Читать книгу Isle of Ely - Dunkle Herzen - Paula Bergström - Страница 6

2

Оглавление

Es verlangte Daniel alles ab, Caitlin nicht auf seine Arme zu heben und sie in sein Zimmer zu bringen, um ihr zu zeigen, wie sehr er sich nach ihr verzehrte. Er durfte sie nicht verlieren. Caitlin und Timothy waren ihm in den wenigen Monaten so sehr ans Herz gewachsen, dass er es nicht ertragen könnte, wenn sie sich aufgrund einer Lüge von ihm abwendeten.

Er musste Caitlin beweisen, dass dieses Kindermädchen nicht die Wahrheit gesprochen hatte. Keine Ahnung, was Lizzy damit bezweckte, ihn als Vaters ihres Kindes hinzustellen. Als er sie im Beisein seiner Schwester und Will dazu befragt hatte, hatte sie geschwiegen. Es war kein Wort aus ihr herauszubekommen. Dann hatte ihn die Wut gepackt und Daniel hatte sie aus dem Haus geschmissen. Sie war gegangen, ohne dagegen zu protestieren, doch Daniel ahnte, dass es noch nicht das Ende dieser Intrige war. Wer auch immer dahintersteckte, hatte gute Arbeit geleistet. Lady Ireland verschwand nach dem Eklat spurlos. Angeblich war sie nach London gereist, doch es konnte auch gut sein, dass sie sich auf ihrem Landgut versteckt hielt oder bei dem Earl of Chigwell. War es die Revanche dafür, dass er Dawn aus dessen Fängen befreit hatte? Daniel wusste es nicht, und er erkannte, dass er dringend Hilfe brauchte.

Will hatte zugesagt, seinen Heimaturlaub auf Ely Manor zu verbringen und für den Schutz der Frauen Sorge zu leisten. Am Nachmittag sollte Andrew Grant, sein Anwalt, aus London anreisen. Er verfügte über Kontakte zu Männern, die Informationen sammeln konnten, ohne dass sie direkt mit ihm in Verbindung gebracht würden.

»Du hast mit Caitlin gesprochen? Ich habe euch im Garten gesehen.« Dawn kam auf ihn zu, als er die Halle durchquerte, und betrat vor ihm das Arbeitszimmer.

»Ja, zumindest ein Anfang«, knurrte Daniel und ließ sich hinter dem Schreibtisch nieder.

»Aus deiner Antwort schlussfolgere ich, dass sie dir nicht sofort in die Arme gefallen ist.«

»Nein, weiß Gott nicht.«

»Kannst du es ihr verdenken? Du kennst sie kaum und hast dich mit ihr verlobt. Sie hat eine schreckliche Ehe hinter sich und du treibst sie schon in die nächste Ehe. Dann taucht jemand auf, der behauptet, von dir schwanger zu sein. Was soll diese arme Frau denn deiner Meinung nach denken?« Dawn ließ sich vor dem Schreibtisch auf dem Besucherstuhl nieder und blickte ihren Bruder herausfordernd an.

»Dawn, ich bin im Moment nicht dazu aufgelegt, Katze und Maus mit dir zu spielen.« Daniel schlug das Verwalterbuch auf und betrachtete dieses Gespräch für beendet.

»Mein lieber Bruder, auch wenn es dir nicht gefällt: Ein sorgfältig gestreuter Keim des Misstrauens wächst schneller als Gras in der Sonne. Du solltest diesen Keim an der Wurzel packen und herausreißen, bevor er weiterwuchert.«

»Wie denn?«, rief er aufgebracht und warf die Hände in die Höhe. »Ich kann ihr nichts als meine Beteuerungen geben. Es liegt an Caitlin, mir zu glauben.«

»Du darfst nicht aufgeben, um sie zu werben. Gib ihr das Gefühl, dass sie der wichtigste Mensch in deinem Leben ist. Du darfst sie nicht gehen lassen, Daniel. Sie ist meine beste Freundin, auch wenn ich sie noch nicht lange kenne. Aber das, was sie für mich getan hat, werde ich ihr nicht vergessen.«

»Dawn, ich liebe diese Frau und werde sie ganz bestimmt nicht aufgeben. Doch um meine Unschuld zu beweisen, brauche ich Zeit. Ich werde denjenigen finden, der mir und vor allem Caitlin etwas antun will. Darauf kannst du Gift nehmen. Und sie werden nicht ungesühnt davonkommen.«

