Читать книгу Isle of Ely - Unruhige Zeiten - Paula Bergström - Страница 6
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ОглавлениеZwei Tage später durfte Timothy endlich seine Mutter besuchen.
»Mom! Du glaubst nicht, was ich bekommen habe.«
»Tim, mein Liebling.« Caitlin schloss den kleinen Mann in die Arme. »Ich freue mich so sehr, dich endlich wiederzusehen.«
»Master Daniel hat mir erzählt, dass du eine ganz dolle Erkältung hattest und ich mich nicht anstecken sollte.« Er machte ein trauriges Gesicht, das sich aber wenige Sekunden später erhellte. »Los, Mummy, rate mal, was ich bekommen habe«, rief er aufgeregt.
Caitlin warf Daniel über Tims Rücken hinweg einen fragenden Blick zu, doch der lächelte nur.
»Ich habe keine Ahnung. Erzähl es mir.«
Mit großen Augen setzte sich der Junge auf die Bettkante und lächelte. »Ich habe ein Pony. Ein eigenes Pony, das mir ganz allein gehört. Sein Name ist Sir Henry. Ich muss für ihn sorgen und ihn täglich besuchen. Ist das nicht eine wundervolle Nachricht?«
»Ja, mein Junge, das ist es.« Caitlin strich ihrem Sohn liebevoll über die Haare und sah Daniel dankbar an.
»Ich muss jetzt los, weil ich Sir Henry füttern muss. Miss Rogers hat in der Küche ein paar Möhren für ihn. Wenn das Wetter besser wird, darf ich zusammen mit Master Daniel ausreiten. Du wirst das doch erlauben, Mom?«
»Natürlich, aber nur, wenn Master Daniel dich begleitet.«
»Oh fein.« Timothy sprang von der Bettkante und lief zur Tür. »Bis bald, Mom. Ich habe dich lieb.«
»Ich habe dich auch lieb, Tim.«
Als die Tür ins Schloss fiel, hob Caitlin eine Augenbraue. »Das war wirklich nicht nötig, Daniel.«
Er trat ans Bett, setzte sich zu ihr. »Doch, das war es, und ich will nicht weiter darüber sprechen. Wie geht es dir heute?«
»Sehr gut. Ich werde aufstehen und mich anziehen. Ich bin nicht dafür geschaffen, in einem Bett zu liegen und nichts zu tun«, meinte sie energisch.
»Bist du sicher? Oder soll ich nach Doktor Harfield rufen lassen, damit er noch einmal nach dir sieht?«
»Das wird nicht notwendig sein. Mir geht es gut.«
Daniel ließ sich wie Timothy zuvor auf der Kante des Bettes nieder. »Wenn das so ist, sollte ich mir vielleicht deine Wunde einmal ansehen. Mit einem Streifschuss ist nicht zu spaßen.« Er schlug die Bettdecke zur Seite. Caitlin versteifte sich, denn sie trug nur ein Nachthemd. »Schhh, keine Angst. Ich will mich nur dafür bedanken, dass du mein Bein so wundervoll gepflegt hast in den Wochen, nachdem ich hier angekommen war.« Er schob das Nachthemd höher, das ihr bis über die Knie ging, und entblößte ihre schmalen, wohlgeformten Beine. Verlangend blickte er sie an, doch nur für einige Sekunden, dann schien er sich zu besinnen, und seine Züge wurden weich.
Seine Finger glitten auf ihrer Haut entlang, er atmete schwer.
»Daniel, bitte. Es kann jeden Moment jemand hereinkommen«, wisperte Caitlin und ließ doch zu, dass er ihren Oberschenkel mit der ganzen Hand umfasste.
»Ich habe Anweisung gegeben, dass wir nicht gestört werden möchten. Niemand wird das Zimmer betreten.« Daniel stand auf, ging zur Tür und drehte den Schlüssel im Schloss herum. Auf dem Rückweg knöpfte er seine Weste auf, zog sie aus. Das Hemd folgte, ebenso die Stiefel und die Reiterhosen.
Währenddessen zog Caitlin das Nachthemd über den Kopf. An der Hüfte trug sie nur noch einen kleinen Verband. Die Wunde darunter hatte sich bereits geschlossen, und bald würde nicht mehr als eine kleine Narbe zu sehen sein. Caitlin war dankbar, dass sie so gutes Heilfleisch hatte und es keine Komplikationen gab.
Daniel schlüpfte nackt zu ihr ins Bett und zog sie in seine Arme. »Darauf habe ich so lange warten müssen. Jede Nacht habe ich davon geträumt, deine Haut zu berühren und dich in meinen Armen zu halten.«
»Du weißt, dass es nicht rechtens ist, was wir hier tun. Ich bin eine Witwe …« Weiter kam sie nicht, weil Daniel ihr den Mund mit einem Kuss verschloss.
Er hatte recht. Auch Caitlin wollte nicht länger über ihre Situation nachdenken. Sie wollte ihn lieben und von Daniel geliebt werden. Ihr Körper schrie regelrecht danach.
