Übungen im Fremdsein

Übungen im Fremdsein
Автор книги: id книги: 2194532     Оценка: 0.0     Голосов: 0     Отзывы, комментарии: 0 1861,53 руб.     (20,28$) Читать книгу Купить и скачать книгу Электронная книга Жанр: Языкознание Правообладатель и/или издательство: Bookwire Дата добавления в каталог КнигаЛит: ISBN: 9783311703044 Скачать фрагмент в формате   fb2   fb2.zip Возрастное ограничение: 0+ Оглавление Отрывок из книги

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Описание книги

In diesen Essays und Reden zeichnet Olga Tokarczuk eine Karte ihrer vielfältigen Interessen und Inspirationen und gewährt uns Einblick in ihr schriftstellerisches Laboratorium. Wie baut sie ihre Geschichten auf? Welcher realistischen und phantastischen Motive bedient sie sich? Wie konstruiert sie ihre Figuren, die so unterschiedliche Gefühle bei den Lesern wecken? Jede dieser essayistischen Exkursionen zeigt uns aber auch ihr Bemühen, die Welt in ihrer unendlichen Komplexität zu begreifen und vermeintlich alltäglichen Dingen einen neuen Sinn zu verleihen. Und so ist dieses Buch eine Einladung, hinter die Kulissen des Werks der Literaturnobelpreisträgerin zu schauen, und zugleich eine große, faszinierende Erzählung über die Welt, in der wir leben.

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Olga Tokarczuk. Übungen im Fremdsein

Ognosie. Der Wanderer

Die Welt ist klein

Sesamische Welt

Mein Name ist Million

Viele Welten an einem Ort

Der seltsame Sommer 2020

Kairos

Übungen im Fremdsein

Faszinierende Dekoration

Exotisch, aber in Maßen

Verschiedene Welten

Kilometer um Kilometer

Eine irreale Show

Eine Frage der Freiheit

Die Masken der Tiere

Wie die Gabe der Vernunft uns besser macht

Verstand gegen Verstand – Singer

Können Einsicht und Empathie Instrumente der Erkenntnis sein?

Der Verstand steht kopf oder Die Umkehrung der Perspektive. Michel Faber, Die Weltenwanderin

Masken. Jenseits des Verstandes oder Was wir nicht wissen, aber ahnen

Die Londoner Alchemisten des Films oder Der unheimliche Tiegel der Brothers Quay

Das Unheimliche[11] oder Was Freud sagte

Panoptikum oder Durch das Schlüsselloch

Artificial oder Das Künstliche ist das Schöne

Confusio oder Die ursprüngliche Ordnung der Dinge

Wunderkammer oder Fort mit der Enzyklopädie

Oneiropractica oder Der Goldfisch

Glosse

Wie Übersetzer die Welt retten

Es war einmal eine moderne junge Frau, die ließ sich in ihrer Begeisterung für die schönen chinesischen Schriftzeichen ein paar hübsch anzusehende Wörter auf ihren Nacken tätowieren. Die Bedeutung dieser Wörter musste jeden Kenner der chinesischen Sprache in Erstaunen versetzen, sprachen sie doch folgende Mahnung aus: »Nicht wieder einfrieren!«

Die schöne Geschichte, die ich nun erzählen möchte, sollten alle Übersetzer in ihrem mythologischen Dossier aufbewahren – beweist sie doch, dass sie es waren, die die zivilisierte Welt gerettet haben

Einmal traf ich mich mit einer Bekannten aus Frankreich, die ebenfalls Schriftstellerin ist. Beim Kaffee unterhielten wir uns über unsere Lieblingsbücher, empfahlen einander die Werke, die wir für lesenswert hielten, und tauschten unsere Meinung zu anderen aus, die im Allgemeinen als bemerkenswert gelten. Ich sagte ihr, dass ich sehr gern Montaigne lese, aber nicht in einem Zug von vorne bis hinten, sondern von Zeit zu Zeit, indem ich seine Essais an einer beliebigen Stelle aufschlage und seinen Ausführungen folge, zum reinen Vergnügen und um meine eigenen Gedanken zu klären. Das verwunderte meine Freundin sehr; skeptisch fragte sie mich, ob ich Montaigne auf Französisch läse. Auf Polnisch, erwiderte ich; die vermittelnde Arbeit des Übersetzers schien mir eine weiter nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit

Hermes ist auch ein Trickster. Keiner lügt und betrügt so geschickt wie er

In letzter Zeit habe ich oft, Hand in Hand mit den jeweiligen Übersetzern, meine Bücher in anderen Ländern vorgestellt

Literatur als Kommunikationsakt beginnt damit, dass wir einen Text mit unserem Vor- und Nachnamen unterschreiben und uns so als Autorin oder Autor hinter ihn stellen. Damit, dass wir unsere tiefste, innerste Erfahrung, das Verletzlichste an uns, in Worte fassen und dabei das Risiko auf uns nehmen, nicht verstanden zu werden, mit unserer Geschichte Wut oder Abfälligkeit auszulösen. Literatur beginnt also in jenem speziellen Moment, in dem unsere individuelle, einzigartige Sprache mit der Sprache anderer Menschen zusammentrifft. Literatur ist der Raum, in dem das Private öffentlich wird

