Читать книгу Trevellian und die Toten von Queens: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 8

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Dan Wolters Wohnung lag in der 44th Street in der Nähe des Times Square, wo sich Broadway und Seventh Avenue kreuzten. Der Mann war zu Hause. Als er uns die Tür öffnete, schlug uns eine Alkoholfahne entgegen. Wolters war etwa fünfzig Jahre alt. Er trug nur ein weißes Unterhemd und eine verwaschene Jeans. Seine Augen waren gerötet. In seinem Mundwinkel hing eine selbstgedrehte Zigarette. Tagealte Bartstoppeln wucherten in seinem Gesicht. Dieser Mann machte einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck.

»Mr. Wolters?«, fragte ich vorsichtshalber, denn was ich hier zu sehen bekam, hatte ich nicht erwartet.

Er nahm die Zigarette aus dem Mund. »Ja.« Seine Stimme klang heiser. »Wenn Sie gekommen sind, um die Miete einzutreiben, muss ich Ihnen sagen, dass ich …«

»FBI«, sagte ich. »Ich bin Special Agent Trevellian, mein Kollege Milo Tucker. Wir hätten ein paar Fragen an Sie, Mr. Wolters.«

Er zog an der Zigarette, inhalierte den Rauch und stieß ihn dann durch die Nase aus. »FBI? Wie komme ich zu der Ehre?«

»Es ist wegen des Gebäudeeinsturzes in Queens.«

Wolters starrte mich nur an.

»Wir sollten das nicht zwischen Tür und Angel besprechen«, gab Milo zu verstehen.

»Ich wurde bereits von der Polizei einvernommen. Was also wollen Sie von mir? Ich habe alles gesagt, was ich weiß.«

Er machte keine Anstalten, uns in seine Wohnung zu bitten. Im Gegenteil. Er wollte sich abwenden und uns wahrscheinlich die Tür vor der Nase zu schließen.

»Moment!«, stieß ich scharf hervor. »Wir können es auch anders machen, Wolters, und Sie mitnehmen. Es liegt ganz an Ihnen.«

»Ich habe bereits alles gesagt.«

»Möglicherweise ist die eine oder andere Frage noch unbeantwortet«, knurrte Milo. »Schließlich waren Sie maßgeblich an dem Bau beteiligt, dessen Besitzer sich gerade mal vier Jahre seiner Standhaftigkeit erfreuen durfte. Und sollte sich herausstellen, dass Ihre Berechnungen falsch waren und aufgrund dessen zig Menschen starben und verletzt wurden, wird das ziemlich teuer für Sie werden.«

»Meine Berechnungen waren nicht falsch. Aber das ist jederzeit nachvollziehbar.«

»Arbeiten Sie derzeit als Statiker?«

»Nachdem Desmond starb, übernahmen Stiller & Partner das Büro. Sie hatten ihre eigenen Leute. Ich wurde arbeitslos. Und niemand gab mir eine neue Anstellung. Jetzt schlage ich mich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben. Wenn du mal die Fünfzig überschritten hast, gehörst du zum alten Eisen. Frustrierend, aber nicht zu ändern. Ich habe mich damit abgefunden.«

»Wer ist da, Dan?«, rief eine Frauenstimme in der Wohnung.

»Zwei Bul … Zwei Polizisten. Sie haben nur ein paar Fragen.« Wolters blinzelte mich an. »Also fragen Sie.«

»Wer zeichnete damals die Pläne?«

»Desmond selbst. Er führte auch die Bauaufsicht und rechnete mit den Zulieferfirmen sowie den Subunternehmen, die er eingeschalten hat, ab.«

»Führte die Seymour-Bau auch den Innenausbau durch?«, fragte ich.

