Читать книгу Trevellian und das Phantom: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 8
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ОглавлениеDraußen war die Dunkelheit von vielen Lichtquellen erhellt. Der Asphalt glänzte feucht. Die Reflexe der Leuchtreklamen zuckten über die Fassaden der Gebäude. Die Peitschenmasten warfen Lichtkleckse auf Fahrbahn und Gehsteig.
Wir waren mit einem Dienstwagen gekommen. Es handelte sich um einen Van, den wir schon seit einiger Zeit benutzten. Mein Sportwagen befand sich nach wie vor in der Reparatur. Ihn hatten vor kurzer Zeit einige bezahlte Kerle demoliert, als wir gegen eine Autoschieberbande ermittelten.
Ich hatte den Wagen etwa 100 Schritt von der Eleazar Bar entfernt geparkt, denn vor der Bar war Parkverbot.
Dan O'Leary stemmte sich gegen den Druck meiner Hand, die ihn vorwärts schob. Neben mir ging Sarah. Sie ging mir bis zur Schulter und bewegte sich elastisch. „Ich kann alleine gehen, Trevellian!“, zeterte O'Leary und versuchte sich freizumachen. „Herrgott, was wollen Sie überhaupt von mir? Dem FBI habe ich den letzten Gefallen erwiesen, das kann ich euch sagen. Ich …“
Plötzlich riss er sich gewaltsam los und begann zu rennen. Ja, Dan O'Leary machte die Flitze. Hatte er was ausgefressen, so dass er uns fürchten musste? Oder fürchtete er, dass wir ihm unangenehme Fragen stellten in Bezug auf das, was er Clive Caravaggio anvertraut hatte, und das war ihm einige Nummern zu groß?
Weiß der Teufel, was O'Leary trieb. Jedenfalls rannte er wie ein Wiesel die Straße hinunter. Seine Beine wirbelten, seine Schuhsohlen berührten kaum noch den Boden.
Die Sekunde zwischen Begreifen und Reagieren verstrich, dann machten Sarah und ich uns an die Verfolgung des Burschen. Der Gehsteig war holprig. An manchen Stellen fehlten die Betonplatten. Man konnte sich hier die Beine brechen. Die Fassaden der Häuser schienen an mir vorbeizufliegen.
„Bleib stehen, O'Leary!“, stieß ich zwischen gepressten Atemzügen hervor. „Stehenbleiben!“
Genauso gut hätte ich dem Wind verbieten können, nicht mehr zu wehen. Im Gegenteil: O'Leary schien noch einen Zahn zuzulegen.
Unsere Absätze trappelten wie Pferdehufe. Sarah hielt sich tapfer neben mir. Sie war nicht nur schön und intelligent, sie war auch ausgesprochen sportlich. Ich gewann dieser Frau immer mehr positive Seiten ab.
Plötzlich stolperte O'Leary. Weit beugte er sich nach vorn, er vollführte zwei – drei lange Sätze, um sein Gleichgewicht zu bewahren und einen Sturz abzufangen. Aber er war viel zu schnell dran. Außerdem trat er in eine Vertiefung, wo eine Platte fehlte. Er brüllte eine Verwünschung …
O'Leary hatte keine Chance. Er krachte auf die Knie nieder, kippte nach vorn und schlitterte auf dem Bauch ein Stück dahin. Dazu fluchte und brüllte er. Schließlich lag er still. Sein Atem flog. Der Schmerz von seinen Knien ließ ihn stöhnen und röcheln.
Als Sarah und ich bei ihm ankamen, setzte er sich auf. Seine Bronchien pfiffen. Im vagen Licht sah ich, dass die Hose an den Knien aufgerissen war. Die Haut war dunkel vom Blut.
„Die Pest an eure Hälse!“, schnappte er gehässig.
„Das hast du dir schon selber zuzuschreiben“, knurrte ich und streckte ihm die Rechte hin, um ihm auf die Beine zu helfen. Er nahm die Hilfe in Anspruch.
„Warum?“, fragte ich ihn, und er wusste genau, was ich meinte, denn er erwiderte mit schmerzverzerrter Stimme: „Ich will mit euch nichts mehr zu tun haben. Die Sache wird mir zu heiß. Ich bereue es zutiefst, Clive den Tipp mit Machud al-Khoi gegeben zu haben.“
„Haben Sie einen Grund dazu?“, fragte Sarah.
„Hinter al-Khoi steht eine ganze Organisation. Ich habe das nur zu spät bedacht. Vielleicht sogar die CIA. Ich habe Angst. Mein Leben ist keinen Pfifferling wert, wenn al-Khoi und seine Komplizen dahinter kommen, dass der Tipp von mir stammt.“
„Setzen wir uns ins Auto“, schlug ich vor. „Da können wir auch Ihre Knie versorgen, O'Leary.“
„Ich pfeif drauf. Lasst mich in Ruhe. Ihr habt nicht das Recht …“
„Was redest du denn, O'Leary“, knurrte ich ungnädig. „Vorwärts jetzt. Irgendwann reißt auch mir der Geduldsfaden.“
Manche Kerle verstanden eben nur die raue Sprache.
Wenig später saß der kleine Gauner auf dem Beifahrersitz. Die Füße standen auf dem Gehsteig, die Hosenbeine waren hochgekrempelt. Ich hatte ihm Desinfektionsmittel aus dem Autoverbandskasten auf die Schürfwunden gestrichen und Verbände angelegt. Hose und Jacke konnte er nach seiner unfreiwilligen Landung auf dem Bauch wegwerfen. Die Ärmel der Jacke waren sehr in Mitleidenschaft gezogen worden.
„Woher stammt Ihr Wissen bezüglich der B- und C-Waffen, die in dem Bunker in der Nähe von Kirkuk gelagert werden?“, fragte ich.
