Читать книгу Aus den Tagebüchern eines Inka Priesterschülers und Xervantes Indianers - Owawe Manitu - Страница 5

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Es ist warm. Ein Wassertropfen fällt auf Dich, mein schönes Tagebuch. Ein Weiterer folgt. Mein Blick schweift in Richtung Balkon über mir. Ein nächster Tropfen erwischt das kleine „a“ von dem gerade geschriebenen Wort „Tagebuch“. Ja, ich war gerade dabei zu beschreiben, wie Du, mein kleines Tagebuch, wieder bereitstehst und wie ich Dir, wie eine Person, die mir gegenüber sitzt, Dinge anvertraue, die ich so in der Öffentlichkeit nur schwer aussprechen könnte. Tja, und jetzt wird dieses Vorhaben durch meinen Nachbarn gebremst, der wohl wieder seine Balkonpflanzen ertränkt.

Wer mag schon gern in der Öffentlichkeit sagen, dass er Angst verspürt? Will sich ein Mann nicht eher als letzter Krieger darstellen, der angstlos wie ein Panther auf sein nächstes Opfer lauert? Tja, ich habe meine Angst! Das klingt nach mir, ich beginne am besten damit, über meine Angst zu schreiben oder über die Angst vor der Angst. Die Angst. Sie ist allgegenwärtig, klein, GROSS, DICK oder dünn. Sie wird verleugnet und beseitigt oder einfach nur wegdiskutiert. Stelle ich mich der Angst, sage ich einmal: „Hallo Angst, wie geht es dir?“

Ich bin fest entschlossen, die ANGST zu beschreiben. Ich möchte damit beginnen, zu erklären, warum ich beispielsweise Angst habe, schlechter oder nicht gut genug als die anderen zu sein. Der logische Schluss wäre, dass ich versuche, besser als ein anderer zu sein. Aber ich folge nicht der Logik. Zumindest nicht in diesem Punkt, denn „Es ist nicht wichtig, besser zu sein als alle anderen in meinem Umfeld, aber es ist wichtig, besser zu sein als ich es gestern war“.

Diese Weisheit versuche ich täglich zu leben und versuche damit, dem Ideal – ein glasklarer Kristall zu sein – etwas näher zu kommen. Dabei verschwindet die Angst, denn sie bekommt ab jetzt keine Nahrung durch die Vergleiche mit anderen Personen mehr. Es steckt so viel in diesem Satz, der schon verschiedene Varianten erfahren hat und den wohl jeder kennt in der einen oder anderen Poster Variante am Arbeitsplatz: „Wer aufhört, täglich besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein!“ Im Prinzip geht es um das Gleiche, denn es scheint die angstlose Motivation und die Reflexion der eigenen Leistung zu sein, die uns bewegen soll. Die ständige Vervollkommnung der Einstellung, Toleranz, des eigenen Verhaltens, der Erinnerung an die wichtigen Körperfunktionen und deren Signale des Geistes.

Es geht nicht darum, mit diesem Satz das Anhäufen von materiellem Wohlstand zu rechtfertigen, besser zu sein im Sinne von Haben, denn das hat mit besser sein gar nichts zu tun. Ja, wenn ich es mir richtig überlege, dann kann ich den Satz auch für mich zusammenfassen mit: „Ich tue es auf meine Weise, also tue ich es ohne Angst.“ Ich darf mich somit nicht mit anderen vergleichen, sondern nur mit mir selbst um das Glück zu erfahren. Und so überprüfe ich täglich, ob ich dem „besser als gestern sein“ schon etwas nähergekommen bin. Es ist nicht so leicht, wie es sich anhört. Oder ist es doch ganz einfach? Was wäre, wenn ich unendlich viel Zeit hätte, also keinerlei zeitlich motivierter Druck entstünde, diese Aufgabe zu lösen? Ja, das wäre etwas Tolles. Ich könnte einen total falsch gelaufenen Tag einfach beiseiteschieben mit dem Kommentar: „Was für ein Scheißtag! Morgen oder in 10000 Jahren wird es besser bzw. dieser Tag Geschichte sein!“ Ich hätte mich damit der Angst entledigt, es nicht „rechtzeitig“ zu schaffen. „Es“ und „rechtzeitig“ im Sinne von „vor dem Tod“? Oh je, der Tod. Was für ein Wort in hartem Gewand. Da ist die liebe Angst wieder da: „Guten Tag, liebe Angst, ich habe Dich vermisst!“

Ich habe mir diese Frage sehr lange gestellt. Die Frage, warum die Angst denn ständig um mich herum war und ist, und es wäre das Ende dieses Tagbucheintrags, wenn ich schon jetzt das Ergebnis wüsste. Aber eines lässt sich schon jetzt sagen: Ich muss immer und immer wieder das HIER und das JETZT begreifen. Was für ein kluger Spruch: das Hier und Jetzt begreifen. Was sollte daran denn so schwer sein? Für mich ist es jedenfalls eine Lebensaufgabe geworden. Mehr als vierzig Jahre lang habe ich nicht verstanden, was das bedeutet, aber heute bin ich meiner Wahrheit etwas näher gekommen.

Der Weg dorthin war beschwerlich, aber auch so ereignisreich und damit voll von wertvollen Erfahrungen. Mir hat die Frage geholfen, wie sich der Tod anfühlt. Schon als Kind trieb mich diese Frage fast in den Wahnsinn, denn ich war eingesperrt in einen Konflikt und war in einem Dilemma. Auf der einen Seite hatte ich solche Angst vor dem Tod, dass ich oft als Kind sehr lebensmüde und depressiv wurde – was um mich herum keiner bemerkte. Aber Selbstmord war keine Option, es hätte mich dem Tod nicht nur näher gebracht, sondern ihn garantiert eintreten lassen, also genau das, wovor ich eben solche Angst hatte. Also was tun? Ich entschied mich zu leben und zu lernen und mit beiden Händen die „Blumen“ durchs Leben zu tragen. Die Blumen im Leben zu tragen, so besagt ein japanisches Sprichwort, bedeutet, dass man sich bei ihrem Anblick stets erfreut und somit dem Zustand des Glücks oder der Zufriedenheit mit sich selbst näher kommt. Also kurz und knapp gesagt: „Höre auf Owawe glücklich werden zu wollen. SEI es!“

Mein Leben verlief unscheinbar und über lange Strecken wenig sensationell für andere, aber die echte Freude empfand ich im Genuss der einfachen Dinge, und so kann ich mich glücklich schätzen, dass ich nichts ausgelassen habe und alle meine Sehnsüchte erfüllte, die nicht im Widerspruch mit einer anderen Sehnsucht von mir standen, der nach der Harmonie im Herzen.

Erst vor wenigen Jahren entdeckte ich, dass diese Sehnsucht nach Harmonie meinem Leben eine völlige neue Perspektive geben kann. Um Harmonie stand es die meiste Zeit in meinem Leben recht schlecht, denn ich hatte nicht auf Harmonie gebaut, sondern schielte auf die Herausforderung, jeden Konflikt zu meistern und täglich zu kämpfen. Die Sehnsucht, die darunter begraben war, spukte als Hirngespinst eines künftigen, besseren Lebens, und ich betrachtete kontinuierlich mein vergangenes Leben, das ebenfalls nur ein bloßer, hoffnungsvoller Blick auf ein zukünftig besseres Leben war. Was mir fehlte, war das Leben selbst und die Liebe in jedem Moment. Das HIER leben und das JETZT zu leben und zu lieben und damit in seiner Reinheit zu erleben. Bekanntlich können wir nur im Hier und Jetzt wirklich das Leben lieben, weil alles andere etwas ist, das entweder vergangen oder noch nicht da ist. Alles ist also nur bloße Erinnerung an etwas oder die Hoffnung auf etwas, was jedenfalls gerade nicht ist. Das Schönste an einem bewussten Erleben des Hier und Jetzt ist, dass wir die Erfahrungen ebenfalls bewusst erleben, die dann zu etwas Altem werden, welches wir uns später vor Augen führen können, um das Neue, das kommt, besser zu verstehen. Also ganz nach den weisen Empfehlungen unserer Väter: „Lerne das Betrachten des Details was früher geschah, und du wirst wissen und erkennen, was noch kommen wird“.