»Nein. Das war die Firma Steiger. Sie hat ihren Sitz in Brooklyn.«

»Wer führte die Betonarbeiten durch?«

»Die Seymour-Bau.«

»Auch die Armierungsarbeiten?«

»Die gesamte Betonkonstruktion. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Gebäude wie das in Queens hochzuziehen. Verwendung von Fertigbauteilen zum Beispiel. Das Gebäude in Queens wurde nicht in Fertigbauweise erstellt. Fundament, Außenwände und Decken wurden betoniert, die Innenwände gemauert.«

»Stewart Seymour von der Seymour-Bau denkt, dass vielleicht der Untergrund nachgegeben hat«, erklärte ich. »Ob es durch das Grundwasser verursacht wurde oder durch Hohlräume im Boden unter dem Gebäude soll zunächst dahingestellt sein. Was halten Sie von dieser Theorie?«

»Es ist nicht auszuschließen. Ich habe lediglich die Statik des Gebäudes berechnet. Sonst hatte ich mit dem Bau nichts zu tun. Für die Richtigkeit meiner Berechnungen würde ich die Hand ins Feuer legen. Der Einsturz hatte andere Ursachen. Kurz bevor Desmond starb, machte er so seltsame Andeutungen, deren Sinn ich nicht verstanden habe.«

»Was für Andeutungen?«

Wolters legte die Stirn in Falten, er schien nachzudenken, dann antwortete er: »Er meinte, dass man ihn hereingelegt habe, dass er jedoch über ein ausgezeichnetes Druckmittel verfüge. Allerdings nannte er keine Namen. Mich nervte damals sein geheimnisvolles Getue. Aber er war der Boss, und er war mir keine Rechenschaft schuldig.«

»Der Begriff Druckmittel hört sich irgendwie kriminell an«, stieß Milo hervor. »Nach Erpressung.«

Wolters schüttelte den Kopf. »Das hatte Desmond nicht nötig, denn er verdiente genug Geld. Er griff dieses Thema auch nie wieder auf. Nun, viel Zeit hatte er nicht mehr. Vier Wochen später war er tot.«

»Erzählen Sie uns von den näheren Umständen seines Todes«, forderte ich.

»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Es war ein Donnerstag. Wir Angestellten machten um siebzehn Uhr Feierabend. Desmond blieb im Büro, weil er einen dringenden Auftrag erledigen wollte. Um achtzehn Uhr fand ihn die Putzfrau. Er lag tot neben seinem Schreibtisch. Der Arzt diagnostizierte Herztod.«

»War Desmond verheiratet?«

»Ja. Er hatte auch zwei Kinder. Einen Sohn und eine Tochter. Beide sind erwachsen und verheiratet.«

»Ist der Sohn nicht in seine Fußstapfen getreten?«

»Nein. Der hat Jura studiert und arbeitet als Rechtsanwalt.«

»Wo wohnte Desmond?«

»Er besaß ein Haus in Staten Island und eine Wohnung in der achtzehnten Straße. Amelia ist nach seinem Tod nach Manhattan gezogen.«

»Amelia war seine Frau?«

»Ja.«

»Verwendeten Sie eine Software für die Berechnung der Statik?«

»Natürlich.«

Als wir wieder im Wagen saßen, meinte Milo: »Dem würde ich auch keinen Job als Statiker geben.«

»Wahrscheinlich hat ihn erst die lange Arbeitslosigkeit auf dieses – hm, asoziale Niveau herabsinken lassen. Es gibt viele fähige Leute, die auf diese oder jene Art am Leben oder an ihrer Umwelt zerbrochen sind.«

»Mir gibt die Aussage zu denken, wonach Desmond geäußert haben soll, dass man ihn hereingelegt habe, und dass er über ein ausgezeichnetes Druckmittel verfüge.«

»Ja, das ist seltsam«, pflichtete ich bei. »Aber was er damit meinte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Namen hat er nicht genannt. Und auf irgendwelche Spekulationen können wir uns nicht einlassen.«

Der Wagen trug uns nach Süden. Die 18th Street war unser Ziel. Dort wohnte die Witwe Walter Desmonds. Es nieselte leicht. Ich hatte die Scheibenwischer auf Intervall geschaltet. Wir befanden und auf der 10. Avenue. Der Verkehr rollte auf mehreren Fahrspuren, und es ging nur sehr stockend vorwärts. Verworrener Lärm umgab uns. Durch das Gebläse zog der Geruch von Abgasen ins Wageninnere. Ich schaltete es aus. Allerdings beschlug sofort die Scheibe, und ich musste es wieder aktivieren.

