Читать книгу VERLIEBT IN DAS LEBEN - Бхагаван Шри Раджниш (Ошо), Osho, Osho . - Страница 12

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Zarathustra ist in die Berge gegangen, wo er das Alleinsein sucht. Mitten unter Menschen kann man sich zwar einsam, aber niemals allein fühlen. Einsamkeit ist eine Art Hunger nach dem anderen; der andere fehlt dir. Du bist dir selbst nicht genug – du bist leer. Und so stürzt sich jeder gern ins Getümmel und verstrickt sich in alle möglichen Beziehungen, nur um sich darüber hinwegzutäuschen und zu vergessen, dass er einsam ist. Aber diese Einsamkeit bricht immer wieder durch. Keine Beziehung kann sie vertuschen. Alle Beziehungen sind sehr dünn und zerbrechlich. Tief drinnen weißt du ganz genau, dass du unter Fremden bist, magst du auch von noch so vielen Menschen umringt sein, ja, dass du selber fremd bist. Zarathustra ist – wie alle Mystiker – in die Berge gegangen, auf der Suche nach dem Alleinsein. Alleinsein ist ein positives Gefühl: das Gefühl von deinem eigenen Sein, das Gefühl, dass du dir selbst genügst, dass du niemanden brauchst. Einsamkeit ist eine Krankheit des Herzens. Alleinsein ist heilsam.

Wer weiß, was Alleinsein ist, hat die Einsamkeit ein für allemal hinter sich gelassen. Ob allein oder unter anderen Leuten – er ist sich selbst genug, er ruht in sich. Im Gebirge ist er allein, in der Menge ist er allein …

Denn er hat erkannt, dass das Alleinsein unsere eigentliche Natur ist. Wir sind allein auf die Welt gekommen, und wir werden die Welt allein verlassen. Dazwischen – zwischen Geburt und Tod – bleibt ihr immerfort allein. Nur habt ihr die Schönheit des Alleinseins noch nicht begriffen und seid daher auf eine Art Trugschluss verfallen – dem Trugschluss der Einsamkeit.

Um sein Alleinsein zu entdecken, muss man sich aus der Menge entfernen. Und im selben Maße, wie die Welt verblasst, konzentriert sich die ganze Wahrnehmung zunehmend auf das eigene Selbst, bis irgendwann eine Explosion von Licht stattfindet. Zum ersten Mal wird einem die Schönheit und der Segen des Alleinseins bewusst, die enorme Freiheit und Weisheit des Alleinseins.

Zarathustra hatte im Gebirge immer eine Schlange und einen Adler bei sich. Die Schlange ist seit altersher das Symbol der Weisheit für den Osten. Die größte Weisheit besteht darin, ständig aus der Vergangenheit herauszuschlüpfen, so wie eine sich häutende Schlange, die nie zurückschaut. Ihr Weg führt immer vom Alten zum Neuen. Weisheit ist nicht die Summe der Vergangenheit, sondern die Erfahrung des sich ständig erneuernden Lebens. Weisheit verstaubt nicht wie Souvenirs. Sie bleibt glatt wie ein Spiegel, der alles Seiende reflektiert, immer frisch, immer neu, immer gegenwärtig. Der Adler ist das Symbol der Freiheit. Mutterseelenallein fliegt er an der Sonne vorbei, ohne Angst hoch in den grenzenlosen Himmel hinauf. Weisheit und Freiheit sind zwei Seiten derselben Medaille. Nach einem zehnjährigen Leben im Gebirge hat Zarathustra die Ekstase des Alleinseins, die Reinheit des Alleinseins, die Unabhängigkeit des Alleinseins erlangt.

Und hierin unterscheidet er sich von allen anderen Erwachten: die nämlich auf ihrer einsamen Höhe bleiben, wenn sie zur Erkenntnis gelangt sind. Nur Zarathustra hat sich wieder „nach unten“, zurück in die Menge begeben. Er muss der Menschheit unbedingt seine Botschaft überbringen … „Ihr leidet umsonst, seid umsonst abhängig, verkriecht euch in allen möglichen Gefängnissen, nur um euch in sicherer Obhut zu fühlen. Dabei besteht eure einzige Sicherheit, eure einzige Obhut in der Selbsterkenntnis; denn vor der ist sogar der Tod machtlos, kann selbst er euch nicht mehr zerstören …“

Zarathustra kehrt dem Gebirge den Rücken um den Menschen mitzuteilen, dass Weisheit nicht dasselbe ist wie Wissen, ja, dass Wissen genau das Gegenteil von Weisheit ist. Weisheit ist im Grunde Unschuld, Wissen ist Egoismus. Und Weisheit löscht den Egoismus aus. Wissen stopft euch den Kopf mit Informationen voll, Weisheit macht dich absolut leer. Doch diese Leere ist eine neue Fülle: Sie schafft Raum. Er geht zu den Menschen, um ihnen mitzuteilen, dass Weisheit sie befreit, dass es keine andere Freiheit gibt als sie – weder politisch noch ökonomisch noch gesellschaftlich – all diese Freiheiten trügen.

