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Prolog an Charlotte.

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Charlotte, ma chérie - ich führe Dich hier vor eine herrliche Darstellung der heiligen Familie - die Jungfrau Maria, das Jesuskind, der Nährvater Josef - Ich hoffe, Du denkst an die Lehre, die ich damit beabsichtige, tief in dein Herz einzugießen und von der ich Dich anflehe, sie weiterzugeben -.

Wie das Jesuskindlein hier beschirmt wird von den gutwilligen Eltern, die treu und selbstlos für es sorgen - sie wünschen ihm nur das Beste, eine Zukunft in Heiligkeit und Liebe. Es ist eine Alliebe, die hiermit in die Wege geleitet werden soll, es sind Tugenden. So soll die Welt werden, eine Liebe unter allen soll hergestellt werden, eine allgemeine Eintracht.

Sieh doch die Zuneigung im Gesichte der Madonna, ein mildes Lächeln, da sie das herrliche Leben des Kindes schon vorhersieht. Er wird durch das Heilige Land ziehen. Er wird ein Retter werden, ein Retter der Welt. Jünger und Jüngerinnen werden ihm folgen. Keine Sünde wird ihn beflecken. Man wird Zuflucht bei ihm suchen. Man wird seine Unterstützung anflehen. Es ist ihm schon vorherbestimmt.

Ihr makelloser Körper neigt sich gleichsam zum nackten Knäblein hin. Jung und alt, Mann und Frau sind in der Darstellung und in der Verehrung einträchtig vereint.

Das milde Lächeln der Madonna betört alle, die Christenheit folgt ihr und ihrer Liebe, ihrem Vorbild.

Inmitten der Heiligen Familie der Erlöser. Das Königtum Christi ist ihm schon in die Wiege gelegt. In der Wiege birgt die Jungfrau ihn warm, nichts kann ihn stören, keine Sünde widersagt der Seligkeit… Wie er in Seligkeit liegt, und die Engel singen dazu… Die Hirten mit dem Stabe warten darauf, dass er in der Krippe erscheint… Der Zimmermann mit dem langen Stabe baut dem Jesusknäblein ein Himmelbett, in dem er aufgehoben und glücklich ist.

Auch mein Name ist ja Marie, Marie de Rohan. Genauso ist auch meine Liebe zu Dir. Ich selber absolvierte das Sakrament zweimal in meinem Leben, kam so der Heiligen Familie, dem Erlöser näher.

Die Türen dieser Kathedrale, dieses Himmelreichs öffnen sich nun für uns. Es ist das Reich der Mutter Kirche. Sieh die roten Lichter im milden Schein, in der Dunkelheit.

Die Kirche trägt die Liebe weiter, ist von ihr durchdrungen und will alle umarmen und zu sich nehmen, in der Helligkeit und besonders in der Dunkelheit, wenn Mangel und Not ja so bedrängend sind. Die Kirche kämpft für sie. Dies ist eine entscheidende Lehre, die Du als eine der ersten empfangen wirst. Die Kirche ist überall vertreten, im ganzen Reiche - bei Hofe, an den Flüssen Seine, Indre… im Lande und in der Stadt. Bischöfe tragen die Liebe weiter und umarmen die, die bereit sind, die Liebe zu leben.

Du siehst hier ja die Tugenden der Jungfrau Maria. Es ist eine Offenheit, die alle aufnimmt. Sie bittet für alle in Not. Sie steht allen bei. Sie steht allen bereit. Sie nimmt niemanden aus - alle Stände kehren bei ihr ein, und ihr Herz ist offen für alle. Die katholische Welt vereint alle Stände in Umarmung. Adel, Klerus… sie schirmt und beschützt die Stände des allerchristlichsten Reichs. Wer klagt, wird von ihr gehört. Für Klagen hat sie ein offenes Herz.

Ihr goldenes Herz ist ja für alle sichtbar, alle drängen sich zu ihm, daran teilzuhaben. In allen christlichen Reichen weiß man, wie freigiebig sie mit Liebe ist. Die Flucht nach Ägypten verletzte ihre Hoheit… doch der zum König bestimmte Christus beschützte sie - in einer gleichsam entrückten Tat stand er den Eltern bei… Ohne Geld und in Bedrängnis rettete die Liebe sie aus Not. Die Jungfrau ist auf der Flucht, gleichsam auf Reisen, in der sie trotzdem nie den Mut sinken lässt und noch die Welt mit Güte unterstützte und befruchtete.

Sie öffnet ihren Schoß für die Geburt der Liebe. Blick auf, wie das Jesusknäblein so nackend und goldig in den Händen der Jungfrau liegt - der später erhöht werden wird - der Jungfrau, die empfing und trotzdem unbefleckt blieb!

In ihrem Schoße musste etwas Heiliges, Höheres entstehen. Das Kleine wuchs heran und die Welt spürte die Seligkeit. Das Kleine wurde nachher zum riesigen König der Welt, der Gnaden, der Seligkeiten.

In der Begegnung mit dem Nackenden wird das Himmelreich immer näher, immer offener, immer fließender, immer ekstatischer. Man sieht gleichsam schon Ekstatisches in der Zukunft nahen. Verzückung ist das Ergebnis.