Finger im Salz oder Kurze Geschichte meines Lesens

Über den Daimon und andere schriftstellerische Motivationen

Lodzer Vorlesungen. Zur Psychologie des Erzählers

Bild

Stimme

Der Fremde

Übungen

Stimmproben

Das Geschlecht des Erzählers

Zimzum

Tetraktys

Der dissoziative und der panoptische Erzähler

Zur Psychologie der literarischen Erschaffung der Welt

Inspirationen. Ein Bild

Inspirationen. Das Gefühl des Fremdseins

Inspirationen. Die Juden

Inspirationen. Die Theologie der Frankisten

Inspirationen. Fortsetzung

Das Handwerk

Zur Methode der Konjektur oder Fehler des Auges und des Ohres

Das Supremat des Details

Die Methode der Decollage und der Collage. Einsichten

Exzentrizität – die Suche nach außergewöhnlichen Sichtweisen

Mundus adiumens

Der Fall Duszejko

Personifizierung

Die mythologische Perspektive

Multiple Persönlichkeit

Liebevolle Zugewandtheit

Was Duszejko mich gelehrt hat

Janina Duszejko geht auf die Straße

Die Dimension der Existenzen

Das Land Metaxy

Der liebevolle Erzähler. 1

2

3

4

5

6

7

Editorische Notiz

Endnoten

Über Olga Tokarczuk

Impressum

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Den Anfang machen möchte ich mit einem Holzstich unbekannter Urheberschaft, den der französische Astronom Camille Flammarion im Jahr 1888 veröffentlichte: Er zeigt einen Wanderer, der an die Grenzen der Welt gelangt ist, der seinen Kopf über die irdische Sphäre hinausstreckt und sich am Anblick eines geordneten und überaus harmonischen Kosmos freut. Seit meiner Kindheit bewundere ich dieses herrlich metaphorische Bild, das mir bei jeder Betrachtung neue Bedeutungen enthüllt. Es definiert das menschliche Wesen vollkommen anders als Leonardo da Vincis weithin bekannte Zeichnung des statischen und triumphalen vitruvianischen Menschen als Maßstab des Universums und seiner selbst.

Bei Flammarion handelt es sich nämlich um einen Menschen in Bewegung, einen Wanderer mit Pilgerstab, Reisemantel und Haube. Und auch wenn wir sein Gesicht nicht sehen, können wir uns doch dessen Ausdruck vorstellen – Faszination wird sich darauf malen, Bewunderung, Staunen über die Harmonie und unfassbare Größe der außerhalb unserer Sichtweite liegenden Welt. Aus unserer Perspektive sind wir lediglich in der Lage, einen Bruchteil der Welt wahrzunehmen, doch jener Wanderer sieht offensichtlich um vieles mehr. Auch haben wir hier deutlich umrissene Sphären, Himmelskörper, Umlaufbahnen, Wolken und Strahlen – die schwer darstellbaren Dimensionen des Universums, die sich gewiss weiter und weiter komplizieren, bis in die Unendlichkeit. Ausdruck des Unbegreiflichen sind auch die ineinandergreifenden Räder; solche Räderwerke begleiteten früher häufig die Engelswesen auf den Illustrationen zur Vision des Ezechiel. Auf der anderen Seite, hinter dem Rücken des Wanderers, befindet sich die Welt mit ihrer Natur, dargestellt durch einen mächtigen Baum und einige andere Pflanzen, und ihrer Kultur, symbolisiert durch die Türme von Städten. Diese Welt erscheint recht konventionell und banal, um nicht zu sagen – langweilig. Der Holzstich beschreibt, wie man sich denken kann, den Endpunkt einer langen Wanderung – dem Wanderer ist gelungen, was nicht vielen vor ihm gelang: Er hat den Rand der Welt erreicht. Und was jetzt?

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Heute passt die Welt in unseren Kalender und in unsere Uhr. Wir können sie uns vorstellen, haben ihr tatsächliches Bild vor Augen. Innerhalb von drei Tagen kann man hingelangen, wohin man nur will (mit wenigen, mäßig interessanten Ausnahmen). Die weißen Flecke auf den Landkarten wurden von Google Maps bis zum Rand ausgefüllt, die Karten bilden mit grausamer Genauigkeit selbst die hintersten Winkel ab. Außerdem gibt es überall nur das Gleiche – die gleichen Dinge, Artefakte, Denkweisen, Währungen, Marken, Logotypen. Das Exotische und das Außergewöhnliche sind Mangelware und lassen sich häufig im Alltag gar nicht mehr finden; sie werden zu reinen Gadgets – wie in jenem Ostseebad, in dem ein direkt aus Thailand importiertes komplettes Thai-Restaurant aufgebaut wurde, oder auf dem flachen Land mitten in Europa, wo sich in einer gigantischen Halle eine imitierte Tropenlandschaft erstreckt.

Mit dem mobilen Endgerät in der Hand oder auf dem Schoß lässt sich immer und überall mit der Familie Kontakt halten, und sei sie Tausende von Kilometern entfernt, befinde sich in einer anderen Klimazone, herrsche bei ihr eine andere Tages- oder gar Jahreszeit. Ein Tourist in Tibet kann sich innerhalb von Sekunden mit seinem Zuhause im polnischen Skaryszewo verbinden. Menschen, die früher nie eine Chance gehabt hätten, einander kennenzulernen, können heute über Medien kommunizieren. Für unsere fünf Sinne ist die Welt – ich sage es noch einmal – klein geworden. Nichtsdestoweniger ist der Anblick der Erdkugel auf einem Foto aus dem All, aufgenommen von Menschenhand, atemberaubend und ergreifend. Eine kleine blaugrüne Kugel schwebt über einem unendlichen Abgrund. Zum ersten Mal in der Geschichte nehmen wir unseren Platz planetarisch wahr – als fest umrissen, zerbrechlich und leicht zu zerstören.

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