Die einzige authentische Freiheit ist eine Seele, die zum Adler werden kann und ohne alle Angst ins Unbekannte und Unerkennbare vorzustoßen vermag. Da er diesen Zustand des höchstmöglichen Bewusstseins erlangt hat, möchte er ihn nunmehr mit anderen teilen. Das Einmalige an ihm ist, dass er die Menschheit nach wie vor liebt. Mit keinem Wort verdammt er die schlafenden Menschen, die blinden Menschen, da spricht lediglich ein ungeheures Mitgefühl mit ihnen. Er steigt vom Gebirge herab, weil er das Leben liebt. Er ist nicht lebensfeindlich. Dieser kleine Wortwechsel mit einem alten Heiligen, der im Wald lebt, ist bedeutsam. Er enthält vieles, was man zwar nicht auf den ersten Blick erkennen mag, doch wir wollen versuchen, es so tief wie möglich aufzudecken.

Zarathustra stieg allein das Gebirge abwärts und niemand begegnete ihm. Als er aber in die Wälder kam, stand auf einmal ein Greis vor ihm, der seine heilige Hütte verlassen hatte, um Wurzeln im Walde zu suchen. Und also sprach der Greis zu Zarathustra: „Nicht fremd ist mir dieser Wanderer: vor manchem Jahre ging er hier vorbei. Zarathustra hieß er; aber er hat sich verwandelt.

Der alte Mann erkannte seine Verwandlung. Zwar ist dies derselbe Mann, doch seine Energie hat sich verändert. Es ist derselbe Mann, aber er ist durch und durch ein Verwandelter.

Als Unwissender war er ins Gebirge gegangen und kommt als Allerweisester zurück. Als Schlafender ging er ins Gebirge. Als Erwachter kehrt er wieder zurück. Er hat sich verwandelt.

Als er ins Gebirge ging, war er ein bloßer Sterblicher, und so, wie er aus dem Gebirge zurückkehrt, hat er die Unsterblichkeit erlangt. Nun ist er voller Freude, voller Frieden, strahlt nichts als Segen aus. Er strömt über von Liebe, von Mitgefühl.

Damals trugst du deine Asche zu Berge:

Du warst nur noch eine Leiche, und du trugst deine Asche zu Berge …

… willst du heute dein Feuer in die Täler tragen?

Er hat sich so radikal verwandelt, dass er jetzt nicht mehr Asche, sondern Feuer ist. Als eine Dunkelheit ging er hinauf, jetzt ist er eine Flamme.

Fürchtest du nicht des Brandstifters Strafen?

Dies ist ein wichtiger Hinweis. Der alte Heilige sagt: Hast du denn keine Angst, zu den Blinden zurückzukehren – sehenden Auges? Zu den Toten zurückzukehren – quicklebendig? Zu den Schlafenden zurückzukehren – hellwach? Als du von ihnen gingst, warst du einer von ihnen. Jetzt bist du völlig verändert. Findest du nicht, dass du deinen Hals riskierst? Sie werden dich bestrafen. Sie werden es dir heimzahlen. Deine Seligkeit überfordert sie – ist unerträglich für sie.

So seltsam es klingt, so wahr ist es: Wir können das Unglück anderer Menschen ertragen, wie tief es auch sei. Wir haben ein gewisses Vergnügen daran, wenn andere unglücklich sind. Denn wenn sie unglücklich sind, stehst du über ihnen, kannst du sie bemitleiden und dich über den Umstand freuen, dass du nicht so unglücklich bist. Folglich ist noch kein Mensch dafür gekreuzigt, dafür vergiftet worden, dafür zu Tode gesteinigt worden, dass er unglücklich war. Aber glückselig zu sein unter Unglücklichen, das ist gefährlich, denn damit überragst du sie, und das beleidigt sie. Du kannst sehen und sie nicht?! Das darf nicht sein. Sie sind tot, und du bist lebendig?! Das musst du büßen. Du erhebst dich über die Masse: Fürchtest du nicht ihre Strafe?

Ja, ich erkenne Zarathustra. Rein ist sein Auge, und in seinem Munde birgt sich kein Ekel. Geht er nicht daher wie ein Tänzer?

Die Augen sind sehr vielsagend. Sie gehören zwar zum Körper, sind aber auch die Fenster der Seele. Je stiller, friedlicher, freudiger eure Seele ist, desto tiefer, klarer, reiner, unschuldiger werden eure Augen. Sie werden so transparent, dass man mitten in die Seele des Betreffenden blicken kann.

Rein ist sein Auge, und in seinem Munde birgt sich kein Ekel.

Schaut den Leuten in die Augen – das ganze Leben widert sie an – und wer kann es ihnen verdenken? Was haben sie schon vom Leben? Ihr ganzes Leben ist nichts weiter als eine nicht enden wollende Tragödie, als eine Krankheit zum Tode. Sie atmen noch, sie leben noch, sie hoffen noch, aber diese Hoffnungen werden nur Hoffnungen bleiben. Nie werden sich ihre Träume erfüllen. Je älter sie werden, desto mehr sehen sie ihre Hoffnungen schwinden. Was Wunder, dass sie nur noch Ekel für dieses ganze Leben empfinden. Sie haben nicht darum gebeten geboren zu werden, sie haben nicht um ein Herz gebeten, das fühlen kann, das Wärme braucht, das Liebe braucht. Sie haben nie um eine Seele gebeten, die sich nach den höchsten Gipfeln der Freude und Ekstase verzehrt. Sie sind plötzlich da, und alles, was ihnen die Existenz verheißen hat, bleibt unerfüllt. Sie sind tief verbittert.