Die Erfahrungen erscheinen wie ein zurückgelegter Weg. Wir trauern ihm nicht nach, denn vor uns liegt das Unentdeckte, das noch kommt, während auf dem zurückgelegten Weg das liegt, was wir bereits gemeistert haben und das uns und anderen helfen kann, das Neue zu begrüßen. Es ist also schön, dem jetzigen Moment Achtsamkeit zu schenken, denn dieser Moment kommt in dieser Form niemals wieder. Es ist mit dem Moment so, als würden wir einen Regenbogen am Himmel betrachten, während wir mit dem Auto in Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn entlang rasen. Es geht einfach nicht, beides mit der gleichen Aufmerksamkeit und Sicherheit zu tun. Wir müssen uns entscheiden: Bleiben wir stehen und betrachten achtsam den Regenbogen, oder rasen wir an diesem Moment einfach vorbei? Ich glaube, oft wäre es ratsamer, den Anblick eines Regenbogens zu genießen, denn solche Momente sind kostbar und kommen in dieser Form nie wieder.

Aber kaum habe ich von dem Endlichen, Vergänglichen und dem Nie gesprochen, schon erhebt sich ein innerer Zweifel, der sagt: „Owawe, ist das wirklich richtig? Gibt es nicht einen Weg, der Nichterlebtes oder Teile davon zurückbringen kann?“

Was wir nicht mehr rechtzeitig sagen oder tun konnten, vermögen wir nachzuholen, wenn wir medial sind, medial arbeiten, ich spreche von MEDIALITÄT. Verabschiedest Du Dich jetzt schon, Du geduldiges Papier – schneeweiß – klappst Du jetzt die Seiten zu, weil Du mit Medialität nichts zu tun haben willst? Lass es mich deutlich aussprechen: „Ja, ich kann mit Verstorbenen Kontakt aufnehmen“. Dieser Satz impliziert so viel. Eine Voraussetzung also scheint zu sein, dass man nach dem irdischen „Tod“ nicht tot ist. Und eine weitere Behauptung scheint, dass man mit diesem „Etwas“ offenbar kommunizieren kann. Na bravo, mein Tagebuch, Du lässt mich dieses Ausdrücken und damit verletze ich hoffentlich nicht Deine Gefühle. Lass` mich beschreiben, was ich damit auszudrücken versuche. Im Englischen wird diese Kontaktmöglichkeit als „Mediumship“ beschrieben. Ein Medium für etwas zu sein, was nicht mehr im Diesseits physisch erscheint, sondern im Jenseits. Jenseits, Diesseits – schon wieder so vermeidlich verfängliche Wörter. Bist Du noch da, mein Tagebuchgeist oder schaltest Du schon ab und lässt mich weiter bedeutungslose Kritzeleien in Deine Fasern ritzen?

Wir müssen das nicht unbedingt im engsten –spirituellen- Sinne sehen, dass das Leben nach dem Sterben nicht den Tod, sondern die Ewigkeit bedeutet. Aber wie kann man es sonst sehen? Und was existiert dann weiter, wenn es nicht der Körper selbst scheint?

Kann ich das „Etwas“ ggf. mit technischer Hilfe sehen? Wenn nicht, dann ändert sich womöglich nur die Energieform, wenn ein Mensch stirbt? Und was macht mich überhaupt zu einem Medium?

Heute, nach vielen Jahren der Praxis, kann ich mit Gewissheit sagen, dass alle Menschen diese Gabe mehr oder minder haben und nutzen können. Die Frage ist nur, ob sich diese Gabe offenbart, denn vielfach werten wir Impulse, die aus dieser Gabe kommen, als zufällig und manche mediale Information wird rational interpretiert oder in die Sparte von Einbildung abgeschoben. Wenn aber ein Mensch mit dem Jenseits Kontakt aufnehmen kann und der Mensch Nachrichten aus dem Jenseits empfängt oder auch dorthin sendet, dann sprechen wir von der Gabe, medial oder ein Medium zu sein. Soweit ich erfahren habe, hat sich kein ernsthaftes Medium jemals gewünscht, diese Gabe zu haben. Medial zu sein ist keine leichte Übung, sondern eine Gabe, die unter die Haut geht. Sie macht aus harten Männern weiche Frauen und umgekehrt. Sie stellt das Leben auf den Kopf, verschiebt Grenzen, Grundsätze und hinterfragt das Gelernte. Die Gabe kommt in das Leben und kann zu jeder Zeit wieder verschwinden. Viele mir bekannte Medien waren schon im Kindesalter sehr sensitiv und oft wurden sie schon deshalb von Mitschülern und Freunden als Sonderlinge gemieden. Ich gehöre nicht zu dieser Gruppe, sondern eher zu denen, denen „das“ irgendwie ganz nebenbei „passiert“ ist. Ich sprang sozusagen irgendwann einmal auf einen vorbeifahrenden Zug, der zwar keinen Sitzplatz für mich eingeplant hatte, aber ausreichend Platz bot. Ich kann auch ohne schlechtes Gewissen sagen, dass ich das Gefühl, aufgesprungen zu sein, als erleuchtend empfand, denn ich war bis dahin den Weg eines Saulus gegangen. Zwar hatte ich keine Gläubigen verfolgt wie der biblische Saulus, aber ich habe doch so ziemlich alle spirituell Aufgestiegenen in eine Schublade gesteckt mit der Aufschrift: „Esoterik“. Ich war der Meinung, dass es zu viele Menschen gäbe, die mir mit einem stark entwickelten Ego zeigen wollten, dass sie erleuchtet seien und somit meinten spirituell „höher“ als ich entwickelt zu sein. Ja, ich fühlte mich sehr in der Meinung bestätigt, denn viele Bücher lobten explizit bestimmte Personen, Heiler oder Gurus, denen ein Buddha-, Gott-, Engel-, Meister- Status verliehen war, oder die mit den Worten „Das erfolgreichste Heilmedium der Welt“ betitelt wurden. Wie soll ich mich, mein liebes Tagebuch, als einfacher Mensch hier fühlen? Ich ahne, dass Du mir rätst mich nicht mit anderen zu vergleichen, und ich muss sagen, dass Du recht hast!

Früher habe ich selbst die Möglichkeit nicht in Betracht gezogen, dass es Menschen gibt, die zum Jenseits Kontakt haben können und dürfen, denn für mich gab es in meiner Weltanschauung dieses lebendige Jenseits nicht. Ich habe zugegeben sehr lange große Zweifel gehabt, dass das Leben nach dem Sterben nicht wirklich zu Ende ist. Zweifel an dem, dass das Leben sich einfach in anderer Form und an einem anderen Ort – dem Jenseits – weiter fortsetzt. Heute habe ich diesen Zweifel nicht mehr, denn ich bin über das Stadium des Zweifelns und der Angst hinausgekommen und bin zuversichtlich, dass ich wirklich keine ungewöhnliche mediale Gabe besitze. Ich bin also ein völlig normaler Mensch, denn viele von uns tragen diese Gabe einfach mit uns.