Dawn erhob sich und ging auf ihren Bruder zu. »Du wirst es schaffen, da bin ich mir sicher.« Sie strich ihm über das Haar und küsste seine Wange. »Ich muss jetzt los, Will wartet bei den Stallungen, wir wollen ein wenig ausreiten.«

»Dawn, pass bitte auf dich auf.«

»Das werde ich, großer Bruder.«

*

Beschwingt verließ Dawn das Arbeitszimmer und lief in Richtung der Stallungen, wo der Bursche bereits die Pferde gesattelt hatte. Sie trug diesmal ein Kleid, nicht die Reiterhosen, die sie sonst wählte, sie wollte schön für Will aussehen. Wollte ihn bezaubern, mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen. Als Will sie kommen sah, stieg er vom Pferd und half ihr auf. Dawn warf Will ein Lächeln zu, als er sie an den Hüften berührte. Es war eine notwendige Geste, trotzdem intim.

»Bereit, Lieutenant?«, fragte sie keck und trabte auf Goldstar los.

»Ich bin bereit, wenn Sie es sind, Lady Dawn.«

»Wann lassen Sie endlich diese förmliche Anrede fallen, Will?«, fragte sie, während sie gemeinsam zur Koppel ritten.

»Wir können ja ein kleines Wettrennen veranstalten«, schlug er vor. »Ihr Bruder hat mir verraten, dass Sie eine ausgezeichnete Reiterin sind. Wenn Sie gewinnen, werde ich Sie nur Dawn nennen.«

»Diese Wette nehme ich an!«, rief Dawn und trieb Goldstar an, die Stute, die sie seit dem Tag ritt, als sie hier angekommen war.

Will war überrascht und brauchte einige Sekunden, bis er ihr folgte. Er trieb seinen Hengst an, doch Dawn lag so weit vorn, dass er sie nicht mehr einholen konnte, selbst wenn sein Rappe schneller war als Goldstar.

An einem kleinen Teich, der von Trauerweiden gesäumt war, deren lange Äste bis ins Wasser reichten, hielt sie an und stieg ab.

»Sie haben mich zum Narren gehalten«, rief Will von Weitem und hielt neben Dawn mit seinem Rappen an.

»Ach, komm schon, Will! Du hast mich mit Absicht gewinnen lassen, damit du mich Dawn nennen kannst«, rief sie ausgelassen und lachte laut auf. Sie band Goldstar an einem Ast fest und setzte sich auf eine Bank, die am Ufer aufgestellt war. »Ist es hier nicht wunderschön? So ruhig und friedlich. Ganz anders als das hektische London.«

»Sie haben recht, Dawn …« Er setzte sich zu ihr.

»Du«, unterbrach sie Will und lächelte.

»Du hast recht … nur habe ich die letzten Jahre in Südafrika verbracht, dort sieht es anders aus«, erwiderte er leise.

»Möchtest du mir davon erzählen?«, fragte Dawn und musterte sein braungebranntes Gesicht.

Er sah ziemlich gut aus mit diesen dunkelbraunen Augen und den braunen Haaren. Seine Haut schimmerte golden, und sie fragte sich, ob er am ganzen Körper gebräunt war. Insgeheim schüttelte sie den Kopf über sich. Wie konnte sie so etwas denken? Sie war noch nicht imstande, sich neu zu verlieben, sie sollte überhaupt nicht an einen Mann denken. Schuld daran war dieser teuflische Percy Troy, dem sie vertraut hatte. Doch er hatte ihr das Schlimmste angetan, was man sich als Frau nur ersinnen konnte.

»Es ist sehr warm, ganz anders als in England. Die Weite, die sich einem darbietet, ist kaum zu beschreiben. Dieses Land ist so groß, du hast keine Vorstellung. Die Menschen sind so … lebendig. Ihre Kultur besteht seit mehr als Tausenden von Jahren …«

Seine Stimme klang so bewegt, dass Dawn ihn fasziniert anblickte. »Du wirst also wieder dorthin gehen, nicht wahr? So wie du von diesem Land schwärmst, wirst du wohl nicht wieder zurückkehren.«

Will sah sie an und schien sie eindringlich zu mustern. »So sah mein Plan aus, doch jetzt …« Er hielt inne und blickte über den Teich, auf dem zwei weiße Schwäne ihre Bahnen zogen.