In seinem großen Roman „Die Brüder Karamasow“ lässt Fjodor Dostojewski, einer der bedeutendsten Romanciers der Welt, eine Figur sagen: „Meine Beziehung zu Gott beruht einzig und allein auf Ekel. Ich bin verbittert, und sollte er mir je begegnen, werde ich ihm nur die Fahrkarte zurückgeben und von ihm verlangen, mir den Ausweg aus dem Leben zu zeigen. Es ist ein grausamer Scherz. Er gibt uns nichts als Wünsche mit, nichts als Sehnsüchte mit … ohne die geringste Aussicht auf Erfüllung. Uns bleibt nicht einmal eine Hoffnung auf die Zukunft.“

Jeder kommt mit ungeheurem Enthusiasmus zur Welt, und jeder stirbt ganz einfach enttäuscht. Der alte Heilige sagt: „Jetzt sehe ich an ihm keine Spur von Ekel oder Qual mehr, sondern nur noch Ekstase. Er geht daher wie ein Tänzer. Als du ins Gebirge gingst, hast du dich mühsam dahingeschleppt, trugst du deinen eigenen Leichnam auf den Schultern.

Und jetzt …

… geht er nicht daher wie ein Tänzer?“

Er ist ein Verwandelter. Dieser Mann hat sich selbst erkannt. Dieser Mann hat aus der Quelle des Göttlichen getrunken.

Verwandelt ist Zarathustra, zum Kind ward Zarathustra …

Das ist die größte Verwandlung im Leben des Menschen: wieder zum Kind zu werden.

Was willst du nun bei den Schlafenden?

Diese Frage stellen alle Heiligen der Welt – alle Buddhas, alle Mystiker, alle Erwachten: Du bist wieder Kind geworden, du bist erwacht – was suchst du noch bei den Schlafenden? Du bist ihnen absolut fremd. Sie werden dich bestrafen, sie werden dich vielleicht töten. Deine bloße Gegenwart bedroht ihren Schlaf, bedroht ihre Misere, bedroht ihre Blindheit.

Wie im Meere lebtest du in der Einsamkeit, und das Meer trug dich. Wehe, du willst ans Land steigen? Wehe, du willst deinen Leib wieder selber schleppen?

Hast du den Tag vergessen, da du ins Gebirge gingst? Willst du wieder werden wie damals? Warum gehst du bergab, verlässt du deine sonnenbeglänzten Gipfel? Du weißt, in den Tälern herrscht nur Dunkelheit. Was ist der Zweck deines Abstiegs?

Zarathustra antwortete: „Ich liebe die Menschen“…

Diese vier Worte enthalten Zarathustras ganze Philosophie!

Ich liebe die Menschen. Ich liebe das Leben. Ich hatte der Welt nicht entsagt. Ich ging nicht als lebensfeindlicher Weltflüchtling ins Gebirge. Ich ging ins Gebirge, um mich selber zu finden, mein Alleinsein, meine Freiheit, meine Weisheit. Jetzt habe ich sie gefunden, da brauche ich nicht mehr auf den Gipfeln zu bleiben. Im Gegenteil, ich bin so übervoll, dass ich Menschen brauche, mit denen ich teilen kann. Ich will meine Liebe mit anderen teilen, will meine Weisheit mit anderen teilen, will meine Freiheit mit anderen teilen. Ich bin zum Bersten voll, ich fließe über.

„Warum“, sagte der Heilige, „ging ich doch in den Wald und in die Einöde? War es nicht, weil ich die Menschen allzu sehr liebte?“

Der Heilige sagt: „Ich bin ebenfalls ins Gebirge gegangen, in den Wald, denn auch ich habe die Menschen allzu sehr geliebt. Aber daraus wurde Knechtschaft und daraus wurde Abhängigkeit, und das trug mir nur Unglück ein und sonst nichts.“

Aber da ist ein Unterschied. Er liebte die Menschen „allzu sehr“ – damals, als er unwissend war, als er selber schlief.

Zarathustra liebt die Menschen jetzt, da er erwacht ist, da er erleuchtet ist. Die Liebe des Unerwachten ist nichts als Lust. Nur der Erwachte weiß um die Schönheit und die Spiritualität und die Göttlichkeit der Liebe. Sie ist keine Fessel mehr. Die Liebe des Erwachten macht frei. Die Liebe des Unerwachten ist die Liebe eines Bettlers: Er will geliebt werden, er möchte unersättlich geliebt werden. Und die Liebe des Erwachten ist das genaue Gegenteil, ist die Liebe eines Kaisers. Er möchte mit euch teilen – er hat so viel davon, in solchem Überfluss! Es ist ein Geben, ein Verschenken – ohne den Wunsch, belohnt zu werden, und ohne den Wunsch, etwas zurückzuerhalten.

