Читать книгу The Independent Mind - Бхагаван Шри Раджниш (Ошо), Osho, Osho . - Страница 8

Meine Freunde,

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in den nächsten drei Tagen werde ich zu euch über die Suche nach dem Leben sprechen. Ehe ich beginne über diese Suche zu sprechen – von morgen früh an –, muss ich zunächst darauf hinweisen, dass das Leben nicht das ist, was wir darunter verstehen. Erst wenn uns dies klar ist, und unser Herz erkannt hat, dass das, was wir Leben nennen, gar kein Leben ist, kann die Suche nach dem wahren Leben beginnen.

Wer die Finsternis für das Licht hält, wird nicht nach dem Licht suchen. Wer den Tod für das Leben hält, wird um das Leben betrogen werden. Wenn das, was wir denken und verstehen, falsch ist, wird das Endergebnis unseres Leben zwangsläufig falsch sein. Was wir suchen, beruht auf dem, was wir verstehen. Also möchte ich als Erstes sagen, dass nur ganz wenigen Menschen die Wahrheit zuteil wird. Jedem wird die Geburt zuteil, und die meisten von ihnen missverstehen ihre Geburt als Leben. Das, was wir Leben nennen, ist nur eine Gelegenheit, das Leben zu entdecken, das Leben zu finden – oder auch nicht. Aufgrund dieser Gelegenheit können wir das Leben sowohl finden als auch verfehlen.

Das, was wir Leben nennen, ist nur eine Gelegenheit, ist nur eine Möglichkeit. Es ist ein Saatkorn, aus dem etwas aufblühen kann oder nicht. Durchaus möglich, dass das Saatkorn keine Frucht bringt, nicht aufgeht, keine Blumen, keinen Ertrag hervorbringt. Beides ist möglich. Bisher bleibt das Saatkorn der meisten Menschen jedenfalls unfruchtbar. Nur in ganz wenigen Fällen sprießt das Leben eines Menschen, blühen Blumen, beginnt er zu duften. Das sind die wenigen Menschen, die wir anbeten und nicht vergessen. Nur eines vergessen wir immer – nämlich dass dasselbe Saatkorn auch in uns selber steckt, dass wir genau denselben Duft entfalten könnten.

Und all unsere Anbetung und Gebete sind vergeblich, sind bloße Vortäuschung, Heuchelei – es sei denn, jemand erträgt es angesichts von Leuten wie Mahavira, Buddha, Krishna und Christus nicht länger, dass auch er dasselbe Saatkorn enthält und dasselbe ewige Leben erreichen kann wie sie.

Um dieses Leid, um diesen Schmerz zu vermeiden, haben wir Krishna, Buddha und Mahavira zu Göttern erklärt. Wären sie so gewöhnliche Menschen wie wir, würden wir vor Scham darüber, Menschen zu sein, versinken. Wären sie genauso wie wir, hätten wir keine Chance zu fliehen, gäbe es keinen Ort, wo wir uns verkriechen könnten. Nur um diese Demütigung, diese Qualen und Schmerzen zu umgehen, sind wir darauf verfallen, sie Gott, Sohn Gottes, Teerthankaras und wer weiß was zu nennen. Indem wir sie Gott, Sohn Gottes, Teerthankara nannten, haben wir ihnen törichte Dinge angedichtet. All diese Leute waren genau wie wir, waren gewöhnliche Irdische. Doch die meisten menschlichen Saatkörner sind unfähig aufzublühen. Nur ganz wenige Saatkörner des Lebens blühen so vollkommen auf, dass ein göttliches Licht durch sie zum Ausdruck kommt.

Wenn die Religion überhaupt einen Zweck hat, dann diesen: Alle Saatkörner sollten das werden, wozu sie bestimmt sind; was in ihnen verborgen ist, sollte zum Ausdruck kommen. Solange wir nicht erkennen, dass das, was wir tun, und die Richtung, die wir eingeschlagen haben, völlig verkehrt ist, wird keine Revolution, keine Transformation, keine Umkehr möglich sein. Dies ist das Erste, was ich euch heute sagen möchte.

Was wir Leben nennen, ist nicht mehr als ein langsames und allmähliches Sterben von Tag zu Tag. Wie kann man ein so endloses Sterben Leben nennen? Wenn ein Mensch nach siebzig Jahren stirbt, ist er siebzig Jahre lang nur gestorben. Der eine mag nach hundert Jahren sterben, ein anderer nach fünfzig Jahren – wir machen einfach schweigend weiter und halten dieses nicht enden wollende Sterben für Leben. Heute ist deine Lebensspanne einen Tag kürzer als sie gestern war, und morgen wird sie noch einen Tag kürzer sein. Was ihr für ein zunehmendes Alter haltet, ist tatsächlich ein abnehmendes Alter. Die Tage, die ihr als Geburtstage feiert, sind nichts als Meilensteine, die den nahenden Tod ankündigen. Und nachdem wir in alle Richtungen gerannt sind, kommen wir am Ende beim Tod an.

Wir rennen kopflos durch die Gegend, wir sichern uns auf jede erdenkliche Weise ab, wir machen alles und jedes, aber all unser Herumgerenne ist nichts weiter als ein Versuch, den Tod zu vermeiden. Der eine mag Reichtum anhäufen, der andere mag den Hals nicht von Ruhm vollkriegen, der dritte mag Statussymbole sammeln, und wieder ein anderer mag unersättlich nach Macht gieren. All diese Bemühungen drehen sich nur nur um das Eine. Damit wir uns, wenn der Tod kommt, verteidigen, vor ihm schützen können. Aber all diese Maßnahmen scheitern. Der Tod kommt trotzdem.