»Ich werde ganz vorsichtig sein, mein Liebling, doch halte mich nicht auf«, raunte er ihr zu, und das Verlangen stand in seinen Augen geschrieben.
»Wie könnte ich?«, wisperte sie an seinen Lippen und küsste ihn erneut. Sein langes Haar ergoss sich wie ein Wasserfall auf ihrem Körper, als Daniel sich über sie beugte und mit den Lippen ihre Brustwarzen liebkoste. Caitlin stöhnte leise auf, denn sie hatte Angst, dass einer der Dienstboten sie hören könnte. Sie mussten vorsichtig sein. Gerüchte verbreiteten sich schnell, und sie wollte nicht zum Gespött der Leute werden. Es wurde ohnehin schon zu viel getuschelt. Doch dann verdrängte sie all diese düsteren Gedanken und konzentrierte sich vollkommen auf Daniels Berührungen. Was er mit seinen Händen auf ihrem Körper anstellte, ließ sie alle Schmerzen vergessen. Sie bäumte sich ihm sogar entgegen. Auch wenn die verwundete Haut noch spannte, konnte sie es nicht ertragen, ihn nicht gänzlich zu fühlen.
»Ich brauche dich, Daniel.« Ihr Wispern kam kaum über ihre Lippen.
»Psst, meine Schöne. Du bist noch nicht stark genug, wir müssen vorsichtig sein und dich schonen. Ich möchte nur ein wenig bei dir liegen und dich genießen«, offenbarte Daniel.
»Aber ich bin schon …«
Daniel legte ihr einen Finger auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Nein, wir werden warten. Wir haben den Rest unseres Lebens, da kommt es auf einen Tag nicht an.« Dann verschloss er wieder ihren Mund mit einem zärtlichen Kuss, der Caitlin stöhnen ließ.
*
Ein Klopfen an der Tür riss Daniel aus dem leichten Dämmerschlaf. Es mochte früher Nachmittag sein, dem Stand der Sonne nach.
»Ja, bitte?«, rief er mit fester Stimme.
»Bitte entschuldigen Sie die Störung, Euer Gnaden. Der Constable wartet unten und will mit Mylady sprechen.« Es war Burns, der vor der abgesperrten Tür stand.
»Sagen Sie ihm, dass wir ihn gleich unten empfangen werden.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden.«
Daniel sah Caitlin in die Augen, die ihn verstört anblickte. »Du wolltest doch aufstehen. Jetzt haben wir einen Grund dafür.«
»Was kann er nur wollen?«, fragte sie ein wenig ängstlich.
»Ich denke, er wird dich zu dem Anschlag befragen wollen, der auf dich verübt wurde.«
Wie selbstverständlich half Daniel Caitlin dabei, sich anzukleiden, und geleitete sie in sein Arbeitszimmer hinunter. Der Constable stand an der Regalwand, die Augen auf die Buchrücken gerichtet.
»Constable Whiteman! Was können wir für Sie tun?«
»Euer Gnaden, Lady Taitend, ich bin gekommen, um noch einmal die Vorkommnisse am Silvesterabend durchzusprechen. Es gibt da einige Ungereimtheiten.«
Caitlins Ausdruck verfinsterte sich augenblicklich, und auch Daniel horchte interessiert auf. »Wir dachten, Sie wären hier, um den feigen Anschlag auf Lady Taitend zu untersuchen.« Daniels Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er mit der Vorgehensweise des Constables nicht ganz einverstanden war.
Whiteman räusperte sich. »Nun, natürlich. Dazu können wir später kommen.«
»Welche Ungereimtheiten?«, hauchte Caitlin. Ihr war anzusehen, dass es ihr noch schwerfiel, sich auf den Beinen zu halten.
»Meine Liebe, bitte setz dich doch auf das Sofa. Ich werde nach Tee und Gebäck schicken lassen.«
Daniel zog an einem Band, und kurz darauf erschien Thomas, der Hausdiener, an der Tür.
»Wir hätten gerne Tee und eine Beilage.«
»Sehr wohl, Euer Gnaden.« Mit einer schnellen Verbeugung machte sich Thomas auf den Weg.
»Bitte, Constable, nehmen Sie doch Platz«, bat Daniel und setzte sich zu Caitlin. Er nahm ihre Hand und ließ damit keine Fragen offen, wie sie zueinander standen.
Der Constable registrierte dies ganz unverhohlen, nachdem er in dem Sessel Platz genommen hatte.
»Es gibt Aussagen von Zeugen, die Lady Taitend in der Silvesternacht nach dem Feuerwerk in Richtung Wald haben gehen sehen. Was können Sie dazu sagen?«
Eine peinliche Stille entstand, die kurz darauf unterbrochen wurde, als Thomas den Tee servierte, der bereits in der Küche für sie vorbereitet worden war. Erst als dieser wieder den Raum verließ und Caitlin einen Schluck Tee getrunken hatte, sah sie Whiteman an.
