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2. Kapitel

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Hoheit und ihre Enkel

Die Besitzerin des Gutes Ulrichshof liess sich „Hoheit“ titulieren, nicht nach ihrem verstorbenen Gemahl „Exzellenz“. Denn ob diese Dame auch gutwillig, ja begeistert die Frau eines Mannes vom Kleinadel geworden war, so vergass sie doch nie auf ihre fürstliche Abstammung und hatte diesen „Abstand“ auch den Gatten manchmal fühlen lassen. Hoheit war von schlankem, grossem Wuchse und hatte trotz ihrer fünfundsechzig Jahre noch immer ein ziemlich faltenloses Gesicht. Das tägliche Bad, der Reitsport, vernünftiges Masshalten in Essen und Trinken und geeignete Massage hatten ihre Haut bei guter Durchblutung gehalten, und bei guter Durchblutung der Haut kommen Fettansatz oder Runzeln nicht leicht auf.

Körperliche Trägheit macht rasch alt, geistige auch, zum ganz Altwerden gehört eine gewisse Portion Trägheit und Dummheit; zahlreiche Ausnahmen erhärten diese Regel. Hoheit übernahm sich nie an schwerer geistiger Kost, sie las am liebsten leichte Romane in deutscher oder französischer Sprache. Philosophischen, politischen oder religiösen Auseinandersetzungen war sie abhold. Mit dem Christentum stand Hoheit nur soweit in Verbindung, wie das „offiziell“ von einer Standesdame verlangt wird. Dagegen beschäftigte sich die hohe Dame viel mit Geheimkünsten: mit Kartenlegen, Handlesekunst und mit Spiritismus. Sie war Mitglied eines spiritistischen Zirkels in der nicht weit entfernten Hauptstadt. Einmal hatte Hoheit den Geist Napoleons des Ersten zitiert. Napoleon hatte ihr mit der unverschämten Phrase geantwortet, die er für alle Frauenspersonen hatte, die sich ihm in seinen Privatgemächern aufdrängten, mit einer Phrase, die in anständiger Gesellschaft nicht wiedergegeben werden kann. Wochenlang hatte Hoheit an einem Nervenchok gelitten. Dieser Napoleon blieb auch nach dem Tode noch ein Unflat. Auch mit Goethe hatte Hoheit kein Glück gehabt; er hatte ihr nur zwei Worte geantwortet: „Mehr Licht!“, und Friedrich der Grosse hatte grob gepoltert: „Gehe Sie schlafen, Sie alte Schachtel!“ Daraufhin hatte die Leiterin dieser Sitzungen gesagt: Hoheit solle sich nur trösten, weder Napoleon, noch Goethe, noch Friedrich der Grosse hätten persönlich geantwortet, das seien Koboldereien untergeordneter Geister, die eine Freude daran hätten, die Sitzungen zu stören, die Menschen zu äffen. Die drei zitierten Herren seien auch durch die tausenderlei Seancen, die in jeder Nacht auf Erden veranstaltet würden, so in Anspruch genommen, dass sie nicht immer antworten und ihre elysische Ruhe unterbrechen könnten, wennschon sie — die Leiterin — gehofft habe, sie würden in diesem Falle, da es sich um eine gebürtige Prinzessin handele, eine Ausnahme machen.

Lange Zeit hatte Hoheit versucht, eine Verbindung mit ihrem verstorbenen Gemahl zu bekommen; es war nicht gelungen, keine Antwort kam. Da hatte bei einem abermaligen vergeblichen Versuche ein Gast einem anderen zugeflüstert: „Vielleicht ist er in der Hölle, da kann er nicht antworten.“ Hoheit hatte einen Ohnmachtsanfall erlitten, denn obgleich sie nicht wusste, ob sie an die Existenz einer Hölle glaube, fürchtete sie sich doch insgeheim ganz schrecklich vor ihr. Einen einzigen Erfolg hatte Hoheit in den spiritistischen Sitzungen erzielt. Sie hatte einen verstorbenen Arbeitsaufseher, der zu Lebzeiten „Vogt“ genannt worden war, befragt, ob er denn nicht wisse, wer ihr seit einem Jahrzehnte die Gänse und Hühner stehle. Ja, hatte der Geist geantwortet, das wisse er. Zu Lebzeiten hätte er sie selber gestohlen, zusammen mit Gustav, dem Pferdeknechte, der die Marktfuhren besorge; nun er tot sei, werde Gustav wohl das Geschäft selbständig weiterführen.

