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Flutkatastrophen, Waldbrände, Vulkanausbrüche, Erdbeben, … Geht’s noch, Gott? Oder ist das alles unsere eigene Schuld?

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Offensichtlich sind die Katastrophen, die die Menschheit über Jahrhunderte und Jahrtausende erlebt hat, kein Grund gewesen, dass der Glaube an Gott aufgegeben wurde. Ganz im Gegenteil, der ist meistens noch geschärft worden. Weil Menschen in dem Abhängigsein von der Natur und dem Abhängigsein von der Zeit, in der man lebt, in den kleinen und großen Katastrophen des Lebens erkennen, dass sie selber sich nicht gemacht haben. Das ist natürlich eine furchtbare Demütigung für uns Menschen, wenn wir merken: Wir sind nicht die Schöpfer der Welt. Wir haben sie nicht gemacht. Diese Erkenntnis in Demut, dass wir uns nicht in der Hand haben, führt Menschen dazu, dass sie sich dann einfach sagen: Wer hat uns denn diese Welt in die Hand gegeben? Daraus können dann Fragen und Klagen werden: Warum hast du sie uns so in die Hand gegeben? Warum fügt sie uns so viel Leid zu? Alles überfordert uns, und warum überforderst du uns? Das sind berechtigte Klage-Fragen, die oft genug gestellt worden sind und die auch immer wieder gestellt werden. Dahinter steckt nicht die Vorstellung, Gott könnte da oben auf seinen Knopf drücken und sagen: „Die Flut ist jetzt mal zu Ende“ oder „Es gibt jetzt einfach keine Klimakatastrophe mehr, ich mach das jetzt alles ganz harmonisch“, sondern hinter dem Klagen steckt eigentlich: „Mach du uns klug, mit dieser Welt gut umzugehen.“ Soll heißen: Beten will klüger machen, und Beten will den Egoismus vermeiden. Und dass wir uns in unserem Leben auf das Unverfügbare einstellen müssen, ist eine Lebensherausforderung.

Wenn ich mal an die kleinen Katastrophen erinnern darf, die so passiert sind: Ich habe mir nicht ausgesucht, wer mein Vater und meine Mutter sind. Ich nicht. Und ich habe mir auch nicht ausgesucht, in welchem Land ich geboren werde. Ich muss das Unverfügbare, das, was ich nicht verfügen kann, annehmen lernen und darin auch reifen lernen. Und darum sind auch die Katastrophen, die in dieser Welt da sind und die uns jetzt vor Augen sind, die uns alles nehmen, einfach nur schrecklich. Das darf man ja gar nicht kleinreden. Am Ende muss man aber sagen, dass die ganze Welt voller Katastrophen ist und dass offensichtlich das „Stirb-und-Werde“ ein Grundgesetz in dieser Welt ist. Dass es uns so schrecklich vorkommt, liegt vielleicht daran, dass wir als Menschen so eine Art Gottesgen in uns haben nach dem Motto: Eigentlich müssten wir aber doch ewig leben. Eigentlich müssten wir allmächtig sein, eigentlich müssten wir alles bewältigen können. Aber wir sehen ja, wohin eine Hybris des Menschen führt, der glaubt, er könne alles selber machen und er müsse alles selber machen. Der soll sich auch alles leisten.

Von daher ist die Klage über die Katastrophen, die wir in dieser Welt hatten und die wir haben, eine berechtigte Frage, aber am Ende gibt es darauf nur eine demütige Antwort, nämlich: „Gott, ich, nehme all das zum Anlass, dass ich mich dir ganz neu anvertrauen will. Und dann wirst du mich einen Weg führen, den ich mir nicht ausgesucht habe, aber ich werde auch dann und dort einen Weg finden.“

Die Frage „Wo ist eigentlich Gott, wenn mir etwas genommen wird?“ ist berechtigt, ja. Ich bin Seelsorger, ich habe sie oft genug gehört. Und gleichzeitig versuche ich diese Frage immer umzubiegen. Sich nicht zu fokussieren auf diese Fragen: Warum ist das passiert? Bin ich schuldig gewesen? Woher kommt das? Kann ich vielleicht etwas entdecken? Nein, die Frage „Warum?“ ist eigentlich die Frage „Wozu?“, also woraufhin soll mich das öffnen, was jetzt da gerade passiert? Wofür soll ich aufgeschlossen werden? Und Leben heißt eben nicht, festzuhalten und zu sagen: Ich behalte alles, so wie es ist. Sondern Leben bedeutet eben vor allen Dingen auch loszulassen und dann einen neuen Schritt zu gehen.

Dass Gott zuständig gemacht wird für die Zustände, die wir haben, dass Gott zuständig gemacht wird dafür, dass alles so bleibt, wie es ist, ist ja auch eine merkwürdige Vorstellung. Denn wenn alles so bleiben würde, wie es ist, gäbe es überhaupt keine Entwicklung. Und dass Wandlung Schmerz bedeutet, kann eine Mutter bestätigen, die ein Kind zur Welt bringt. Dass Wandlung Schmerz bedeutet, können Eltern feststellen, wenn ihr Kind aus dem Haus auszieht. Dass Wandlung Schmerz bedeutet, das wissen alle Menschen, die ihre Arbeit verloren haben und neu anfangen müssen. Es gilt, das zu bejahen und zu lernen, dass es Wandlungen gibt. Oder wie der Beter sagt: „Ich nehme alles an aus Gottes Hand.“ In einem anderen Gebet heißt es: „Gott legt mir nie ein so schweres Kreuz auf, dass ich es nicht tragen könnte.“ Ein solches Grundvertrauen, ein solches Glaubensvertrauen gehört mit zum Grundbestand des spirituellen Lernens.

Wut zu haben, ist völlig normal: „Mensch, dass mir das jetzt passiert!“ oder „Gott, warum lässt du das zu?“ In diesem ersten Trennungsschmerz muss ich das sagen, und ich weiß, dass es sich irgendwann wandeln wird zu einem Akt der Hingabe.

„Ich nehme mich täglich an, Gott, aus deiner Hand, und wie es auch verfügt ist in meinem Leben – nennen wir das Schicksal oder wie auch immer –, ich nehme es an und versuche, mit deiner Kraft daraus etwas Neues zu kreieren.“

Leben heißt eben nicht, festzuhalten und zu sagen: Ich behalte alles, so wie es ist.

Sondern Leben bedeutet vor allen Dingen auch loszulassen und dann einen neuen Schritt zu gehen.

Geh's noch Gott?

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