Beten ähnelt sehr dem Zustand, in dem sich der Lahme und Gichtbrüchige befand. Anfänglich war es peinvoll, ja beinahe unerträglich, so hilflos zu sein, dass er nicht einmal einen Löffel zum Munde führen oder eine Fliege vom Gesicht abwehren konnte. Es ist leicht, zu verstehen, dass er das nicht ohne gewaltigen inneren Protest ertragen hat, vielmehr durch alle möglichen Mittel versuchte, seine Glieder wie vorher zu gebrauchen. Schließlich hat er sich doch mit seiner Krankheit abgefunden und in seine Hilflosigkeit ergeben. Er ist genauso hilflos wie vorher. Aber dieser Zustand ängstigt und peinigt ihn nicht mehr. Er gehört zu ihm wie ein Teil seines Lebens und prägt alle seine Bewegungen und sein ganzes Dasein. Zu allem braucht er Hilfe. Das ist demütigend. Aber beachte auch, wie die Demütigung ihn gewandelt hat. Sein Bitten um Hilfe – still und anspruchslos – ist beinahe ein Bitten um Verzeihung dafür, dass er Hilfe in Anspruch nehmen muss. Wie dankbar ist er für die geringste Hilfe! Alle seine Gedanken und Pläne sind von seiner Hilflosigkeit her bestimmt. Er ist völlig abhängig von dem, der ihn pflegt. Und wir beobachten, wie diese Abhängigkeit eine ganz besondere Verbundenheit zwischen ihm und dem Pflegenden herstellt.
Ein festeres Band kann unter Menschen nicht geknüpft werden.
Genauso soll uns unsere Hilflosigkeit an Gott knüpfen, wobei unsere Abhängigkeit von ihm nicht stark genug betont werden kann. Denke nur an Worte Jesu wie dieses: »Ohne mich könnt ihr nichts tun« (Joh. 15,5). Hier sagt er in einem einzigen Satz, woran wir unser ganzes Leben lernen. Und selbst wenn wir an die Pforte des Todes kommen, haben wir dieses noch nicht vollkommen gelernt.
Ich kann es nicht lassen, die Hilflosigkeit zu unterstreichen; denn sie ist das Entscheidende, nicht nur in unserem Gebetsleben, sondern in unserem ganzen Verhalten zu Gott. Solange wir unsere Hilflosigkeit kennen, kann uns keine Schwierigkeit überraschen, keine Not verwirren, kein Hindernis erschrecken. Wir erwarten nichts von uns selbst und breiten darum alle Schwierigkeiten und Hindernisse im Gebet vor Gott aus. So öffnen wir Gott die Tür und geben ihm die Möglichkeit, seine wunderbare Kraft an unserer Hilflosigkeit zu offenbaren.