Diese Botschaft aus dem Jenseits erwies sich als richtig; am nächsten Markttage konnte Gustav in der Stadt mit gestohlenem Federvieh festgenommen werden.

*

Hoheit hatte eben eine „Patience“ beendet, die zweiundfünfzig Whistkarten lagen noch auf dem Tisch, als Doktor Tobias mit Brigitte eintrat.

„Hoheit haben befohlen —“

„Ja! Wo ist Julius?“

„Er ist nach der Stadt. Wir trafen ihn — Brigitte und ich.“

„Sie waren mit Brigitte aus?“

„Brigitte war nach dem Friedhofe gegangen — ich ging ihr nach — es ist ja heute der Todestag —“

Hoheit zuckte ein wenig zusammen.

„Ja, ja, doch wohl der sechsundzwanzigste März. Ich — ich — ich habe es natürlich durchaus nicht vergessen; nur ich bin gegenwärtig mit den Nerven so parterre, dass ich so traurige Friedhofsbesuche nicht machen kann. Sie werden das verstehen, Herr Doktor.“ Tobias verneigte sich; Brigitte sass steif und wortlos da.

„Wollte denn Julius nach seiner Verbindung?“

„Er sagte, er wolle nach dem Friedhof. Ob er nachher noch in seine Verbindung geht, weiss ich nicht.

Julius wird am sechsundzwanzigsten März niemals in ein Gasthaus gehen“, sagte das Mädchen.

„Du bist nicht gefragt worden, Brigitte“, verwies Hoheit.

Trotz trat in die weichen Kinderzüge. Zornige Tränen glitzerten in den grossen Augen. Sie gehorchte der Grossmutter nicht.

„Es ist unser Karfreitag, wir haben den ganzen Tag weder etwas gegessen noch getrunken, keinen Bissen, keinen Schluck Wasser, weder Julius noch ich.“

„War das eine Verabredung zwischen euch?“

„Ja. Heinrich Martin hat auch mitgefastet, obwohl es ihn nichts angeht. Er tut es aus Freundschaft.“

„Das ist ja wie eine Verschwörung! Was sagen Sie dazu, Doktor?“

„Ich habe davon nichts gewusst.“

„Von so etwas müssen Sie wissen“, sagte Hoheit scharf.

„Wofür sind Sie da?“

Der arme, alte Mann nahm schweigend diesen gallbitteren Bissen seines Gnadenbrotes in Empfang.

Da trat Julius ein. Er war ein bildhübscher Bursch. Der kohlschwarze, dichte Haarschopf krönte und umrahmte ein prachtvolles, kühnes Jungmännergesicht. Freilich, dieses Gesicht hatte nichts Frohes, nichts Vertrauensseliges, kaum etwas Junges, es war bitter und herb, aber in Nase, Stirn, Kinn, in dem Eigensinn der Augen kündete sich grosse Kraft.

Er verneigte sich kurz vor seiner Grossmutter.

„Setz dich, Julius“, sagte diese viel freundlicher, als sie jemals zu dem Mädchen sprach. „Du warst auf dem Friedhofe?“

„Es ist der Todestag der Mutter, der Todestag deiner Schwiegertochter. Ich sah keinen Kranz von dir auf dem Grabe, ich sah nur den Kranz, den Brigitte hingetragen hat und den wir Kinder zusammen gekauft haben. Und dann war noch ein ganz kleiner Kranz da, der sah ganz nach Tobias aus. Ich danke dir, lieber Toby.“

Aufs höchste verdrossen sagte die alte Hoheit:

„Ich verbiete dir, Julius, diesen ungehörigen Ton gegen deine Grossmutter anzuschlagen, von der du alles hast, ohne die du nicht leben könntest. Wenn ich heute nicht auf dem Friedhof war, so lag der Grund darin, dass mir meine Nerven so etwas nicht erlauben. Und um eines will ich dich fragen, Julius: das ganze Jahr jammert ihr um eure Mutter. Denkt ihr auch einmal an euren Vater, der mein einziges Kind ist? Denkst du an ihn, Brigitte?“

„Wenn ich an ihn denke, bete ich für ihn“, sagte das Mädchen leise.