O'Leary druckste herum. Er schien auf dem Autositz regelrecht zu schrumpfen. „Ich habe in den Nachrichten gehört, dass ein Bunker mit B- und C-Waffen ausgehoben worden ist“, gab er schließlich mit lahmer Stimme zu verstehen. „Vor einigen Wochen nahm mich ein Freund mit in die Gravesend Bay. Dort dümpelte eine riesige Yacht. Wir sollten sie beladen. Die Kisten, die es in einer Nacht- und Nebelaktion in den Kahn zu verladen galt, kamen auf drei Lastwagen. Wir waren über ein Dutzend Männer und schleppten die Kisten in den Bauch der Yacht, deren Besitzer die Machud al-Khoi ist. Und dabei belauschte ich ein Gespräch, das al-Khoi per Telefon führte.“
O'Leary machte eine kleine Pause, als müsste er nachdenken oder seine nächsten Worte im Kopf vorformulieren. Dann zuckte er mit den Achseln und fuhr fort: „Ich habe den Wortlaut nicht mehr im Kopf, außerdem verstand ich nur die Hälfte. Aber al-Khoi brachte zum Ausdruck, dass aufgrund dieses Arsenals an biologischen und chemischen Waffen, wenn es auf irakischem Boden gefunden wird, die gesamt Welt dran glauben muss, dass Saddam Hussein alles tat, um die Inspektoren der von der UNO eingesetzten Spezialkommission für den Irak und der Internationalen Atomenergiebehörde zu täuschen, dass also Bush und Blair keine Kriegstreiber sind, sondern dass der Krieg wegen der Verschleierungspolitik Saddam Husseins gerechtfertigt und auch notwendig war.“
„Befanden sich in den Kisten B- und C-Waffen?“, stieß ich hervor.
„Nachsehen konnte ich leider nicht“, erwiderte O'Leary. „Nach dem Gespräch aber, das ich zufällig hörte, nehme ich es doch schwer an.“
„Wie viele Kisten waren es?“
„Dreißig.“
„Haben Sie sonst noch was gehört oder gesehen?“, fragte Sarah.
„Nein. Ich musste mich schnell verziehen, andernfalls wäre ich sicher aufgefallen. Für den Job hab ich fünfzig Dollar kassiert. Irgendwelche Fragen hatten wir nicht zu stellen.“
„War es eine Hochseeyacht?“
„Ja. Ein riesiger Kahn. Möchte nicht wissen, das er gekostet hat.“ O'Leary grinste schief.
„Wer war der Mann, der Sie mitgenommen hat?“
„Paul Janciewicz. Aber den brauchen Sie gar nicht zu fragen. Der weiß nicht mehr, als ich auch.“
„Ist das der Mister, mit dem Sie Billard gespielt haben?“, wollte Sarah wissen.
„Ja.“
„Irgendjemand muss euch ja angeheuert haben“, knurrte ich.
„Ja. Der Bursche nennt sich Gamil. Seinen Familiennahmen kenne ich nicht. Er ist‘n Araber oder sowas. Der hat uns auch ausbezahlt.“
„Ist al-Khoi mit der Yacht gefahren?“
„Keine Ahnung. Als wir die Bay verließen, ankerte der Kahn noch. Paul und ich sind in die Eleazar Bar gefahren und haben unseren Fünfziger auf den Kopf gehau‘n.“
„Und die anderen Kerle?“
„Ich kannte keinen von ihnen. Nun, auch sie verschwanden. Ich kümmerte mich weder um sie, noch um Machud al-Khoi, noch um diesen Gamil.“
„Sagt Ihnen der Name Sugar etwas?“, wollte ich wissen. „Jig Sugar?“
O'Leary überlegte nur kurz. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein. Wer soll das sein?“
Wir ignorierten seine Frage. Stattdessen peitschte Sarahs Organ: „Weshalb wollten Sie die Fliege machen, O'Leary?“
Der Blick des Rothaarigen irrte ab. „Ich – nun, ich habe es doch schon gesagt. Ich will nichts mehr zu tun haben mit dem FBI. Wenn es aufkommt, dass ich Spitzeldienste leiste, bin ich fertig in New York. Dann muss ich froh sein, wenn ich nicht als Fischfutter im Hudson lande.“
„Vor wem haben Sie Angst?“, fragte ich.
„Angst, ich?“ O'Leary tippte sich großspurig mit dem Daumen gegen die Brust. „Das hat mit Angst nichts zu tun, G-man. Das ist reine Überlebenstaktik. Reden ist Silber – Schweigen ist Gold. ‘ne alte Weisheit. Es haben sich Leute schon um Kopf und Kragen geredet.“
„Sollen wir Ihre Taschen filzen, O'Leary?“, kam es von Sarah. „Wetten, dass wir dann den Grund finden, aus dem Sie flitzen wollten.“
„Ach, geht doch zur Hölle!“ O'Leary erhob sich. Seine Hosenbeine rutschten über den Verband nach unten. Er griff in die Jackentasche, dann klatschte er etwas mit der flachen Hand auf das Dach des Dienst-Van. „Okay, okay, ich hab ein paar Gramm Hasch bei mir. Das war der Grund.“
Ich nahm das Rauschgift, das sich in einer kleinen Cellophantüte befand. Es waren etwa 50 Gramm. „Für den Eigenverbrauch?“
„Ja“, kam es zerknirscht.
„Verschwinde, O'Leary“, sagte ich. „Du hast uns sehr geholfen.“
„Im Ernst?“
„Ja. Jetzt zieh Leine. Fünfzig Gramm sind kein Pappenstiel …“
Der kleine Gauner humpelte schnell davon.