Dazu fällt mir eine kleine Geschichte ein … Ein Kaiser aus Damaskus sah sich eines Nachts im Traum neben seinem Pferd unter einem Baum stehen. Von hinten kam ein dunkler Schatten und legte ihm seine Hand auf die Schulter. Als er sich umdrehte, erschrak er. Der Schatten sagte: „Ich bin der Tod, und morgen werde ich kommen und dich holen, mach dich also bereit und sei pünktlich am vorbestimmten Ort.“

Er wachte auf, der Traum verschwand, aber er hatte Angst. Am Morgen rief er alle großen und berühmten Astrologen seines Reiches herbei, darunter auch angesehene, in der Traumdeutung bewanderte Gelehrte, und wollte wissen: „Was hat folgender Traum zu bedeuten, was will er mir sagen? Gestern Nacht sah ich im Traum einen dunklen Schatten, der mir seine Hand auf die Schulter legte mit den Worten: ‚Ich bin der Tod, und morgen werde ich kommen und dich holen, mach dich also bereit und sei pünktlich am vorbestimmten Ort.‘“

Die Zeit drängte. Ihm blieb nur dieser eine Tag, denn am Abend wollte der Tod bei Sonnenuntergang kommen. Die Astrologen sagten: „Wir können nicht lange überlegen: Nimm einfach dein schnellstes Pferd und reite so weit wie möglich davon. Je weiter weg du gehst, desto besser.“

Eine andere Wahl schien es nicht zu geben. Was hätte einem auch sonst einfallen können? Nur dies war die Lösung: Er musste sich so weit wie möglich von seinem Palast, von seinem Reich entfernen. Wie sonst könnte er sich retten? Wenn euch einer gefragt hätte, was hättet ihr vorgeschlagen? Oder wenn man mich gefragt hätte, was sonst hätte ich sagen können? Der Rat dieser Astrologen war richtig. Der Mensch ist geistig zu beschränkt, um eine bessere Lösung zu finden.

Es war kristallklar: Er musste aus dem Palast weg, um sich vor dem Tod zu retten. Der Kaiser hatte mehr als genug Rennpferde. Er besaß die schnellsten und besten und ließ eines dieser Pferde kommen, bestieg es, und schon schoss es los. Es rannte schneller als ein Pfeil, und angesichts dieses Tempos wurde der Kaiser immer entspannter. Also gewann er mehr und mehr Zuversicht: Bei diesem Tempo konnte ihn niemand mehr einholen, jetzt war Rettung in Sicht!

Längst lag die Hauptstadt, sein Reich mit all seinen Städten und Dörfern hinter ihm. Sein Pferd galoppierte munter im gleichen Tempo weiter. Der Kaiser legte keine Pause ein; er aß weder etwas, noch trank er genug Wasser. Wer würde auch anhalten? Wer hätte auch Zeit für Speis und Trank, wenn ihm der Tod auf den Fersen war? Und auch dem Pferd gönnte er keine Pause, er besorgte ihm nicht einmal Wasser. Für ihn gab es nur dies: Heute so weit wie möglich wegzureiten.

Es wurde Nachmittag. In dieser Entfernung von seinem Palast war der König überglücklich. Bislang war er betrübt gewesen, jetzt aber, am Spätnachmittag, begann er Lieder zu summen. Er fühlt sich in Sicherheit. Als die Nacht hereinbrach, war er Hunderte von Meilen weit weg. Als die Sonne unterging, betrat er einen Mangohain, band sein Pferd an und stellte sich unter einen Baum. Er war äußerst entspannt und wollte gerade Gott seine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen, dass er es so weit geschafft hatte, als er dieselbe Hand auf seiner Schulter spürte, die er nachts zuvor in seinem Traum gesehen hatte. Entsetzt dreht er sich vorsichtig um – und vor ihm stand der nämliche dunkle Schatten!

Dieser sprach ihn an: „Ich machte mir schon große Sorgen, ob du es überhaupt so weit schaffen könntest, denn dies ist der Ort, wo es dir bestimmt ist zu sterben. Wie solltest du auch eine solche Entfernung überwinden können … Doch du hattest ein schnelles Pferd, und du bist ein ausgezeichneter Reiter. Du bist pünktlich zur Stelle.“

Wir mögen noch so weit weglaufen, es ist nicht aufzuhalten – ganz egal ob man es vorher geträumt hat oder nicht. Es kann nicht ausbleiben: Eines Tages werdet ihr dem Tod begegnen – und zwar genau am vorgesehenen Ort.

Die Richtungen, in die wir rennen, mögen sich unterscheiden, unsere Routen mögen sich unterscheiden, ebenso wie das Tempo unserer Pferde – das ist möglich. Aber letztlich macht es nicht viel Unterschied. Irgendwann, unter irgendeinem Baum, wird sich eine Hand auf eure Schulter legen. Dann werdet ihr dem ins Auge sehen, vor dem ihr davongerannt seid. An dem Tag werdet ihr Angst empfinden. Tatsächlich seid ihr auf das zugerannt, wovor ihr wegrennen wolltet.

Vor dem Tod gibt es kein Entrinnen. Ganz egal wohin wir rennen mögen, wir rennen dem Tod in die Arme. Unser Rennen selber führt uns zum Tod. Jeder, der rennt, wird beim Tod ankommen. Ein Armer mag vielleicht nur sehr langsam rennen. Er hat kein Pferd, also muss er ohne Pferd rennen. Ein Reicher mag mit einem stattlichen Pferd rennen, und Kaiser mögen mit einem richtigen Rennpferd rennen. Aber letzten Endes werden die Leute ohne Pferd genau am selben Ort ankommen, wie die Leute mit Pferd – beim Tod. Was ist also die Lösung? Welchen Weg wählen? Was kannst du machen?

