Читать книгу THE BLACK - Der Tod aus der Tiefe - Paul E. Cooley - Страница 9

Kapitel 3

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Catfish saugte an seiner elektrischen Zigarette und hauchte eine Wolke Aerosol über dem Bürotisch aus. Shawna sah ihn entnervt an. Der Techniker mit der langen Mähne nuckelte ständig an dem Ding, seit der Führungsschacht wie geplant aufgestellt worden war.

Als die AUVs eine Tiefe von achtzehntausend Fuß erreicht hatten, waren sie dazu übergegangen, Funksignale zu senden. Catfish war gegen 0500 zum Frühstücken wachgeworden. Er hatte ein Weltklasse-Omelett hinuntergeschlungen, dazu drei Tassen Kaffee getrunken (den er eigentlich hasste) und sich dann auf den Weg zu den Gerätschaften gemacht, um nach seinen Babys zu sehen.

Sie waren auf ihrem Platz und warteten darauf, dass er ihnen weitere Anweisungen gab. Statt sie wieder hochzuholen, ließ er sie auf der Stelle verharren, während er das ROV hinunterschickte. Weil das ferngesteuerte Fahrzeug verkabelt war, konnte es große Datenmengen erfassen und mithilfe der Verbindung zurückschicken. Sobald es die Tiefen dicht über den fünf AUVs erreicht hatte, klinkte er sich nacheinander in alle Roboterdrohnen ein und ließ sie ihre Information auf das ROV übertragen.

Nun begann das Laden roher Fernmessdaten, Sensorberichte und zahlloser kurzer Videos in den Speicher des ferngesteuerten Vehikels, die so Tausende Fuß hinauf in Catfishs Konsolen gelangten. Wenn die AUVs ihren Transfer beendet hatten, zog er sich das ungeordnete Material per RAID auf den Computer. Seine Programme filterten und sortierten es anschließend nach Tiefe und Zeitpunkt.

Rein analytisch betrachtet gaben die Videos und Standbilder am wenigsten her; deshalb widmete er sich ihnen stets zuletzt. Sein PC verarbeitete die Messwerte und fing an, sie statistisch auszuwerten.

Während die Ergebnisse auf seinen Schirmen aufleuchteten, überflog er sie schnell, bevor er sie auf einen gemeinschaftlichen Server kopierte. Er war sich sicher, dass Shawna ebenfalls einen Blick darauf werfen wollte, ehe man sich anschickte, einen Bohrkern zu entnehmen. Er hatte recht gehabt – natürlich.

Es waren jedoch die Daten von Nummer 5, die ihn dazu bewogen, die Geologin zu sich zu rufen. Die Sonde hatte eine Reihe von Werten ihres Sonars und Wärmemessers als Anomalien markiert. Catfish war absolut schleierhaft, was er da sah, doch seine Kollegin konnte bestimmt etwas damit anfangen.

»Siehst du das?«, fragte er sie, indem er auf den Monitor ganz rechts zeigte.

Shawna betrachtete die Ausschläge und Scheitelpunkte des Graphen. Beim Entpacken der Binärdaten stießen Catfishs Programme auf Byte-Indizes für Anmerkungen, die von den Sensoren gemacht worden waren. Diese lasen sich glimpflich ausgedrückt unglaublich verwirrend.

Die Geologin räusperte sich. »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, Nummer 5 kam mit einem extrem großen Fisch in Berührung – etwas, das sich dort unten bewegt hat.«

Er schüttelte den Kopf. »Wir können die Videos und Standbilder gern alle einzeln durchgehen, aber ich halte das für ausgeschlossen. Da muss etwas Anderes passiert sein.«

Was Anderes, Bullshit. Catfish sah mal wieder Gespenster. Der Mann gab regelmäßig Fehlerteufeln die Schuld dafür, dass seine Programmcodes verbuggt waren, oder er führte es auf irgendeinen Unbekannten zurück, der angeblich an seinem Arbeitsplatz und seinen Plänen herumgepfuscht hatte. Shawna war es gewohnt, dass er sich lang und breit in paranoiden Verschwörungstheorien erging. Er mochte zwar ein Genie sein, war aber seelisch nur leidlich ausgeglichen.

Sie seufzte. »Hast du die Aufnahmen von Nummer 5 denn schon komplett zusammengetragen?«

»Ja und nein. Sie liegen wie alles andere in verschiedenen Ordnern, aber ich habe das Programm zum Kompilieren noch nicht laufenlassen. Das heißt, sie befinden sich noch auf dem Fileserver.«

»Okay«, erwiderte Shawna.

Sie ging zu dem gut beleuchteten Gerät neben ihm und nahm in dem teuren Bürosessel davor Platz. Nachdem sie sich eingeloggt hatte, tippte sie schnell über die Kommandozeilenschnittstelle, bis sie den Ordner für Nummer 5 geöffnet hatte.

Die Bilder und Videos waren nach Tiefe und Zeitstempel benannt. Die Aufnahmen mit zehn Frames pro Sekunde waren in Segmenten zu je fünf Sekunden abgespeichert worden. Sie zu sichten würde eine Heidenarbeit sein, doch sie wusste, dass nur die Analyse der Videos Catfish wieder auf die richtige Spur bringen würde. Denn hatte der Kerl erst einmal eine Systemstörung gefunden, ließ er alle anderen nötigen Tätigkeiten außer Acht, bis er das Problem gelöst hatte. Dies war eine von vielen charakterlichen Schrullen, die Shawna an ihm in den Wahnsinn trieben.

Sie suchte nach dem höchsten Wert für die Tiefe des Grabenbettes, um sich die entsprechenden Videos herauszupicken. Nummer 5 hatte fast vierzig Minuten lang bei 30.162 Fuß aufgenommen. Sie öffnete ein weiteres Fenster, rief so die sonderbaren Messwerte auf und schaute sich das zugeteilte Zeitintervall an. Schließlich nickte sie vor sich und startete den maßgeblichen Mitschnitt.

Statt gleißend heller Lichter von der Oberfläche des Bohrlochkopfs sah sie alles in seltsam gespenstisches Blau getüncht. Die neue Kameratechnologie für extreme Meerestiefen beruhte weder auf Wärmebild-Aufklärung noch auf traditionellen Methoden der Erfassung, sondern besaß eine spezielle Lichtfrequenz, die sie sogar im Stockfinsteren »sehen« ließen.

Im Gegensatz zur Schwarz-Weiß-Fotografie gewährte das Blaulicht viel mehr Kontrastnuancen, sodass Details in den fließenden Farbübergängen nicht so leicht verlorengingen. Sand und Gestein rings um den Bohrlochkopf waren klar erkennbar. Der Bereich sah während der Wiedergabe unberührt aus, doch dann gab es plötzlich einen Sprung.

Shawna stutzte. Das Video begann wieder von vorn, ohne dass sie eine Taste gedrückt hatte, nun jedoch mit einem Bild pro Sekunde. Nummer 5 schwebte mehr oder weniger ruhig auf der Stelle, doch dies bedeutete nicht, dass die Szene nicht ein wenig verwackelte. Selbst in jener Tiefe führte das stete Hin und Her des Wassers dazu, dass die Sonde ihre Position immer wieder unmerklich veränderte. Die Kameras waren zwar auf Lafetten montiert, die Bewegungen kompensierten, aber perfekt funktionierte das Ganze trotzdem nicht.