Der Heilige sagte: „Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht.“

Diese Aussage enthält die ganze Einstellung aller sogenannten Religionen. Sie halten fein säuberlich auseinander: dass man Gott nicht lieben darf, wenn man die Menschen liebt.

Der Gott des Alten Testaments sagt: „Ich bin sehr eifersüchtig. Wer mich liebt, darf nur mich lieben.“ Aber fast alle Religionen halten es so. Entweder kannst du das Diesseits lieben – dann hast du auf das Jenseits verzichtet; denn wenn du die Menschen liebst, hast du Gott vergessen. Du kannst wählen. Wenn du Gott liebst, wirst du deine Liebe zu den Menschen wegnehmen müssen. Ja, dann wirst du die Menschen hassen müssen, wirst das Leben hassen müssen, wirst alle Genüsse des Lebens hassen müssen. Diese Einstellung, typisch für alle Religionen, ist sehr monopolistisch. Gott beansprucht die Liebe in deinem Herzen ausschließlich für sich. Er kann keine Nebenbuhler ertragen.

Jetzt liebe ich Gott: die Menschen liebe ich nicht. Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache. Liebe zum Menschen würde mich umbringen.

In diesem alten Heiligen haben wir den Inbegriff der religiösen Haltung vor uns: gegen das Leben, gegen die Freude, gegen die Lust. Warum dürft ihr die Menschen nicht lieben? „Weil die Menschheit so unvollkommen ist! Gott ist vollkommen! Liebe zum Menschen würde mich umbringen.“

In Wirklichkeit macht die Liebe in ihrer Reinheit, in ihrer spirituellen Blüte keinerlei Unterschiede. Sie liebt. Nicht weil du es wert bist, nicht weil du vollkommen bist, nicht weil du Gott bist: Wahre Liebe liebt um der Liebe willen. Was man liebt, ist belanglos. Du bist so voller Liebe, dass du nicht aufhörst sie allen zu schenken, die unvollkommen sind. Und gerade sie bedürfen ihrer mehr. Gerade sie, die es nicht verdienen, bedürfen ihrer tatsächlich mehr.

Der vollkommene Gott bedarf eurer Liebe nicht – und der vollkommene Gott ist nur eine Hypothese, ist nur ein Hirngespinst. Ihr seid ihm nie begegnet. Andernfalls würde der Mensch, der immer nach Makeln sucht, auch Gott bemäkeln. Habt ihr je darüber nachgedacht? Wenn euch plötzlich Gott erschiene, würdet ihr dann nichts an ihm auszusetzen haben?

Ihr würdet etwas auszusetzen haben. Vielleicht ist er gar nicht so schön, wie ihr ihn euch vorgestellt habt. Vielleicht sieht er aus wie ein Chinese! Oder er ist ein Schwarzer, oder gar eine Schwarze! Vielleicht ist er zu alt, zu verbraucht – hat nichts Frisches an sich, sondern nur den Muff des Alten. Seit Jahrhunderten sitzt er rum …

Es gibt so viele Hypothesen wie Gott aussieht! Es gibt Leute die glauben, er hätte vier Hände. Meint ihr, vier Hände, das schickt sich? Und andere glauben, er hätte tausend Hände. Ein Mann mit tausend Händen würde sich zwar als Museumsstück eignen, aber ihn lieben … ? Und wenn er dich erst umarmt mit seinen tausend Händen! Kaum bist du seiner Umarmung entronnen, wirst du nie wieder an Gott denken! Manche stellen sich Gott mit drei Gesichtern vor. Das wäre ein Anblick! Aber ein Mann mit drei Gesichtern, das schickt sich nicht. Und wer weiß, was für Gesichter das sind?

Ihr seid deshalb so auf die Vollkommenheit Gottes versessen, weil Gott nur eine Hirngespinst ist. Und Gott könnt ihr deswegen leicht lieben, weil es keinen Gott gibt – so kann euch nicht viel passieren. Doch eine Frau zu lieben oder einen Mann … da gibt es Probleme. Zum Beispiel habt ihr nicht den gleichen Geschmack. Eure Neigungen sind verschieden. Du willst unbedingt ins Kino gehen, und deine Frau denkt gar nicht daran ins Kino zu gehen. Sie hat Kopfschmerzen.

Henry Ford wurde einmal gefragt: „Wie sind Sie eigentlich immer reicher geworden? Was hat sie angetrieben?“

Er sagte: „Um ehrlich zu sein, ich wollte mal sehen, ob ich mehr verdienen kann, als meine Frau ausgeben kann. Und ich muss zugeben, ich habe versagt.“

Mit dem anderen gibt’s immer Probleme. Du willst schlafen, und dein Mann schnarcht. Was sollst du mit so einem Mann anfangen, der einfach so neben dir liegt und schnarcht? Und er kann ja nichts dafür. Man hat mit tausenderlei Mittel versucht, das Schnarchen abzustellen: Der neueste Clou ist ein elektrisch betriebenes Säckchen, das hängt über dem Mund des Ehemannes. Kaum schnarcht er, fällt ihm der Sack aufs Gesicht und dann wacht er auf. Man kann ihn ja nicht die ganze Nacht lang so liegen lassen, denn jedes Mal, wenn er schnarcht, verschließt ihm das Säckchen immer Nase und Mund. Oder du hast eine Frau, deren Körpergeruch du nicht ausstehen kannst …

An Gott ist alles schön, denn du brauchst mit ihm nicht zu schlafen – soll er doch schnarchen! Und du brauchst mit ihm nicht zu leben – wenn er stinkt, soll er doch stinken.