Dass dem so ist, wollte und konnte ich irgendwann einmal beweisen. Ja, mein liebes Tagebuch, glaube es oder nicht, aber im letzten Sommer „träumte“ ich tatsächlich davon, wie ich beweisen könnte, dass eine Gabe eine Gabe ist und vor keiner Konfession halt macht. Ich träumte, dass ich eine Heiler-Veranstaltung planen solle und diese „HealingJam“ nennen dürfe und damit meiner Meinung eine neue Grundlage geben dürfe. Die Idee zu diesem HealingJam offenbarte sich mir im Tiefschlaf, was nebenbei bemerkt ein weiteres Erlebnis für mich war, denn bis zu diesem Zeitpunkte glaubte ich tatsächlich daran, dass man wirklich schläft, wenn man schläft. Aber mitnichten ist dem so! Aber jetzt wusste ich zumindest, dass ich nach dem HealingJam eine neue Definition für den Schlaf finden musste. Es war überdies ein eigenartiges Gefühl, mich erstmals der offenbaren, reinen Intuition hinzugeben, denn bis zu diesem Zeitpunkt war mir auch nicht klar, was auf die Teilnehmer und Vortragenden zukommen sollte und könnte. Ich war völlig planlos der Intuition ausgeliefert und wusste nicht, wie ich den Inhalt des Traums in die Tat umsetzen könnte. Ich wusste, dass all dies nicht rational erfassbar war, aber trotzdem waren die Anweisungen präzise und zielgerichtete Informationen, die ich in diesem Traum bekam. Beispielsweise wurde mir die Definition dafür geliefert, was ich unter „Healing“ verstehen sollte. Healing sollte für Heilen, Ausheilen, aber auch (Aus)kurieren, Wohlbefinden und letztlich Zufriedenheit und Seligkeit stehen. Als ich diese Information über die Tage verarbeitete, kam mir die Frage schnell in den Kopf, was Heilsein denn eigentlich bedeutet? Ist es nur eine Frage der Gesundheit? Ist Heilsein das Fehlen einer Krankheit, das Fehlen von Krankheitssymptomen? Diese Frage ließ ich zunächst offen, denn ich wusste, dass die Antwort darauf kommen würde, wenn ich nur hinhörte. Der zweite Teil von „HealingJam“ kam als „Jam“ in meinen Hinterkopf. Naheliegend wäre, dies als Konfitüre, köstliche Marmelade – oder gar das süße Leben selbst zu übersetzen. Nach einer Weile kam mir eine andere Bedeutung in den Sinn. Es sollte die Verbindung aus einer „Jam Session“ für Improvisation bedeuten, denn eine Jam Session ist ein zwangloses Zusammenspiel von Jazz-, Blues-, Hip-Hop- oder Rock-Musikern, die in einer sonst nicht üblichen Weise in einer Band spontan zusammenspielen und eine neue Ordnung zulassen.

An einem wunderbar sonnigen Septembermorgen war es dann soweit. Ich eröffnete die Veranstaltung, für die ich einen ehemaligen Mittelalter-Kornspeicher angemietet hatte, mit den Worten: „Es lebe die Intuition und die Improvisation der Heiler auf dieser Veranstaltung!“. Alle anwesenden Gäste und Heiler Kollegen und Kolleginnen schlossen für einen Moment die Augen, als ich das Zitat von Albert Einstein verlas: „Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom“. Es war ein unglaublich intensiver Anfang dieser Veranstaltung, denn diese Aussage hatte auch für mich einen aktuellen Bezug. Ich machte in diesem Moment keinen Hehl daraus, dass ich früher nur sehr mühsam meine Meinung über Schamanen, Medien und Geistheiler „zertrümmern“ konnte. Albert Einsteins Gedanken halfen mir somit, den richtigen Einstieg zu finden. Ich bat die über fünfzig Teilnehmer des HealingJam Events, die Augen geschlossen zu halten und den gesamten Tag lang alles mit anderen Augen zu sehen und beispielsweise die Sitznachbarn nicht nach dem Äußeren, sondern nach dem Inneren zu bewerten und zuzulassen, dass alte Muster durch neue ersetzt werden dürfen. Ich ermutigte die Anwesenden, entspannt zu sein. Ich bat darum, auf nichts zu warten, nicht auf das eine oder andere vorbestimmte Empfinden zu lauern und nichts zu erzwingen, sondern alles – was es auch sein mochte – einfach auf sich zukommen zu lassen. Das bedeutete, dass sich die Menschen für etwas öffnen könnten, was auf sie zukam, und nicht mit dem Verstand, sondern mit dem Herzen sahen und dachten. Es hieß für die meisten auch, einfach einmal alle Dogmen einen Tag lang beiseitelegen zu dürfen. Das Publikum meiner Veranstaltung war erstaunlich ruhig. Es ging ein Knistern durch die Reihen. Ein Knistern der Erwartung, der freudigen Spannung. Ja fast hatte ich das Gefühl, die Gäste wären bei mir zu Hause angekommen, denn sie lächelten so entspannt, dass ich ihre Herzen vor Freude leuchten sah. Mir kam der Satz in den Kopf: „Mit Ruhe und Geduld im Herzen denke über eine Sache dreimal nach. So wirst Du der Erkenntnis näher kommen und klar sehen“. Und so kam es, dass ich wortlos auf der Bühne stand, überlegte, dann wieder überlegte und weiter überlegte. Ich entschied mich spontan, von dem gewöhnlichen Vorgeplänkel einer Veranstaltungsrede abzuweichen und zerriss vor den Augen der Teilnehmer mein über die Tage mühsam erarbeitetes Skript.

Ich zerriss eine Rede, bei der der Redner seine Gäste beschwören wollte, Vertrauen in das Gesagte zu haben. Stattdessen ermunterte ich nun das Publikum, einen Blick auf den nackten Zweifel zu werfen. Zweifel an dem, was auf dieser Veranstaltung zu hören, zu sehen, zu fühlen oder zu denken sein würde, aber auch Zweifel an den Dogmen, die sie schon als Kind in die Wiege gelegt bekommen hätten. Ich berief mich auf die kindlich naive Intuition im Menschen, eine Naivität oder Unbescholtenheit, die völlig unvorbelastet von Definitionen sei. Ich bezog mich auf das subtile innere Losgelöst sein in dem Gefühl, das man hat, wenn Dinge einem suspekt sind. Ich sprach von dem Zweifel an den gängigen Lehrmeinungen und Definitionen, bezogen auf die „heilige“ Wissenschaft, die oft als beispielhafter Sündenbock herhält für verkrustete Strukturen, die zu erneuern sind. Besonderer Zweifel war auch nötig an den Definitionen aus den eigenen Reihen, also derer, die heute hier zusammengekommen waren. Zweifel an dem, was wir gegenwärtig unter Heilen – Krankheit – Genesung und Selbstheilung verstanden, wie wir es in diesem Augenblick der Geschichte gerade einmal interpretierten.

Auch durfte nicht fehlen, dass ich darum bat, eine völlig neue Betrachtung zuzulassen, ja quasi das Rad neu zu erfinden, indem wir den herkömmlichen Sinn dessen, was gerade in unserer Betrachtung des Heilens lag, hinterfragen würden und uns von diesem Standpunkt aus an eine neue Wahrheit annähern würden. Für mich war klar, dass „neue Wahrheiten eine temporäre Distanzierung vom Vorhandenen, vom Alten, vom Gestern benötigen, um von dort neu zu entstehen“. Also bat ich die Teilnehmer an diesem Tag darum, beispielsweise einmal mutig zu sagen, dass man das Kranksein auch genießen können sollte. Durch diese gänzlich unerwartete Betrachtung von Krankheit veränderte sich in den Köpfen der Zuhörer die felsenfeste Definition von „Krankheit ist etwas Schlechtes“ und die kaum geprüfte Meinung „Krankheit muss bekämpft werden“ geriet ins Wanken. Was wäre denn, wenn es nur ein kommerzielles Interesse wäre, Krankheiten und Symptome sofort zu behandeln und im Keim zu ersticken? Ich bemühte mich um eine Offenheit in der Denkweise, indem ich darauf verwies, dass das, was heute durch wissenschaftliche Erkenntnisse verifiziert würde, schon morgen überholt sein könne und Platz machte für Neues.

Wie durch einen Zufall – wer glaubt denn noch wirklich an den Zufall? – hörte ich nur wenige Minuten vor Beginn der Veranstaltung an diesem Tag, ein Test eines Physikers habe bewiesen, dass Neutrinos die Strecke zwischen Genf und den süditalienischen Bergen in schneller als 299.792,458 Meter pro Sekunde – der Geschwindigkeit eines Lichtquants – zurückgelegt hätten. Genau das, was ich treffsicher theoretisch ausdrücken wollte, geschah da draußen ganz praktisch, denn bis zu diesem Moment war nichts schneller als das Licht. Die Physiker, die diese Entdeckung der Öffentlichkeit vorstellten, waren sofort wegen offenbarer Fehlmessungen aus den eigenen Reihen der Kollegen kritisiert worden, es wurden systematische Messungsfehler vermutet, denn die Länge der Strecke zwischen der Teilchenkanone am CERN und dem Detektor unter dem Gran Sasso müsse auf wenige Millimeter genau bekannt sein, um einen Messungsfehler auszuschließen. Viele Physiker machten fehlerhafte GPS-Daten für diese Ungenauigkeit im Millimeterbereich verantwortlich. Was blieb war der Zweifel.