Zunächst möchte ich euch darauf aufmerksam machen, dass alles, was ihr macht, egal was, zum Tod führen wird. Das braucht euch nicht zu überraschen. Schon in der Vergangenheit hat alles, was die Leute gemacht haben, sie zum Tod geführt. Nur ganz Wenige sind dem Tod entronnen. Nur macht ihr keineswegs das, was sie gemacht haben, um den Tod zu überwinden. Alle Vorbereitungen, die ihr trefft, sind einfach Vorbereitungen für den Tod. Ob es euch nun gefällt oder nicht, aber die Wahrheit ist: All unsere Vorbereitungen sind nichts als Vorbereitungen auf den Tod. An diesen drei Tagen möchte ich euch sagen, woran ihr erkennen könnt, dass ihr euch auf den Tod vorbereitet, und was für Vorbereitungen für das Leben man treffen kann.

Durchaus möglich, dass ihr zutiefst den Wunsch habt, das Leben kennenzulernen und zu entdecken. Tatsächlich gibt es keinen einzigen Menschen, der nicht den Wunsch hat, das Leben zu finden. Und doch existiert eine Art Wahnsinn, ein tiefer Wahnsinn, der die gesamte Menschheit befallen hat. Sobald ein Säugling auf die Welt kommt, wird er in ebendiesen Wahnsinn eingeweiht. Vielleicht ist das natürlich. Würde das Kind nicht eingeweiht, würden wir es für wahnsinnig halten. Als Mahavira von zu Hause wegging, hielten ihn alle für wahnsinnig. Als Buddha von zu Hause wegrannte, hielt man auch ihn für wahnsinnig, und Christus wurde ebenfalls für irre gehalten. Die gesamte Menschheit ist irre, also hält man, wenn ein vernünftiger Mensch geboren wird, ihn für irre. Vielleicht versteht ihr besser, was ich sagen will, wenn ich euch eine kurze Geschichte erzähle …

Eines Tages ging ein alte Frau bei Tagesanbruch zum Dorfbrunnen, warf etwas hinein und verkündete, jeder, der das Wasser des Brunnens trinke, werde wahnsinnig. Es gab nur zwei Brunnen in diesem Dorf. Einer befand sich im Dorf, und der andere im Palast des Königs. Bis zum Abend waren alle im Dorf bereits wahnsinnig, da sie notgedrungen das Wasser aus ihrem Brunnen trinken mussten. Nur drei Personen – der König, die Königin und sein Großwesir brauchten das Wasser des Dorfbrunnens nicht trinken und waren daher als Einzige nicht wahnsinnig geworden. Im Dorf ging das Gerücht um, der König sei offenbar verrückt geworden. Was ja nicht weiter verwunderlich ist: Wenn das ganze Dorf verrückt geworden ist, kommt jeder, der es nicht ist, allen anderen eindeutig verrückt vor. Das kann man an seinen Fingern abzählen. Folglich waren die Leuten im Dorf tief bestürzt und verstört, darunter auch einige große Denker …

Verrückte sind normalerweise große Denker. Damit schrumpft der Unterschied zwischen einem Wahnsinnigen und einem Denker: Denker werden oft wahnsinnig, und Wahnsinnige fangen oft an zu denken.

Also gab es unter diesen Verrückten auch einige Denker und Politiker. Sie alle steckten die Köpfe zusammen und überlegten, was zu tun sei. Um das Schlimmste zu vermeiden, hielten sie es für das Beste, den König zu beseitigen. „Wenn der König wahnsinnig ist, wer soll dann das Reich regieren?“ Am Abend versammelten sie sich vor dem Palast und skandierten laut Slogans des Inhalts, der König und der Großwesir seien wahnsinnig, die Königin ebenfalls, jetzt wären sie gezwungen, den König zu beseitigen.

Der König stand mit seiner Königin und dem Großwesir auf der Dachterrasse des Palastes und sie berieten, was zu tun sei. All ihre Diener und Soldaten waren wahnsinnig geworden, so wie alle anderen auch, also musste etwas geschehen … Der König sagte zum Großwesir: „Mach schon, lass dir was einfallen!“ Dieser erwiderte: „Uns bleibt nichts anderes übrig, als unverzüglich Wasser aus dem Dorfbrunnen zu holen und zu trinken.“ Alle drei versprachen den Leuten: „Wartet! Lasst uns erst unsern Wahnsinn kurieren!“

Sie gingen hinunter und tranken das Wasser. Am Abend feierte das Dorf ein Freudenfest. Die Leute tanzten und sangen – der König war wieder zur Vernunft gekommen!

Die Menschheit ist in den Klauen eines tiefen und unausrottbaren Wahnsinns – und wir übertragen diesen Wahn auf jede neue Generation. Und alle Kinder, die sich dagegen sträuben, werden für Rebellen gehalten. Die Kinder, die diesen Wahn nicht übernehmen wollen, halten wir für wahnsinnig; und um sicherzustellen, dass auch sie wahnsinnig werden, zwingen wir ihnen unsere Lebensweise auf.

Auf dieser Welt vernünftig zu sein, ist äußerst gefährlich; ein vernünftiger Mensch muss für seine Vernunft einen hohen Preis zahlen. Dem einen droht eine Kugel, der andere muss Gift trinken, der dritte gehört gekreuzigt. Vernünftige Leute haben in einer Welt voller Verrückter nichts zu suchen. Je verrückter einer in dieser Welt ist, desto sympathischer wirkt er, da er einer von uns zu sein scheint. Er scheint demselben Weg zu folgen wie wir auch.