Als das Video Frame 23 erreichte, konnte Shawna den Sprung mitverfolgen. Sie drückte schnell die Leertaste, um das Bild einzufrieren.

Nummer 5 war an Ort und Stelle geblieben, doch die Kamera zeigte nun ruckartig nach oben, als sei sie von einer plötzlichen Welle herumgeschwenkt worden. Aber schon im nächsten Frame zeigte sie wieder in die gleiche Richtung wie zuvor.

Die Geologin zog die Augenbrauen zusammen. »Catfish?«

»Was ist?«, fragte dieser, ohne mit dem Tippen aufzuhören.

»Können wir die Kamera von Nummer 5 überprüfen? Da ist etwas komisch.«

Er drehte sich kurz zu ihr um. »Was meinst du mit komisch

»Na ja«, hob sie an. »Ich habe mir die Aufnahmen aus diesem Zeitrahmen genau angeschaut. Anscheinend veränderte sich die Kameraeinstellung, obwohl sich das AUV nicht bewegt hat.«

Catfish blinzelte. »Was?«

»Ernsthaft«, bekräftigte Shawna. »Komm her.«

Im Raum wurde es abgesehen vom Brummen der Computerlüftungen still. Catfish rollte seinen Sessel langsam neben den seiner Kollegin. »Okay, dann zeig mir was, das ich noch nicht gesehen habe.«

Sie bewegte den Cursor zurück an den Anfang und startete das Video erneut bei normaler Geschwindigkeit. Catfish schaute gebannt zu. Als das Bild von einer Einstellung zur nächsten sprang, machte er große Augen. »Zeig’s mir noch einmal, aber dieses Mal in Zeitlupe.«

Shawna kehrte abermals zum Beginn zurück und ließ es einmal mehr mit einem Frame pro Sekunde laufen. An der betreffenden Stelle saugte er geräuschvoll an seiner Unterlippe. Sie drückte wieder auf Pause und wandte sich ihm zu. »Na, was hältst du davon?«

Er zuckte mit den Schultern. »Das ist wirklich komisch.« Er wisperte die Worte beinahe verstohlen, doch ein Lächeln umspielte seinen Mund. »Ich habe noch keine Kamera erlebt, die so etwas tut.«

»Interferenzen der Sensoren?«

Das schloss er kopfschüttelnd aus. »Falls dem so wäre, hätten wir es schon einmal gesehen. Außerdem würden dann auch die restlichen Videos und Standbilder die gleiche Störung aufweisen.«

»Wer sagt denn, dass sie das nicht tun?«, gab Shawna zu bedenken. »Ich glaube, wir müssen uns erst noch alle anderen ansehen, vielleicht tritt der Fehler dann ja wieder auf. Wie viele Anomalien hat Nummer 5 denn insgesamt verzeichnet?«

»Sieben«, antwortete Catfish.

Sie seufzte erneut. »Wie gut, dass der Führungsschacht erst in ein paar Stunden ganz hinuntergelassen wird. Sobald der Schlick hochkommt, werde ich an meinen Platz gefesselt sein.«

»Blablabla«, meinte Catfish.

Sie boxte gegen seinen Arm, woraufhin er fluchte. »Ganz richtig, Mr. Computer, denn du musst ja schließlich keinen hundert Meter langen Bohrkern untersuchen, wenn sie das verdammte Ding herausgezogen haben.«

»Nun ja, das ist doch auch dein Job, oder?«, hielt er dagegen.

»Man beendet Fragen nicht mit oder, oder?«, meckerte sie, was er lediglich mit einem geringschätzigen Seitenblick abtat. »Jawohl, Catfish, das ist mein bescheidener Job.«

Nun lachte er. »Warum kannst du nicht einfach beschissen sagen, und fertig?«

Sie drehte sich im Sessel zu ihm um. »Weil ich eine Lady bin!«

Er hob beide Hände und setzte ein Grinsen auf. »Würde nie etwas Anderes behaupten.«

»Und daran tust du auch gut«, erwiderte sie. Ihr empörter Blick wich schnell einem sanften Lächeln. »Andernfalls würde ich dir nämlich in deinen beschissenen Arsch treten.«

***

Die Crew war nun mit dem Zusammenbau des Bohrschachts für die Entnahme der Kernprobe fertig. Sie hatte über sechshundert Rohrelemente miteinander verbunden, um den Meeresgrund erreichen zu können. Jetzt waren sie endlich dort angelangt. Das Bohrteam musste jetzt nichts weiter tun, als Stützmittelflüssigkeit in die Tiefe zu pumpen, die Schraube zu starten und zu warten.

Die Spitze des Bohrers befand sich vergleichbar mit der Spindel eines Schallplattenspielers in der Mitte eines kreisrunden Mechanismus aus Stahl mit einem breiten Durchmesser. Das sichtbare Hauptrohr war mit Tanks voller Flüssigkeit verbunden. Diese strömte dann bei Beginn der Bohrung durch den Schacht nach unten, um die Schraube zu schmieren und zugleich Sedimentgestein sowie andere Partikel – prosaisch Schlick genannt – nach oben zu drücken. Anschließend fing der riesige Plattenteller an, zu rotieren, und der Bohrer drang infolge der Zentrifugalkraft in den Meeresboden ein. Das diamantbesetzte Kernstück schnitt einen hundert Meter langen Zylinder aus dem Felsen des Schelfs. Während des Vorgangs stieg der Schlamm durch das Rohr hinauf in ein Rücklaufbecken. Die Crew musste ihn danach sieben und filtern, damit Shawna und Harobin, der die Auslesebögen bewertete, die Ergebnisse analysieren konnten.

Sobald die Schraube ihre Zieltiefe erreicht hatte und der Bohrkern gewonnen war, sollte die Mannschaft den hundert Meter-Kolben aus Stein und Erde durch den Schacht hinaufholen. Dann würde man den Kern entnehmen und Shawna zur Untersuchung überlassen, damit sie zu einem Urteil gelangte: Hatte man Aussichten auf schwarzes Gold oder nur eine Niete gezogen?

Calhoun blickte hinaus auf das offene Meer. Die ungleichmäßigen Wellen schäumten unter bauschigen, weißen Wolken. Das heftige Unwetter, von dem sie auf dem Ozean verfolgt worden waren, hing immer noch dort draußen, bewegte sich aber nicht mehr auf Leaguer zu, und das war eine gute Sache.

Er langte wieder in seine Brusttasche und nahm eine minderwertige Zigarre heraus. Deren Ende war dunkel und feucht, nachdem sie am Morgen schon zu lange zwischen seinen Lippen geklemmt hatte. Eine der edlen hatte er bei Tagesanbruch geraucht, während die Sonne langsam am Horizont aufgestiegen war. So eine Einfache, wie er sie nun in der Hand hielt, würde er nie konsumieren; diese war zum Kauen vorgesehen.

Sobald er sie in den Mund steckte, spielten seine Zähne damit. Er rollte sie in gespannter Erwartung von einem Mundwinkel in den anderen. Jedes Mal, wenn eine Crew mit dem Bohren anfing, konnte so unendlich viel schiefgehen. Die Anschlüsse der Rohrelemente könnten nicht halten, die Flüssigkeit würde vielleicht nicht bis zur Spitze gepumpt werden, oder die Schraube könnte plötzlich brechen. Und im schlimmsten Fall öffnete man aus Versehen einen Gaseinschluss.