Perfekter hätte dieses „zufällige“ Ereignis mich nicht treffen können, denn es war genau das, was ich zu zeigen versuchte. Wir wissen spätestens aus der Antike, dass wir einem gefährlichen Irrglauben folgen, wenn wir meinen, etwas zu wissen. Also konnte ich durch diese Pressemeldung des Cern ein erstes Dogma hinterfragen: „Wie lange hat das unumstößliche Wissen der Menschen seine Gültigkeit“? Ich nahm mir den antiken Philosophen Sokrates zur Hilfe und sagte laut: „Ja, ich weiß, dass ich NICHT weiß!“. Ich dachte nach der Apologie Sokrates, dass ich hinterfragen sollte, was ich derzeit zu wissen meine. Das Beispiel der Opera-Physiker war der passende Beweis, dass ein sicheres und unendlich unumstößliches Wissen im Menschen grundsätzlich nicht zu finden ist und ich schon deshalb von meinen Ansichten nur vorläufig überzeugt sein dürfe. Also wenn ich also meinen würde und glaubte zu wissen, dann ließe dies den Zweifel an den Definitionen zu jeder Zeit zu. Dies war für mich das Tor, um eine andere Erkenntnisebene zu erreichen. Wie sonst wüsste der Mensch wohl, dass die Erde nicht eine Scheibe ist und sich die Erde um die Sonne dreht und nicht umgekehrt? Waren es nicht die Zweifel, die diese neue Erkenntnis zugelassen haben?

Liebes Tagebuch, Du unendlich geduldiges Papier, was ist mit Deinem Zweifel an mir? Du strahlst mich an in Deinem göttlichen Weiß und Deiner leeren Ordnung. Jetzt setze ich den Zweifel darauf und arbeite mich daran ab. Weil Du da bist, ist mir das möglich. Danke! Du bist mir ein wahrer Freud. Ein Freund ohne Bedingungen, ohne Zweifel an mir, und meine Kirchenzugehörigkeit ist Dir egal. Auch ist Dir egal, dass ich keiner Kirche mehr angehöre, denn Du fühlst, dass ich an die Einheit der Glaubensrichtungen glaube und es nicht gut heißen kann, dass Radikalisierungen und Glaubenskriege im Norden, Osten, Süden, Westen Einzug in mein Leben nehmen. Aber schauen wir uns gern dieses Thema „Religion“ genau an: Wie halten wir es denn wirklich mit der Religion? Können wir auch Zweifel an Gott, Allah oder Buddha haben, ohne uns im Sinne der Kirche zu versündigen? Oder versündigen wir uns vor Gott, wenn wir Zweifel haben, dass Gott eine menschliche Form hat? Ich denke nein und möchte Dich bitten, mir nicht böse zu sein, wenn ich hier von einem Zweifel spreche. Ich Zweifle nicht an, dass es einen Gott gibt. Aber ich habe Zweifel, dass die aktuelle westliche Definition von „Glauben“ noch viel damit zu tun hat. Es gibt keinen strafenden Gott, keine göttliche Distanz, die mich für meine Sünden bestraft. Es ist eher das eigene Gewissen selbst, das dies zuverlässig erledigt. Und wenn kein strafendes Gewissen bereitet ist, dann springt sicherlich ein „Dritter“ in diese Lücke und übernimmt dies in dem Irrglauben dies im Namen Gottes zu tun. Wenn ich einmal die reinen Anschauungen betrachte, dann wird klar, wie nah wir uns alle doch sind, wenn wir Zweifel haben. Jeder Vertreter einer bestimmten Anschauung wird ggf. Zweifel daran haben, dass es außer seiner noch eine andere valide Betrachtung geben kann. Eine gewaltfreie Auseinandersetzung – gerne auch mit dem Zweifel an der eigenen Anschauung – wird uns Menschen eines Tages den Frieden geben. Den Frieden aller verschiedenen Menschen, der Anschauungen der Atheisten, der Anschauungen eines einzigen Gottes, vieler Göttern, Götter, die völlig von der Welt getrennt sind und Gott, den die Welt teilweise oder ganz einschließt. Haben nicht alle Anschauungen das gleiche Ziel? Das Ziel, das Paradies auf Erden zu finden und im Herzen zu schaffen.

Es gab also auch bei der Veranstaltung einen berechtigten Zweifel daran, dass ich sagen konnte, welche Anschauung die richtige sei. Sicherlich mögen einige Vertreter den Standpunkt vertreten, dass ein Atheist eine verwirrte Seele in sich trage. Wichtig dabei ist nur, dass man hierbei bereits die falsche Betrachtung erkennt, denn ändern kann man Menschen nicht mit Gewalt und Groll, sondern mit Gleichmut und mit reiner Nächstenliebe. Wenn also dieser Mensch „verwirrt“ scheint, warum ihm nicht helfen, einen Weg zu finden? Ich verstehe den Ärger, die Enttäuschung, wenn man erkennt, dass westliche Vertreter den moralischen Zeigefinger heben und auf die streng gläubigen Regionen der arabischen oder asiatischen Welt zeigen. Der moderne Mensch ist aber nicht der, der sich verschließt und eine „Achse“ der moralischen Grundsätze zieht, sondern der, der in der Lage ist, die Annäherung –ja die Rückbesinnung der Werte- zuzulassen. Ich traue keinem Mann, der seit Generationen das Kapital ansammelt und stolz darauf ist, dass seine Familie eine der ersten war, die auf einem Boden der Indianer „ihr“ Land eingezäunt haben. Das Land gehört Mutter Erde und wir haben es nur gemietet. Ich traue auch keinem Mann mit Waffen, der Frauen zwingt einen Glauben anzunehmen. Mit Gewalt lösen wir keinen Glaubenskrieg, sondern versündigen uns, indem wir ihn damit erschaffen und das Gute in einem Verlies der Fehlinterpretation der Schriften wegsperren. Kein Mann sollte das Gold seines Volkes an einen „Freund“ geben, nur weil dieser einem verspricht, seinem Volk gnädig zu sein. Ich bin motiviert, es erlebbar zu machen und eine Chance zu nutzen, einen neuen Weg zu wählen. Gewalt ist und wird niemals der richtige Weg dafür sein, denn mit Gewalt entzieht sich der Mensch der Liebe. Es geht also nicht um Bekehrungen, sondern darum, den Menschen ihren eigenen, individuellen Weg des Friedens und der Liebe zu zeigen. Ich selbst könnte nicht darauf antworten, wenn Du mich fragen würdest, ob ich grundsätzlich Zweifel an der Existenz von „einem“ Gott habe. Ich hätte Zweifel, denn der Glaube hängt sehr von der Kultur ab und von dem, was ich als Gott bezeichne. Ich könnte also nur mit reinem Gewissen sagen, dass ich an etwas (Gott) glaube, was für mich die Summe von Allem ist und dass ich möglichst lange für alle Anschauungen offen bleiben möchte und keiner Anschauung eine Priorität einräumen möchte, um eben alle Gedankengänge und historischen Wurzeln verstehen und schätzen zu können. Deshalb finde ich es beispielsweise auch schwierig, Kategorien für Meistergrade zu benutzen, die sich durch ihre Nutzung wieder von ihrem reinen und nicht vergleichenden Kern entfernen. Ein Meister, der ein Meister ist, wird sich niemals als Meister begreifen, sondern als ein gelehriger Schüler. Und ein Schüler, der meint ein Meister zu sein, wird über das Schülerniveau nicht hinauskommen. Wie stark beispielsweise ein „Ich-bin-ein-Meister“ Ego behindern kann, wird mir klar, wenn ich mich dem „Channeling“, also dem bewussten Kontakt mit dem Jenseits widme. Der Ausdruck der Tätigkeit des „Channels“ stammt aus dem Englischen und steht für „Kanalisieren“. Das Medium ist somit ein Kanal für Botschaften aus dem Jenseits. Wenn das Medium also als Kanal zu hundert Prozent zur Verfügung steht, dann ist es völlig rein von eigenen Anschauungen und Meinungen und somit auch von Bildern und Emotionen, die ggf. einer Erfahrung zuzuordnen wären. Ich weiß, dass sehr, sehr viel Übung dazu gehört, sich als Medium völlig frei zu machen von der eigenen Interpretation, während ein Channeling läuft. Wenn ich versuche, ein Bild oder eine Nachricht zu verstehen, statt sie einfach wiederzugeben, dann bringe ich mein Ego in den Inhalt ein und genau das ist dann kein sauberes Channeling mehr. Unter diesem Gesichtspunkt ist es gut erklärbar, warum Personen des westlichen Kulturkreises, die eine Nahtoderfahrung gemacht haben, oft von einem Tunnel mit Licht am anderen Ende sprechen, während Brasilianer beispielsweise von einem eher dichten Dschungel und einer Lichtung sprechen. Das Gehirn übersetzt eben das, was wir als Information erhalten und somit färbt das Gehirn auch fleißig die Dinge ein, die es nicht direkt oder indirekt als Erinnerung abgespeichert hat. Ob Tunnel oder Lichtung – beide Bilder stehen für eine signifikante Änderung der räumlichen und zeitlichen Struktur und wie sollte das Gehirn ohne das Wissen um diese räumliche und zeitliche Struktur ein Bild an den Menschen weitergeben? Ich weiß mittlerweile, welch hohe Verantwortung ich als Medium übernehme und wie wichtig es ist, die Botschaften klar und ohne meine eigenen Empfindungen fließen zu lassen. Das ist eine riesen Herausforderung, besonders wenn ich hier von Angst oder Zweifel spreche. Angst etwas falsch zu machen, Angst nicht frei zu sein, Angst nicht zu verstehen, Zweifel an der Botschaft usw.