„Und du, Julius, der du das Ebenbild deines Vaters bist, denkst du an ihn? Wie denkst du an ihn?“

Der junge Mann sprang trotzig auf und verliess das Zimmer.

„Das ist unerhört — unerhört — Doktor, holen Sie ihn zurück — er soll augenblicklich wieder hierherkommen!“

Doktor Tobias beeilte sich.

„Und du, Brigitte, gehe in dein Zimmer. Lasse dir das Nachtessen hinaufbringen.“

„Ich esse heute nicht.“

„Ach so — — die Verabredung — — — nun, vielleicht wäre es gut, euch einmal ordentlich hungern zu lassen. — Geh!“

Tobias kam zurück und meldete, Herr Julius hätte Mantel und Hut genommen und sei noch einmal davongestürmt. Wohin, wisse niemand.

Die alte Hoheit sprang auf.

„Wahrscheinlich abermals nach dem Friedhof — wahrscheinlich, um sich noch einmal die Seele voll Gift und Galle zu saugen gegen seinen unglücklichen Vater und gegen mich, seine Grossmutter. Aber das sind die Früchte solcher Erziehung! Die Frau, deren Todestag heute ist, hat mir am Anfang ihrer Ehe die Liebe meines Sohnes genommen, die mein alles war auf Erden, sie hat dann ihre beiden Kinder mir und dem Vater der Kinder völlig entfremdet. Wundert sich jemand, dass ich keinen Kranz auf das Grab dieser Frau trage? Um die Mutter jammern sie, an den Vater, an meinen einzigen Sohn, denken sie nur im Groll, denken in Hass an den armen Gefangenen in der Festung. Und — Sie, Sie, Doktor, Sie stehen auch auf der Seite meiner Gegner!“

„Nein, nein, nein“, stammelte der Alte, „ich bin Euer Hoheit durchaus ergeben.“

„Durchaus ergeben? So, so! — War der kleine Kranz, von dem Julius sprach, von Ihnen?“

„Ja“, sagte Tobias und zitterte.

„Wissen Sie, was das ist, Doktor? Das ist nicht etwas Gutes, nicht etwas Christliches oder Pietätvolles, das ist glatter Verrat an Ihrer Herrin.“

„Hoheit — Hoheit —“, jammerte der Alte, „wie könnte ich meine Wohltäterin verraten!“

„Sie tun es! Der Junge, das Mädel kommen ans Grab. Von der Grossmutter ist kein Kranz da, aber wohl ist einer da von dem edlen Herrn Doktor Tobias. Der Festungsgefangene hat keinen Kranz schicken können oder wollen, aber Herr Doktor Tobias hat einen Kranz niedergelegt, wahrscheinlich in aller Herrgottsfrühe, da Julius und Brigitte noch in der Schule waren, am Vormittag niedergelegt, damit die Kinder ihn nachmittags finden sollten.“

„Hoheit, ich hatte geglaubt, die Kinder würden meinen, der kleine armselige Kranz sei von der Krankenpflegerin, die die selige Frau Schwiegertochter betreut hat.“

„Nein! Ich dulde keine Gegenpartei im Hause. Und eine Gegenpartei bilden Sie mit den Kindern. Was bedeutet der schwarze Vorhang, der zwischen Brigittes Schlafzimmer, dem ehemaligen Schlafzimmer ihrer Mutter, und dem ehemaligen Schlafzimmer ihres Vaters, meines Sohnes, hängt? Ich bin heute oben gewesen, habe alles das angesehen!“

„Ich weiss es nicht, der Vorhang ist ohne mein Wissen angebracht worden.“

„Sie sind nicht gerade ein scharfsichtiger Erzieher, wenn Sie so etwas nicht bemerken. An Brigittes Bett hängt ein Gedicht eingerahmt an der Wand. Wissen Sie auch nicht, wer dieses Gedicht dort aufgehängt hat?“

„Ich tat es selbst.“

„Von wem ist das Gedicht?“

Tobias schwieg.