Calhoun hatte Fotos von Förderplattformen gesehen, deren Betreiber unerwartet auf riesige Erdgas- oder CO2-Reservoirs gestoßen waren. In solchen Fällen entwich deren Inhalt schlagartig durch den Schacht oder verursachte eine Explosion, die eine gewaltige Druckwelle nach sich zog. Und wie konnte es dann noch schlimmer kommen? Indem sich eine Blase bildete!

Eine Plattform war von einer solchen einmal vollständig zerstört worden. Als deren Personal bemerkt hatte, dass es auf eine Gasansammlung gestoßen war, hatte sie den gesamten vor Ort verfügbaren Gussbeton ins Rohr geschüttet. Dadurch war das Gas zwar wieder eingeschlossen und die Sprengung des Bohrlochkopfs vereitelt worden, doch dafür hatte es einen Teil des Meeresbodens aufgerissen. Eine dicke Gasblase war aus dem gespaltenen Tiefseegraben gequollen und anschließend zur Oberfläche aufgestiegen. Sie hatte die Bohrinsel, einen sogenannten Halbtaucher, mit solcher Wucht im schrägen Winkel erfasst, dass die Konstruktion ins Wanken geraten war und sich komplett zur Seite geneigt hatte. Von diesem Moment an war ihr Schicksal besiegelt gewesen.

Der Ballast, der sie über Wasser gehalten hatte, war auf einer Seite stärker geflutet worden als auf der anderen. Außerstande, sich von selbst wieder aufzurichten, war sie immer weiter gekippt. Zu diesem Zeitpunkt, als es den Versorgungsschiffen gelungen war, die Plattform zu evakuieren, hatte sie 25° Schlagseite … und eine Stunde später? War sie vom Meer verschluckt worden – einfach weg, während einzig Holztrümmer und Abfall die Stelle markiert hatten, an der sie verschwunden war.

Und wie lange hatte das alles gedauert? Nur fünf Stunden! Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne war eine Investition von achthundert Millionen Dollar auf den Ozeanboden gesunken, und dieses Unglück hatte sich nicht weit entfernt vom Festland in nur zweitausend Fuß tiefem Wasser zugetragen.

Sollte etwas Ähnliches hier draußen mitten im Nirgendwo passieren, musste die Crew einen Wettlauf gegen die Zeit antreten, um die Insel in Rettungsbooten zu verlassen. Automatische Notsignale würden aktiviert werden, woraufhin Hubschrauber und Hilfsschiffe zur Rettung eilen würden, doch diese erfolgte nur, wenn man die Gelegenheit dazu bekam, von der Anlage zu flüchten.

Calhoun machte sich keine Sorgen um eine etwaige Explosion; immerhin waren sie keine Stümper wie BP und wussten, wie man einen Bohrlochkopf mit funktionsfähiger Absperrvorrichtung ausstattete. Solchen Deppen dürfte man normalerweise nicht einmal erlauben, mit Öl zu braten, geschweige denn, es zu fördern und zu raffinieren.

Bei PPE trachtete man nach schwarzem Gold, war aber auch klug genug, um den Unterschied zwischen der Vorsicht geschuldeten Verzögerungen und dem Risiko zu kennen, unbekümmert drauflos zu bohren. Vor Vertragsabschluss mit dem Konzern hatte sich Calhoun die Erfahrungsbilanz der Beteiligten angeschaut; hierbei handelte es sich um PPEs ersten Vorstoß in die Tiefsee. Das hieß, sie wollten unter gar keinen Umständen Gefahr laufen, ihr neues Spielzeug zu verlieren. Ansonsten hätte er sich nie auf das Projekt eingelassen, egal wie viel dabei herausgesprungen wäre, denn Geld konnte man schließlich nicht mehr ausgeben, wenn man tot war.

Auf einmal knackte der Lautsprecher. »Steve Gomez, bitte auf der Brücke melden.«

Der kleine Latino mit dem hellroten Sicherheitshelm ging von der Drehscheibe zu einem Telefon, das an der Wand angebracht war. Er nahm den Hörer ab, sprach ein paar Worte hinein und drehte sich dann zu den Männern auf der Ebene um. Während er die Sprechmuschel zuhielt, gab er ihnen mit einem Daumen grünes Licht.

Calhoun setzte seinen Gehörschutz auf und zog ihn sich über die Ohren, als die Pumpen lautstark ihren Betrieb aufnahmen. Die Flüssigkeit begann nun ihren langen Abstieg zur Schraubspitze. Der Ingenieur sehnte sich nach dem Dröhnen der Drehscheibe, wenn sie beim Bohren rotierte, doch bis das so weit war, sollte noch etwas Zeit vergehen; zuerst musste alles gewissenhaft vorbereitet und geschmiert werden.

Die Crew stand zwischen den Pumpen und der Scheibe verteilt. Man betrachtete Messanzeigen und achtete auf Warnlampen. Vraebel und Terrel, sein leitender Offizier, würden oben auf der Brücke das Gleiche tun. Catfishs AUVs schwirrten wahrscheinlich schon dort unten um die Bohrstelle herum, nahmen Bilder auf und überwachten die Systeme. Falls etwas falsch lief, erhielten sie wenigstens gute Filmaufnahmen.

Nichts wird falsch laufen, redete sich Calhoun ein. Da unten wartet nur schwarzes Gold darauf, dass wir es hochholen.

***

In der aphotischen Zone herrscht fast vollkommene Geräuschlosigkeit. Der Wellengang dreißigtausend Fuß oberhalb des Meeresbodens schlägt sich so tief unten kaum bis gar nicht nieder. Die Fauna lebt praktisch im Stillen, die einzig gestört wird, wenn ihre Flossen beim Schwimmen das Wasser verdrängen oder ihre Zähne Beute schnappen.

AUV 5 konnte nichts hören, denn dafür waren keine Sensoren eingebaut worden. Allerdings vermochte es, den Strom der Flüssigkeit durch den Bohrschacht wahrzunehmen. Seine Wärmefühler erkannten den Temperaturwechsel des Rohrs und begannen, ihn aufzuzeichnen. Ohne sich in der vollkommenen Dunkelheit zu bewegen, sendete es erste Schallsignale aus, um die Bohrstelle auszuloten. Seine Kameras sprangen an und starteten die Aufnahme von Videos, wobei sie auch Schnappschüsse nahmen.

Sein Thermosensor stieß auf ungewöhnliche Wärmeaktivität in der Nähe des geplanten Auftrittspunkts. Das Fahrzeug stellte die Kamera in diesen Bereich scharf, verzeichnete die Werte als anomal und setzte anschließend seine Erkundung fort. Die Flüssigkeit wirbelte durch den Führungsschacht, als sie zum Bohrer hinunterströmte, und wurde durch einen anderen Teil des Rohrs wieder nach oben gepresst.

Während der Roboter nur wenige Fuß über dem Ozeangrund schwebte, aktivierte er seine Magnetsensoren im Rahmen eines Unterprogramms. Damit sollte er nach Rissen oder Unregelmäßigkeiten suchen, sobald die Schraube anfing, sich ins Gestein und die Erde zu bohren. Falls etwas aus den Fugen geriet, konnte die Besatzung der Plattform die Daten auswerten und erfuhr so, ob der Grund ein mechanischer Fehler oder Schäden an der Bohrstelle waren.