Vor allem kann ich diese Fähigkeit ja auch nicht einfach anknipsen oder ausschalten, sondern nur üben, um mich zu einem reinen Medium zu entwickeln. Die Übung betrifft sowohl die Hingabe als auch das Wissen – und schon wieder ist es da, das wissenschaftlich belegbare Wissen. Trotzdem spreche ich von dem „Wissen“, dass sich der Kanal nur auftut, wenn er nicht durch das Ego des Mediums blockiert wird. Ich stelle mir die Reinheit eines Mediums einfach wie einen Trichter vor, durch den weißes Pulver fließen soll. Ist noch blaues Ego-Pulver von mir selbst in diesem Trichter, verfärbt sich das weiße Pulver schlicht und ergreifend ganz unkontrolliert und die klare Botschaft wird blau verfärbt. Wenn ich mit Angst erzeugenden Durchsagen einem Kreis von Menschen begegne oder mein eigenes Wissen mit den Durchgaben aus dem Jenseits verwechsle, dann kann mich das ggf. nicht gleich in einen Konflikt bringen, mindestens aber ist es dann eine unangenehme Situation, die meine Disziplin braucht.

Aber wenn ich nun darüber nachdenke – mein liebes Tagebuch– dann bleibt immer noch die Frage, weshalb sich dieses „etwas“ mir anvertraut hat und mich nicht nur als Medium für Botschaften, sondern auch als Medium für Energien nutzt. Ich war bis zu dem HealingJam ein Mensch, der nie zuvor eine schamanische Ausbildung, ein mediales Seminar in bekannten spirituellen Universitäten o. ä. besucht hatte. Ich war ein Mensch, der einen großen Bogen um alles machte, was nicht wissenschaftlich beweisbar war. Für mich war diese Zeit der unfreiwilligen Berufung zunächst ungeheuer schwer. Ich wurde im Schlaf mit „Wissen“ wie durch einen Nürnberger Trichter „vollgestopft“ und bekam in einem solch atemberaubenden Tempo die Hinweise zur Selbstmeisterung, dass ich mir oft wünschte, eine Energie-Vollbremsung hinlegen zu können wie ein Formel 1-Fahrzeug, um den Input zu verzögern. Für mich schien eine solche Bremse der letzte Ausweg zu sein, um die Energien im Zaum halten zu können. Sie wirkten auf mich wie Wassertropfen bei einem Regenschauer, der ungebremst auf ausgedörrten Boden schlägt: Er schwemmt an manchen steilen Hängen den fruchtbaren Boden davon, bevor er später einsickern kann.

Ja, das ununterbrochene Üben erscheint mir noch heute die einzige Möglichkeit zu sein, frei und rein zu werden, um ein gut funktionierendes Instrument für diese neue Aufgabe sein zu können. Ich trainiere daher nahezu täglich meine Selbstmeisterung. Ich versuche in Demut und Hingabe zu leben und versuche mein Ego und meine Seele kennenzulernen, indem ich sie beachte. Eine Nichtbeachtung oder gar eine Verdrängung dieses inneren Anteils in mir wäre nicht sinnvoll, denn meiner Erfahrung nach ernährt sich das Ego im Schatten von der Nichtbeachtung und springt mir ausgerechnet dann ins Gesicht, wenn ich meine, dafür gerade keine Zeit zu haben. Mit ein wenig Ruhe fühle ich die Zeit sogar: „Deine Zeit verstreicht kontinuierlich. Nutze sie gut, denn sie wartet leider nicht auf Dich, sondern zieht unwiederbringlich weiter, wie auch die Sonne ohne Dein Zutun täglich auf und untergeht“.

Ich erinnere mich, dass mich einmal ein Arzt darauf aufmerksam machte, dass das Leben schneller an mir vorbeizieht, als ich auf einer Autobahn fahren kann. Das hatte ich lange nicht verstanden, heute begreife ich es langsam, weil ich mein Leben bewusst entschleunige. Ich kann den Moment nicht festhalten und sollte mir dessen bewusst sein, dass nur im Moment des „JETZT“ der wahre Moment steckt. Ich sollte mich nicht der Hektik hingeben und meinen, alle offenen Dinge so schnell wie möglich lösen zu müssen. Jeder kennt diese Aussage: „Gut Ding will Weile haben.“ Und einige kennen die analoge Bedeutung aus dem Zen-Gedanken: „Nach und nach werden die Dinge zur Ruhe kommen und ganz natürlich ihren Platz finden. Übe Dich in der Betrachtung“. Für mich sind daher Kinder oft die ehrlichsten Medien. Sie handeln in ihrer natürlichen Ruhe, kennen noch keinen Termindruck und scheren sich nicht um Dogmen und abgeschriebene Verhaltensweisen, sondern folgen ihrer Intuition. Für kleine Kinder, die in einer natürlichen und harmonischen Umgebung aufwachsen, sind streng hierarchische Systeme ziemlich fremd und sie orientieren sich an ihrem natürlichen Drang, die Welt zu entdecken und ihre gewonnenen Erkenntnisse in die weite Welt zu verströmen. Sie rufen z. B. unverblümt durch das feine Restaurant, dass sie sich gerade selbst auf den WC-Sitz gesetzt und den Hintern selbst abgewischt haben. Gut so! Ich könnte also als Erwachsener versuchen, die Welt wieder aus der Sicht eines Kindes zu sehen und vor Freude laut zu schreien und vor Traurigkeit laut zu weinen. Aber als Junge weiß ich, dass „ein Indianer keinen Schmerz kennt“ und nur Frauen weinen dürfen! Also geschieht es schon in der ersten Sequenz meiner neuen Betrachtungsweise, dass ich an die nächsten Grenzen stoße: Gedanken, Regeln, Gebote, Verbote, Muster. Ich versteckte sehr lange diesen Wunsch, einfach einmal alles fallen und alles künstliche Benehmen hinter mir zu lassen. Ich entdeckte auch, dass ich eigentlich nicht nur selbst die mediale Fähigkeit ausüben wollte, sondern ich fühlte mich auch kollektiv mit anderen verbunden und wollte einer möglichst breiten Masse einen Zugang dazu geben, weil das – von Einzelnen – meiner Meinung nach und völlig unnötig unter dem Mantel der Verschwiegenheit praktiziert wurde. Natürlich gab es auch in diesem „Beruf“ schwarze Schafe und so manche Person schien vom Pfad abgekommen und ließ sich von dem Verdienst beeindrucken, den diese Tätigkeit einbringen kann. Ich war mir zwar nicht sicher, wie ich mich selbst zu einer späteren Zeit erneut dem brisanten Thema materieller Reichtum stellen würde, aber zu diesem Zeitpunkt schien mir der einzige Indikator für den Erfolg die selbst eingeschätzte Qualität des Zugangs zu der eigenen medialen Fähigkeit zu sein. Ich betrachtete meine Gabe als Berufung und nicht als Beruf, es war für mich sozusagen ein Dienst für Menschen. Gleichzeitig hatte ich große Zweifel an Menschen, die Medialität als Beruf auf der Liste der schönsten Berufe auflisteten.