Hoheit ging durchs Zimmer, suchte in einer Lesemappe, brachte ein Zeitschriftenheft, schlug eine Seite auf und fragte: „Ist es nicht dieses Gedicht? Der Name des Autors darunter ist ‚Tobias‘. Haben Sie dieses Gedicht selbst geschrieben? Sie machen ja doch wohl zuweilen Gedichte. Ist dieses Gedicht von Ihnen? Warum, wozu dichten Sie so etwas?“

Der alte Tobias knickte ganz zusammen.

„Hoheit, man dichtet nur, wenn man dichten muss. Als ich die Verse schrieb, habe ich an Brigitte nicht gedacht. Dichtung verfolgt ja keinen Zweck. Erst, als das Gedicht schon gedruckt war, fand ich, dass es für Brigitte passe. Da schrieb ich es ab und hing es an ihr Bett.“

„Herr Doktor Tobias, Sie werden am ersten April Ihre Kündigung bekommen. Suchen Sie sich für den ersten Juli eine neue Stelle.“

„Hoheit — Hoheit — ich alter Mann — mir gibt doch niemand mehr einen Posten. Wo — wo sollte ich denn hin?“

„Das ist Ihre Sache! Eine Intrigenwirtschaft gegen mich dulde ich in meinem Hause nicht. Nun können Sie gehen.“

Der alte Mann taumelte, als er der Tür zustrebte. Draussen brach er zusammen. Ein Bedienter führte ihn in seine bescheidene Stube und half ihm ins Bett.

Eine halbe Stunde später stand Julius am Bette des Alten.

„Man hat mir gesagt, du seiest erkrankt. Was ist dir, Toby?“

„Ach“, jammerte Tobias, „ich alter Mann werde verhungern müssen. Hoheit hat mir gekündigt. Ich soll fort.“

„Aber das ist ja nicht möglich!“

„Es ist so, Julius.“

Der Jüngling setzte sich auf einen Stuhl und starrte auf den Fussboden. Dann streichelte er die Hand des Greises und sagte:

„Sei unbesorgt, Tobias, ehe du hungerst, werde ich Fabrikarbeiter, und Brigitte wird eher für ein Geschäft Hemden nähen, als dich darben lassen. Solch eine Gemeinheit! Nun, ich gehe jetzt zu ihr.“

Tobias wollte ihn zurückhalten; er sagte, Hoheit sei in denkbar schlechtester Laune, und Julius könne in seiner Aufgeregtheit schwere Fehler machen.

„Ich gehe!“

Er wurde vorgelassen. Hoheit war besserer Laune. Eben war die siebente Patience „aufgegangen“, die sie auf die Frage gelegt hatte, ob wohl das Begnadigungsgesuch für ihren Sohn Erfolg haben werde. Wenn sieben verschiedene Patiencen, auch die schweren, auf die gestellte Frage aufgehen, dann ist das ein absolutes „Ja“. Die Begnadigung des Sohnes würde erfolgen, Eberhard, ihr vergötterter Eberhard, würde bald bei seiner Mutter sein. Nun stand Julius vor ihr, den sie nur deshalb liebte, weil er das Ebenbild seines Vaters war. So, wie jetzt Julius vor ihr stand, so haargenau war Eberhard gewesen, als er siebzehn Jahre alt war, auch so wild, auch so trotzig, genau so aussehend.

„Nun, Julius, kommst du, um dich zu entschuldigen wegen deines unerhörten Betragens von vorhin?“

„Nein!“

„Was willst du also? Warum nimmst du nicht Platz?“

„Ich möchte bitten, stehen bleiben zu dürfen, bis meine Frage erledigt ist. Ich komme wegen Tobias. War es Ernst mit der Kündigung?“

„Ich spasse nicht mit solchen Dingen.“

„Und soll das das letzte Wort in dieser Sache sein?“

„Mein letztes Wort! Unwiderruflich! Dieser unselige Geist, der den Frieden dieses Hauses vergiftet, muss weichen. Doktor Tobias muss gehen, am besten sofort. Sein Gehalt bis ersten Juli werde ich ihm auszahlen lassen.“

„Das ist sehr gnädig. Ich werde mit Tobias zusammen Ihr Haus verlassen, Hoheit, morgen für immer verlassen.“

Die Prinzessin lachte nervös.