Hätte man AUV 5 mit Hörsensoren ausgestattet, wäre es in Aufruhr versetzt worden, als die dreißigtausend Fuß lange Rohrkonstruktion in Bewegung geriet. Der tiefe Schacht drehte sich kaum wahrnehmbar im Uhrzeigersinn; das sagenhafte Gewicht des Bohrgestänges hielt die Spitze auf Fels und Sand gedrückt. In gleicher Weise, wie sich die Drehscheibe bewegte, taten es auch der Schacht und die Schraube. Nummer 5 hätte gehört, wie der Diamant den Stein zerstäubte.

Wenige Meter weiter in der ruhigen Tiefe des Meeres geriet ein Riff von Kalkröhrenwürmern in Wallung. Die Fangarmen ähnelnden Organismen neigten sich nun dem Ursprung der Vibration zu. Ob dies reflexartig oder aufgrund eines intuitiven Bewusstseins von Gefahr geschah, würden wir wohl nie erfahren.

AUV 2 war genau über diesem Riff positioniert. Es drehte sich langsam nach unten, um Fotos von der Fauna zu schießen und Videoeindrücke festzuhalten. Seine Hauptaufgabe bestand darin, die Bohrstelle zu beobachten, doch in dem Moment, als die Würmer auf die Bohrung reagiert hatten, war eine untergeordnete Programmroutine in Gang gesetzt worden. Selbst in der Finsternis der Mitternachtszone fiel ihr Schwanken seinen Bewegungssensoren auf.

Es beschoss die Gewebetiere mit seinem Sonar, worauf sie ansprachen, indem sie sich nach der Sonde ausstreckten, wenngleich diese weiterhin einen sicheren Abstand wahrte. Falls sich später jemand die Zeit nahm, das Video zu betrachten, würde sich das Verhalten der Würmer darin zeigen. AUV 2 markierte in seinem Log, wann und wo die Lebewesen auf den Bohrvorgang reagiert hatten.

Weit über dem Meeresgrund rotierte die Drehscheibe weiter. Flüssigkeit wurde aus dem Rücklaufbecken nach oben gespült und direkt wieder am Gestänge nach unten gepresst, um die Schraube zu schmieren und das Loch zu verschließen, während ein dünner Zylinder aus dem Bett geschnitten wurde. Bis zum Ende der Kernbohrung sollten noch Stunden vergehen. Die AUVs verrichteten weiterhin ihre Aufgabe, das Gebiet sensorisch abzutasten und zu filmen. Sie hörten das unterirdische Ächzen zwar nicht, doch ihre Messfühler zeichneten es auf.

Die langen Würmer schüttelten sich, als würden sie frösteln.

***

Die Plattform dröhnte lauter als die Lüftungen der Computer, die Klimaanlage oder das Gespräch unter den Männern. Ihre Pumpen waren aktiv, die Scheibe drehte sich weiter, die Crewmitglieder an den Monitoren widmeten sich ihren jeweiligen Aufgabenbereichen. Vraebel, der gerade seine siebte Tasse Kaffee locker in der linken Hand hielt, ließ sich zu einem leichten Lächeln hinreißen.

Gomez hatte schon zwei Mal Bericht erstattet, um ihnen mitzuteilen, dass es wie am Schnürchen liefe, und um sich zu vergewissern, dass niemand eine Warnung herausgegeben hatte. Der Aufseher freute sich, dem Schichtführer sagen zu können, dass alles in Ordnung sei, und ihm aufzutragen, dass sie weiter bohren sollten. Seine Männer waren gut, und das galt auch für Calhouns Bohrer. Man hatte bereits zwei zusätzliche Rohrsegmente ans Gestänge fügen müssen. Der Kern wurde in Rekordzeit ausgefräst, was aber nicht etwaiger Hast zu verdanken war, sondern einzig der hervorragenden Schraube.

Bei Gelegenheit würde er den Ingenieur mal fragen müssen, was daran so besonders war, doch bis auf Weiteres nahmen ihn seine Bildschirme so sehr in Beschlag, dass er nicht mehr getan hatte, als kurz daran zu denken. Die Displays des Steuerelements für den Bohrer leuchteten über den Fenstern der Brücke. Sie zeigten eine grafische Darstellung des Gestänges, während es in den Meeresboden getrieben wurde. Ein anderer Monitor ließ Gesteinsdaten durchlaufen. Das Gestänge war bereits zwanzig Fuß unter den Grund gelangt und stieß rasch weiter vor. Noch rund dreihundert Fuß, dann hatte die Crew die Kernprobe gelöst und würde sich dem langwierigen Vorgang widmen können den Zylinder zu bergen.

Calhoun saß währenddessen mit seinem gesamten Team in der Bohrzentrale. Vraebel war sich ohne jeden Zweifel sicher, dass der Ingenieur und sein Personal ebenfalls auf die Monitore starrten und die Rohdaten sichteten, die am Schacht zurückgegeben wurden. Digitalmesser zeigten unaufhörlich Pumpdruck, Flüssigkeitsverbrauch und Näherungswerte für den Fortschritt der Schraube an. Diesen Teil seines Jobs mochte Vraebel am liebsten – dabei zuzuschauen, wie sich das Gestänge langsam zu einer Ölquelle vorarbeitete.

Auch trotz der Geschwindigkeit, mit der dieses Gerät es schaffte, war das Ende erst in mehreren Stunden absehbar. Als er die Ergebnisse der seismischen und magnetischen Auswertung zum ersten Mal gesehen hatte, war ihm aufgefallen, dass Sigler mehrere Bereiche im Graben mit »optimale Bedingungen für eine Kernbohrung« gekennzeichnet hatte. Die Geologin verstand offensichtlich etwas von ihrer Arbeit, denn er hatte noch nie erlebt, dass Bohren so einfach sein konnte.

Er schaute hinunter auf den Computerbildschirm und die Nachrichtenfenster. Aus der Bohrzentrale gaben Harobin und Sigler gerade denjenigen Anweisungen, die den Bohrer steuerten. Vor einigen Jahren wäre das unmöglich gewesen, doch mithilfe der neuen Sensoren konnten die Geologin und ihr Gesteinsexperte die Beschaffenheit der Bohröffnung fast in Echtzeit auswerten. Harobin analysierte den Schlamm, während sich Sigler einen schnellen Überblick der Geodaten verschaffte, um sicherzugehen, dass man gerade auf nichts stieß, was die Schraube zerstören könnte.

Vraebel schlürfte weiter seinen Kaffee. Er saß mit durchgedrücktem Kreuz im schwarzen Chefsessel und würde sich nicht eher zurücklehnen, um sich zu entspannen, bis sie den Kern ausgehoben hatten. Am Ende der Wache würde ihm allerdings der Rücken wehtun, und seine Gelenke könnten ihm das Gefühl vermitteln, in einem Stahlsarg eingeschlossen gewesen zu sein.