Er ist eine bloße Hypothese, ein Hirngespinst. Aber sich mit echten Menschen zu reiben, steht auf einem ganz anderen Blatt. Das stellt deine Liebe auf die Probe. Es ist sehr leicht, Gott zu lieben; es ist sehr schwer, einen Menschen zu lieben. Gott zu lieben, kostet nichts; Menschen zu lieben, erfordert enorm viel Verständnis.

Wer sich also in die Waldeinsamkeit zurückzieht und sich einen Gott ausdenkt und diesen Gott dann liebt, der macht es sich sehr leicht. Sein Leben wird nicht reifen, denn dazu fehlen die Prüfungen. Der alte Heilige fasst hier praktisch die Grundhaltung aller Religionen in einem Satz zusammen: „Die Liebe zu den Menschen würde mich umbringen. Der Mensch ist mir eine zu unvollkommene Sache.“

Das ist egoistisch. Er hält sich für vollkommen, aber der Mensch ist für ihn eine zu unvollkommene Sache. Natürlich kann ein vollkommener Mensch nur einen vollkommenen Gott lieben. Aber Gott ist nur deine Halluzination. Wenn du hartnäckig genug bist, erscheint dir der Gott deiner Wahl sogar; aber nur als Traum mit offenen Augen – als Halluzination. Da ist niemand vor dir, sondern deine eigene Vorstellungskraft hat dich hypnotisiert. Darum erscheint einem Christ immer nur Jesus und einem Buddhist immer Buddha und erscheint einem Hindu immer nur Krishna. Nicht einmal aus Versehen sieht ein Christ je Buddha oder Krishna – nicht einmal aus Versehen sucht Krishna je einem Christen heim. Denn diese Leute existieren überhaupt nicht. Sie sind Ausgeburten eurer Fantasie; ihr selbst produziert sie. In der Bibel steht: „Gott erschuf den Menschen nach seinem Ebenbild.“ Ich sage euch: Der Mensch erschafft Gott nach seinem Ebenbild.

Zarathustra antwortete: „Was sprach ich von Liebe! Ich bringe den Menschen ein Geschenk!“

Liebe ist immer ein Geschenk. Wenn nicht, ist sie Fantasterei.

„Was sprach ich von Liebe? Ich bringe den Menschen ein Geschenk.“

Der alte Heilige sagt hier etwas sehr Bedeutsames: „Gib ihnen nichts“, sagte der Heilige. Denn Menschen, die ihnen etwas geben, vergeben sie nie. Sokrates gab den Menschen ein ungeheuer wertvolles Mittel an die Hand, die Wahrheit zu finden: den sokratischen Dialog. Aber wie vergalten die Menschen es ihm? Sie vergifteten ihn. Der alte Heilige hat nicht ganz unrecht, wenn er sagt:

„Gib ihnen nichts. Nimm ihnen lieber etwas ab und trage es mit ihnen – das wird ihnen am wohlsten tun: wenn es dir nur wohltut!“‘

Gehört es zur Psychologie des Menschen, ein Gebender sein zu wollen? Niemand möchte nur Empfänger sein. Aber es gibt Dinge, die ihr empfangen müsst, die ihr unmöglich geben könnt, weil ihr sie gar nicht habt. Was könnt ihr schon einem Gautam Buddha oder Jesus Christus oder Zarathustra geben? Man ist ein Bettler, aber dennoch verlangt es die Selbstachtung, dass man ihnen etwas geben muss, um sich wohlzufühlen. Sie mögen euch ungeheure Schätze geben, aber ihr werdet ihnen niemals verzeihen, dass sie die Gebenden sind, und ihr die Nehmenden seid. Man fühlt sich als Bettler. Wie soll man dem vergeben, der dich zum Bettler gemacht hat?

Ich habe einen Freund, der arm geboren und von einer der reichsten Familien Indiens adoptiert wurde. Er ist ein sehr großzügiger Mann. Er hat all seine armen Verwandten reich gemacht, gut versorgt. Er gibt ununterbrochen – Freunden, Verwandten, sogar Fremden. Aber er hat mir auf einer gemeinsamen Zugfahrt gebeichtet: „Ich wollte dich immer schon mal was fragen, aber ich scheute davor, mich bloßzustellen. Ich habe alle meine Verwandten beschenkt. Sie waren arm, und jetzt sind sie reiche Leute. Ich habe meine Freunde gefördert, ich habe sogar Fremde gefördert, wenn sie mich baten. Ich habe niemandem etwas abgeschlagen. Ich habe so viel, dass ich unentwegt geben kann. Aber sie sind allesamt böse mit mir; sie machen mich schlecht.“

Ich sagte: „Es ist ganz einfach. Hast du ihnen je gestattet, dir etwas zu schenken?“