Also werde ich darüber zu euch sprechen, wie man diesen Zustand tiefen Wahnsinns loswerden kann, der die Menschheit im Griff hat. Wenn ihr keinen Ausweg zu finden versucht, kommt unweigerlich der Tod. Ihr könnt euch noch sosehr auf den Kopf stellen, am Ende wird der Tod euch ereilen – nicht unbedingt in ferner Zukunft. Es kann euch schon morgen erwischen, er kann euch heute erwischen. Es kann euch auf der Stelle erwischen.

Heut Abend also bedenkt und erwägt Folgendes: Wenn alles, was ihr tut, euch nur zum Tod führt, was für einen Sinn hat es dann, es zu tun? Wenn alles, was ihr tut, eure Füße nicht zur Unsterblichkeit lenkt, wenn eure Augen nicht auf die Unsterblichkeit gerichtet sind, und wenn euer Leben nicht dorthin geht, wo kein Tod vorkommt, was für einen Zweck hat es dann? Warum dann überhaupt?

Das Leben ist eine Chance. Alle Zeit, die wir verloren haben, ist einfach unwiederbringlich. Die Chance, die das Leben bietet, kann man auf vielerlei Art und Weise nutzen. Was immer wir auch damit anfangen, verändert unser Leben entsprechend. Die einen nutzen sie, um Geld zu machen. Ihr ganzes Leben lang nutzen sie jede Gelegenheit, die sich ihnen bietet, wenden sie all ihre Energie daran, Reichtum anzuhäufen. Doch wenn sie dem Tod ins Auge sehen, wird all ihr Reichtum nutzlos. Manche rackern sich ihr Leben lang damit ab, diese Chance zu nutzen, um berühmt und angesehen zu werden und ihr Ego zu befriedigen. Doch wenn der Tod kommt, nützt ihnen all ihr Ego, Ruhm und Ansehen nichts.

Woran also erkennt ihr, dass ihr nicht umsonst gelebt habt? Nur daran, dass alles, was ihr im Leben verdient habt, nicht umsonst gewesen sein darf, wenn der Tod vor eurer Tür steht. Aug in Auge mit dem Tod, muss all das, wofür ihr die Chance des Lebens genutzt habt, wofür ihr euer Leben aufs Spiel gesetzt habt, seine Gültigkeit behalten. Nur das hat angesichts des Todes Bedeutung, was wahrhaft bedeutend ist; alles andere ist wertlos. Ich wiederhole: Einzig und allein das ist bedeutend, was auch angesichts des Todes bedeutend bleibt, und alles andere ist wertlos.

Nur ganz wenige bedenken dies; nur ganz wenige nehmen hierauf, auf diese Perspektive Rücksicht. Ich möchte euch bitten zu überprüfen, ob ihr es tut. Fragt euch: „Alles, was ich dadurch angehäuft habe, mein Leben lang gerannt zu sein – sei es Gelehrtheit oder Reichtum, ob ich gefastet habe, um mich abzuhärten oder berühmt zu werden, oder Romane geschrieben, Bilder gemalt, Lieder gesungen habe … – werden diese Dinge am Ende, angesichts des Todes, wenn mein ganzes Leben auf dem Prüfstand steht, noch irgendeine Bedeutung haben oder nicht?“

Wenn nicht, macht euch das besser heute schon klar. Und geht besser gleich in die Richtung, wo ihr die Art von Reichtum, von Macht, von Energie in eurem Dasein erwerben könnt – die euch, wenn der Tod vor euch steht, in die Lage versetzen wird, etwas Inneres vorzuweisen, dem der Tod nichts anhaben kann, das selbst der Tod euch nicht nehmen kann.

Das ist möglich. Wäre es nämlich nicht möglich, wären alle Religionen einfach Unfug und nichtig. Das ist schon früher geschehen, das kann sogar heute geschehen. Das kann im Leben eines Jeden geschehen. Aber es fällt weder vom Himmel noch erhält man es als Almosen oder kann man es stehlen. Und man bekommt es auch nicht umsonst … einfach indem man sich einem erleuchteten Meister zu Füßen setzt. Niemand kann es dir überreichen; du kannst es nur selber gebären. Es kommt nur durch deine eigenen Bemühungen zustande, durch dein eigenes Leben und die Entschlossenheit, all deine Energie dafür aufzubringen.

Aber solange wir meinen, alles vollkommen richtig zu machen, solange wir an unserem Lebenswandel nichts auszusetzen haben, tun wir keinen Schritt in jene Richtung. Irgendwo ist unser Leben im Irrtum, irgendwo stimmt etwas nicht. Wir müssen uns klarmachen, dass die Richtung, die wir in unserm Leben eingeschlagen haben, uns auf Wege bringt, die nirgends hinführen.

Die Art und Weise, wie diese Bewusstheit zustande kommt, besteht darin, euer Leben so zu prüfen, als müsstet ihr gleich sterben. Eines Tages werdet ihr es ohnehin angesichts des Todes prüfen müssen, aber dann könnt ihr es nicht mehr ändern. Wer es jedoch schon vorher prüft, kann an ihm noch etwas ändern. Dann wird sich bestimmt etwas in seinem Leben ändern … wird sich eine gewisse Revolution in seinem Leben intensivieren. Also kommt es darauf an, sein Leben von heute an einzuschätzen, es jeden Tag einzuschätzen. Bernard Shaw hat einmal gesagt, es müsse Gerichte auf der Welt geben, vor denen jeder alle drei Jahre erscheinen müsse, um nachzuweisen, dass er in diesen drei Jahren sinnvoll gelebt habe. Das war als Scherz gemeint.

