Читать книгу Leben der Väter - Palladius von Helenopolis - Страница 6
ОглавлениеLeben der Väter (Historia Lausiaca)
Vorrede des Palladius
In diesem Buche steht geschrieben die Tugendübung und wunderbare Lebensart der seligen und heiligen Wüstenväter, damit jene, die einen himmlischen Wandel führen und den Weg zum Himmelreiche gehen wollen, angeeifert werden, ihnen nachzufolgen; auch der ehrwürdigen Frauen und der hochberühmten, vom Geiste Gottes getriebenen Mütter, die mit wahrhaft männlichem Mute den Kampfpreis strenger Tugendübung errangen, wird gedacht, damit jene, die nach dem Kranze der Enthaltsamkeit und Reinheit streben, durch ihr Vorbild angefeuert werden.
Wir wurden angeregt von einem überaus mächtigen, hochgebildeten, friedliebenden Manne, der voll inniger Frömmigkeit und Gottesliebe die Armen freigebig unterstützt und vermöge seiner hohen Würden und des edlen Charakters viele der auserlesensten Männer überragt und in allem durch die Kraft des göttlichen Geistes bewahrt wird. Dieser hat uns aufgefordert, vielmehr - um die volle Wahrheit zu sagen - trieb er unseren trägen Geist, sich mit der Tugendübung der heiligen unsterblichen Männer zu befassen, die unsere geistlichen Väter waren und Gott zu gefallen ihren Leib in harter Zucht hielten; die glänzenden Vorzüge der größten ausführlich zu schildern und ihm sodann den Bericht über das Leben dieser unbesiegten Streiter zu schicken. Dieser von himmlischer Sehnsucht erfüllte Mann ist der hochedle Lausus, durch Gottes Fügung Haupt der Leibwache des frommen, gottbegeisterten Kaisers.1
Wohl bin ich weder redegewandt noch in geistlichen Dingen erfahren, noch wert, das geistliche Leben der heiligen Väter aufzuzeichnen und scheute darum vor einer Aufgabe zurück, die soviel äußeres Wissen und geistliche Kenntnis erheischt und meine Kraft unendlich übersteigt; dennoch beseelte mich vor allem Ehrfurcht für den Tugendeifer des Auftraggebers; zugleich erwog ich den Nutzen der Leser; auch den Schaden, wenn ich aus kluger Berechnung nicht folgte. Darum übernahm ich mit allem Eifer den Auftrag, wagte mich, gestärkt durch die Fürbitte der heiligen Väter, an das Werk und schrieb gleichsam nur in kurzem Abriß die herrlichsten Taten und Wunderzeichen der tapferen Kämpen und großen Männer; doch nicht allein der hochberühmten Männer, die sich ausgezeichnet haben durch einleuchtendes Tugendleben, auch der seligen Frauen, die voll keuscher Zucht auf hoher Tugendstufe standen.
Der einen heiliges Antlitz ward ich selber zu schauen gewürdigt; den himmlischen Wandel jener, die schon früher den frommen Lauf vollendet hatten, erfuhr ich von anderen gottbegeisterten Streitern Christi. Viele Städte und Flecken, alle Höhlen und Hütten der Wüstenmönche hab’ ich frommen Sinnes zu Fuße besucht, teils nach eigener Anschauung, teils nach Mitteilungen der heiligen Väter in diesem Buche genauen Bericht erstattet von den Kämpfen, denen die großen Männer und solche Frauen, die männlicher waren als ihr Geschlecht, voll Hoffnung auf Christus sich unterzogen. Nun send’ ich ihn Dir, Lausus, Du Freund frommer Lesung, Du Zierde der besten gottesfürchtigen Männer, Du strahlender Schmuck des tiefgläubigen, gottliebenden Kaiserreiches, edler und getreuer Knecht Christi! Die glorreichen Namen aller Streiter Christi beiderlei Geschlechtes hab’ ich genannt und von ihren vielen herrlichen Siegen einiges in meiner einfältigen Art erzählt, meist mit Angabe des Standes, der Heimat und des Aufenthaltes.
Auch hab’ ich berichtet, wie Männer und Frauen, die zuvor ein sehr tugendhaftes Leben führten, durch Eitelkeit, die Mutter des Stolzes, in den tiefsten Abgrund geworfen wurden und in einem Augenblick alles verloren, was sie während langer Zeit in hartem Kampf errungen hatten; wie sie dann aber durch die Gnade unseres Erlösers, die Sorgfalt der heiligen Väter und ihre milde Barmherzigkeit den Schlingen des Teufels entrissen wurden und durch die Gebete der Heiligen wieder auf die nämliche Tugendstufe gelangten.
Brief des Palladius an Lausus
Ich lobe Deine Absicht - es ist ja passend mit einem Lobe den Brief zu beginnen - daß, während alle nach Eitlem haschen und steinerne Bauten errichten, von denen sie keinen Nutzen haben, Du selbst erbauliche Belehrung suchest. Denn nur Gott allein, der Schöpfer aller Dinge, hat nicht nötig, belehrt zu werden, weil er das Leben aus sich selber hat; dagegen müssen sich alle anderen Wesen belehren lassen, weil sie gemacht und geschaffen sind. Die auf höchster Stufe stehen, haben als Lehrmeisterin die hocherhabene Dreifaltigkeit; die der zweiten Stufe lernen von jenen der ersten; die der dritten von jenen der zweiten und so der Reihe nach bis zu den letzten; denn wer die anderen an Kenntnis und Tugend übertrifft, ist Lehrmeister für die Schwächeren. Wer dagegen wähnt, er habe keinen Lehrer nötig und liebevolle Unterweisung verachtet, krankt an Unwissenheit, die der Hoffart Mutter ist. Solche gehen auf die nämliche Weise zugrunde wie jene, die durch dieselbe Leidenschaft vom Himmel stürzten und jetzt als Teufel das Luftreich durchflattern müssen, weil sie den Lehrmeistern im Himmel den Rücken wandten. Nicht die Sorgfalt für Silben und Worte beweist, daß jemand Nutzen aus der Lehre zieht - darauf verlegen sich zuweilen auch grundverdorbene Menschen - vielmehr Fortschritt im Guten, Gleichmut, Unerschrockenheit, Mut und Milde mit Offenheit, die flammengleiche Beredsamkeit eingibt. Wenn es nicht so wäre, sagte nicht der große Lehrer zu seinen Schülern: “Lernet von mir, denn ich bin sanft und demütig von Herzen!”2 Damit gebot er den Aposteln durchaus nicht, kunstvolle Reden zu halten, sondern einen frommen Wandel zu führen, niemand streng entgegenzutreten außer jenen, die Lehre und Lehrer hassen. Denn wer seine Seele nach Gottes Willen in strenger Zucht hält, muß entweder getreulich erlernen, was er nicht weiß, oder deutlich lehren, was er kennt. Will er keines von beiden, so muß er von Sinnen sein. Wer abfällt von der Lehre, fühlt erst Unlust und Ekel am Worte, nach dem die gottliebende Seele dürstet. Darum sei mutig, stark und standhaft! Und Gott gebe Dir, daß Du zur Erkenntnis Christi gelangest!