Liebes Tagebuch, liebes Papier, meinst Du nicht auch, dass diese Gabe bald für viele Menschen ein „Allgemeingut“ sein wird? Klar: eine Portion Selbstzweifel war auch in mir präsent. Ich dachte manchmal, keine besonderen Fähigkeiten zu haben und einfach nur ein Kind der Sonne und Mutter Natur zu sein. Ob ich damals bei dieser Selbsteinschätzung schon einem Gedankengut der Inkas fühlte oder nicht, ist jetzt gerade völlig nebensächlich, mein Tagebuch. Ich fühlte einfach, dass nicht ICH das Besondere war, sondern nur meine Einstellung das Außergewöhnliche zu sein schien. Nichts zu wollen, während ich aus dem reinen Herzen arbeitete und die harmonisch warme, heilende Energie einfach dorthin fließen ließ, wo sie hin wollte. Meiner Erfahrung nach bahnte sich diese Energie selbst ihren Weg und benötigte, im Gegensatz zu den Menschen, durch die sie fließt, keine Räucherstäbchen, keine Trance, keine Symbole oder Rituale. Lediglich die Kontrolle und das Bedürfnis nach Schutz gänzlich loszulassen, musste ich also üben. Wie lange? Nun, ich übe jeden Tag, uneingeschränkt offenherzig und völlig ohne Angst zu sein.

Für mich war diese Art von „Heilung“ wesentlich effektiver und vor allem ehrlicher. Je weniger ich mich in die Energie einmischte, desto klarer konnte sie wirken. Je weniger ich also selbst lenkte, aber die Chakren selbst mit Achtsamkeit belegte, desto stärker wurde deren natürlicher Fluss. Ich konnte gelegentlich das Ventil etwas regulieren und mit etwas mehr Loslassen von meinen Gedanken eine Komprimierung der Energie erreichen. Mein Gegenüber, welches sich entweder über das Telefon mit mir verbunden hatte oder physisch vor mir saß, nahm diese speziellen Schübe sehr stark wahr. Erst gestern wurde bei einem Treffen mit Geistheilern aus der englischen Tradition dieser Effekt mehrfach bestätigt und als enorme Wucht sogar aus mehreren Metern Entfernung wahrgenommen – nicht als störend, sondern als „watteweiche Energie“, die als sehr rein, aber auch eben sehr intensiv beschrieben wurde. Es war fast lustig für mich, dass in dem Moment, in dem sich ein enormer Brocken aus der Bauchgegend meines Gegenübers gelöst hatte und diese schwere Energie vom Boden des Zimmers aufgesogen wurde, die CD im Players streikte, der uns bis dahin wunderbare Entspannungsmusik geliefert hatte. Dieser Augenblick bildete zugleich das Ende der Behandlung. Die Musik hätte nur gestört, denn wir waren ja fertig! Welch wunderbares Zeichen für mich und auch für die von mir behandelte Person!

Aber, mein Tagebuch, wo Licht ist, ist auch Schatten und somit ist nicht immer so erfreulich, wenn ich mich der Energie hingebe. Es ist auch nicht so, dass mir dieser Weg immer leicht fallen würde. Wenn ich früher solche Gedanken als Wirtschaftswissenschaftler laut in die Welt gepustet hätte, dann wäre ich wohl die längst Zeit ein Manager gewesen. Womöglich aber auch nicht, denn warum sollte es so verkehrt sein, wenn ein Mensch sich zu dem bekennt, was er im tiefen Inneren spürt und was offenbar nach außen möchte. Ich hatte mich aus dieser Unsicherheit heraus entschlossen, mein Denken, ja selbst meine Gabe für mich zu behalten. Ja, ich stand nicht zu den Fähigkeiten und noch weniger zu mir und lebte daher mit meinem Geheimnis eine sehr lange Zeit. Ich kann daher sehr gut verstehen, dass aus demselben Grund – und sagen wir wie es ist: aus der gleichen Angst – sich viele Menschen beispielsweise im Mittelalter wegen der Verfolgung als Ketzer, Hexe oder dergleichen einen Deckmantel zulegten und in der Verborgenheit arbeiteten.

Ich für meinen Teil hatte anfangs – berechtigt oder nicht – Zweifel an meiner eigenen Wahrheit und meinen Träumen und vor allem meinen selbst entdeckten Fähigkeiten. Ich experimentierte eher als zu praktizieren und vergewisserte mich ständig neu, ob das, was man mir riet, auch der Wirklichkeit entsprach. Ich war oftmals auch naiv und entdeckerisch wie ein Kind und somit auch ein wenig unbelehrbar, was Warnhinweise anbelangte. Wie ein kleines Kind also, welches kontinuierlich neu feststellt, dass man am Pfeffer nicht riechen oder seine Hand eben nicht auf die glühende Herdplatte legen sollte. Wenn ich jetzt und hier diese Zeilen schreibe, dann fällt mir auf, dass mich eine Kraft trieb, das Rad ständig neu erfinden zu wollen. Dieses legt zwar den Schluss nahe, dass ich das Wissen eines Anderen nicht zu akzeptieren bereit war und auch ständig alles infrage gestellt wissen wollte, nur um mein Ego zu befriedigen. Dies kann ich heute mit ruhigem Gewissen zugeben, denn es liegt in der Vergangenheit und ist somit eine wichtige Erfahrung für mein Sein heute. Die Vermutung liegt nahe, dass ich eher die Sehnsucht, das Unvorbelastete und die Freiheit suchte. Die Freiheit, meine Erfahrungen machen zu dürfen, bevor ich sie als gelernt und von außen kommend übernahm. Ich wollte schon sehr früh alte Muster und Rituale aufbrechen um deren vergessenen Kern für mich wieder sichtbar machen.

In Zen-Klöstern beispielsweise stellt man Schüler oft vor eine Aufgabe, die mit Logik und Wissen nicht zu lösen ist. Es sind Gleichnisse, verschlüsselte Botschaften, deren Antworten oder Essenzen schon in der Frage oder Aufgabe selbst liegen. Stell Dir einfach – liebes Papier – einen Meister vor, der seine Schüler auf eine Wiese stellt und ihnen erklärt, dass sie hier lernen sollen zu schwimmen. Diejenigen, die den Meister fragen würden, wie sie den Walen, die ihnen auf dieser Wiese entgegen schwimmen, aus dem Wege gehen könnten, dürften aus dem Wasser steigen, um dann im Schwimmteich nebenan den Rasen zu mähen. Verstehst Du? Woher sollten denn die Schüler wissen, was Schwimmen und Mähen ist? Und warum sollte Schwimmen nicht etwas anderes sein als ich kenne? Worauf es meiner Meinung nach ankommt, ist die Offenheit, in der ich den Meinungen und Fragen der Anderen begegne. Ein wahrer Meister scheint mir eine Person zu sein, der sich selbst nicht mehr wichtig nimmt und gern im Verborgenen bleibt, um den Anderen, die noch den Vordergrund benötigen, Platz zu geben. Gern also kann ein Meister einfach nur ein Zuhörer sein, der die Antworten auf die Fragen der Anderen wahrnimmt und dabei seinen eigenen Reifegrad im Spiegel wahrnimmt.

