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aa) Gebietskörperschaften

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Eine besondere Nähe zur staatlichen Verwaltung weisen die vom Staat zu unterscheidenden Gebietskörperschaften auf, d.h. Regionen, Wojewodschaften, Departements, Provinzen, Kreise, Städte und Kommunen.[115] Obwohl es namentlich in den Einheitsstaaten schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg vielfach den Wunsch nach Dezentralisierung gab und in den nationalen Verfassungen teilweise sogar ein Dezentralisierungsprinzip niedergelegt ist, sollte seine Verwirklichung noch bis zum Ende des 20. Jahrhunderts dauern.[116] Seit den 1970er-Jahren ist die Bedeutung der nachgeordneten, mit Autonomie ausgestatten Gebietskörperschaften in den meisten Verwaltungsrechtsordnungen freilich stark gestiegen. Darauf deutet nicht zuletzt auch die Anerkennung der regionalen und lokalen Selbstverwaltung in Art. 4 Abs. 2 Satz 1 EUV hin.

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Die kommunale Selbstverwaltung kann auf unterschiedliche Traditionslinien zurückgreifen. Sie besitzt Vorläufer in den Hansestädten und freien Reichsstädten des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, lässt sich aber auch für das byzantinische Kaiserreich nachweisen.[117] Während der Herausbildung des modernen Verfassungsstaates in Deutschland wurde die kommunale Selbstverwaltung ursprünglich als eine den Grundrechten vergleichbare „natürliche“ Freiheit begriffen;[118] diese Sicht wurde nach 1949 jedoch von einem „etatistischen“ Verständnis der Selbstverwaltung verdrängt, das in den Kommunen heute primär Träger mittelbarer, d.h. dezentralisierter Staatsverwaltung sieht (Art. 28 Abs. 1 und 2 GG).[119] Das trifft sich mit der Sicht einheitsstaatlicher, mittlerweile aber dezentralisierter Verwaltungsrechtsordnungen, wie sie sich in Frankreich, Griechenland (Art. 102 Abs. 1 Verf.) oder Polen finden. In Italien werden die Kommunen sogar zur Staatsverwaltung gezählt,[120] in Großbritannien ist ihre Stellung nach dem Zerfall entsprechender Constitutional Conventions Ende des 20. Jahrhunderts prekär.[121]

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Aufgabe der kommunalen Gebietskörperschaften ist es, die ihnen durch Verfassung und/oder Gesetz zugewiesenen Aufgaben zu erledigen. Das sind bei Städten und Gemeinden in erster Linie eigene Angelegenheiten bzw. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 102 Abs. 1 Verf. Griechenland, Art. 116 Abs. 1 B-VG) sowie gesetzlich zugewiesene – sogenannte übertragene – Angelegenheiten. Kommunalen Gebietskörperschaften höherer Ebene (Landkreise, Regionen) verfügen meist nur über einen gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbestand.

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Die Gebietskörperschaften verfügen auch über die Befugnis zur Rechtsetzung durch Satzungen und Rechtsverordnungen. Diese wird ihnen teils unmittelbar durch die Verfassung, teils durch Gesetz verliehen.[122] Der Vollzug dieses selbst gesetzten Rechts ist ebenso Aufgabe der Gebietskörperschaften wie die Erledigung staatlich zugewiesener Vollzugsaufgaben.

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Kommunale Gebietskörperschaften verfügen typischerweise über Vertretungsorgane, die aus periodisch durchzuführenden allgemeinen Wahlen hervorgehen und ähnlich wie Parlamente die grundlegenden Entscheidungen im Rahmen des jeweiligen Aufgabenspektrums treffen.[123] Daneben besitzen sie eine – teilweise direkt gewählte[124] – Verwaltungsspitze.[125]

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