Читать книгу Ius Publicum Europaeum - Paul Craig - Страница 62

a) Berufsbeamtentum

Оглавление

85

Die Einrichtung eines in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehenden, lebenslang beschäftigten und persönlich unabhängigen Berufsbeamtentums lässt sich – mit Unterschieden im Detail – für die meisten Verwaltungsrechtsordnungen in Europa nachweisen.[145] Ihm obliegt typischerweise die Unterstützung der Staatsleitung durch die Ministerialverwaltung sowie die Ausübung hoheitlicher Gewalt in Militär, Polizei, Verwaltung und Justiz. Obgleich häufig ein Teil des monarchischen Erbes, wird das Beamtentum heute als personalwirtschaftlicher Garant für eine demokratisch und rechtsstaatlich rückgebundene Verwaltung begriffen.[146] Das französische Verwaltungsrecht stellt das Beamtentum in den Dienst des service public; zugleich soll es die Unabhängigkeit der Verwaltung sicherstellen, was als Voraussetzung dafür angesehen wird, dass diese ihre Kenntnisse auch bestmöglich einsetzen kann.[147] In Deutschland, Griechenland, Italien, Polen und Spanien ist die Existenz eines besonderen Berufsbeamtentums sogar unmittelbar in der Verfassung verankert.[148]

86

Prägend für die Rechtsverhältnisse der Beamten sind Loyalität, Unparteilichkeit und die Verwirklichung des Leistungsprinzips, das sowohl bei der Anstellung als auch bei Beförderungen Beachtung verlangt.[149] Dies stärkt die Unabhängigkeit des öffentlichen Dienstes von der Politik, deren Einfluss vielfach als schädlich angesehen wird.[150] Als größtes Hindernis für die Verwirklichung des Leistungsprinzips gilt daher vor allem die Ämterpatronage durch die politischen Parteien.[151] In einer Reihe von Verwaltungsrechtsordnungen sollen Spitzenpositionen von der Regierung hingegen durchaus auch „politisch“ besetzt werden.[152]

87

Den Staat bzw. den Dienstherrn trifft in der Regel eine besondere Fürsorgepflicht für seine Beamten. Sie können sich heute zudem, wie andere Beschäftigte, gegenüber dem Dienstherrn auf ihre Grundrechte berufen und gegen ihn klagen. Auch wenn einzelne Beschränkungen fortdauern – so genießen Beamte in Deutschland, anders als in Frankreich oder Griechenland,[153] kein Streikrecht[154] –, ist die Konzeption des besonderen Gewaltverhältnisses nach dem Zweiten Weltkrieg doch nach und nach aufgegeben worden.[155]

88

Unter dem Einfluss der Europäisierung ist es in vielen Verwaltungsrechtsordnungen zu einer Öffnung und Neuausrichtung des Beamtenrechts gekommen, da der Europäische Gerichtshof in den 1980er-Jahren damit begonnen hat, den heute in Art. 45 Abs. 4 AEUV verankerten Vorbehalt für die öffentliche Verwaltung restriktiv auszulegen und nur noch auf solche Funktionen anzuwenden, die entweder unmittelbar der Staatsleitung oder der Ausübung hoheitlicher Befugnisse zuzuordnen sind.[156] Als Reaktion hierauf haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Beamtenstatus entweder von vornherein auf die von Art. 45 Abs. 4 AEUV erfassten Fälle beschränkt[157] oder ihn im Wesentlichen auch für Unionsbürger anderer Mitgliedstaaten geöffnet.[158]

Ius Publicum Europaeum

Подняться наверх