Читать книгу Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 7

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Es war Nacht in Harlem. Vor einer schummrigen Bar stand Bob Franklin, genannt „das Wiesel“. Das Wiesel war von schwarzer Hautfarbe und knapp 25 Jahre alt.

Es war nasskalt. Bob Franklin fröstelte. Eng zog er sich die imprägnierte Jacke um den Leib. Auf seinem Kopf saß eine rote Strickmütze mit einem schwarzen Streifen. Der Bursche trat auf der Stelle.

Bob Franklin wartete auf Kunden. In seinen Taschen trug er genau abgewogene Portionen Heroin, aber auch etwas Haschisch und ein paar LSD-Trips.

Das Wiesel hasste diesen Job, aber er übte ihn aus, weil er Kohle machen konnte, ohne sich die Finger zu beschmutzen oder sich den Rücken krumm zu arbeiten.

Ein Ford Mustang älterer Bauart schälte sich aus der Dunkelheit einer Seitenstraße. Mit blubberndem Motor rollte er langsam näher. Die beiden Scheinwerfer schnitten in die Finsternis wie grell-gelbe Lichtfinger. Der Asphalt schimmerte feucht. Hier und dort waren vom immer wieder einsetzenden Nieselregen kleine Pfützen zurückgeblieben. In den Rinnsteinen hatte sich abgefallenes, vertrocknetes Laub gesammelt. Ein kalter Wind zerrte an Bob Franklins gelber Regenjacke.

Bob Franklin hatte den Kopf zwischen die Schultern gezogen. Er starrte dem Wagen entgegen. Auf der anderen Straßenseite marschierte eine Gruppe lärmender Jugendlicher vorbei. Hinter Franklin war der gedämpfte Lärm aus der Bar zu vernehmen. Wenn der Lärmpegel manchmal etwas zurückging, waren Fetzen von Soulmusik aus der Jukebox zu hören. Die rot leuchtende Neonschrift über der Tür des zwielichtigen Etablissements fiel auf Franklins Rücken und warf seinen Schatten lang in die Straße.

Der Ford hielt an. Er schaukelte ein wenig und ächzte in der Federung. Das Seitenfenster wurde heruntergekurbelt. Bob Franklin konnte undeutlich ein Gesicht wahrnehmen. Es war der Beifahrer. Franklin trat einen halben Schritt näher.

„Hi, Bob“, kam es aus dem Auto.

„Hi, Serikow“, versetzte Franklin. „Was gibt‘s?“

„Läuft das Geschäft?“

„Noch nicht so gut. Aber das kommt noch. Jetzt tanzen und schmusen sie noch da drin.“ Bob Franklin wies mit dem Daumen über seine Schulter. „Aber bald werden Sie mehr wollen. Dann brauchen sie ihre Trips …“

Er grinste. Auf seinem großen, weißen Gebiss spiegelte sich das Licht der Straßenlaterne auf der anderen Straßenseite.

„Der Chef will dich seh‘n. Steig hinten ein.“

Auf der anderen Straßenseite verschwanden die Jugendlichen in einer stockfinsteren Gasse. Es gab dort keine Straßenbeleuchtung. Das hier war die finsterste Gegend Harlems. Und die kriminellste …

Franklins Grinsen gefror. „Er selbst?“, entfuhr es ihm überrascht. „Sonst schickt er doch nur jemanden von euch, wenn‘s was zu reden gibt.“

„Nun, heute will er persönlich mit dir sprechen.“

„Was will er denn? Hab mein Zeug immer ordentlich verkauft und abgerechnet.“

Bob Franklin schien nervös zu werden. Er kaute auf seiner Unterlippe herum, schaute sich gehetzt um. „Der Platz hier ist gut, Leute. Wenn ich jetzt verschwinde, dann …“

„Steig ein!“, kam es schroff und ungeduldig aus dem Ford.

Franklin hüpfte von einem Bein auf das andere, als hätten sich unvermittelt seine Schuhsohlen stark erhitzt. „Ich …“ Er brach ab. Jedes weitere Wort wäre vergeudet gewesen. Franklin wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Er entschloss sich jäh. „Zur Hölle mit euch. Ihr könnt mich mal!“

Mit dem letzten Wort warf Bob Franklin sich herum und ergriff die Flucht.

Die Türen des Ford flogen auf. Fahrer und Beifahrer nahmen fluchend die Verfolgung des Schwarzen auf.

Doch Bob Franklin wurde nicht umsonst „das Wiesel“ genannt. Er gewann zusehends an Vorsprung. Manchmal warf er einen schnellen Blick über die Schulter nach hinten. Dann schnellte er plötzlich nach rechts und verschwand zwischen den Häusern. Er flitzte die Gasse hinunter, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Der Weg war leicht abschüssig. Er rannte um sein Leben. Denn keiner der kleinen Dealer wie er, die die zweifelhafte Ehre bekommen hatten, den Boss persönlich zu Gesicht zu bekommen, ist je wieder lebend aufgetaucht. Man fischte sie aus dem East River oder fand sie außerhalb der Stadt auf einer Müllhalde.