***

In der Bohrzentrale unterhielt man sich nur gedämpft. Shawna saß an ihren Monitor gefesselt da, während sie das Gemisch aus Partikeln untersuchte, das im Kreislauf heraufkam, während der Analyst Harobin weiter Markierungen vornahm. Auslesedaten ratterten auf einem ihrer vier Bildschirme hinunter, die anderen drei zeigten topografische Karten, die auf den magnetischen und seismischen Untersuchungen von einigen Monaten beruhten.

Plötzlich ging ein Fenster mit einem Bohrmesswert auf. Shawna schüttelte den Kopf. Die Bodenbeschaffenheit hatte sich verändert. Die ursprünglichen Daten, die aus ihren Untersuchungen hervorgegangen waren, stimmten plötzlich nicht mit dem überein, was die Geologin nun las. Sie rügte sich dafür, die Videos der AUVs nicht gründlicher durchgesehen zu haben. Falls dort unten ein Magmaherd lag, waren sie geliefert, und magmatische Verschiebung war eigentlich die einzige Erklärung dafür, dass der Ozeangrund jetzt anders aussah, als bei der Untersuchung vor mehreren Monaten.

»Außer, jemand hat die Auswertung verpfuscht«, sagte Shawna zu sich selbst.

»Was?«, fragte Harobin. Er schob sich die Brille hoch. Der struppige, blonde Bart am Kinn seines rundlichen Gesichts erzitterte, als er mit den Zähnen knirschte.

»Nichts«, antwortete sie. »Habe nur mit mir selbst gesprochen.«

Harobin nickte. »Ich sehe nichts Auffälliges an der Flüssigkeit, und wir haben eine gute Strömung.« Er bohrte mit seinem Zeigefinger in seinem linken Nasenloch herum.

Shawna schüttelte angewidert den Kopf. Der Analyst war gut in dem, was er tat, aber augenscheinlich schon viel zu lange auf hoher See und stets umgeben von anderen Männern. Dies galt allerdings nicht nur für ihn; die meisten Arbeiter auf der Insel reichten kaum über das Niveau von Wilden hinaus, was ihren Umgang mit Frauen oder Manieren generell anbetraf.

Als ihr Vater sieben Jahre zuvor erfahren hatte, dass sie bei Calhoun eingestiegen war und was sie in Zukunft tun würde, hatte er sich auf die Unterlippe gebissen, seine Bartstoppeln mit einer schwieligen Hand gekratzt und gesagt: »Shawna, mit solchen Typen willst du bestimmt nicht verkehren.«

Sie war das erste Familienmitglied mit einem College-Abschluss, und außer ihr hatten bis dahin alle Angehörigen beim Militär gedient. So viele Generationen ihrer Vorfahren hatten in West Virginia Kohle abgebaut, dass sie nicht sicher war, ob ihre Verwandtschaft überhaupt irgendetwas anderes tun konnte. Männer mit dreckigen Gesichtern betraten den Stollen, während welche mit Rändern unter den Fingernägeln herauskamen – über hundert Jahre lang die gleiche Prozession im Bergwerk.

»Paps, ich krieg das schon hin«, hatte sie damals beteuert.

Er hatte sich eine Zigarette in den Mund gesteckt und dann eine blaue Dunstwolke in das schwächer werdende Nachmittagslicht geblasen. »Mit diesen Kerlen raus auf das Meer fahren oder zu irgendeinem Land in Afrika? Klingt nicht gerade angemessen für eine Dame, wenn du mich fragst.«

»Dafür ist es aber sichere Arbeit, Paps; ich schaff das schon.«

»Arbeit«, hatte er leise wiederholt. »In Labors gibt es auch eine Menge Arbeit, oder?«

Sie hatte genickt. »Ich will aber keine Laborratte werden, Paps. Das Leben hat mehr zu bieten, als dass man in einem solchen Bunker hockt und langweilige Proben untersucht.«

»Ein langweiliger Job ist trotzdem immer noch ein Job – besser als im Freien auf einer Förderinsel zu sein oder wie auch immer man das nennt.«

Shawna hatte schwer geseufzt. »Paps, mir wird schon nichts passieren. Mr. Calhoun passt gut auf seine Angestellten auf.«

Rauch war aus der Nase ihres Vaters gequollen. »Und wie viele davon sind Frauen?«

»Was spielt das für eine Rolle?«, hatte sie empört erwidert.

Er hatte noch einmal an seiner Kippe gezogen. »Ich sorge mich nur um dich, Shawna. Du bist eine gutaussehende junge Frau, und alte Männer kommen schnell auf alle möglichen dummen Gedanken.«

Nun hatte sie lachen müssen. »Du kennst Mr. Calhoun doch gar nicht. Er ist kein geiler Bock oder so etwas.«

Bei diesen Worten hatte Tim Sigler verächtlich geschnaubt. »Wir haben alle schlechte Manieren, Fräulein. Ich kann nicht glauben, dass du das noch nicht begriffen hast.«

Ihr Gespräch war noch weitergegangen, doch letztendlich hatte Shawna ihren Vater davon überzeugt, sich einfach für sie zu freuen.

Nur ein Jahr später war er bei einem Grubenunglück ums Leben gekommen. Sie wusste, er wäre stolz auf sie gewesen, auch wenn er nie so recht verstanden hatte, womit sie eigentlich ihr Geld verdiente. Ihre Schwestern – sie hatte drei – wohnten immer noch in ihrer Heimatstadt und würden sehr wahrscheinlich auch niemals von dort wegziehen.

Shawna betrachtete den Bildschirm argwöhnisch. »Andy? Erkennst du irgendetwas Merkwürdiges im Schlamm?«

Harobin schaute sie kurz an. »Nein, Ma’am, ich denke nicht. Was ich erkenne, ist …« Seine Stimme wurde leiser und brach dann ganz ab. Schließlich klopfte er mit den Knöcheln einer Hand auf den Bürotisch. »Okay, ich verstehe, was du meinst.« Seine knorrigen Finger tippten hektisch ein paar Tasten. »Einige Partikel sehen in meinen Augen nicht nach Sand aus – oder nach Steinen.«

»Würde ich auch sagen«, erwiderte Shawna.

Sie stand von ihrem Platz auf und baute sich hinter Harobin auf. Auch seine Monitore zeigten eine Menge Daten, doch die Programme, die er geöffnet hatte, rollten Tiefen- und Zeitwerte sowie grobe chemische Näherungen ab.

»Ja, Mann«, fuhr er fort, »da kommt gerade etwas völlig Seltsames hoch. Ich frage mich, ob wir auf eine Kolonie Algen gestoßen sind oder so etwas in der Art.«

Sie schüttelte abermals den Kopf. »Es gibt keine unterirdischen Algen, Andy. Es könnte aber die Unterseite eines Riffs von Röhrenwürmern sein, obwohl ich nicht glaube, dass die sich so tief unten ansiedeln.«

»Ist es etwas, über das wir uns Sorgen machen müssen?«, wollte Harobin nervös wissen.

Shawna kaute abwägend auf ihrem Backenfleisch herum.

Etwas, über das wir uns Sorgen machen müssen?, dachte sie. »Nein, aber wir müssen es definitiv in unseren Berichten hervorheben.«

»Ich meine: Könnte es unsere Proben verderben?«

Sie zeigte auf die Daten, die auf dem Schirm gelistet wurden. »Sieh zu, dass du das markierst.«

»Das werde ich«, versprach ihr Harobin. Er öffnete eine Berichtsdatei und fing an, rückwärts durch die Auslesung zu blättern, um die befremdlichen Partikel wiederzufinden. Während er mit einer Hand tippte, bohrte der Zeigefinger der anderen weiter nach Nasengold.