Er sagte: „Ich brauche nichts.“

Ich sagte: „Da hast du’s. Schon Kleinigkeiten genügen, zum Beispiel kannst du einen Freund, dem du Geld oder eine Fabrik geschenkt hast, den du zum reichen Mann gemacht hast, anrufen und ihm sagen: ‚Grad bin ich an deinem Haus vorbeigekommen und hab gesehen, was für schöne Rosen du im Garten hast. Könntest du mir ein paar von diesen Rosen vorbeibringen?‘ Und der Freund wird seine Einstellung zu dir ändern. Oder du kannst, wenn du krank bist, jemanden anrufen und sagen: ‚Ich liege mit schlimmen Kopfschmerzen und Fieber im Bett, und verspüre den großen Wunsch, dich in meiner Nähe zu haben.‘ Das wird genügen. Du hast zwar selber genug Autos, aber du hättest jeden deiner Verwandten bitten können: ‚Leih mir für einen Tag mal deinen Wagen.‘ Du brauchst gar nicht damit zu fahren. Lass ihn einfach in der Garage stehen und gib ihn abends zurück. Aber dein Verwandter oder dein Freund wird merken, dass er dir auch etwas geben kann, dass er auch gebraucht wird.“

Er sagte: „Ich will es versuchen, obwohl ich es sehr ungern tue. Ich habe sie zu dem gemacht, was sie sind. Warum also sollte ich sie um irgendwas bitten? Ich habe Rosen in meinen Garten. Ich habe meine eigenen Autos, und ihre Autos habe ich ihnen selber geschenkt. Ich habe ihnen ihre Häuser geschenkt.“

Ich sagte: „Entscheide selbst. Es ist dein Stolz, der sie alle verletzt – dass du der Gebende bist, und sie immer nur die Empfänger. Wenn du willst, dass sie ihre Einstellung zu dir ändern, musst du auf irgendeine Art zum Empfänger werden. Gönne ihnen für eine kleine Weile den Stolz des Gebens.“

Er probierte es aus, und als er mich das nächste Mal traf, sagte er: „Es wirkt, es wirkt Wunder! Wer hätte das je gedacht! Diese Leute sind plötzlich voll des Lobes. Sie preisen meine Großzügigkeit. Jetzt, wo ich etwas von ihnen annehme, bin ich plötzlich ein großzügiger Mann! Sonst haben sie mich immer nur schlecht gemacht und gesagt: Er ist nur ein Egoist. Er hat uns nicht beschenkt, weil wir etwas brauchten, sondern er hat uns nur beschenkt, um uns zu demütigen.“

Der alte Heilige hat recht:

„Gib ihnen nichts … Nimm ihnen lieber etwas ab und trage es mit ihnen – das wird ihnen am wohlsten tun: wenn es dir nur wohltut! Und willst du ihnen geben, so gib ihnen nicht mehr als ein Almosen, und lass sie darum noch betteln!“

Sein Rat ist sehr wichtig und beruht auf einer tiefen psychologischen Erkenntnis. Gib ihnen nur Almosen; gib ihnen nicht zu viel. Gib ihnen genug, um mehr zu wollen. Dann werden dich nur noch mit wedelndem Schwanz bedrängen. Gib ihnen nur, wenn sie betteln, und sie werden zufrieden mit dir sein; denn dann warst nicht du es, der sie zu Bettlern degradiert – sie haben selber gebettelt. Es ist nicht deine Schuld, sie können es dir nicht übelnehmen. Aber ein Mann wie Zarathustra bringt so etwas nicht fertig.

„Nein“, antwortete Zarathustra, „ich gebe keine Almosen. Dazu bin ich nicht arm genug.“

Ein großes Wort: „Dazu bin ich nicht arm genug.“ Einen andern zum Bettler zu machen und ihm nur so wenig zu geben, dass es in ihm den Wunsch nach mehr weckt, ist ein Armutszeugnis.

„Dazu bin ich nicht arm genug.“

Ich habe Überfluss – Liebe im Überfluss, Frieden im Überfluss, Wahrheit im Überfluss, Weisheit im Überfluss, Freiheit im Überfluss – und diese Dinge kann man nicht häppchenweise geben, sondern nur als Ganzes. Man kann die Wahrheit nicht zerstückeln. Man kann die Liebe nicht zerstückeln, vielmehr muss wer Liebe schenkt sie von ganzem Herzen, rückhaltlos schenken. Auch wenn sie dich dafür kreuzigen; auch wenn sie sich über dich das Maul zerreißen und ärgern.

Der Heilige lachte über Zarathustra und sprach also: „So sieh zu, dass sie deine Schätze annehmen.

Denn sie haben sie noch jedes Mal zurückgewiesen. Tief drinnen wollen sie die Schätze, aber wenn jemand kommt, sie ihnen zu geben, weisen sie sie zurück. Das Zurückweisen macht euch eine gewisse Freude: Warum habt ihr Buddha oder Mahavira oder Jesus zurückgewiesen? Indem ihr sie zurückweist, habt ihr ihnen gezeigt: „Du magst zwar den Schatz haben, aber wir brauchen ihn nicht anzunehmen – wir sind nicht so arm. Es mag dich reich machen, ihn zu besitzen. Es macht uns reich – reicher als dich –, seine Annahme zu verweigern.“

Der Rat des alten Mannes beruht auf großer Weisheit:

„So sieh zu, dass sie deine Schätze annehmen! Sie sind misstrauisch gegen die Einsiedler und glauben nicht, dass wir kommen, um zu schenken. Unsere Schritte klingen ihnen zu einsam durch die Gassen. Und wie, wenn sie nachts in ihren Betten einen Mann gehen hören, lange bevor die Sonne aufgeht, so fragen sie sich wohl: wohin will der Dieb?