Nicht selten habe ich damals mein Ego als kleinen, grinsenden Schelm erkennen können. In jedem von uns steckt ein Schüler und Meister zugleich. Und das bedingt nun einmal eine Begegnung auf Augenhöhe und das Akzeptieren von „Wissen“. Wie hoch oder tief wir bereits auf dieser „Augenhöhe“ stehen, ist daran erkennbar, inwiefern wir uns an der Natur orientiert. Leben wir schon im Einklang mit der Natur, haben wir damit begonnen, ihr auf Augenhöhe zu begegnen? Würden wir ihr auf dieser Ebene begegnen, würden wir sicherlich eine bestimmte Maxime aus unseren Köpfen verbannen: „…macht euch die Erde Untertan…“. Erst gestern habe ich mich gefragt, als ich wieder über „das auf Augenhöhe sein“ meditierte, ob ich mich denn ernsthaft als ein Medium bezeichnen könnte, welches „besser“ als ein anderes sei? Ich kam zu dem Schluss, dass dem nie so sein könne, denn das Wort „besser“ müsste – wenn überhaupt – ersetzt werden durch „geübter“ und dadurch in der Summe der Übungen als „erfahrener“.

Auf „Augenhöhe“ zu sein, ist für mich auch erkennbar, wenn ich an ein Medium denke, welches ich kürzlich kennenlernen durfte. Sie wurde – wie wohl auch ich – quasi im Vorbeiflug zu einem hervorragenden Medium, dessen Fähigkeiten nicht durch ein Lehrbuch oder Studium gebildet waren, sondern durch das Leben als Gabe vergeben worden war – ohne bewusstes Zutun. Wie ich später erfuhr, wissen tatsächlich die Mehrzahl der mir bekannten Medien anfänglich nicht einmal, warum sie als Kinder oder Jugendliche irgendwie „anders“ waren und Dinge „fühlten“ und sogar im Vorfeld „erahnten“, die in der Außenwelt offenbar keine Rolle spielten. Für sie selbst aber waren diese Dinge – ob nun bestimmte Vorahnungen oder auch Bilder und Botschaften weit aus der Vergangenheit – so alltäglich und normal wie die aufgehende Sonne. Einige von ihnen sagten mir, dass sie sich aber nicht selten als von Eltern, Lehrern oder Mitschülern ausgegrenzte Außenseiter fühlten. Bei mir war das nicht so, denn ich war ein Heranwachsender, der versuchte, seine Jugend mit allen Möglichkeiten zu bereichern. Hier hatte Reflexion und eine Besinnung auf das, was das Leben ausmacht, auf den ersten Blick keinen Platz. Natürlich rüttelte auch mich ein Erlebnis der besonderen Art aus diesem Rausch der Jugend auf. Ich erinnere mich genau, dass ich einmal meinen Großvater in seinem Auto habe fahren sehen und er mich sehr lange – fast meinte ich, es wäre böse – ansah. Später stellte sich heraus, dass es sein Kummer war, der in dem Blick gelegen hatte. Ich sah das Auto in seinen Details, roch die typischen Abgase des orangefarbenen VW Käfers mit dem Plöner Kennzeichen meines Großvaters. Es hatte in meiner Realität stattgefunden, es war für mich Realität. Das Erstaunliche aber war, dass mein Großvater zu dieser Zeit tausend Kilometer von mir entfernt in seinem Wohnzimmer stand und exakt zu dieser Uhrzeit mit meiner Mutter telefonierte, um ihr eine sehr traurige Botschaft seines Bruders zu überbringen. Ich ignorierte dieses Ereignis damals, aber etwas „spooky“ kam mir diese Begegnung mit dem Übersinnlichen schon vor. Man redete jedoch nicht darüber, denn dies würde womöglich als die kleinen Hirngespinste eines Jungen, der sonst eigentlich keine Gespenster sah, abgetan. Mir war nicht klar, dass diese Erscheinung eigentlich der erste für mich wahrnehmbare Hinweis auf Informationen der anderen Art war und dass ich später solche Begegnungen sogar als Hilfestellung anbieten würde, um damit Menschen zu helfen, die sich Antworten aus dem Jenseits erhofften. Heute weiß ich, dass die Kraft, die den „Kanal“ zur Matrix aufschließt, nicht mit einem Griff in die Steckdose freigesetzt wird. Die Energie folgt ihrer eigenen Logik und entscheidet selbstständig, wann ein Mensch geeignet ist und wann nicht. Nützliche Hilfsmittel aber sind in jedem Fall Demut und Geduld, die Übungsfelder eines jeden Mediums. Bei dem einen öffnet sich dieser Kraftfluss schon als Kind, bei einem anderen als alternder Mensch und bei manchen erst in einem nächsten Leben. Ich hatte zwar bis vor einiger Zeit noch keine Statistik über Medien gelesen, aber ich wagte die Aussage, dass die meisten Medien ihre Gabe eher zufällig – ja fast spontan – erhalten oder erfahren haben. Entweder als sukzessiv ansteigender Durchbruch, oder – wie bei mir – durch eine eigene Nahtoderfahrung mit einem gewaltigen Tamtam. Ich habe noch kein Medium gesprochen, dass aufgrund von materiellen Beweggründen entschieden hätte, ein Medium werden zu wollen. Wenn die Menschen allerdings wüssten, wie reich solche Medien sind, dann würden viele Menschen ein Medium werden wollen.

Für mich stand früher die Frage im Raum, was Reichtum für mich hieß und welche besondere Bedeutung hierbei das Materielle einnehmen würde. Wie konnte sich bei mir die Fähigkeit entfalteten, den Reichtum mit anderen Augen zu sehen? Zuerst stocherte ich buchstäblich im Nebel und ließ noch sehr viel Zweifel an meiner eigenen Fähigkeit zu. Ich war wenig präzise in meiner Ausrichtung und Überzeugung. Auch war der Zweifel zu dieser Zeit angebracht, denn ich überprüfte ständig die Blickrichtung und die Entfaltung und nährte damit mein Ego, welches bei meinen ersten Schritten auch immer reichlich gefüttert werden wollte. Daher war die Bestätigung von außen immer sehr wichtig. Mit ein wenig Distanz erkenne ich heute, dass meine Nachfragen bei den Klienten, ob die Deutungen und Botschaften „richtig“ gewesen wären, ein wichtiger Beleg dafür waren, dass ich mich bewusst entwickeln wollte und auch heute noch bestrebt bin, mich immer weiter zu entwickeln. Mich stört es nicht, wenn ich das zugebe, denn selbst Großmeister fallen manchmal in den Egoschlamm und fragen nach, ob die Botschaften denn auch zutreffend seien. Doch wenn diese Rückfragen nicht als Zeichen erkannt werden – beispielsweise dafür, einmal die eigene Entwicklung zu überprüfen oder sich schlicht einmal mehr ICH-Zeit zu gönnen – kann die Qualität der medialen Arbeit darunter leiden. Durch die Unklarheit zwischen dem unbewussten Medium und dem zweifelnden, wahrnehmenden Menschen verwischten zwangsläufig die Botschaften, die sonst einfach ungehindert durch den Kanal gesprudelt wären. Für mich gibt es keine richtige oder falsche Methode, wenn ich dem Herzen folgte, also war ich mir sicher, meinem Impuls richtig gefolgt zu sein. Ich bin der Meinung, dass meine Wahrheit und Gabe durch die Erfahrungen und den Austausch mit den Anderen präzisiert und verfeinert wird. Ich halte es auch nicht für falsch zu versuchen, ein statisches Wissen weiterzugeben, ohne dabei die Entwicklung ausreichend zu würdigen. Die Dynamik kommt in das Wissen, wenn es auf einen anderen Menschen trifft und entwickelt sich dort vielleicht weiter. Aus einer statischen Momentaufnahme wird eine dynamische Betrachtung, die sich kontinuierlich weiterentwickelt.