»Was hat sich geändert?«, fragte sie leise.

Es dauerte eine Weile, bis Will antwortete. »Du, Dawn, hast diesen Plan zunichte gemacht. Seit ich dir begegnet bin, ist mein Wunsch, nach Afrika zurückzukehren, in weite Ferne gerückt.«

Dawn hielt den Atem an, als er weitersprach.

»Ich weiß, dass dein Bruder nicht begeistert davon sein wird, aber ich werde ihn bitten, dir den Hof machen zu dürfen. Es ist mir ernst, ich werde zu gegebener Zeit um deine Hand anhalten, wenn du es willst.«

»Oh Will, das ist sehr freundlich von dir, aber du musst das nicht tun. Ich werde mich damit schon abfinden.« Sie versuchte sich an einem Lächeln, doch es schien ihr zu missglücken.

»Dawn, wovon redest du? Ich kann dir im Augenblick nicht folgen.« Mit ratlosem Blick sah Will sie an.

»Oh, ich dachte, Daniel hätte mit dir darüber gesprochen, es dir erzählt, irgendetwas erwähnt.«

Langsam schüttelte Will den Kopf. »Nein, ich weiß nicht, worauf du anspielst.«

Nun war es wohl zu spät, um es zu verschweigen. Aber was sollte sie sagen? Sie wusste es nicht in Worte zu fassen. Ohne ein weiteres Wort stand sie auf und lief zu Goldstar. Mit viel Schwung stieg sie in den Sattel und trieb das Pferd an.

»Dawn! So warte doch! Wo willst du denn hin? Ich hätte gern eine Erklärung!«, rief Will hinter ihr und stieg ebenfalls in den Sattel, um ihr zu folgen.

Goldstar war ein ruhiges Pferd, doch es war auch schnell. Wie der Wind schoss Dawn über die grünen Wiesen, ritt einen Hügel hinauf und wieder hinunter. Der aufgefrischte Wind kühlte ihr Gesicht, trocknete die Tränen, die sich in ihren Augen sammelten. Sie nahmen ihr die Sicht, doch Goldstar kannte sich in der Gegend aus, fand seinen Weg fast von allein.

Sie musste ihm die Wahrheit sagen, ging es Dawn durch den Kopf. Will sollte wissen, warum sie nicht heiraten konnte, denn kein Mann von Stand und Ehre würde um ihre Hand anhalten. Sie schoss einen Hügel hinunter und verlor fast das Gleichgewicht, weil Goldstar Anstalten machte, durchzugehen, doch wie aus dem Nichts griff Will nach ihren Zügeln und stoppte beide Pferde.

»Bist du verrückt? Willst du dich umbringen? Was soll diese wahnsinnige Geschwindigkeit? Du vergisst, dass ich Reiter in der Armee bin. Ich könnte dich jederzeit schlagen, es hat also keinen Zweck, vor mir davonzureiten. Ich will jetzt die Wahrheit hören, Dawn.«

Sie blickte ihn irritiert an. Dann hatte er also nur so getan, als wäre sie eine bessere Reiterin als er. Er hatte ihr etwas vorgemacht, um sie in Sicherheit zu wiegen. Sie blickte in seine Augen und sah Zielstrebigkeit und Wagemut darin. Gut, wenn er die Wahrheit wissen wollte, dann sollte er sie bekommen. »Will, ich muss ehrlich sein. Ich bin keine Frau mit einer weißen Weste. Die Ehre wurde mir geraubt, auf sehr unschöne Weise. Ich habe es überstanden und versuche, darüber hinwegzukommen, doch ich bin aufgrund dieses Geschehnisses keine Frau, der ein ehrbarer Mann einen Antrag machen sollte. Kein Mann, wie du es bist, Will. Ich beneide dich für deine Träume und deine Liebe zu diesem fernen Land. Vielleicht finde ich auch eines Tages etwas, für das ich so brennen kann.«

Will blickte sie an, doch Dawn sah kein Mitleid. Eher war es Unverständnis, als würde er ihr nicht recht glauben wollen oder können.