Gehe nicht zu den Menschen und bleibe im Walde! Gehe lieber noch zu den Tieren!“

Ich habe diesen Rat des alten Heiligen immer geliebt; denn die Tiere sind unschuldig. Sie werden dich nicht abweisen, und sie werden sich nicht über dich ärgern, und sie werden dich nicht kreuzigen. Ich möchte seinem „Geh zu den Tieren“ noch etwas hinzufügen: Geh zu den Bäumen – sie sind sensibler als der Mensch, der praktisch abgestumpft ist. Und je höher der Wert, desto abgestumpfter ist er dafür. Er versteht nur die Sprache von Geld, Macht, Ansehen. Die Sprache der Liebe, die Sprache der Freude, die Sprache des Tanzes hat er vergessen.

„Warum willst du nicht sein wie ich – ein Bär unter Bären, ein Vogel unter Vögeln?“

„Und was macht der Heilige im Walde?“, fragte Zarathustra.

Der Heilige antwortete: „Ich mache Lieder und singe sie, und wenn ich Lieder mache, lache, weine und brumme ich: also lobe ich Gott. Mit Singen, Weinen, Lachen und Brummen lobe ich den Gott, der mein Gott ist. Doch was bringst du uns zum Geschenke?“

Als Zarathustra diese Worte gehört hatte, grüßte er den Heiligen und sprach: „Was hätte ich euch zu geben! Aber lasst mich schnell davon, dass ich euch nichts nehme!“ –

Und so trennten sie sich voneinander, der Greis und der Mann, lachend, gleichwie zwei Knaben lachen.

Zarathustra sagt: „Was habe ich dir zu geben? Du singst, du erfindest Lieder, du bist frohen Herzens. Du bist in deinem Alleinsein absolut glücklich. Was kann ich dir geben? Lass mich gehen, ich habe Angst, ich könnte dir sonst etwas nehmen. Und ich bin schon allzu beladen mit Liedern, mit Seligkeit. Wir sind beide beladen. Du hast dich entschieden, als Bär unter Bären zu leben, als Vogel unter Vögeln zu leben, als Baum unter Bäumen zu leben. Ich habe mich entschieden, zu den Menschen zurückzukehren und wie ein Mensch zu leben. Ich habe dir nichts zu geben. Du hast es schon.“

Sie verstehen einander. Der alte Mann und Zarathustra trennen sich lachend wie zwei Knaben.

Als Zarathustra aber allein war, sprach er also zu seinem Herzen: „Sollte es denn möglich sein! Dieser alte Heilige hat in seinem Walde noch nichts davon gehört, dass Gott tot ist!“

Dies ist etwas, dass jeder verstehen muss, der auf der Suche nach Wahrheit ist, auf der Suche nach Religiosität, auf der Suche nach spirituellem Wachstum: dass Gott nur eine Hypothese ist. Der Satz: „Gott ist tot“, ist nur eine Möglichkeit dies zum Ausdruck zu bringen. Gott hat nie gelebt. Nur um die Neugier des Menschen zu befriedigen, haben schlaue Köpfe die Gottesfantasie erfunden. Gott ist keine Offenbarung, sondern nur eine Fantasie, und zwar eine, die man euch seit Urzeiten durch Erziehung eingebleut hat. Aber in seinem Herzen sagte er: „Sollte es denn möglich sein, dass so ein wunderbarer alter Mann, der Lieder macht und singt, der mit den Vögeln und Bäumen und Tieren in seiner Einöde lebt, noch nichts davon gehört hat, dass Gott tot ist? – dass er noch immer beteuert, Gott zu lieben?“

Ich bin völlig einer Meinung mit Zarathustra und Friedrich Nietzsche. Nur drücke ich mich anders aus. Ich würde sagen: Gott hat nie gelebt. Es hat Gott nie gegeben.

Gott ist eine Ausgeburt der Angst oder der Habgier oder der Enttäuschung vom Leben. Gott ist die Erfindung derer, die unfähig sind, die Kunst des Lebens zu erlernen. Weil sie nicht tanzen konnten, begannen sie, das Tanzen zu verdammen. Ja, sie selber waren verkrüppelt, denn sie konnten nicht leben. Leben erfordert Wachheit, Intelligenz, Geduld, Toleranz, aber weil sie unfähig waren diese Eigenschaften in sich selbst zu entwickeln, bildeten sie sich ein, dass das Leben etwas Verkehrtes sei, worauf man verzichten müsse. Aber man kann auf etwas verzichten, wenn man durch den Verzicht etwas Größeres erhält. Also gibt es keine größere Projektion der Habgier als Gott: Entsage der Welt, dafür bekommst du Gott. Entsage der Welt, dafür bekommst du das Paradies.

