Читать книгу Trevellian und das schmutzige Spiel: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 9

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Ich betrat um 22 Uhr die Andalusia Bar. Meinem ersten Eindruck nach handelte es sich um eine üble Spelunke. Der Laden war gerammelt voll. In die Klänge der Heavy-Metal-Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte, mischte sich ein Gewirr von Stimmen. Die Kerle hier mussten brüllen, um sich verständlich zu machen.

Ich hatte mich salopp gekleidet. Cowboystiefel, Jeans, Lederjacke. Auf meinem Kopf saß eine Baseballmütze.

Man hatte mich mit einem Minisender ausgestattet. Milo saß einige Straßen weiter im Wagen und hatte den Empfänger, ein kleines Gerät, mit dem die geführten Gespräche auch aufgenommen werden konnten, aktiviert. Sollte es sich als notwendig erweisen, konnte er innerhalb weniger Minuten eingreifen und mir gegebenenfalls den Rücken freihalten. Auf weitere Verstärkung hatten wir verzichtet.

Im hinteren Teil der Gaststätte standen zwei Billardtische. Beide waren besetzt. Der Tresen befand sich mitten im Raum und war viereckig angeordnet. Die Kerle standen dort in Zweierreihe und tranken das Bier aus Dosen. Es gab aber auch ein paar Frauen.

Einige Blicke ruhten auf mir. Ich drängte mich am Tresen zwischen zwei Kerle, ein Keeper schaute mich an und bewegte den Mund, ich schätzte, er fragte nach meinem Wunsch. »Ein Bier!«, brüllte ich, bekam es, und suchte mir einen Platz an einem der wenigen Tische, die noch frei waren.

Ich betrachtete mir das Publikum. Es gab Kerle, die in Leder gekleidet und deren Haare lang waren. In ihren Gesichtern wucherten wilde Bärte, und ich war mir sicher, dass sie zu den schweren Maschinen gehörten, die vor der Kneipe abgestellt waren. Da waren aber auch eine Reihe Burschen, die sich die Köpfe kahl rasiert hatten und die ich nach Caldridges Tipp der rechten Szene zuordnete. Weiß Gott, ich hatte nichts gegen Zeitgenossen, die sich die Köpfe kahl schoren. Aber für einige von ihnen stellte dies ein Markenzeichen dar. Und zu dieser Minderheit zählte ich die Glatzköpfe, die ich in der Andalusia Bar sah.

Einige Zeit saß ich allein an dem Tisch. Dann ging die Tür auf, und eine Gruppe von jungen Männern betrat das Lokal. Sie waren schwarz gekleidet, trugen Fallschirmspringerstiefel, Bomberjacken und – waren kahl rasiert. Sie kamen zu meinem Tisch, und ohne zu fragen, ob die anderen Stühle noch frei waren, setzten sie sich. Zwei von ihnen holten sich Stühle von einem anderen Tisch. Eine Bedienung kam, und sie bestellten Bier. Gleich darauf brachte die Bedienung ein Tablett voller Dosen. Die Kerle tranken gierig.

Plötzlich erhob sich einer von ihnen, auch sein Kopf war blank wie eine Billardkugel, ging zu den Billardtischen im Hintergrund und legte einem breitschultrigen Burschen, der mit dem Rücken zu uns stand und das Spiel verfolgte, die Hand auf die Schulter. Der Breitschultrige drehte sich um, lachte und hob die rechte Hand, gegen die der andere schlug. Sie redeten miteinander. Dann kamen die beiden zum Tisch.

Der Kerl, der seinen Freund an den Tisch geholt hatte, trat hinter mich und legte mir die Hand auf die Schulter. Dann schrie er neben meinem Ohr: »Verzieh dich und mach den Platz frei. Schwing die Hufe, mein Freund! Oder muss ich dir Beine machen?«

Einen Augenblick lang sträubte sich alles in mir, der Aufforderung nachzukommen, aber dann besann ich mich darauf, dass ich hier war, um etwas zu erfahren, und ich angelte mir mein Bier, erhob mich und ging zum Tresen, drängte mich in eine Lücke und blieb stehen.