Wären solche Gerichte irgendwo möglich? Selbst wenn dem so wäre, gäbe es Probleme. Wie wollt ihr beweisen, sinnvoll gelebt zu haben? Welche Beweise könnten den Sinn eures Lebens belegen: „Hier haben Sie summa summarum, wie ich gelebt habe – alles, was sinnvoll und wichtig war“?

Vergesst es; solche Gerichte gibt es nicht. Aber vorm geistigen Auge hat jeder so ein Gericht der eigenen Weisheit nötig, dem er jederzeit Rechenschaft schuldet. Tag für Tag sollte er vor ihm erscheinen und sich fragen: „Wie lebe ich? Kommt etwas Handfestes dabei zustande? Was gewinne ich dabei? Wo führt es mich hin? Wird es mein Gerenne beenden? Wird es mein Leiden beseitigen? Wird es das Dunkel vertreiben? Wird es den Tod zerstören?“

Wer sich all diese Fragen mit aller Dringlichkeit zu stellen vermag, in dessen Leben wird Religiosität geboren. Das geschieht aber nicht, indem man lediglich die heiligen Schriften liest, sondern indem man ständig sein Leben wertet. Man muss es jeden Tag werten; man muss es ununterbrochen werten.

Daher möchte ich euch zunächst bitten, hierüber nachzudenken. Das ist die Grundlage für die nächsten drei Tage, an denen ich zu euch über den Weg sprechen werde, auf dem wir von der Richtung zum Tod abbiegen können, und die Richtung zur Unsterblichkeit einschlagen können. Auch euch wird es nicht gleichgültig sein, wenn euer Leben unsterblich wäre. Euch dürfte der Wunsch nicht fremd sein, dass es gut wäre, wenn ihr den Tod vermeiden könntet. Im Innersten dürftet ihr euch fragen, wie ihr die Unsterblichkeit erlangen könnt.

Erst wenn uns die völlige Vergeblichkeit unseres jetzigen Lebens klar wird, erst wenn die Wertlosigkeit all unserer jetzigen Lebensweisen, unserer Gewohnheitsmuster, unserer Gedankengänge und Bewegungen in unserem Leben erkannt wurde – und uns bewusst wird, dass alles, was wir tun, absolut wertlos ist –, erst dann kann ein authentischer Wunsch nach Unsterblichkeit in uns geboren werden. Solange wir keine Unruhe, keine Nervosität, keine Angst wegen der Bedeutungslosigkeit dessen verspüren, was wir tun, wie kann die Idee, der Gedanke in uns aufsteigen, dem Bedeutenden zuzustreben?

Daher möchte ich euch heute auffordern, euch dem Tod Auge in Auge zu stellen. Wir alle verleugnen den Tod. Wir wenden ihm den Rücken zu, aber jeder, der dem Tod seinen Rücken zukehrt, macht sich ständig was vor.

Einmal war ich während des Monsuns unterwegs, als ich an der Seite eines Gebirgsflusses anhalten musste. Mein Auto musste dort anhalten, weil der Fluss mit aller Macht über seine Ufer stieg. Hinter meinem Auto mussten auch ein oder zwei andere Autos anhalten. Ich kannte den Mann in dem Auto hinter mir nicht, doch als er sah, dass ich allein im Auto saß, kam er und begann eine Unterhaltung mit mir. Ich unterhielt mich unverbindlich mit ihm, als er mich plötzlich fragte: „Wofür im Leben lohnt es sich am meisten, nachzudenken?“

Ich erwiderte ihm: „Das Einzige, worüber es sich lohnt nachzudenken, ist der Tod.“

Wir unterhielten uns weiter, über viele Themen. Er versicherte mir, er werde mich auf seinem Rückweg bestimmt wieder treffen. Ich antwortete ihm: „Es gibt keine Garantie, dass wir uns treffen werden, wenn Sie zurückfahren. Wer weiß: Ich mag nicht mehr leben oder Sie mögen nicht mehr leben, oder wir mögen alle beide noch leben, auch wenn sich unsere Wege nicht kreuzen mögen.“

Ich erzählte ihm eine kurze Geschichte. Ich hätte mir nie vorstellen können, wozu das führen würde. Als die Flut nachließ, wollte er weiterfahren … mir fiel folgende Geschichte ein:

Ein chinesischer Kaiser zürnte seinem Großwesir. Obwohl der Kaiser ihn ungeheuer liebte, steckte er ihn ins Gefängnis und verurteilte ihn zum Tode. Es war in seinem Land üblich, dass der Kaiser zu jedem, der gehenkt werden sollte, am Morgen der Hinrichtung persönlich hinging und ihm einen letzten Wunsch erfüllte – falls er einen hatte.

Dies traf auf den Großwesir zu, den sein Herr so sehr liebte. Aber er hatte einen unerhörten Fehler begangen, der den Kaiser so erzürnte, dass er ihn mit einem Todesurteil bestrafte. Am Tag der Hinrichtung suchte der Kaiser ihn früh am Morgen auf, stieg von seinem Pferd und eröffnete ihm: „Wenn du einen letzten Wunsch hast, werde ich ihn dir erfüllen.“

Kaum hatte der Kaiser dies gesagt, hatte der Großwesir Tränen in den Augen. Der König war erstaunt. Der Großwesir war ein ausgesprochen tapferer Mann und hatte in seinem Leben noch nie geweint. Undenkbar, dass er vor Todesangst weinte – das war völlig ausgeschlossen. Der König war wirklich überrascht. Er sagte: „Ich bin erstaunt, Tränen in deinen Augen zu sehen.“

Der Großwesir sagte: „Ich weine nicht, weil ich bald sterben muss. Ich weine aus einem anderen Grund. Meine Tränen gelten deinem Pferd.“