Shawna verzog angeekelt ihr Gesicht und kehrte an ihren Computer zurück. Als sie sich niederließ, schaute sie an den Tischen entlang zu Calhoun. Dieser kauerte gerade in einem Schattenkreis über Standlees Sessel und betrachtete gemeinsam mit ihm die Messwerte. Er sagte etwas, woraufhin Catfish anfing, Dinge über die Tastatur einzugeben.

Wieder ein kaputtes AUV?, fragte sie sich.

Nun drehte sich Calhoun zu ihr um und zuckte mit seinen Augenbrauen. Sie lachte und widmete sich wieder ihrem Monitor. Die Oberfläche des Bettes stimmte immer noch hinten bis vorn nicht. Dass sich der Meeresgrund so drastisch verändert hatte, ergab einfach keinen Sinn. Sie würde sich mit Calhoun darüber austauschen müssen, sobald die Kernbohrung abgeschlossen war. Umwälzungen im Gebiet rings um die Förderstelle hin oder her: Die Schraube hatte keinerlei Probleme beim Durchdringen des Bodens zur Entnahme der Probe.

Jemand legte ihr plötzlich eine Hand auf die Schulter, sodass sie vor Schreck zusammenfuhr.

»Und? Wie läuft es?«, fragte Calhoun mit seiner typisch rauen Stimme.

Shawna wollte Gelassenheit hervorkehren. »Erzähl Catfish nicht, dass ich das gesagt habe, doch ich glaube, die seismische Analyse war fehlerhaft.«

Er runzelte die Stirn. »Was meinst du mit fehlerhaft?«

Sie zeigte auf die Informationen, die das AUV früher am Morgen zurückgegeben hatte. »Siehst du das? Dort sollte das Gelände an der Bohrstelle zur Kante des Grabens hin leicht ansteigen.«

»Schon klar«, entgegnete er. »Welcher Bereich des Bettes ist das gerade?«

Sie stöhnte genervt, als sie die Karte der ersten Untersuchung öffnete und auf den linken Monitor zog. Nach ein paar weiteren Mausklicks zeigte der Schirm rechts daneben eine andere Karte. »Die linke ergab sich aus den ursprünglichen Erkundungsdaten.«

Nun war es Calhoun, der auf seinem Backenfleisch herumkaute, während sein Blick hin und her sprang. »Kannst du die Neuere einmal auf die Ältere legen?«

Sie nickte und zog die rechte Karte auf die linke. Indem sie mehrere Icons anklickte, hob sie die Linien der neueren blau und dick hervor. Dann verringerte sie die Transparenz, bis die blauen Umrisse auf den schwarzen des Originals lagen.

»Teufel auch«, raunte Calhoun. Das Gebiet rings um die Bohrstelle besaß kein leichtes Gefälle mehr; stattdessen lag das Loch jetzt in einer Mulde. Der Ozeanboden in der Umgebung war zerklüftet und uneben wie gefräster Asphalt. »Was zur Hölle ist das?«

Shawna schnalzte mit der Zunge. »Wie gesagt, ich glaube, dass die ursprüngliche Auswertung fehlerhaft war.«

»Ausgeschlossen«, behauptete Calhoun. »Jedenfalls nicht so fehlerhaft. Die Sensoren der Drohnen sind das Beste vom Besten, Shawna.«

Sie nickte wieder. »Ich weiß, aber wie bitteschön erklärst du dir das denn sonst?«

»Ich …« Er warf einen Blick zurück zu Standlee. Dieser legte gerade seine Stirn in Falten, während er die früheren Datensätze der AUVs durchging. »Ich denke, wir müssen Catfish um Rat fragen.«

»Er wird das aber bestimmt nicht gern hören«, vermutete sie.

Calhoun grinste. »Das geht schon klar, Shawna; das geht schon klar.«

Sie stieß einen Seufzer aus. »Boss? Wenn wir den Kern hochholen, wird es vielleicht ein bisschen komplizierter als erwartet.«

Er lachte. »Weil das bisher so schnell geht, hätten wir noch genügend Zeit, um zwei weitere Proben zu entnehmen, ohne in Verzug zu geraten.«

»Wow!«, rief Harobin von seinem Computer aus und klatschte aufgeregt in die Hände. »Wir haben Öl.«

Shawna schaute auf ihren Schirm. Warnfenster öffneten sich. Sie hatten eine Druckkammer getroffen, und jetzt stieg etwas durch den Bohrschacht auf.

»Du weißt doch gar nicht, ob das wirklich Öl ist«, sagte Shawna mit leicht zögerndem Tonfall.

Harobin starrte sie an. »Du bist manchmal eine richtige Spielverderberin.«

Calhoun zeigte auf die Messwerte auf ihrem Monitor. »Wie hoch ist der Druck?«

Sie klickte auf eine Schaltfläche, um ein weiteres Fenster zu öffnen. »Sehr hoch.«

Das veranlasste ihren Arbeitgeber zu einem kehligen Brummen. »Und was heißt das genau?«

Shawna kräuselte ihre Nase. »3atm im Verhältnis zum Druck am Meeresgrund.«

»Mein Gott«, staunte Calhoun. »Das ist ja riesig.« Er drehte sich zu Andy um. »Besteht Explosionsgefahr?«

Der Gesteinsspezialist schüttelte den Kopf. »Nein, Thomas, kein bisschen; noch alles im grünen Bereich.«

»Die Frage ist nur, wie lange noch«, relativierte Shawna. »Andy? Sag Bescheid, wenn der Schlick hochkommt.«

»Dürfte nicht mehr lange dauern«, entgegnete Harobin. »Er bewegt sich ziemlich schnell. Falls wir noch auf eingeschlossene Flüssigkeit stoßen, sollte er ein stattliches Tempo erreichen.«

Calhoun nickte. Dies war die eine Sache, mit der sie nicht gerechnet hatten: Druckkammern! Die ersten Auswertungen hatten unterhalb von dreißig Metern moderate bis leichte Felsformationen gezeigt, doch dies war nun eigenartig – äußerst eigenartig. Denn wenn der Schlick tatsächlich nur aus Flüssigkeit bestand, musste die ursprüngliche Analyse vollkommen falsch sein. Er fragte sich, was vielleicht außerdem nicht stimmte.