»Was genau soll das heißen? Hat ein Mann dich gegen deinen Willen genommen? Das muss für dich ein Schock gewesen sein und ich wünschte, ich wäre eher hier gewesen, um deine Ehre zu verteidigen. Aber ich sehe keinen Grund, warum ich dich nicht lieben darf. Es ist nicht schön, was dir widerfahren ist, doch es war nicht deine Schuld. Ich kenne Männer, die meinen, sich alles nehmen zu können, was sie wollen. Es muss eine schlimme Erfahrung für dich gewesen sein, doch gib mir die Chance, dass ich das wiedergutmachen kann. Du wirst glücklich werden, Dawn, und zwar zusammen mit mir, als meine Frau, wenn du es willst, wenn du mich lässt.« Er ergriff ihre Hand und führte sie an seine Lippen.

»Will, ich bin nicht mehr gesellschaftsfähig, man würde über dich tratschen. Du hast einen Posten in der britischen Armee, das kann ich dir nicht antun.«

»Das Gerede der Leute ist mir egal. Komm mit mir nach Afrika, dort kannst du … können wir zusammen neu anfangen. Dort existiert die hiesige Adelsgesellschaft nicht. Dort zählt nur, dass ich dich liebe.« Er blickte mit seinen sanften Augen bis tief in ihre Seele.

»Wie kannst du mich lieben? Eine Frau, die geschändet wurde …« Weiter kam sie nicht.

»Psst, meine Liebe. Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert, die Welt verändert sich. Wir werden nie wieder darüber sprechen. Es existiert für uns einfach nicht. Ich werde dich heiraten und dir zeigen, dass es mehr gibt auf dieser Welt, als du bisher kennengelernt hast. Vorausgesetzt, ich komme an deinem Bruder vorbei.«

Er hob die Hand und streichelte ihr Gesicht. In diesem Augenblick stahl sich ein Sonnenstrahl durch das Geäst und wärmte sie. Genussvoll schmiegte sie ihre Wange an seine Haut und seufzte glücklich. »Kannst du so lange warten? Es kann lange dauern, bis mein Bruder sein Einverständnis geben wird, bis wir verheiratet sind«, flüsterte sie und rückte näher zu Will.

»Ich will dir Zeit geben, dich an den Gedanken zu gewöhnen.« Wills Stimme klang rau. Er legte eine Hand um ihre schmale Taille und zog sie näher zu sich. »Ich würde dich gern küssen, Dawn. Doch wenn es dir nicht angenehm ist, dann …«

»Küss mich«, hauchte Dawn und kam ihm entgegen. Eigentlich war sie es, die ihn küsste, und doch war es egal. Dawn genoss die Berührung seiner Lippen, die sich zart auf ihre legten. Er war zärtlich, wenn auch nicht zurückhaltend. Einfühlsam, wenn auch nicht keusch. Seine Hände packten sie fest, doch Dawn spürte keine Angst. Sie genoss diese Berührungen und wünschte sich mehr davon. Eine Empfindung, die sie niemals für möglich gehalten hätte. Und dennoch hielt sie etwas zurück, das sie zur Vorsicht mahnte. Sie kannte ihn kaum, war ihm nur als sehr junges Mädchen einmal begegnet. Auch wusste sie nicht viel über ihn, nur dass er mit Daniel auf der Akademie war und sie gemeinsam in den Burenkrieg gezogen waren. Sie wollte Vorsicht walten lassen. Doch dann war da diese Anziehungskraft, die Will auf sie ausübte. Es war, als würden zwei Menschen an beiden Armen an ihr zerren, und sie wusste nicht, welchem sie nachgeben sollte. Letztendlich gewann die mutige Dawn, die sich auf das Leben einlassen wollte. Die jede Vorsicht über Bord warf und beschloss, der Männerwelt noch eine letzte Chance zu geben, denn ihr Herz riet ihr dazu. Es erkannte die Wahrheit: dass sie Will liebte, mit jeder Faser, jedem Herzschlag. Sie wollte nicht mehr ohne ihn sein.

»Oh, Will«, wimmerte sie und legte ihre Stirn an seine.

»Ich werde mit Daniel sprechen, noch heute«, erklärte er und lächelte sie liebevoll an.

»Und ich werde heute Nacht mein Schlafgemach nicht verschließen«, wisperte sie mutig, denn sie wollte keine Nacht mehr ohne ihn verbringen.

Isle of Ely - Dunkle Herzen

Подняться наверх