»Das ist eine Lüge. Ich habe die Nacht bei meinem kleinen Sohn verbracht. Ich habe das Haus nicht verlassen«, entgegnete sie unumwunden.
»Nun, dann steht Ihr Wort gegen das der Zeugen.« Der Constable griff zu seinem Notizbuch und schrieb etwas hinein.
»Es war eine dunkle Nacht. Wie wollen die Zeugen Lady Taitend erkannt haben?«, hakte Daniel nach.
»Der Schnee sendet in der schwärzesten Nacht Licht hinaus. Ich denke schon, dass man etwas hat erkennen können.«
Die herablassende Art des Constables ging Daniel mächtig auf die Nerven. »Ich möchte wissen, wer diese Behauptung aufstellt. Ist es eine Person oder sind es mehrere? Wie glaubwürdig sind diese Leute? Lady Taitend wurde vor einigen Tagen selbst das Opfer eines Anschlags, wie können Sie hier derartige Vermutungen anstellen?« Daniels tiefe Stimme erfüllte den Raum, und Caitlin zuckte zusammen.
»Entschuldige, meine Liebe.« Er drückte sanft ihre Hand.
»Ich stelle keine Vermutungen an, Euer Gnaden. Ich sammle bisher nur Fakten, das ist meine Aufgabe.«
»Und was ist mit Ihrer Aufgabe, den versuchten Mord an Mylady aufzuklären?«, fragte Daniel spitz und hob eine Augenbraue.
»Ich habe alle Gäste des Balls befragt. Niemand hat etwas gesehen.«
»Ja, weil wir allein auf der Terrasse waren«, rief Daniel aufgeregt.
»Darf ich fragen, was sie allein dort gemacht haben?«
Gereizt sprang Daniel auf die Beine. »Wir haben frische Luft geschnappt, weil es im Ballsaal so heiß war.«
»Ist es nicht, sagen wir mal, ungewöhnlich für eine Witwe, so kurz nach der Beerdigung ihres Gatten auf einem Ball zu erscheinen?«
Die Fäuste in den Hosentaschen geballt, funkelte Daniel den Polizisten böse an. »Ich denke, das Verhör ist hiermit beendet. Sollte ein Verdacht gegen die Viscountess of Ely vorliegen, werden wir die Angelegenheit an meinen Anwalt weiterleiten.« Daniel bemühte sich um eine ruhige Stimme und starrte den Constable an.
Caitlin wollte einen Einwand erheben, doch Daniel hob die Hand und brachte sie so zum Schweigen.
»Nun gut. Dann werde ich mit meinen Ermittlungen fortfahren. Sollte sich noch etwas ergeben, werden Sie von mir hören.« Der Constable nahm seinen Hut auf. »Lady Taitend … Euer Gnaden.« Er verbeugte sich formell und verließ den Raum.
*
Caitlin blickte Daniel sorgenvoll an. »Er vermutet doch nicht, dass ich Brigham ermordet habe …«, kam ihr zögerlich über die Lippen.
»Ich befürchte, ja.« So leise er auch sprach, hörte man doch die Wut, die hinter diesen Worten steckte. »Wir sollten einen Anwalt zu Rate ziehen. Ich habe bei dieser Sache kein gutes Gefühl.«
Sorgenvoll seufzte Caitlin. »Ich kann mir keinen rechtlichen Beistand leisten. Wozu auch? Ich bin unschuldig und habe nichts getan.«
Die Tür zum Arbeitszimmer wurde aufgerissen, und ein Kopf mit schwarzen Locken kam zum Vorschein. »Ich habe gehört, dass es dir wieder besser geht.«
»Dawn! Wie schön, dich zu sehen.« Daniels Schwester, Lady Dawn Greatstoke, kam in den Raum und begrüßte Caitlin herzlich. Sie hatten sich seit dem Ball nicht mehr zu Gesicht bekommen. »Es ist nicht zu glauben, dass man auf dich geschossen hat.« Sie schüttelte den Kopf, dass ihre Locken nur so flogen.
»Viel schlimmer ist, dass der Constable anscheinend der Meinung ist, ich hätte etwas mit dem Tod meines Mannes zu tun.«
»Was?« Dawn schlug die Hand vor den Mund. »Das ist doch purer Irrsinn! Warum solltest du so etwas Törichtes anstellen? Daniel, du musst die Polizei davon überzeugen, dass Caitlin nichts damit zu tun hat.«
»Ich werde unseren Anwalt rufen lassen. Hier werden wir Hilfe benötigen.« Der besorgte Blick, den Daniel seiner Schwester zuwarf, gefiel Caitlin gar nicht.
»Mutter will morgen früh nach Hause reisen. Eigentlich wollte ich sie begleiten, doch ich halte es für besser, wenn ich noch ein wenig hierbleibe.« Dawn blickte Caitlin fragend an.
»Es wäre sehr schön, wenn du bleiben kannst«, erklärte Caitlin und strich über Dawns Arm.