Schließlich drehte er sich zu Standlee um. »Catfish?«

Dieser fuhr sich mit einer Hand durch das lange Haar und blickte langsam von seiner Tastatur auf. »Können wir uns darauf festlegen, morgen früh ein AUV zu einer weiteren Magnetabtastung loszuschicken?«

Der Techniknarr schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Warum zum Geier sollten wir das tun?«

Daraufhin holte Calhoun tief Luft. »Weil da etwas nicht koscher ist – und ich will wissen, ob es an unserer ersten Sondierung liegt. Wir müssen den Boden an der Bohrstelle in einem Umkreis von zweihundert Metern erneut überprüfen.«

Catfish stöhnte. »Na gut. Aber nachdem JP sie zurückgeholt hat, muss ich sie erst gründlich warten, damit das klargeht. Brauchst du sie wirklich schon morgen früh?«

»Falls möglich, ja«, antwortete Calhoun, »aber schlag dir bloß nicht die ganze Nacht damit um die Ohren. Für die nächste Bohrung solltest du mir zuliebe fit sein.«

Shawna räusperte sich deutlich, weshalb er nun sie anschaute. »Ich würde nicht planen, noch einmal zu bohren, bevor wir festgestellt haben, was da unten los ist.«

Der Techniker pflichtete ihr bei: »Stimmt, also warten wir, bis der Schlamm hochkommt, und finden dann erst einmal heraus, wo der verdammte Fehler liegt.«

***

Als die Schraube aufhörte, sich zu drehen, lösten die Wärmesensoren von AUV 5 einen Vorgang aus. Ein Empfänger speicherte den Zeitpunkt und die veränderte Temperatur. Ein zweiter Vorgang startete das Hauptprogramm. Die Sonde reagierte, indem sie ihre Nase nach vorn in Richtung Meeresgrund neigte. Die Unterfunktion zur Gewichtung schickte einen elektrischen Impuls in den Schaltkasten, woraufhin Wasser aus den Tanks strömte und der Aufstieg begann.

In der schwarzen Umgebung der aphotischen Zone sauste dem Fahrzeug ein dicker Laternenfisch hinterher. Der biolumineszente Fortsatz an seinem Kopf leuchtete blau und wackelte; im Umkreis von über einer Meile sah man kein anderes Licht. Der Fisch glaubte anscheinend, etwas zum Futtern entdeckt zu haben. Während er dem aufsteigenden Roboter hinterherjagte, warf der gelbe Lack von Nummer 5 den schwachen Schein seines Leuchtfühlers zurück.

Der Fisch schoss in heller Aufregung und haltlos vor Eifer durch das Wasser auf sein Ziel zu. AUV 5 startete daraufhin seine Propeller und nahm Fahrt auf. Als der Meeresbewohner die Vibration des Getriebes spürte, erkannte er, dass etwas nicht stimmte. Er bremste, indem er seine Flossen anwinkelte, und änderte schlagartig seinen Kurs, sodass er, statt gegen den Metallrumpf der Drohne zu stoßen, knapp unter ihr hindurchschwamm. Strudel, die das Triebwerk aufwühlten, drückten ihn zur Seite, während der Roboter weiterhin zur Oberfläche strebte.

Der Laternenfisch kehrte verärgert, seine Chance vertan zu haben, auf den Ozeanboden zurück. Das Wasser wurde aufgrund der Schwingungen der anderen Sonden unruhig, die ihren Ballast nun ebenfalls ausstießen und nach oben trieben. Der Fisch schwebte schließlich wenige Fuß über dem Bett. Als er herumfuhr, schaute er auf den Bohrlochkopf und das Gestänge – beides uninteressant für ihn, abgesehen von der Art, wie das Metall sein Licht reflektierte.

Dann pflanzte sich plötzlich eine weitere Erschütterung in der Mitternachtszone fort. Der Fisch floh so weit von der Bohrstelle weg, wie er nur konnte. Das Führungsrohr hob sich nun langsam und in gleichmäßiger Bewegung aus dem Loch. Als ein ganzes Element frei herausgezogen worden war, stockte es; ein paar Augenblicke später ging es weiter, gefolgt von der nächsten Pause. Dieser Prozess setzte sich noch stundenlang fort.

Der Laternenfisch fürchtete sich nicht mehr, als er erkannte, dass die Vibrationen harmlos waren, und dieses Ding ihn nicht als Beute betrachtete. Also wartete er und schaute zu; dies zu tun sagten ihm seine Instinkte – lauern und beobachten. Vielleicht stellte dieses wunderliche Metallgeschöpf ja Nahrung bereit oder zeigte letztendlich irgendwann sein wahres Gesicht.

Nach einer weiteren müßigen Stunde trieb der Hunger den Fisch dazu, sich etwas zu fressen zu suchen. Er schwamm auf das Riff der langen Kalkröhrenwürmer zu; diese wabernden Tentakel zogen stets Happen an. Um vor den gefräßigen Wesen sicher zu sein, wahrte er ein paar Fuß Abstand.

Während er nach Beute suchte und mit seinen Flossen schlug, um nicht hinuntergezogen zu werden, streckte sich nicht einer der Würmer nach ihm aus. Ihm entging vollkommen, dass sich gerade ein Riss in der Mitte des Riffs auftat, doch in seinem winzigen Gehirn keimte ein Warninstinkt auf, der sich über Hunderte Millionen von Jahren hinweg herausgebildet hatte. Er neigte sich seitwärts, um hinunterzuschauen, darauf gefasst, einen Strahl Wasser aus seiner Schwimmblase zu stoßen, um schnell hochsteigen und der Gefahr entgehen zu können.

Das biolumineszente Licht des Laternenfischs brach sich in einem großen Auge. Noch ehe ihn ein Kampf- oder Fluchtimpuls zum panischen Aufstieg bewegen konnte, schoss rasend schnell ein Greifarm hoch. Aus dessen Spitze wuchsen lange Fortsätze und schnappten nach dem Tier.

Dabei entleerte der Laternenfisch seine Schwimmblase. Er spritzte Kot und Urin ins Wasser, während er in der Umklammerung des fremdartigen Wesens zappelte. Er versuchte, sich rückwärts zu bewegen und sich irgendwie vom Arm dieses Dings zu lösen. Fleisch ging entzwei, und ein Loch tat sich darin auf. Der Fisch hatte keine andere Wahl mehr, als hineinzuschwimmen. Als er den Grund erreichte, stieß er auf Zähne; sie waren das Letzte, was er jemals entdecken sollte.

***

Die Crew hatte das Gestänge mittlerweile eingeholt und den Kernzylinder in Teilen in das kleine Labor neben den Personalquartieren getragen. Calhoun war aus Neugierde ebenfalls zugegen gewesen, während sie die Rohrelemente vom Meeresgrund hochgezogen hatten.

Im selben Maße, wie er es hasste, auf dieser Insel gefangen zu sein, begeisterte er sich dafür, diesen Aspekt der Exploration zu beobachten. Dass eine überschaubare Zahl von Menschen innerhalb so kurzer Zeit so viel bewerkstelligen konnten, verblüffte ihn immer wieder. Die außerordentliche Sorgfalt, mit der die Mannschaft den Bohrer behandelte, war beeindruckend.

Calhoun hatte diese Abläufe schon so häufig gesehen, dass er nicht mehr mitzählte, doch die Besatzung von Leaguer war besser als der Durchschnitt, sehr wahrscheinlich sogar die beste, die er kannte. Vraebel mochte vielleicht ein Arsch ohne Humor sein, hatte aber zweifelsohne ein Händchen dafür, ein gutes Team zusammenzustellen.

Wer nicht schlief, entspannte sich vermutlich gerade in seiner Koje oder genehmigte sich etwas zu essen. Calhoun stand mit einer Rocky Patel im Mund auf der oberen Ebene. Er blies eine dicke Wolke in die Nachtluft, während die Wellen gegen den unter Wasser stehenden Teil der Anlage schlugen.