Das sind Fantasien von Weltflüchtigen, von Verstümmelten, von Verblödeten – von all denen, die nicht fähig waren, die Kunst der Liebe, die Kunst des Lebens zu erlernen, die nicht verstehen zu singen, die nicht verstehen zu tanzen. Natürlich: Wer nicht tanzen kann, wird das Tanzen verdammen. Wer nicht singen kann, wird das Singen verdammen. Das ist euer Verteidigungsmechanismus, um die eigene Verstümmelung zu vertuschen, die eigene Unwissenheit zu vertuschen. Gott ist die Erfindung der Unweisen, nicht der Weisen. Er ist die Erfindung von Sklaven, nicht von freiheitsliebenden Menschen.

Zarathustra hat eine ungeheure Liebe zum Leben und zu allem, was das Leben mit sich bringt. Er ist der einzige Mystiker mit einer so ungeheuren Lebensbejahung, dass kein Platz ist für irgendeine Entsagung – das Leben ist ein Geschenk der Existenz. Lernt es zu genießen. Kostet es aus! Tanzt mit den Bäumen und tanzt mit den Sternen. Liebt ohne Eifersucht. Liebt ohne Ehrgeiz. Akzeptiert alle ohne zu verdammen. Und dann braucht ihr auch keinen Gott. Und dann braucht ihr auch kein Paradies. Wir können diese unsere Erde zu einem Reich Gottes verwandeln. Unser ganzes Leben kann zum Ausdruck von Göttlichkeit werden. Ich bin absolut für Göttlichkeit – denn Göttlichkeit ist eine Eigenschaft, die man erlernen kann, herausbilden kann. Gott ist nur eine tote Idee. Je früher man sie aufgibt, desto besser, denn man vertut nur unnötig Zeit damit.

Millionen von Menschen rund um die Erde beten ohne zu wissen, dass es niemanden gibt, der ihre Gebete hört. Millionen beten zu Steingötzen. Wenn sie nicht einmal Menschen lieben können, wie können sie dann Steingötzen lieben? Aber Steingötzen sind bequem. Sie machen keine Probleme. Mit denen könnt ihr machen was ihr wollt, ihr könnt sie mit Wasser begießen oder mit Milch. Ihr könnt ihnen verfaulte Kokosnüsse opfern, und sie werden nicht einmal protestieren. Ihr könnt ihnen alles erzählen, was ihr wollt – in jeder Sprache, wahr oder unwahr –, dem Götzen ist das egal. Zur Liebe gehört der andere, um lebendig zu sein, um zu leben. Aber dann müsst ihr erst diese Kunst erlernen.

Das ist auch wieder so eine Dummheit: dass keine Universität der Welt den Menschen die Kunst zu leben, die Kunst zu lieben, die Kunst zu meditieren beibringt. Und für mich stehen Liebe, Leben, Meditation, Lachen weit über allem anderen. Du magst ein großer Chirurg sein, du magst ein großer Ingenieur sein – trotzdem brauchst du einen Sinn für Humor, trotzdem brauchst du die Kunst zu lieben, trotzdem brauchst du die Kunst zu leben, trotzdem wirst du auf all diese großen Werte in deinem Leben angewiesen sein.

Aber hört und staunt: Genau diese Dinge – Liebe, Leben, Lachen – lehre ich, und als Hintergrund zu alledem Meditation. Aber die Regierung Indiens ist nicht bereit, diese meine Schule als Bildungsinstitut anzuerkennen! Sie würde sie sofort als Bildungsinstitut akzeptieren, wenn ich Geografie, Geschichte, Chemie, Physik lehren würde – halt das Übliche.

Ich sage nicht, dass man darauf verzichten sollte, aber diese Dinge dürfen nicht die ganze Erziehung ausmachen. Sie sollten eine Vorstufe der Erziehung sein, aber jede Universität sollte auch eine Fakultät für die höhere Erziehung haben, die euch die wahren Werte des Lebens lehrt. Denn weder kann Geografie einen besseren Menschen aus euch machen, noch kann Geschichte einen besseren Liebhaber aus euch machen, noch kann euch Chemie meditativ machen. Von allem, was an den Universitäten gelehrt wird, kann euch nichts einen Sinn für Humor vermitteln. Ihr könnt nicht lachen, ihr könnt nicht tanzen, ihr könnt nicht singen. Euer Leben wird praktisch zur Wüste gemacht.

Zarathustra möchte euer Leben zum Garten machen, wo Vögel singen, wo Blumen blühen, wo Bäume tanzen, wo die Sonne mit Freuden aufgeht.

Zarathustra ist absolut für das Leben, und genau deswegen folgt ihm kaum jemand. Den Brunnenvergiftern, den destruktiven Leuten folgen Millionen. Aber dieser einzigartige Lehrer und einzigartige Mystiker, der nichts weiter lehrt als die Liebe und das Leben, hat die kleinste Religion der Welt.

Die Religion Zarathustras sollte die einzige überhaupt sein. Alle anderen Religionen sollte man auf den Friedhöfen verscharren, denn außer dem Leben gibt es keinen Gott, und außer der Liebe gibt es kein Gebet.

… Also sprach Zarathustra.

VERLIEBT IN DAS LEBEN

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