Einer der Rocker, zwischen denen ich stand, hatte den Zwischenfall beobachtet. Er lachte und stieß hervor: »Es war klug von dir, diese Kerle nicht zu reizen. Mit denen ist nicht gut Kirschen essen. Sei nur froh, dass du amerikanisch aussiehst. Sonst hätten sie dich auf die Straße geworfen. Vielleicht hätten sie dich draußen noch schlimm verprügelt.«

»Was sind das für Kerle?«

»Randalierer, Rassisten, Neonazis. Vor ihnen musst du dich in Acht nehmen.«

»Ich hörte davon. Die Andalusia Bar soll ihre Stammkneipe sein. Gehört ihr auch dazu?«

Der Bursche lachte. »Nein. Wir gehören zu den Black Angels. Die Bar hier ist unsere Stammkneipe. Aber wir dulden diese Dummköpfe. Und sie respektieren uns. Also leben wir hier in einem friedlichen Nebeneinander.«

»Rechtsextremisten, wie?«, sagte ich.

»So kann man diese Idioten bezeichnen. Sie schmieren Wände mit neonazistischen Parolen voll, organisieren Aufmärsche, prangern die bestehende Gesellschaft an und plappern irgendwelche Parolen nach, die ihnen die etwas intelligenteren Unruhestifter vorkauen. Das hier ist Fußvolk, Bodensatz. Aber solange sie uns in Ruhe lassen …«

Der Rocker brach ab.

»Hast du schon mal was von einer Organisation gehört, die sich Neue Patriotische Front nennt?«, fragte ich.

Der Rocker verzog den Mund. »Bist du‘n Bulle? Undercover vielleicht?« Jetzt schaute er mich mit den Augen eines Reptils an. Und mir wurde klar, dass die Black Angels nicht gerade mit der Polizei befreundet waren.

»Nein.« Ich schüttelte den Kopf. »Einer meiner Angehörigen ist bei dem Schiffsunglück auf dem Hudson ums Leben gekommen. Die Neue Patriotische Front hat sich zu dem Anschlag bekannt. Ich will herausfinden, wer dahintersteckt.«

»Willst du dich etwa rächen?«

»Vielleicht. Hast du vielleicht schon mal von der Kampfgruppe elfter September gehört?«

Der Rocker kniff die Augen zusammen. »Ja. Du scheinst ja ziemlich gut Bescheid zu wissen.«

»Kannst du mir helfen, mit einem der Kerle, der zu der Kampfgruppe gehört, ins Gespräch zu kommen?«

»Du stocherst unter Umständen in ein Wespennest.«

»Das nehme ich in Kauf.«

»Ich denke, du bist doch ‘n Bulle. – Warte.«

Der Rocker ging davon. Er bewegte sich zu dem Tisch, an dem ich eben noch saß, und sprach auf den Burschen ein, der mich verjagt hatte. Dieser blickte zu mir her. Sein Blick saugte sich geradezu an mir fest. Plötzlich erhob er sich und kam näher. Der Rocker folgte ihm. Einen halben Schritt vor mir blieb der Glatzkopf stehen und stemmte beide Hände in die Seiten. Er musterte mich von oben bis unten, dann fragte er: »Was willst du?«

»Es gibt eine Bande von Mördern, die sich Neue Patriotische Front nennt«, erwiderte ich und hielt dem stechenden Blick des Burschen stand.

»Du willst hier den gnadenlosen Rächer spielen?«, fragte der Glatzkopf und grinste herablassend.

Ich schüttelte den Kopf. »Ich will nur wissen, wer dahintersteckt.«

»Raoul meint, du wärst ‘n Bulle«, sagte der Glatzkopf. »Von wem hast du den Tipp, dich in der Andalusia Bar umzusehen?«

»Von Steven Caldridge höchstpersönlich. Ich kenne ihn von früher. Wir waren mal so etwas wie Brüder im Geiste. Du verstehst, was ich meine? Ich spreche von der Kampfgruppe elfter September.«

Der Glatzkopf schob die Unterlippe vor und schaute versonnen. Plötzlich schoss seine rechte Hand vor, er packte mich an der Jacke und zog mich dicht zu sich heran. Sein Atem schlug mir ins Gesicht, als er hervorstieß: »Ich glaube dir kein Wort.«

»Dann lass es bleiben!«, versetzte ich ungerührt. »Und jetzt nimm deine Hand von meiner Jacke. Normalerweise bin ich ja ein Geduldsmensch. Aber wenn mir einer an die Wäsche geht, kann ich verdammt sauer werden.«

Ich starrte ihn zwingend an.