Der Kaiser fragte: „Was gibt es an meinem Pferd zu beweinen?“

Der Großwesir erwiderte: „Mit jahrelanger Schwerstarbeit habe ich eine Kunst erworben, die Kunst, einem Pferd das Fliegen beizubringen. Niemals in meinem Leben ist mir eine Pferderasse begegnet, die lernen konnte zu fliegen. Aber dein Pferd gehört zu dieser Rasse. Darum weine ich: Ich habe mein ganzes Leben damit verplempert, jene Kunst zu lernen, da sie heute mit mir einfach sterben wird.“

Der Kaiser hielt es für einmalig, wenn sein Pferd lernen könnte zu fliegen. Er sagte: „Hab keine Angst und weine nicht. Wie lange wirst du brauchen, um dem Pferd das Fliegen zu lehren?“

Der Großwesir sagte: „Ein knappes Jahr.“

Der König sagte: „Wenn du es schaffst, meinem Pferd das Fliegen beizubringen, werde ich dein Todesurteil aufheben und dich wieder in Amt und Würden setzen. Du wirst ungeheuer reich werden und jeder Wunsch soll dir ohne jede Frage erfüllt werden. Aber wenn du es nicht schaffst, wirst du in einem Jahr hängen. Der Großwesir bestieg das Pferd und ritt nach Hause. Dort weinten die Leute und beklagten seinen Tod. Alle staunten, ihn wieder daheim zu sehen, und fragten ihn: „Wie bist du wieder heimgekommen?“ Er erzählte die ganze Geschichte. Aber seine Frau und Kinder fuhren fort zu weinen und zu klagen. Er sagte zu ihnen: „Hört auf zu weinen.“

Seine Frau sagte: „Ich bin mir sicher, dass du keine Ahnung von der Kunst hast, Pferden das Fliegen beizubringen. Was soll also dieser Unsinn? Wenn du heut nicht gestorben bist, wirst du in einem Jahr sterben. Aber dieses Jahr werden wir damit verbringen, auf deinen Tod zu warten. Wir werden sowieso trauern und wehklagen. Wenn du schon betrügen wolltest, hättest du dir genausogut zwanzig, wenn nicht gar fünfzig Jahre raushandeln sollen.“

Der Großwesir begann zu lachen und sagte: „Du kennst die Gesetze des Lebens nicht. Wer weiß, was in einem Jahr los ist? Ich mag sterben, das Pferd mag sterben oder der Kaiser mag sterben. Ein Jahr ist eine lange Zeit. Hätte ich um zwanzig Jahre gebeten, hätte der Kaiser nicht gewagt sie mir zu gewähren. Zwanzig Jahre wären zu lang gewesen. Also bat ich um ein Jahr. In diesem einen Jahr kann alles mögliche passieren: Ich kann sterben, das Pferd kann sterben oder der Kaiser kann sterben. Mir ist Aufschub gewährt worden!“ Aber der Geschichte zufolge passierte etwas, das keiner je hätte voraussehen können: alle drei starben innerhalb jenes einen Jahres – der Kaiser, der Großwesir und auch das Pferd.

Da sich die Flut gelegt hatte, ging er zu seinem Auto zurück. Zu mir sagte er: „Ich werde Sie ganz bestimmt auf meinem Rückweg wiedersehen.“ Wieder hatte er dasselbe gesagt. Wir sind solche Gewohnheitstiere, dass wir, egal wie oft man uns alles erklärt, wieder und wieder dasselbe sagen und dasselbe tun. Ich erlebe das jeden Tag: Die Leute fragen mich etwas und ich erkläre es ihnen, und dann kommen sie und fragen etwas, das das glatte Gegenteil von dem ist, was ich gesagt habe.

Während er also wegfuhr, sagte er noch mal zu mir: „Ich werde Sie bei meiner Rückkehr ganz bestimmt wiedersehen. Ich bin richtig froh, Sie kennengelernt zu haben.“ Ich lachte, sein Wagen fuhr los. Und schon nach etwa zwei Meilen Fahrt lag er als Toter auf der Straße. Sein Auto hatte einen Unfall gehabt und er war dabei umgekommen. Mein Chauffeur sagte: „Ich fasse es nicht! Grad eben haben Sie ihm genau das gesagt.“

Ich sag dasselbe zu euch. Es gibt keine Garantie, dass ihr, wenn ihr heimfahrt, auch ankommt. Es gibt keine Garantie und keine Gewissheit. Heute mögt ihr heimkommen, aber morgen vielleicht nicht. Morgen mögt ihr ankommen, aber übermorgen vielleicht nicht. Wie lange könnt ihr‘s vermeiden? Ohne Frage wird ein Tag kommen, da ihr nicht ankommen könnt. Sich vorzustellen, dass es bis zu dem Tag noch zehn oder zwanzig Jahre hin ist, macht keinen Unterschied. Wer Bescheid weiß, wird sich vorstellen, dass es noch heute Abend so weit sein wird.

Wenn ihr gleich weggeht, stellt euch vor, dass ihr morgen früh nicht aufstehen könnt – was werdet ihr dann machen? Geht von hier weg mit diesem Gedanken: Was machen, wenn ihr morgen früh nicht mehr da sein werdet? Eines Tages wird solch ein Morgen kommen, da ihr nicht mehr da sein werdet. So viel steht zumindest fest. Daran gibt es nichts zu bezweifeln noch zu erklären. Ganz sicher wird der Tag kommen, da die Sonne aufgeht, du aber nicht mehr da bist. Es hat auf dieser Erde schon viele Menschen gegeben, aber jetzt sind sie nicht mehr hier. Heute bist du hier, und irgendwann wirst du nicht mehr hier sein.

Nichts im Leben ist gewisser als der Tod, aber wir denken kaum je darüber nach. Alles andere ist ungewiss, alle andere ist zweifelhaft. Schon möglich, dass Gott existieren oder nicht existieren mag; schon möglich, dass die Seele existieren oder nicht existieren mag. Es ist ebenfalls möglich, dass die Welt, die wir um uns her sehen, da sein mag oder nicht da sein mag. Doch es gibt nur eines, das feststeht, eines, das unvermeidlich ist und das in keiner Weise zu bezweifeln ist: Wer jetzt hier ist, wird nicht für immer hier sein. Der Tod wird unweigerlich kommen; es gibt keine größere Wahrheit als den Tod.

Wir denken nie über unsern Tod nach, wir wenden ihm stets unseren Rücken zu. Wenn jemand ihn euch in Erinnerung ruft, sagt ihr: „Rede nicht über etwas so Grauenvolles, rede nicht von solchen Sachen. Warum über den Tod reden?“ Wir halten uns das Thema Tod einfach fern, vom Halse. Aber sosehr ihr euch auch vom Thema Tod fern haltet, der Tod liebt euch über alles, und er wird sich nicht lange von euch fernhalten. Wer immer auch das Leben näher betrachtet, wird herausfinden, dass es nichts Gewisseres gibt als den Tod.

Warum machen wir diese unabänderliche Tatsache jeden Lebens nicht zum dringlichsten Gegenstand unserer Betrachtung? Warum entwickeln wir keine Lebensphilosophie, die uns hieran erinnert? Die Lebensphilosophie mag sein, wie sie will – vor allem sollte sie auf dem Tod als Grundstein beruhen. Denn dies ist der einzig gewisse Grundstein, alle anderen sind ungewiss. Warum küren wir diesen Grundstein nicht zum einzigen? Er ist ein Fakt, dem man sich stellen muss – wenn nicht heute, dann morgen. Warum packen wir es also nicht an und stellen uns ihm noch heute?

Für den, der bereit ist, sich ihm noch heute zu stellen, für den, der noch heute beginnt ihn näher zu betrachten, wird sich die ganze Richtung seines Lebens ändern. Sein Leben wird verwandelt. Alle, die mutig sind, die bereit sind, sich mit dem Tod zu befassen, die kehrt machen und sich dem Tod stellen, die den Tod noch heute akzeptieren, deren Füße, ja deren Atemzüge werden aufhören, sich in Richtung Tod zu bewegen. Dann öffnet sich ihnen ein neuer Weg und ein neues Tor.

Ich werde zu euch darüber sprechen, wie sich dieser Weg öffnen lässt. Heute Abend möchte ich nur diesen kleinen Gedanken mit euch teilen, damit ihr darüber nachdenken und ihn euch einprägen könnt. Denkt über den Tod nach, wenn ihr nachher schlafen geht, damit euch dieser Gedanke morgen früh, wenn ihr aufsteht, nicht mehr loslässt – egal was eure Arbeit ist, egal was geschieht, was immer ihr kreiert und ansammelt: „Wird dir dies noch etwas bedeuten, wenn du am Ende dem Tod gegenüberstehst?“

Ich fordere euch weder dazu auf, eure Arbeit aufzugeben und wegzurennen, noch dazu, eure Hände in den Schoß zu legen. Ich sage nur so viel: Egal was ihr leistet, es hat keine Bedeutung, keine Wichtigkeit angesichts des Todes – nur so viel sollte euch klar werden. Dann wird, ganz von selber, ein Durst nach einer neuen Suche in eurem Leben beginnen. Ihr werdet einen Durst bemerken. Es spielt keine Rolle, dass alles so weitergeht wie zuvor, weil nebenher eine neue Bewegung einsetzen wird. Nach und nach werdet ihr spüren, dass euer Inneres, obwohl ihr dieselbe Arbeit wie bisher macht, nicht mehr an dieser Arbeit teilnimmt. Obwohl ihr dasselbe macht, ist jetzt nur noch euer Körper beteiligt. Eure Seele hat sich in eine völlig andere Richtung begeben.

Da ihr auf der Welt lebt, müsst ihr euch um euren Körper kümmern; diese Dinge dürfen nicht vernachlässigt werden. Aber das ist nicht alles. Es gibt noch etwas anderes in euch, das es zu finden und zu entwickeln gilt – auch das müsst ihr tun. Aber eure Arbeit behindert dies nicht. Ihr braucht eure Arbeit nicht aufzugeben, denn wegzurennen bringt gar nichts. Es ist durchaus hier zu finden. Wenn euch klar wird, wo, und euch eure Sehnsucht danach klar wird, dann können sogar eure Tätigkeiten, die euch belanglos vorkommen, zu einem sinnvollen Teil jener größeren Arbeit werden.

Euren Lebensunterhalt zu verdienen, euch zu kleiden oder euer Heim zu bauen – all diese Dinge können bedeutsam werden, wenn eure Füße anfangen in Richtung Seele zu gehen. All diese Dinge werden einfach eine wichtige Rolle bei der Suche nach eurer Seele spielen. Sie werden zum Hintergrund werden und sie erden. Dann wird der Körper zu einer Leiter, die bis zur Seele reicht. An und für sich sind all diese weltlichen Verrichtungen absolut nichtig – es sei denn, euer Geist setzt sich in Richtung Seele in Bewegung. Wenn euer Innerstes beginnt, in diese Richtung zu gehen, werden diese Dinge bedeutsam. Zwischen der Welt und dem Göttlichen gibt es keinen fundamentalen Widerspruch. Aber die Welt allein ist nutzlos. Sie wird erst bedeutsam, wenn sie beginnt um den Kern des Göttlichen zu kreisen.