Milo telefonierte mit dem Field Office, damit man dort die Nummer des Gebäudes herausfand, in dem Amelia Desmond wohnte, und ihm diese mitteilte. Es dauerte nicht lange, dann bedankte er sich, senkte die Hand mit dem Mobiltelefon und sagte: »Nummer hundertsieben. Die achtzehnte ist eine Einbahnstraße, die nur von Westen nach Osten befahren werden darf.«

»Wenn wir auf der Tenth Avenue bleiben, kommen wir so ziemlich an ihrem Beginn in die Achtzehnte«, versetzte ich.

Ich chauffierte uns also bis zur Einmündung der 18th Street in die Tenth Avenue und bog dann nach links ab. Auf beiden Seiten der Straße parkten Autos. Auf den Gehsteigen bewegten sich Passanten. Die Häuser zu unserer Linken und Rechten ließen den Eindruck entstehen, dass wir durch eine Schlucht fuhren, die von senkrechten Felswänden gesäumt wurde. Wir passierten einen Obst- und Gemüseladen, dann eine Wäscherei, dann kreuzte die Ninth Avenue, wir fuhren am Joyce Theater vorbei und mussten an der Kreuzung mit der Eighth Avenue anhalten, weil es die Ampelschaltung so gebot. Schließlich fanden wir das Gebäude mit der Nummer 107 zwischen der Seventh Avenue und der Avenue of the Americas. Mit Parkplätzen sah es schlecht aus, doch ich hatte Glück und fünfzig Yards vor uns rangierte ein Fahrer seinen Wagen aus einer Parklücke, in die ich eine halbe Minute später den Wagen setzte.

Wir verließen den Wagen, ich schloss per Fernsteuerung ab. Nachdem wir ein Auto vorbeigelassen hatten, überquerten wir die Straße. Bei dem Gebäude Nummer 107 handelte es sich um ein fünfzehnstöckiges Hochhaus mit einer Fassade, die nur aus Fenstern zu bestehen schien.

In der Halle gab es eine Rezeption mit einem Portier. Er erklärte, dass sich das Apartment Mrs. Desmonds in der zwölften Etage befand. Wir benutzten einen der fünf Aufzüge, über die das Gebäude verfügte.

Apartment Nummer 1205. Das Türschild verriet, dass wir richtig waren. Ich klingelte. Der weiche Ton der Glocke war durch die geschlossene Tür zu vernehmen. Die Linse des Spions verdunkelte sich, Zeichen dafür, dass jemand durch das kleine Guckloch schaute, dann wurde die Tür eine Hand breit aufgezogen und eine Frau fragte: »Was wünschen Sie?«

Ich stellte uns vor und erklärte dann, dass wir ihr gerne einige Fragen ihren verstorbenen Mann betreffend stellen würden. Während ich sprach, holte ich meine ID-Card aus der Jacke und zeigte sie ihr.

Sie ließ uns in die Wohnung. Die Einrichtung ließ vermuten, dass es der Witwe nie schlecht gegangen war. Ich sah einige Sideboards und Vitrinen, die mit teurem Wurzelholz furniert waren, eine schwere, lederbezogene Polstergarnitur, und eine Reihe gewiss nicht billiger Accessoires wie Bilder, Porzellanfiguren und viel Kristall in den Vitrinen.

»Bitte, nehmen Sie Platz, Gentlemen«, sagte die Witwe und vollführte eine einladende Handbewegung in Richtung Polstergarnitur. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«

Wir ließen uns nieder. Den Drink lehnten wir dankend ab. Auch Mrs. Desmond setzte sich. Fragend schaute sie von Milo auf mich.

Trevellian und die Toten von Queens: Action Krimi

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