Seine Hand öffnete sich. »Verschwinde!«, zischte er. »Die Luft hier ist nicht besonders gesund für Leute wie dich. Wenn wir dich an die frische Luft setzen, hast du ein Problem am Hals. Dann kriechst du sicherlich auf dem Bauch nach Hause.«

Wenn ich mich einschüchtern ließ, hatte ich verloren. Aber ich war nicht in die Bar gekommen, um mich wie ein Hund treten und verjagen zu lassen. Ich musste mir Respekt erkaufen. Nur wenn ich bewies, dass ich ihnen ebenbürtig war, erhielt ich vielleicht Antworten auf meine Fragen. Also drehte ich den Spieß um und packte mit beiden Händen den Kerl an seinem schwarzen Rollkragenpullover, drückte die Fäuste noch oben und zwang ihn, auf den Zehenspitzen zu stehen. Dann sagte ich zwischen den Zähnen: »Du hast ein ziemlich großes Mundwerk, mein Freund. Vielleicht hast du mich nicht richtig verstanden. Ich sagte, dass mir Caldridge den Tipp gab. Warum glaubst du wohl, hat er ihn mir gegeben? Weil ich ‘n Bulle bin? Sag mal, hast du Dreck unter der Schädeldecke?«

Er schaute mich an wie eine Kuh, wenn es blitzt. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Der Rocker, der daneben stand, war sichtlich erstaunt. Er starrte mich an, als wollte er nicht glauben, was er sah. Ich stieß den Glatzkopf zurück. Er taumelte zwei Schritte nach hinten, ruderte haltsuchend mit den Händen, setzte das linke Bein zurück und bewahrte gerade noch sein Gleichgewicht.«

»Komm mir bloß nicht mehr blöd«, warnte ich. »Und jetzt geh mit mir nach hinten. Da ist es ruhiger. Wir müssen reden. Wie ist dein Name?«

»Mort Dillinger.«

»Fein, Dillinger. Du bist nur ein Statist. Ich aber gehöre zur alten Garde. Jetzt ist das mit meinem Cousin passiert. Ich will wissen, wer sich hinter der Bezeichnung Neue Patriotische Front verbirgt. Und du wirst mir sagen, was du weißt.«

Man war auf uns aufmerksam geworden. Die Unterhaltungen waren verstummt. Nur noch Heavy Metal plärrte aus den Lautsprechern. Hier wurde den Trommelfellen ganz schön was zugemutet.

Ich trat neben Dillinger, legte ihm die Hand auf die Schulter und dirigierte ihn nach hinten, wo die Billardtische standen. Hier war es nicht ganz so laut. Die vier Kerle, die Billard gespielt hatten, starrten uns an. Einer hielt das Queue in der Rechten und schlug es immer wieder leicht in seine geöffnete Linke. Auf dem Handrücken trug er eine farbige Tätowierung.

»Ich habe noch nie etwas von der Neuen Patriotischen Front gehört«, knurrte Dillinger. »Die Kampfgruppe elfter September sagt mir was. Aber sie ist nicht mehr in der Art aktiv, wie zu der Zeit, in der Caldridge das Zepter in der Hand hielt. Jetzt beschränken wir uns nur noch darauf, Aufmärsche zu organisieren und Ausländer zu verprügeln.«

»Wer leitet jetzt die Gruppe?«, fragte ich.

»Das verrate ich dir nicht. Ich glaube nämlich immer noch nicht, dass du einer von uns bist. Für mich bist du‘n Spitzel.«

»Kannst du dich mal umhören, Dillinger?«, fragte ich, ohne auf seine letzten Worte einzugehen. »Und keine Sorge. Die Kampfgruppe elfter September interessiert mich nicht. Ich will wissen, wer sich in der Neuen Patriotischen Front etabliert hat.«

»Ich arbeite doch nicht für die Bullen!«, blaffte Dillinger.

»Du arbeitest für mich«, versetzte ich. »Mein Name ist Tom Sheffield. Ich spielte mal ganz vorne mit. Aber das war vor deiner Zeit, Dillinger. Vielleicht kann sich einer von deinen Kumpels an mich erinnern. Ich halte es jedoch für unwahrscheinlich. Ich habe mich immer ziemlich im Hintergrund gehalten. Das ist auch der Grund, weshalb ich nicht auch in Sing-Sing sitze.«

»Wann kommst du wieder?«, fragte Dillinger.

»Übermorgen. Zwanzig Uhr. Hör dich um, mein Freund. Und vergiss nicht, dass ich dem Verein schon angehörte, als du noch die Schulbank gedrückt hast und Lesen und Schreiben lerntest.«

Trevellian und das schmutzige Spiel: Action Krimi

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