Die bunten Farben der Darstellung zeigen Dir, wie freudig das Leben sein kann. Wonne und Zuneigung ist überall möglich, in allen Ländern der Christenheit, überwiegend in Frankreich und in Spanien, dessen Versöhnung ich mein Leben widmete. Wohin sie auch vom bösen Schicksal, von Nachstellungen der Missgünstigen und Gemeinen getrieben wird, es verbindet sich Bedrängnis mit Freude. Nie kann ihr Mut sinken, immer verbindet sie Liebe mit Hingabe und Offenheit für Bittsteller und Liebende, die zu ihr drängen.

Dein Leben steht jetzt vor Dir. Ich bestimme Dir Herrlichkeit bevor, ein Leben in Anbetung und Glanz. Es wird ein Prinz sein, der Dich ehelicht, ganz sicher. Ich sehe Dich ihn anlächeln. Ich bitte Dich, blicke unterwürfig und anbetend zu ihm empor. Alle

Glieder, die das Bild enthält, wird auch Dein Leben enthalten. Die nackende Erlösung, die Herrlichkeit, die Ergötzungen, die Liebe, den Halt.

Du wirst ebenfalls aus Elend und Missmut wieder in Herrlichkeit wiederauferstehen. Nicht einmal die Heiligen sind davor gefeit. Die Existenz der Jungfrau Maria ist eine Allegorie für das Dasein der Welt. Sie ist bedroht, das Böse verfolgte sie. Sie litt - aber auch Du wirst wiederauferstehen. Falls es Dir jemals an Gunst gebricht. Doch die Lehre, die Dir die Mutter gibt, ist: Suche Liebende und halte Dich an sie. Lebe Gebet und Hingabe.

Du benötigst Optimismus und Lebensfreude, wie Du es auch am Lächeln der Jungfrau siehst, die der Welt ihre Liebe schenkte, und von der die Kirche heute noch lebt. Nimm dir ein Vorbild an den geöffneten Armen und umfange die Welt.

Ich lebte die Tugend gegenüber der Königin Anna. Ich versuchte, Liebe, die im ganzen Universum zu finden ist, zu verwirklichen. Trotz mancher Abweisungen gab ich die Offenheit gegenüber ihr nicht auf. O Anna, himmlische Königin!, die Du im herrlichen Louvre lebtest, ich bezeugte Dir - und das darf ich ohne Scham wohl sagen - dieselbe Liebe wie die Marie dem Jesusknäblein. Wie ich ihr mein Leben widmete! Wie ich mich in Liebe aufgab!

Ich war mir sicher, dass diese Liebe mich reicher machen würde. Ich bemühte mich selbstlos, immer in ihrer Nähe zu sein. Ich begleitete sie ja überall hin! Ich gab und empfing, in der Nähe des Erhabenen ist das Leben seliger. Doch wie Christen hatte auch ich Undankbarkeit zu erleben. Einstens wurde mir die Liebe entzogen, wie viele Nächte verbrachte ich in Finsternis - Ich sah in ein Dasein ohne Liebe - Ich hatte zu kämpfen - ich schrie… Gott sei dank erschien zuweilen ein Erlöser, der mich nahm… der mir die Verbitterung vertrieb und der mir Freude und einen Glimmschein der Freude in die dunkle Nacht brachte.

Mon Charlotte, ma chérie, denke und sieh genau hin, wie auch im heutigen Frankenreiche die Erinnerung an die Erhabene Mutter hochgehalten wird - sieh die Verehrenden, die - auch gerade in Deiner Umgebung - sie vergöttern. Vergiss nicht, auf die Liebe in Deiner Umgebung genau zu achten. Wer verehrt Dich - wer ist bereit, sich Dir hinzugeben, wer gibt sein Selbst gern auf für Dich? Hier ist die Familie Guise, der wir angehören - sie regieren in Lothringen - sie hielten Treue zum römischen Papste, dem Hüter der Verehrung. Sieh den Glauben dieser Familie. Wir haben dort immer Schutz und Schirm zu erwarten. Denke daran, immer die Partei der Richtigen zu ergreifen - hänge Dich an die, die bereit sind, wie die Jungfrau die Liebe im Schoße zu tragen. Verhüte den Kontakt mit dem Lieblosen - wie viele Dynastien im christlichen Frankenreiche geben zu lieben vor - hassen dagegen...

Um Gottes Willen Charlotte! - wie mich eine Liebe erschüttert, empor reist! Wie ich jetzt in der Erinnerung an meine Beziehung zur Königin von Frankreich die Gesinnung der Heiligen Jungfrau nachfühlen kann! Wie Angelophanien, Schatz!, hatte ich Ekstasen der Seligkeit… Graf Holland, bei dem ich gleichsam selige Freude erfuhr, die mir Bitternis vertrieb, Buckingham, ein engelhaftes Antlitz, das mir eine Vorahnung des Paradieses eingab… Chalais, bei dem ich Offenheit und Hingabe lernte… Châteauneuf, dessen Arme mich umfingen wie Mauern einer erhabenen Kathedrale, eines bergenden Gotteshauses… Montaigu, dessen Liebe mich aus einer höllenhaften Verbannung riss… sie schienen mir zuweilen selbst wie Erhöhte…

Und nun, meine Liebe Charlotte, höre meinen erschütternden Lebensbericht.

Die Insurgenten. Die Chevreuse.

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