Selbst von dieser hohen Warte aus hörte er es brausen, wenn die Kämme der Wogen gegen das Metall klatschten. Mit diesem Geräusch verband er eine Art Hassliebe. Es machte ihn schläfrig; heute Nacht kam ihm das allerdings äußerst gelegen.

Den Kern zu entnehmen war leicht vonstattengegangen. Aber wie Shawna gesagt hatte, stimmte die Topografie des Grabenbettes nicht mehr. Calhoun nahm noch einen Zug und kaute am Ende der Zigarre; eine leichte Brise wehte ihm den Qualm aus den Augen.

»Was zum Henker könnte das verursachen?«, fragte er ins Dunkel hinein. Es ergab einfach keinerlei Sinn. Am Morgen würde er anfangen im Internet nachforschen. Wenngleich er sicher war, dass Shawna dies bereits tat, musste sie sich in der Früh ganz auf die Probe konzentrieren. Nach einer vierzehnstündigen Schlammanalyse und der Sichtung von Bohrdaten hatte sie sich vollkommen ausgezehrt; sie war praktisch beim Abendessen eingeschlafen.

Calhoun schmunzelte. Vor einer Stunde war Catfish in seiner Entschlossenheit endlich eingeknickt, woraufhin er sich mit dem Bauch voller grüner Chilischoten und Sodbrennen aufs Ohr gehauen hatte. Der Techniker legte eine rigorose Arbeitsmoral an den Tag, doch auch jemand wie er musste irgendwann schlafen – früher oder später.

Während die Crew das Rohr eingeholt hatte, war JP gemeinsam mit einem anderen Taucher im Zodiac hinausgefahren, um die AUVs zurückzubringen. Alle fünf waren aufgetaucht, lange bevor man das Gestänge wieder hochgezogen hatte. Dieses Mal gab Zicke keinen Grund zur Klage; mittlerweile hingen die schweren Stahlroboter an ihren Stationen und wurden für ihren nächsten Einsatz aufgeladen.

Da die Arbeit an ihrer ersten Bohrstelle nun beendet war, würden die Fahrzeuge in den kommenden Tagen nur wenig zu tun haben. Calhoun jedoch sah voraus, dass Catfish Zicke abermals auf Herz und Nieren prüfen würde, indem er eine weitere topografische Untersuchung durchführen würde. Morgen musste er dann mit ihm alle Videos, Sensorberichte und Fehlersuchläufe der AUVs durchgehen, während Shawna die Kernprobe analysierte. Das würde ein verdammt langer Tag werden!

Er stieß noch eine Wolke Qualm aus; der Wind drehte, sodass der Qualm in seinen Augen brannte. Er nahm die Zigarre mit seinen dicken, kräftigen Fingern aus dem Mund, während er sich eine Träne abwischte. Elender Ozean, aber auf ihn war stets Verlass.

Als Calhoun ein Stück Tabakblatt ausspuckte, flatterte es im Wind, ehe es über die Brüstung ins Meer geweht wurde. Im Salzwasser würde es sich in Sekundenbruchteilen auflösen; auch darauf konnte man sich verlassen.

Vraebel hatte sich beim Abendessen nicht blicken lassen. Calhoun nahm an, der Aufseher der Anlage habe sich entweder hingelegt, sobald das Gestänge wieder oben war, oder sitze noch immer auf der Brücke. Sollte Letzteres der Fall sein, würde dieser unangenehme Mensch morgen früh bestimmt einen ordentlichen Hänger haben.

Thomas wusste nicht so genau, ob er selber überhaupt Ruhe finden würde. Anhand des Kerns sollte sich herausstellen, ob die Testbohrung ein Volltreffer oder eine Niete gewesen war. Wenn sie Pech hatten, mussten sie es weiter überall versuchen, wo ein Fund in Aussicht stand, bis sie auf Öl stießen oder durch höhere Gewalt zurückgepfiffen wurden. PPE hatte Unsummen für die beste Fördermannschaft überhaupt ausgegeben, und die Führungsetage könnte ungehalten werden, wenn man keinen fetten Coup landete – besonders nachdem Calhoun und Shawna ihnen versichert hatten, dass es hier Öl gebe.

Entdeckungen wie diese waren selten, und die Suchergebnisse deuteten darauf hin, dass etwas unter dem Meeresboden lag. Da Reservoirs fast genauso aussahen wie Grundwasserschichten, zeigten sich beim Durchdringen des Gesteins mit seismischen und magnetischen Sensoren ausgehöhlte Bereiche, doch auch solche Vorstöße in die Tiefe der Erde hatten ihre Grenzen.

Die Bohrung war mühelos erfolgt, wenn man es genau nahm, vielleicht sogar ein bisschen zu einfach. Und die Druckkammer, die sie geöffnet hatten? Die Leitung wäre dabei fast geflutet worden. Laut der Analyse des Schlicks handelte es sich bei der Flüssigkeit in der Tat um Öl, doch Harobin wurde nicht müde, etwas von seltsamen Partikeln zu faseln. Sie hatten mehr als genug zusammengetragen, um Sigler eine gründliche Auswertung zu ermöglichen. Das Fass mit ihrer Probe, die ans Labor in Houston gehen sollte, stand bereit zum Verladen – vorausgesetzt natürlich, dass dies überhaupt noch einen Zweck hatte.

Shawna hatte Calhoun die Gesteinsdaten gezeigt, doch dem Ingenieur war nicht ganz klar gewesen, was er davon halten sollte. Er räumte aber zumindest ein, dass es höchstwahrscheinlich Anomalien seien, doch diese häuften sich, und irgendetwas an dieser ganzen Sache ließ ihm die Knie weich werden.

Aber morgen würden sie Genaueres erfahren – was tatsächlich los war. Sie konnten sich ziemlich gut vorstellen, was die ersten dreißig Meter des Kerns enthielten, doch bis Sigler es überprüft hatte, blieb alles reine Spekulation. Nun blies er einen Rauchring in den Wind; dieser wurde rasch von einer Bö zerfetzt.

Die langsam blinkenden Lampen des Förderturms und der helle Mond waren die einzigen Lichtpunkte in der vollkommenen Finsternis; ein leuchtender Dunstkranz umgab den blassgelben, weit entfernten Erdtrabanten. Die Zigarre war fast heruntergebrannt. Calhoun nahm sie wieder aus dem Mund, ließ den Qualm lange durch seine Nase hinausströmen und schnippte den Stummel dann hoch.

Die Reste trudelten im Wind, ehe er sie aus den Augen verlor. Er hätte gern gewusst, ob die Glut zischte, wenn sie auf das Wasser traf und unterging. Vielleicht würde ein Fisch sie ja irrtümlicherweise für Nahrung halten und verschlingen, oder sie löste sich in einzelne Tabakflocken auf, die schließlich zum Meeresgrund sanken. Es spielte aber eigentlich auch gar keine Rolle.

Calhoun seufzte und ging zu der Treppe, die nach unten in die Kabinen führte. Die Wettervorhersage war gut, doch der verfluchte Sturm vor der Küste zog immer noch nicht weiter. In ein paar Tagen war er womöglich endgültig verflogen, oder aber er stattete der Plattform doch noch einen Besuch ab. So oder so würde es bis übermorgen eine Menge zu tun geben, und dann war es schon an der Zeit, ein zweites Loch zu bohren.

THE BLACK - Der Tod aus der Tiefe

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