Sie waren zum Tode verurteilt und zu ihrer Hinrichtung gebracht worden. Gnade kannte das Syndikat nicht.

Hinter Bob Franklin hämmerten die Absätze seiner Verfolger auf den Betonplatten des Gehsteiges. Wenn er zurückschaute, konnte er sie schemenhaft wahrnehmen.

Die Angst peitschte Bob Franklin vorwärts. Sie verlieh ihm Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit. Aber sie machte ihn auch unachtsam.

Es war eben sein Pech, dass im Pflaster des Gehsteiges an verschiedenen Stellen Betonplatten fehlten. In eines dieser Löcher trat Franklin. Rasender Schmerz von seinem Knöchel zuckte hinauf bis unter seine Gehirnschale, er strauchelte, ruderte mit den Armen, konnte seinen Sturmlauf nicht mehr abbremsen und krachte der Länge nach auf den steinharten Boden. Sein Mund klaffte auf, unwillkürlich brüllte er Angst und Schmerz hinaus.

Franklin kam nicht mehr hoch. Er lag auf allen vieren, als ihn seine beiden Häscher erreichten. Seine Hände waren vom Sturz aufgeschürft, seine Knie aufgeschlagen. Er blickte an den beiden Kerlen in die Höhe, und sie kamen ihm aus dieser Perspektive unheimlich groß und wuchtig und ausgesprochen bedrohlich vor. Die Dunkelheit hier in der Gasse verhüllte ihre Gesichter. In der Hand des einen glaubte Bob Franklin eine schwere Pistole wahrzunehmen.

Das Wiesel erschauderte. Seine Zähne schlugen aufeinander.

„Was wollt ihr denn von mir?“, keuchte es entsetzt.

Der eine der beiden versetzte ihm einen leichten Tritt. „Das haben wir dir doch gesagt, Nigger! Wir sollen dich zum Chef chauffieren.“

Der Bursche sprach einen harten Akzent, was verriet, dass er kein gebürtiger Amerikaner war.

„Steh auf. Und jetzt keine Mätzchen mehr, mein Freund, sonst holt dich der Teufel.“

Er half Franklin auf die Beine. Dabei fasste er ihn nicht mit Samthandschuhen an. Er packte das Wiesel einfach beim Genick und zerrte es brutal in die Höhe.

Franklin zitterte. Seine Knie waren butterweich. Er musste zweimal ansetzen, dann entrang es sich ihm: „Bitte, Leute, lasst mich laufen. Sagt dem Boss, ihr habt mich nicht erwischt. Erzählt ihm …“ Er verschluckte sich und musste husten. Wie ein Erstickender japste er nach Luft.

„Du kackst dir ja richtig in die Hose, Nigger“, stieß einer der beiden verächtlich hervor. „Als ich dich vor wenigen Tagen sah, da warst du richtig cool drauf. Hast du etwa ein schlechtes Gewissen?“

„Ich … Ihr … Schlechtes Gewissen – nein. Ich war immer einer der besten Verkäufer und …“

„Bis jetzt, Franklin“, kam es sanft. „Aber dann hast du angefangen, in die eigene Tasche zu wirtschaften. Du hast guten Stoff abgezwackt und die Portionen, die du verkauft hast, mit Mehl gestreckt. Ein Junkie ist daran verreckt. Und wahrscheinlich war das nicht der letzte. Das können wir uns nicht leisten, Franklin. Damit ruinierst du uns das Geschäft.“

„O mein Gott“, schrie das Wiesel. „Niemals habe ich so was getan. Ihr müsst mir glauben. Ich käme niemals auf die Idee, den Boss zu betrügen. Wie kommt er darauf, dass ich …“

„Frag ihn selbst, Franklin. Und erzähl ihm dann deine Story. Aber jetzt schwing die Hufe! Hurtig, hurtig, mein schwarzer Freund. Oder müssen wir dir ein Feuer unter den schwarzen Arsch schüren?“

Bob Franklin taumelte vorwärts. Seine Beine vermochten ihn kaum zu tragen. Er hatte Angst, jämmerliche, hündische Angst – Todesangst. Denn er ahnte, was ihm bevorstand.

Sie bugsierten ihn in den Ford. Er musste auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Hinter ihn setzte sich der Kerl mit der Pistole. Er drohte: „Mach nur keine Zicken, Wiesel. Der Chef hat sicher nichts dagegen, wenn wir dich ihm tot vor die Füße legen.“

Bob Franklin wurde von einer Woge des Grauens durchlaufen. Er spürte Gänsehaut. Und es war nicht nur die Kälte, die von außen kam, die ihn frösteln ließ.

Trevellian und der Henker von Harlem: Action Krimi

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