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MIA

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Mia betritt das Café und kommt wild winkend auf uns zugestürmt. Mia ist Toms Schwester. Blond, recht hübsch, immer hippe Klamotten und um keinen Spruch verlegen. Ein echter Sonnenschein. Mia ist das Einhorn unter den Frauen. Will sagen, es kann sie eigentlich nicht wirklich geben, denn sie kann sich in einem völlig leeren Parkhaus sofort für einen Platz entscheiden und muss nicht mal das Radio leiser drehen, um ihre Kiste halbwegs grade hinzustellen. Sie hasst Emanzen und hat das Mitgefühl eines Mannes, der genau weiß, wovon man gerade spricht. Und arbeitet trotzdem bei einer Bank. Mia ist sozusagen die Vierte im Bunde. Was gut funktioniert, denn als potentielles Betthäschen ist sie für Mickey und mich tabu. Nicht aus Loyalität Tom gegenüber, sondern weil sie für Mickey etwas zu weibliche Rundungen hat und für mich definitiv zu jung ist. Die ist ja gerade mal so alt wie ich. Und den Beweis für die Rundungen, von denen Mickey mal sprach, ist sie mir immer noch schuldig.

"Hey Jungs, wie sieht's aus?"

"Hey Süße!" erwidern wir trigonal.

Mia quetscht sich gegenüber von mir und Tom auf die Bank neben Mickey. Sie scheint mächtig aufgeregt.

"Na los, Bruder, erzähl schon, was war denn jetzt bei der Testamentseröffnung??? Was hast du bekommen??? Wer war noch da??? Los, erzähl schon! Ich bin doch so neugierig!!!"

Betretenes Schweigen unter uns dreien. Das eine oder andere Räuspern ist zu hören, aber sonst Schweigen. Mia sieht uns an und platzt beinahe:

"JUNGS, sagt schon, was ist hier los? Kommt schon, hier läuft doch was! Los los los los, erzählen! Sagen! Was los ist!!! Looooos jetzt!!!"

Derart genötigt bricht Tom sein Schweigen:

"Also, ich sag mal so, ich war nicht der Einzige, dem da was eröffnet wurde!"

Mia dreht fast durch vor Neugier. Da kommt die Kellnerin an unseren Tisch:

"Wer bekommt die Spaghetti "Acht Kostbarkeiten"?"

Ich hebe die Hand. Die Kellnerin stellt mir den Teller hin und geht. Mia sieht mich irritiert an:

"Spaghetti Acht ... ? ... JUNGS, wenn ihr mir nicht sofort sagt, warum ihr so komisch seid, fang ich an, Sachen kaputt zu machen! Wer war da noch? WEEERRR???"

Mickey und ich heben die Hände.

Mia ist sprachlos. Sie starrt uns mit offenem Mund an, ihr Blick wandert zwischen uns dreien und bleibt dann bei meinem Teller hängen:

"Spaghetti Acht ... ? ... WAS? ... aber ... wieso denn? Wieso denn ihr beide? ... also ... ich versteh' jetzt gar nichts mehr!?"

Ich lege mein Besteck zur Seite.

"Na, dann werde ich es dir mal erklären, liebe Mia! Dein lieber Herr Bruder und unser Freund Mittermaier hier haben Ilse gebumst!!! Verstehst du? Meine Ilse!!! Und deshalb, also zumindest nehme ich an, dass das der Grund ist, haben wir jetzt alle drei geerbt!!!"

"Wieso denn "deine Ilse"?"

"Wieso "meine Ilse"? Das fragst du noch? Ernsthaft? Die Frau war damals 56. Wessen Abteilung ist das denn? Wer ist denn da der Stecher? Wessen Liste seiner Dates liest sich denn wie das "Who is who der Herbstzeitlosen", hä???"

Mia nickt, mein Drama offensichtlich nachvollziehend, und fängt plötzlich schallend an zu lachen. Sie lacht so sehr, dass ich ihr gerne ein paar knallen würde. Ihr Kopf wird knallrot und sie scheint gleich keine Luft mehr zu bekommen. Dazwischen gluckst sie irgendwas von: "Ihr drei ... (lach) ... ihr habt alle drei ... (prust) ... ihr habt alle drei mit der gleichen Frau??? ... (Lachkoller) ... Wie geil ist das denn??? ... Mit 'ner 60-Jährigen???..."

"SECHSUNDFÃœNZIG!!!" donnert es aus uns dreien gleichzeitig heraus. Mia bekommt langsam wieder genug Luft, um in ganzen Sätzen mit uns zu sprechen.

"Also ehrlich Jungs, worüber regt ihr euch eigentlich so auf? Ok, ihr wart alle mit der gleichen Frau im Bett und wusstet's nicht. Na und? Wenn ich dasrichtig verstanden habe, hattet ihr doch keine Beziehung mit ihr. Das war doch bloß Sex!"

Ich kann gar nicht glauben, was ich da höre:

"Sag mal, der Hamster in deinem Kopf ist wohl vom Rad gefallen, was? BLOß SEX??? ... BLOß SEX??? ... Ich glaube, ich spinne. Geht's noch? Bloß Sex! Sex ist das einzig Wichtige! Ich weiß sowieso nicht, wozu das ganze andere Drumherum gut sein soll!!! Tzzz, bloß Sex, also echt."

Die drei starren mich an, als habe ihnen gerade Isaac Newton persönlich erklärt, warum unserer Welt nach seinen Berechnungen so ungefähr im Jahr 2060 das letzte Stündchen schlägt. Jetzt nicht aufregen. Tief durchatmen ... Ooommm ... Ooommm ... und plötzlich ... Frieden. Stille. Das Gelaber meiner Freunde verstummt in der Ferne. Der Mörder-Krampf im Bereich meines Solarplexus weicht einem fast meditativen, ja geradezu zen-mäßigen "ich bin total in meiner Mitte!"- Gefühl. Vielleicht hat der Yoga-Kurs ja doch was genützt. Wahnsinn, meine Kumpels sind verlogene Sackratten und ich bin ein Grashalm im Wind. Es lebe die Volkshochschule!

"Spaghetti "Acht Kostbarkeiten", was?"

"Ja, Mia. Solltest du versuchen."

Max Sturm

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