Читать книгу Der außergewöhnliche Angestellte - Orison Swett Marden - Страница 6
3. Wie man mit einer ungünstigen Umwelt fertig wird
ОглавлениеEin Grund, aus dem so viele Angestellte nicht vorwärts kommen, ist der, dass sie die Opfer einer Umgebung sind, die sie entmutigt und dadurch herunterzieht. Sie sehen keine Zukunft vor sich und bekommen so schließlich die Empfindung, dass nichts aus ihnen wird.
Neulich sprach ich mit einem jungen Mann, der nicht vorwärts kommen konnte und mir als Grund angab, er lebe in einer so ungünstigen Umgebung; niemand verstehe ihn, niemand nehme Anteil an seinem Streben und seinen Zielen, und so habe er allen Mut verloren und könne nichts mehr tun, ehe er nicht in eine bessere Umgebung komme.
Dieser junge Mann ist nur einer von Tausenden, denen es ebenso geht. Ich suchte ihm klar zu machen, dass unter den bedeutendsten Männern eine ganze Anzahl solcher war, die in der allerungünstigsten Umgebung lebten, die nicht bloß kein Verständnis, sondern offenen Widerstand bei ihren nächsten Freunden und Verwandten fanden. Aber da sie fest entschlossen waren, sich durch ihre Umgebung ihr Leben nicht zerstören zu lassen, so veränderten sie ihre Umgebung, nicht indem sie aus ihr weggingen und sich eine andre suchten, sondern indem sie sie umwandelten.
So machte es der junge Benjamin Franklin in der Druckerei zu London. Es war ein höchst ungünstiger Ort für einen strebsamen Menschen. Die andern Angestellten wollten erst ihren Spott mit dem armen amerikanischen jungen Mann treiben. Aber sie fanden bald heraus, dass er aus hartem Holz geschnitzt war, mit dem sich etwas anfangen lässt, und bald war die ganze Luft in der Druckerei anders, waren die Spötter in Bewunderer verwandelt. Sein Beispiel wirkte Wunder an ihnen. Die meisten hatten bisher ihr Geld für unnütze oder schädliche Vergnügungen ausgegeben; von ihm lernten sie nun, dass Sparsamkeit und Charakterfestigkeit die Grundlagen für alles Vorwärtskommen sind.
Oder man denke an die Umgebung, in der Abraham Lincoln aufwuchs: im Urwald, ohne Schule, ohne Bücher, ohne Gelegenheit, irgendetwas zu lernen. Kein junger Mann kann heute sagen, er sei in einer derartigen Umgebung, und der, mit dem ich sprach, lebt in einem Paradies voll günstiger Gelegenheiten, verglichen mit der Lage Lincolns. Er wohnt in New York, umgeben von Büchereien, Abendschulen, Fortbildungsschulen, billigen Buchläden, Zeitungen, Monatsschriften und allen möglichen Vorbildern – und dabei beklagt er sich, er komme nicht vorwärts, seine Umgebung sei so entmutigend!
Nein, junger Freund, das ist keine Entschuldigung in diesem Land der unbegrenzten Möglichkeiten! Sag niemandem, du seiest nichts, denn du habest keine Gelegenheit, etwas zu werden! Einen jungen Mann, der aus dem rechten Holz geschnitzt ist, kann überhaupt nichts zurückhalten. Freilich, wenn du kein Mark in den Knochen hast, wenn du nicht so viel Mut und Ausdauer besitzt, um mit dem bisschen „Entmutigung“ und mit der „ungünstigen Umgebung“ fertig zu werden – dann bist du eben nicht aus dem Holz, aus dem die tüchtigen und erfolgreichen Männer geschnitzt sind. Fort mit solchen törichten Ausreden! Schon dass du sie überhaupt aussprichst, zeigt, dass der Fehler an dir liegt, dass es irgendwo bei dir nicht richtig ist. Man wird ruhig sagen dürfen, wenn ein junger Mann in Amerika oder Europa nicht vorwärts kommen kann, so gelingt ihm das in keiner andern Umgebung in der ganzen Welt.
Tausend und Zehntausende lebender Beispiele beweisen, dass man über Hindernisse und Entmutigungen Herr werden kann, die hundertmal größer sind als die, von denen ein junger Mann sich heute zurückhalten lässt.
Es kann sein, dass Umstände dich fesseln, über die du wirklich keine Gewalt hast, dass eine besondere Not dich zwingt, Arbeit zu tun, zu der du kein inneres Verhältnis gewinnen und bei der du dein Bestes nicht leisten kannst. Dann ist allerdings ein eiserner Wille nötig, um dir zu helfen; aber mit ihm kannst du auch aus dieser Umgebung noch etwas machen, du kommst dabei nur langsamer vorwärts. Vielleicht ist es doch noch möglich, wenn du nur Mut und Kraft behältst, in eine andre Umgebung zu kommen. Sonst musst du es eben machen wie die Perlmuschel, wenn sie ein Sandkorn nicht aus ihrer Schale entfernen kann: sie umhüllt es mit dem Stoff, der es zur Perle macht. So musst auch du die peinliche und hässliche Umgebung, die du nun einmal nicht loswerden kannst, so angenehm und so schön als möglich zu machen versuchen. Denn die beständige Arbeit, mit der man aus einer unvermeidlichen Notwendigkeit das Beste macht, was aus ihr zu machen ist, wirkt schon an sich als charakterbildende und stählende Kraft.