„Bitte, Julius, sei nicht theatralisch und spiel dich nicht auf! Verfratz dich nicht! Na, na, du bist siebzehn Jahre. Da läuft man schnell davon, aber man kommt auch ziemlich bald wieder. Es geht nicht draussen in der Welt ohne Halt und Stütze.“

„Es wird gehen. Freilich, am Gymnasium kann ich nicht bleiben. Wovon sollte ich das Schulgeld bezahlen, wovon sollte ich leben? Wenn ich nichts anderes finde, werde ich Fabrikarbeiter werden.“

„O, wie heroisch!“ lächelte die Hoheit. „Fabrikarbeiter! Das klingt! Das ist etwas für übergeschnappte Siebzehnjährige. Das ist etwas, um ihrer Familie zu drohen, aber es ist nicht etwas, das ausgehalten werden kann. Alles um eines entlassenen Hauslehrers willen, der nach keiner Richtung etwas taugt, der seine Studienjahre verliedert hat, wohl zur Not seinen Doktor machte, aber kein Staatsexamen zustande brachte, der natürlich damals mit seinem frischbackenen Doktortitel sofort zur Presse lief, dort alberne Artikel, aufgeblasene Kritiken schrieb, bis es doch die gebildeten Leser satt kriegten, so dass er entlassen wurde — das ist Doktor Tobias, der dann auf die schiefe Ebene geriet, in allen möglichen Berufen und Stellungen war, sogar Varietékünstler soll er mal gewesen sein, und der endlich auf Schloss Ulrichshof landete durch die Gnade deines Vaters. Auf Schloss Ulrichshof versteht er sein Erzieheramt nicht, ja, er missbraucht es geradezu zum Nachteil seiner Herrin. Rede mir nur niemand davon, dass meine Massnahme gegen diesen Doktor Tobias ungerecht oder auch nur hart sei. Es bleibt dabei, er hat zu gehen.“

Der Jüngling, der zuerst puterrot gewesen war, war jetzt blassgrau. Mit fast schleppender Stimme sagte er: „Einiges fehlt in diesem Lebensbilde des Doktor Tobias. Es fehlt zum Beispiel, dass er einmal Lehrer an einer Presse war, die solche Schüler aufnahm, die schon von allen möglichen Gymnasien heruntergeflogen waren. Da kam auch ein gewisser Eberhard von Kobel auf diese Presse.“

„Schweig, du Unverschämter! Du sprichst von deinem Vater!“

„Ich spreche zu dem Falle Tobias. Dieser Eberhard von Kobel verdankte es allein dem Doktor Tobias, dass er durchs Abitur kam, er verdankte es dem Doktor Tobias, dass er in Heidelberg, Bonn und Berlin von den allerschlimmsten Streichen abgehalten wurde, dass er nach zwölf Semestern den Doktor erhielt auf eine Dissertation hin, die Tobias abgefasst hatte.“

„Du Ausgeburt von Niedertracht! Das ist eine infame Lüge von Tobias.“

„Tobias hat mir nie etwas Nachteiliges über den Mann gesagt, der leider mein Vater ist, auch nicht das über die Dissertation. Ich habe andere Quellen. Der Herr Eberhard von Kobel hat mir einmal seine Doktorarbeit mit einer stolzen Widmung und mit der Mahnung, ihm nachzueifern, gedruckt überreicht. Das Manuskript der Dissertation aber fand ich in der Handschrift des Tobias in dessen Schublade, als ich einmal neugierig darin herumstöberte. Es war noch vor Mutters Tode.“

Die alte Hoheit konnte nicht mehr sprechen. Sie lag nach Luft ringend und sich fächelnd in einer Sofaecke. Ein Diener brachte ein Telegramm. Die alte Frau raffte sich sofort auf. „Wahrscheinlich vom Anwalt in Berlin.“

Ein Anwalt in Berlin hatte im Auftrage der Prinzessin die Begnadigung ihres zu fünf Jahren Festungshaft verurteilten Sohnes Eberhard von Kobel bei den zuständigen Behörden mit Hilfe einflussreicher Personen, darunter auch Parlamentarier waren, zu betreiben versucht.

Hoheit las das Telegramm.

„Begnadigung leider abgelehnt.“

Eine Kammerjungfer erschien und brachte die schwererschütterte Hoheit zu Bett. Julius verschwand.

Ulrichshof

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