Wenn ich heute zurückblicke, dann zeigten sich noch vor nur wenigen Lebensjahren ständig neue Wege bei den Behandlungen. Oft musste ich mich bei den Durchgaben umblicken und im Diesseits bei dem zu Behandelnden nachfragen, weil sich für mich das Diesseits und das Jenseits als EINS vermischten. Ich war irgendwann nicht mehr in der Lage, zwischen beidem zu unterscheiden, denn ich fühlte lediglich die Energie, die sich letztlich als „Spark“ komprimierte und das ganzheitliche Wissen in sich trug. Das Jenseits war nicht mit dem bloßen Auge und den Ohren erfassbar, sondern es schloss sich mir an und ich übernahm quasi die Botschaft als Wissen. Selbst wenn es nicht auf den ersten Blick passte, so machte es manchmal zu einem späteren Zeitpunkt durchaus einen Sinn. Und so übermittelte etwa ein Jenseitskontakt das Bild von einem Hund an der Leine oder einer schwarzen Uhr an der Wand, während der Empfänger der Botschaft leider nur ein paar Kindheitserinnerungen in sich trug und gerade dieses Bild von Hund oder Uhr nicht spontan abrufen konnte. Wichtig erschien mir auch, dass ich in diesem Punkt die Distanz wahren konnte und musste, denn oft konnte ich Unfälle fühlen, den Geschmack von Blut tatsächlich schmecken oder meinte, das wäre der tatsächliche –menschliche- Eindruck gewesen. Aber sobald dieses Zeichen von mir richtig interpretiert wurde, verschwand es wieder aus dem „Wissen“ und nicht selten konnte ich mich später nicht mehr an das Gesagte oder Gefühlte erinnern. Also selbst meine Gestik und Mimik gehörte zu der Übermittlung der Botschaften aus dem Jenseits. Interessant war für mich auch, dass ich sozusagen Zugriff auf das kollektive Wissen in einem bestimmten Punkt hatte, welches mir die Seele – hier von Person zu sprechen fällt mir schwer in diesem Zusammenhang – in einem Moment übermittelte. Sicherlich waren die Botschaften jeweils für die Person individuell und daher verschlüsselt, aber zugleich waren sie auch für die Gesamtheit des Jenseits und des Diesseits jederzeit einsehbar. Uns Menschen fehlt generell, und wohl auch glücklicherweise, die Fähigkeit dieses kollektive Wissen zu kontaktieren, denn wir sind noch nicht in der Lage, mit der Intensität und Macht der Informationen umzugehen. Was wir derzeitig sozusagen trainieren, ist der Umgang mit der Freizügigkeit und Grenzenlosigkeit der privaten und intimen Informationen im Internet und müssen leider erkennen, dass viel Profit daraus gezogen wird. Vielleicht – mein vertrauenswürdiges Tagebuch – wird dieser Eintrag einmal eine historische Auswertung erhalten? Feinstofflichere Informationen – z. B. der Aura – konnte ich leider nicht sehen, sondern nur „scannen“. Diese Vorstellung vom Scan, mit meiner Hand über den erweiterten Körper zu gleiten und Blockaden zu ertasten, war wohl ein privates Relikt aus meiner eigenen Kindheit, in der ich meinen ersten Flachbettscanner dazu verwendete, Bikini-Girls aus einer bekannten Jugendzeitschrift einzuscannen, um sie dann auf 3 Disketten abzuspeichern und sie stolz in der Schule kopieren zu lassen. Ich konnte offenbar durch meine Naivität tatsächlich als Heil-Medium fungieren und –einem Flachbett-Scanner gleich- etwas „abtasten“, verarbeiten und kommunizieren. Ich wusste irgendwie, dass Energie floss und sah quasi von außen einfach nur zu, was passierte. Allerdings ist das auch schon fast zu viel gesagt, denn ich muss zugeben, dass ich meist nichts davon mitbekam und das, was passierte, war so sehr verschlüsselt, dass nur der Behandelte etwas damit anfangen konnte. Ich wusste meist nur, wann es an der Zeit war zu sagen: „Fertig!“

Ich habe erst in den letzten Monaten meines vierzigsten Lebensjahres meine Wahrnehmung verfeinern können und durch Träume einen Ort gezeigt bekommen, der für mich heilig schien und an dem die Energie wieder erstrahlen würde, wenn der Glaube in das zurückgekehrt sei, was wir vor Urzeiten bereits wussten und respektierten. Wenn „höhere Wesen“ – wie man die Verstorbenen aus dem Jenseits auch gern bezeichnet – einen Kontakt durch ein Medium wählten, dann nahmen sie offenbar das Medium, welches für ihren Zweck am geeignetsten erschien und das in der Lage war, die eigene Vorstellungskraft, Fantasie und Wissen(schaft) außer Acht zu lassen. Damit war natürlich nicht sofort jeder Wissenschaftler ein Nicht-Medium, sondern es war angezeigt, dass ein Wissenschaftler in dem Moment der Übertragung nur Medium sein konnte, denn hätte er gleichzeitig versucht, die Informationsvermittlung wissenschaftlich belegbar zu machen, hätte sich eine Veränderung in seiner Aura gezeigt und womöglich hätte sich der Kanal sofort verschlossen. Viele sprechen noch heute davon, dass eine hohe „Frequenz“ der höheren Wesen der Grund dafür sei, weshalb nur die Person als Überträger in Frage kommt, die diese hohe Frequenz aufnehmen und wiedergeben könne. Diese komplizierte Beschreibung ist wiederum ein Code für etwas, das uns alle ständig umgibt. Der Blick auf ein GEN macht es deutlicher: Wie viel davon ist entdeckt und wie viel davon blieb noch verborgen? Wo ist also das Programm, das Interface zum Universum oder der Matrix, welches darüber entscheidet, ob ein Körper nun voller Leben ist oder leblos bleibt?

Mir die Frequenz als eine Farbe vorzustellen, kam dem näher, was es zu sein schien, aber es war auch die Reduktion auf das wahrnehmbare Licht. Die jeweilige Information, um die es ging, war schneller als Licht. Sie folgte keinen physikalischen Strukturen, sondern anderen Gesetzmäßigkeiten. Sie war so schnell da, als wäre sie nie weg gewesen. Sie war da, wenn der Gedanke an sie da war.

Liebes Tagebuchpapier, es ist aufregend, das jetzt zu schreiben, denn durch diese Vorstellung fiel es mir damals leichter, mir die Entstehung des Universums zu erklären, denn wenn es nie weg war, musste es auch nicht erst entstehen. Die Schilderungen über die Schöpfung bekam für mich einen völlig neuen Sinn. Oder anders gesagt: Wenn es kein Ende hatte, benötigte es auch keinen Anfang. Es kam nur auf den Zeitpunkt an, in dem ich es betrachtete. Genau an diesem Punkt setzte also ein Medium in der Arbeit mit einem medizinisch unheilbar Kranken an, der seine Selbstheilungskräfte betrachtete. Informationen aus der Gegenwart und Zukunft waren einfach da und waren nie weg! Galaxien waren einfach da, wenn ich nur daran dachte! Die Wirklichkeit erschaffte sich also selbst in dem Moment des Gedankens! Was für eine Entdeckung! Ich habe es wirklich so für mich erlebt. Und ich vertraue es Dir – Du strahlendes Papier - schwarz auf weiß an. Es war mein persönlicher Irrglaube, den ich mittlerweile abgelegt habe, dass eine Seele, wenn sie re-inkarniert war, für mich als Medium nicht mehr erreichbar sei. Sie war dann eben nur von einer rein menschlichen Darstellung übergegangen in ein – sagen wir einmal – Glühwürmchen, oder wie ich es wahrnahm, in ein „Spark“. Der Spark ist Teil des Ganzen und das Ganze ist Teil vom Spark oder eben meinem kleinen Glühwürmchen, das freudig im Wind tanzt und die Erde froh erleuchtet. Natürlich interessiert sich dieses Glühwürmchen namens „Spark“ für den Menschen und das Diesseits, wie es eben auch den oder die Götter interessiert, wie wir Menschen spielen. Ist doch auch logisch für Dich, mein schlaues Tagebuch. Oder?

Aus den Tagebüchern eines Inka Priesterschülers und Xervantes Indianers

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