Читать книгу Wirtschaft im Kontext - Oliver Schlaudt - Страница 23
2.3 Autonomie – Reversibilität – Unendlichkeit
ОглавлениеWir haben nun die Grundlagen der Wirtschaftswissenschaften in ihren elementarsten Zügen kennengelernt. Es sticht in die Augen, dass sie das Marktgeschehen nach dem Vorbild eines physikalischen Geschehens konzeptualisieren. Diese Analogie wurde auch nicht erst im Rückblick von den Historikern der Ökonomie entdeckt. Vielmehr beriefen sich die Autoren der Grenznutzenschule in der Mitte des 19. Jahrhunderts ausdrücklich auf die Physik ihrer Zeit, welche mit dem Energiebegriff gerade einen ihrer ergiebigsten Begriffe aus der Taufe gehoben hatte. Aus dieser Physik konnte sie insbesondere das Extremalprinzip übernehmen, wie es dem Pareto-Prinzip zugrundeliegt: sich selbst überlassene Systeme tendieren dazu, einen Zustand einzunehmen, in welchem eine charakteristische Größe einen Extremwert annimmt. Das Marginalprinzip schlägt die Brücke zur Mathematik, da es die Anwendung analytischer Methoden erlaubt. Damit können wir das Programm der Neoklassik endlich vollständig durch folgende drei Elemente beschreiben:
1 Methodologischer Individualismus;
2 Utilitarismus;
3 Paradigma der energetischen, mathematischen Physik.
Aus diesen drei Säulen ergeben sich auch die Züge, die die moderne Volkswirtschaftslehre charakterisieren und zunehmend infrage gestellt werden: mathematischer Formalismus, der Anspruch der Wissenschaftlichkeit gegen alle alternativen Ansätze, der zentrale Begriff des Nutzens, das Programm der Mikrofundierung, die Annahme exogener Variablen, insbesondere exogener Präferenzordnungen.45
Wichtiger für unsere Fragestellung ist aber, welche Eigenschaften des Untersuchungsgegenstands, des Wirtschaftsprozesses, durch dieses Programm vorgegeben waren. Was nämlich durchaus erst im Rückblick sichtbar wurde, waren die Schranken, die dem Programm, welches anfangs allein als Verheißung und Erfolgsgarantie erscheinen konnte, sehr wohl eingeschrieben waren. Der ›mechanistisch‹ aufgefasste Wirtschaftsprozess, wie ihn die Neoklassik vorstellt, ist gekennzeichnet durch folgende drei Eigenschaften:
1 Autonomie: keine Abhängigkeiten;
2 Reversibilität: keine Geschichte;
3 Unendlichkeit: keine Grenzen.
Mit diesen Schlagworten ist genauer folgendes gemeint: