Читать книгу Isle of Ely - Gefährliches Glück - Paula Bergström - Страница 7

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»Wo zum Teufel hast du dich versteckt?« Die schneidende Stimme Brighams ließ Caitlin zusammenzucken.

Sie hatte sich in die Bibliothek zurückgezogen, um ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Das Auftauchen des Duke of Newbury hatte sie vollends aus der Bahn geworfen. Es schien Jahre her, dass ein Mann sie so beeindruckt hatte. Genau genommen waren es fünf Jahre. Seit dem Tag, als sie Brigham Taitend geheiratet hatte und ihr Leben sich zur Hölle wandelte. Ihr schienen Daniel Greatstokes grünblaue Augen wie das Rettungsfeuer auf sicherem Land für einen Seemann im stürmischen Meer. Es kam Caitlin vor, als wüsste er um ihr Leid, hörte ihre stummen Schreie, die sie aussandte, damit jemand sie rettete.

»Was machst du hier? Du wirst gebraucht, du verdammtes Weib! Du hast dich um die Gäste zu kümmern und ihnen eine gute Gastgeberin zu sein. Stattdessen versteckst du dich hier in der Bibliothek«, schrie Brigham sie an. »Was glaubst du, sollen die Leute denken, wenn die Viscountess of Ely den Feierlichkeiten fernbleibt«, brüllte er sie an. Er war außer sich vor Zorn und konnte sich auch nicht mehr zügeln.

Der Fehler war, dass sie die ausholende Hand nicht kommen sah, so traf sie Caitlin unvorbereitet ins Gesicht. Caitlin taumelte rückwärts und stürzte über einen Stuhl, fiel zu Boden und blieb benommen liegen.

»Steh auf, du nutzlose Tochter einer Hure!«, schrie Taitend wie von Sinnen und trat nach ihr. Sein Schuh erwischte ihre Hüfte und Caitlin schrie schmerzerfüllt auf. Die Pein durchfuhr ihren ganzen Körper und sie bekam keine Luft.

Laute Stimmen drangen an ihr Ohr, aber das, was gesprochen wurde, konnte sie in ihrer Benommenheit nicht verstehen. Dann schloss sich eine Tür und es wurde still. Mühsam wollte sie sich erheben, doch ihr Körper schmerzte. Sie bemerkte, wie jemand neben sie kniete, und starke Arme, die sie umfingen.

»Warten Sie, Mylady, ich helfe Ihnen.«

Caitlin schloss für eine Sekunde die Augen, als sie Daniels Stimme vernahm. Sie war in Sicherheit, ging ihr durch den Kopf.

Er legte sie auf dem Sofa ab und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Mylady, haben Sie Schmerzen? Tut Ihnen etwas weh?« Als Caitlin sich aufsetzen wollte, hielt er sie zurück. »Nicht, bitte bleiben Sie liegen, bis ich Ihre Verletzungen untersucht habe.«

»Nein, bitte …«

»Jetzt ist keine Zeit für falsche Scham. Sie könnten ernstlich verletzt sein.« Behutsam tastete Daniel ihre Arme ab. »Tut es hier weh?« Er drückte ihre Ellbogen.

»Nein.«

»Und hier?« Er berührte ihren Wangenknochen und Caitlin wimmerte.

Mit einem Taschentuch wischte er Blut von ihrer aufgeplatzten Lippe.

»Was ist mit Ihrer Rippe?« Er berührte ihre Taille, die Hand rutschte zum Rücken und Caitlin holte zischend Luft.

»Das muss ich mir genauer ansehen, dazu muss ich ihr Mieder öffnen«, erklärte Daniel.

»Nein, auf keinen Fall.« Caitlin setzte sich unmissverständlich auf. Sie verzog das Gesicht, weil sie Schmerzen litt, doch gab nicht nach. »Es ist nicht das erste Mal, dass …« Sie verstummte augenblicklich, sah sein besorgtes Gesicht. »Wenn Brigham erfährt, dass Sie … bitte nicht.«

»Ich habe ihm unmissverständlich klargemacht, was ich von seinem Benehmen halte. Er wird es nicht wagen, Sie erneut anzufassen.«

»Aber, er ist mein Ehemann, er hat alles Recht der Welt.«

»Er hat Sie also nicht zum ersten Mal geschlagen.« Es war keine Frage, sondern er wusste Bescheid, und doch schüttelte sie stumm den Kopf.

»Sie sollten sich auf Ihr Zimmer zurückziehen und die Tür hinter sich abschließen. Bitten Sie Ihre Zofe, Ihnen eine Salbe zu bringen und warme Umschläge für die verletzten Stellen, das wird Ihnen ein wenig Linderung verschaffen.«

»Ich kann nicht, ich habe Gäste, um die ich mich kümmern muss. Bitte gehen Sie jetzt, wenn jemand mitbekommt, dass wir hier allein sind, ist mein Ruf ruiniert«, flüsterte sie.

»Mylady, Sie haben ganz andere Probleme als Ihren guten Ruf.«

»Bitte, rufen Sie Burns, er wird mir helfen. Er weiß Bescheid.« Caitlin tastete nach ihrer aufgesprungenen Lippe und hoffte, dass ihre Verletzungen nicht zu offensichtlich waren.

*

Daniel machte sich auf die Suche nach Taitend und fand ihn in einer Herrenrunde. Er hatte bereits mächtig viel getrunken, konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Mit einem durchdringenden Blick durchbohrte Daniel ihn. Nur mit viel Glück war der Viscount einer Tracht Prügel entgangen. Daniel musste dessen Frau zur Hilfe eilen. Doch aufgeschoben war nicht aufgehoben, Daniel wartete nur auf die passende Gelegenheit, Taitend zur Rede zu stellen. Seine Faust zuckte, als wollte sie geradewegs in sein Gesicht, doch er musste sich gedulden. Wenn er eines im Krieg gelernt hatte, war es, sich in Geduld zu üben.

Die Zeit rückte immer näher dem neuen Jahrhundert entgegen und als die Gäste den Glockenschlägen der großen Uhr in der Halle lauschten, erschien Caitlin auf der Treppe und schritt sie würdevoll herunter. Sie lächelte und der blaue Fleck auf ihrer Wange war kaum zu sehen. Doch Daniel sah ihn und er sah noch mehr. Er sah in ihr geschundenes Herz, ihren gepeinigten Körper und ihre gequälte Seele. Etwas in ihm wollte zu ihr, sie stützen, sie liebevoll in die Arme schließen. Sie hatte so viel mehr verdient als das hier, diesen Ehemann, der sie schlug, ein Zuhause, das ihr keinen Schutz bot, und Freunde, die anscheinend einfach wegsahen. Hinter der Fassade dieser wunderschönen Frau verbarg sich eine einsame Seele, die niemanden hatte, der sie rettete.

Der zwölfte Gongschlag.

Mitternacht.

Die ersten Sekunden des neuen Jahrhunderts brachen an. Die Gäste sangen lauthals die Hymne, nur Caitlin stand am Fuße der Treppe, auf dem letzten Absatz, und schaute Daniel an. Ihre Blicke trafen sich und Daniel fühlte sich mit ihr verbunden. Ihr Blick kam einer zärtlichen Berührung gleich. Sie waren Verbündete in einem unsichtbaren Kampf. Daniels Herz setzte einen Schlag aus, denn ihre Schönheit und ihr Stolz ließen ihn diese Frau in einem ganz anderen Licht sehen.

Brigham bat seine Gäste vor die Tür, um das Feuerwerk zu bewundern, das er jedes Jahr organisierte und das den Höhepunkt des Balls darstellte. Zwei seiner Freunde stützten ihn, weil er zu viel getrunken hatte, um sich allein auf den Beinen halten zu können.

Daniel trat als einer der letzten hinaus, während das Feuerwerk die Gäste verzückte. Der Himmel, hell erleuchtet von bunten Farben, die sich im weißen Schnee wiederfanden.

»Frohes neues Jahr, Daniel.« Die zarte Stimme, dicht an seinem Ohr, ließ sein Herz höherschlagen. Er wandte sich um und sah sich Caitlin gegenüber. Sie hielt ihm ein Glas Champagner entgegen und er nahm es an, obwohl er nicht trinken wollte.

»Frohes neues Jahr, Caitlin. Mag das neue Jahrhundert Ihnen mehr Glück bringen.« Er stieß mit ihr an und beide tranken einen kleinen Schluck.

»Das hat es schon«, flüsterte sie und sah ihn verlangend an.

Unauffällig blickte Daniel sich um, doch alle Gäste hatten nur Augen für das Feuerwerk.

So ergriff er die Chance, zog Caitlin zurück ins Haus, wo die Dienstboten das Licht gelöscht hatten, damit nichts von den Leuchtraketen ablenkte. Vorsichtig drückte Daniel Caitlin von innen gegen die Tür, sodass niemand sie sehen konnte, und beugte seinen Kopf hinunter. »Ich freue mich, das neue Jahr mit Ihnen zu beginnen, Caitlin.« Er küsste ihre Lippen, darauf bedacht, die Wunde auf der rechten Seite nicht unnötig zu berühren. Doch Caitlin war nicht so vorsichtig. Sie hob ihre Hand und legte sie in seinen Nacken, drückte sich dichter an ihn, sodass sich ihre Körper berührten. Niemals hätte er den Mut aufgebracht, sie in seine Arme zu ziehen, doch als sie auf ihn zukam, konnte er nicht anders.

*

Caitlin wusste nicht, woher sie den Mut nahm, einen anderen Mann als Brigham zu küssen. Doch er roch so sauber, immer noch nach einer Mischung aus Amber, Muskat und Lavendel. Caitlin fühlte sich beschützt in seinen Armen. Zum ersten Mal fühlte sie sich in den Armen eines Mannes wohl. Sie wollte das nicht so schnell aufgeben, auch wenn sie wusste, dass sie nicht gesehen werden durften. Nicht nur ihr Ruf stand auf dem Spiel. Caitlin wusste um die Gerüchte, die über sie kursierten. Dass sie die Tochter einer Hure sei. Dennoch hatte Brigham sie geehelicht. Sie sollte ihm dankbar sein und durfte ihn nicht betrügen.

Daniels Arme zogen sie vorsichtig an seinen Körper und sie spürte die Wärme, die auf ihren überging. Sie seufzte leise, weil sie den Kuss beenden musste, auch wenn sie es nicht wollte.

Beschämt wandte sie den Kopf ab. »Frohes neues Jahr, Daniel«, flüsterte sie und trat einen Schritt zurück. Ein Blick in seine Augen zeigte ihr, dass er sie ebenso ungern gehen ließ, als sie sich von ihm frei machte.

»Passen Sie auf sich auf, Mylady«, raunte er ihr zu und verschwand.

Sich wieder der feiernden Menge anzuschließen, dessen fühlte Caitlin sich nicht fähig, daher wandte sie sich der Treppe zu, ging hinauf in den abgelegeneren Trakt des Herrenhauses, öffnete eine Tür und trat ins dunkle Zimmer. Sie bewegte sich leise, kannte die Räumlichkeiten genau. Vor dem Bett blieb sie stehen und streckte die Hand aus, streichelte die dunkelblonden Haare. »Frohes neues Jahr, mein kleiner Liebling. Möge Gott dich beschützen.« Sie beugte sich herunter, küsste den kleinen Jungen auf die Stirn. Er schlief so fest, dass weder das Feuerwerk noch ihre kühlen Lippen ihn weckten.

Isle of Ely - Gefährliches Glück

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