Читать книгу VERLIEBT IN DAS LEBEN - Бхагаван Шри Раджниш (Ошо), Osho, Osho . - Страница 6
VORWORT
ОглавлениеEs ist das Schicksal des Genies, missverstanden zu werden. Wenn ein Genie nicht missverstanden wird, dann ist es auch kein Genie. Wenn die gemeine Masse es verstehen kann, heißt dies, dass der Betreffende die Durchschnittsintelligenz anspricht.
Friedrich Nietzsche wird missverstanden, und dieses Missverständnis hat katastrophale Auswirkungen gehabt. Aber das ließ sich vielleicht nicht vermeiden. Um einen Mann wie Nietzsche zu verstehen, muss man zumindest dieselbe Bewusstseinsebene haben, wenn nicht eine höhere.
Adolf Hitler ist so zurückgeblieben – einfach undenkbar, dass er verstehen kann, was Nietzsche gemeint hat! Doch ausgerechnet er machte sich zum Propheten von Nietzsches Philosophie. Und so zurückgeblieben, wie er war, interpretierte er ihn auch… interpretierte nicht nur, sondern setzte seine Interpretationen auch in die Tat um – und der Zweite Weltkrieg war das Ergebnis.
Wenn Nietzsche vom „Willen zur Macht“ spricht, meint er damit nicht den Willen, andere zu unterwerfen, aber genau das haben die Nazis ihm unterstellt. Nietzsches „Wille zur Macht“ ist der diametrale Gegensatz eines Unterwerfungswillens.
Unterwerfungswille beruht auf einem Minderwertigkeitskomplex: Wer andere untwerfen möchte, will sich nur selber beweisen, dass er nicht unter- sondern überlegen ist. Aber das muss er sich deshalb beweisen, weil er sich sonst minderwertig. fühlt. Und das muss er durch viele Beweise vertuschen, immer und immer wieder.
Der wirklich überlegene Mensch braucht keinen Beweis, sondern ist einfach nur überlegen. Muss eine Rose etwa ihre Schönheit beweisen? Muss der Vollmond etwa seine Herrlichkeit beweisen? Wer überlegen ist, weiß es einfach und braucht es nicht erst zu beweisen. Folglich will er auch niemanden unterwerfen. Er hat zweifellos einen „Willen zur Macht“! Hier aber gilt es einen sehr feinen Unterschied zu machen …
Sein Wille zur Macht heißt, dass er sich restlos zum Ausdruck bringen möchte. Er vergleicht sich gar nicht erst mit anderen, ihm geht es einzig und allein um seine Individualität. Er möchte aufblühen, möchte all die verborgenen Blumen hervorbringen, die in ihm angelegt sind, möchte so hoch wie möglich in den Himmel wachsen. Weder vergleicht er sich noch will er sich über andere erheben – sein einziger Wunsch ist sein Potenzial voll zu entfalten. Sein „Wille zur Macht“ ist absolut individuell. Er möchte zum Zenith des Himmels tanzen, er möchte Zwiesprache halten mit den Sternen, ist aber nicht daran interessiert, andere als unterlegen hinzustellen. Er will weder mit anderen konkurrieren noch sich vergleichen
Adolf Hitler und seine Anhänger, die Nazis, haben einen unvorstellbaren Schaden angerichtet, indem sie die Welt davon abhielten, Friedrich Nietzsche und seine wahre Botschaft zu verstehen. Und zwar nicht nur in diesem einen Punkt, sondern was seine Philosophie insgesamt betrifft – sie haben ihn durch und durch verfälscht.
Was für ein trauriges Schicksal! Dergleichen ist vor Nietzsche keinem großen Mystiker und keinem großen Dichter widerfahren. Dass man Jesus gekreuzigt oder Sokrates vergiftet hat, ist nicht so schlimm wie das Schicksal, das Friedrich Nietzsche ereilt hat – so gründlich verfälscht zu werden, dass Adolf Hitler es schaffen konnte, mehr als acht Millionen Menschen im Namen Friedrich Nietzsches und seiner Philosophie zu ermorden. Es wird eine Weile dauern … Erst wenn Adolf Hitler und die Nazis und der Zweite Weltkrieg vergessen sind, wird Nietzsche in seinem wahren Licht zurückkehren. Angefangen hat seine Wiederentdeckung bereits …
Doch Friedrich Nietzsche muss erneut interpretiert werden, damit wir all den Unfug, mit dem die Nazis seine großartige Philosophie entstellt haben, endlich auf den Müll werfen können. Die Leute verstehen immer nur gemäß ihrem eigenen Horizont. Dass Nietzsche den Nazis in die Hände fiel, war reiner Zufall. Sie brauchten ein Ideal, für das sie kämpfen konnten, und da kam ihnen Nietzsches „Übermensch“ wie gelegen: Die nordische Rasse der germanischen Arier wurde ausersehen, Nietzsches neue Herrenrasse zu sein und seinen Übermenschen zu gebären. Sie wollten die ganze Welt beherrschen, und da war Nietzsche sehr hilfreich, da ihm zufolge der „Wille zur Macht“ die tiefste Sehnsucht des Menschen ist. Daraus machten sie einen „Unterwerfungswillen“.
Jetzt hatten sie ihre ganze Weltanschauung: Die nordisch germanischen Arier sind die überlegene Rasse, denn sie wird den Übermenschen hervorbringen. Sie haben den Willen zur Macht und werden die ganze Welt beherrschen. Das ist ihre Bestimmung – über die minderwertigen Menschen zu herrschen. Ein simples, eingängiges Einmaleins: der Überlegene muss den Unterlegenen beherrschen. Schöne Ideale …
Nietzsche hätte sich im Traum nicht vorgestellt, dass sie dereinst so gefährlich werden und sich als ein solcher Menschheitsalptraum entpuppen würden. Aber niemand kann verhindern, missverstanden zu werden – dagegen ist kein Kraut gewachsen. Sobald etwas ausgesprochen ist, hängt alles davon ab, was andere daraus machen.
Aber Nietzsche ist so ungeheuer wichtig, dass er von all der Jauche gereinigt werden muss, den die Nazis über seine Vorstellungen geschüttet haben … Wenn Nietzsche nichts anderes geschrieben hätte als Also Sprach Zarathustra, hätte er damit der Menschheit einen unschätzbaren, unersetzlichen Dienst erwiesen… mehr ist von keinem Menschen zu erwarten. Schließlich war der historische Zarathustra praktisch vergessen.
Erst Nietzsche hat ihn zurückgeholt und ihm zur Wiedergeburt, zu seiner Wiederauferstehung verholfen. Also Sprach Zarathustra wird die Bibel der Zukunft sein.