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Geburtenrückgang nach der Wende
ОглавлениеGesellschaftliche Umbrüche können dramatische Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung nach sich ziehen. Das zeigen die Geburtenzahlen in Ostdeutschland nach der Wende 1989 besonders eindringlich.
Zur Vorgeschichte: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stieg die durchschnittliche Kinderzahl in beiden Teilen von Deutschland auf 2,5 Kinder pro Frau an. Mitte der 1960er-Jahre kam der »Pillenknick«: Wirksame und leicht zugängliche Verhütungsmittel sowie ein Wandel im Rollenbild der Frauen ließen die Gesamtfruchtbarkeitsrate zunächst im Westen auf etwa 1,3 sinken. Die DDR zog nach. Kurz vor der Wiedervereinigung betrug die Gesamtfruchtbarkeitsrate in beiden Ländern wieder rund 1,5.
In der ehemaligen DDR förderte der Staat junge Mütter weit mehr als im Westen. Trotzdem glich sich die Gesamtfruchtbarkeitsrate bis Ende der 1980er-Jahre an die in Westdeutschland an. Die Frauen in der DDR bekamen ihre Kinder in jüngerem Alter, sie hatten aber im Durchschnitt nicht mehr Kinder als die Frauen im Westen.
Im Zeitraum von der Wende bis Ende 1994 sank die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau in den neuen Bundesländern von 1,5 auf 0,8. Das ist der stärkste je zu Friedenszeiten beobachtete Rückgang (im Laufe der Jahre bis 2019 stieg die durchschnittliche Kinderzahl in Ost und West auf etwas über 1,5 an). Der Geburtenausfall im Osten wird in der nächsten Generation zu einem weiteren Geburtenausfall führen, da ja weniger Frauen geboren wurden, die nun Kinder bekommen könnten. Hinzu kommt eine Abwanderung von Frauen in den Westen.