Mahavira isst und atmet ebenfalls, Krishna trinkt ebenfalls Wasser, und Christus trägt ebenfalls Kleider, und doch gibt es da einen Unterschied, einen unermesslichen Unterschied. Wir ziehen einfach nur Kleider an, mehr nicht. Wir schützen lediglich unsern Körper, aber wofür und wozu? Wir speisen immerzu, aber was ist der Zweck, lediglich den Körper zu erhalten? Wir kümmern uns einfach nur immer um die Mittel und sterben dann; es gibt keinen Zweck in unserem Leben. Nur wenn es einen Sinn gibt, werden die Mittel bedeutsam. Mittel an sich sind völlig nutzlos, sie haben keine Bedeutung.

Gesetzt, es gibt jemanden, der nirgendwo hin will, aber anfängt eine Straße zu bauen. Sein ganzes Leben lang mag er seine Straße bauen. Er mag alte Straßen aufbrechen, mag Wälder zerstören und eine Schneise durch sie schlagen, Zementblöcke für die Straße bestellen. Wenn du ihn fragst: „Warum baust du diese Straße?“ und er sagt: „Ich will eigentlich nirgendwo hin“, dann ist sein Straßenbauen sinnlos. Wir alle bauen solche Straßen, wollen aber nirgendwo hingehen.

Jemand, der nicht dem Göttlichen zustrebt, lebt lediglich wie einer, der nur eine Straße baut, obwohl er nirgendwo hin will. Wer jedoch dem Göttlichen, der Unsterblichkeit zustrebt, dem werden all die banalen Dinge in seinem Leben bedeutsam – den Lehm auszuschachten, kleine Pflastersteine zu verlegen, für den Straßenbau eine Schneise durch den Wald zu hauen … Wir alle bauen Straßen, ohne überhaupt daran zu denken, wo sie hinführen sollen. Man sollte sich lieber fragen, wozu man zu leben gedenkt, anstatt sich damit zu arrangieren, lebendig zu bleiben; sich fragen, wozu man lebt, statt nur seine Existenz zu verteidigen.

Dieser Gedanke, diese Frage sollte in euch aufsteigen. Nur ganz wenige Fragen steigen in uns auf – sie tun‘s einfach nicht. Wenn aber keine Fragen kommen, wenn wir nichts wissen wollen, woher soll dann die Suche kommen? Wenn kein Wunsch danach existiert, auf die Suche zu gehen, wie kann man dann irgendeine Anstrengung in diese Richtung machen?

Über all dies werde ich also in diesen drei Tagen zu euch sprechen. Für heute Nacht, möchte ich euch nur bitten: Wenn ihr zu Bett geht, schlaft mit dem Tod. Während ihr einschlaft, stellt euch vor, dass der Tod neben euch schläft. Behaltet ihn ständig in eurer Nähe, neben euch. Er ist sowieso bei euch, also behaltet ihn neben euch. Wer den Tod neben sich behält, wer den Tod zu seinem Gefährten und Freund macht, sollte daran denken, dass es nicht lange dauern wird, bis ihn das Göttliche begleitet; er hat den ersten Schritt getan.

Jeder, der sich mit dem Tod angefreundet hat, ihm nahegekommen ist, hat bereits den ersten Schritt getan. Bald wird sich ihm die Unsterblichkeit zugesellen. Wenn nicht heute, dann morgen. Früher oder später wird ihm das Göttliche zuteil werden. Das ganze Geheimnis besteht darin, dem Tod nahezukommen. Diejenigen, die den Tod neben sich behalten, nenne ich Sucher. Wer vor dem Tod wegrennt, den Tod meiden will, ihn verscheucht, den nenne ich einen weltlichen Menschen.

Mehr sage ich jetzt nicht. Morgen früh werde ich meine Diskurse beginnen. Was ich heute sagte, dient nur als Hintergrund. Zur Geburt der Meditation in euch kann es überhaupt nur kommen, wenn ihr diese erste Bedingung eines Sucher erfüllt habt, euch nicht vom Tod abzuwenden. Seht dem Tod ins Auge, lasst ihn nahekommen. Schlaft heute Nacht neben ihm, denkt beim Einschlafen an ihn, denkt über euren eigenen Tod nach, macht euch klar, dass er euch ganz nahe ist, und jederzeit, jeden Moment eintreten kann. Morgen früh mögen in euch weitere Fragen auftauchen. Wenn sie auftauchen, stellt diese Fragen mir, da ich drei Tage lang hier sein werde, um sie zu besprechen. Wenn keine kommen, wenn selbst dann keine Gedanken auftauchen, nachdem euch der Tod ganz nahegekommen ist, kommt bitte morgen früh nicht wieder her. Es hat keinen Sinn, ist bedeutungslos. Wenn kein Gedanke aufsteigt während ihr über euren eigenen Tod nachdenkt, kommt morgen früh nicht her; es wäre sinnlos.

Alles, was ich sage, kann nur etwas bedeuten, nachdem euch folgender Gedanke gekommen ist. Wenn ihr beginnt euren Tod zu sehen und euch folgender Gedanke kommt, und ihr vor Schreck erstarrt: „Der Tod hat mich auf allen Seiten eingekreist, was soll ich tun? Wie kann ich ihn überwinden? Wenn alles um mich her zerstört wird, welchen Weg muss ich finden, um unzerstörbar zu werden?“ Nur dann ist euer Erscheinen morgen früh sinnvoll. Ich werde über die Brücke sprechen, die euch vom Tod in die Todlosigkeit führt, nur dann macht es für euch Sinn, was ich euch sage.

Ich bin euch dankbar, dass ihr mir mit solcher Liebe und Stille zugehört habt. Ich bete, das Göttliche möge euch bewusst machen, dass der Tod nahe ist.

The Independent Mind

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