Читать книгу Trevellian und die tödliche Konkurrenz: Action Krimi - Pete Hackett - Страница 7
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ОглавлениеMein Telefon klingelte, ich nahm den Hörer ab und nannte meinen Namen sowie die Dienststelle. Eine dunkle Stimme sagte: »Mir sind einige Dinge über Chris Jackson zu Ohren gekommen. Hat das FBI Interesse daran?«
Der Name Chris Jackson war mir nicht unbekannt. Wir versuchten dem Burschen, von dem wir annahmen, dass er das Drogengeschäft in Südmanhattan kontrollierte, seit längerem das Handwerk zu legen. Aber er war clever. Einige Dealer, die wir festgenommen hatten, schwiegen aus Angst vor den Konsequenzen.
»Wer sind Sie?«, fragte ich.
»Das tut nichts zur Sache. Hören Sie, Trevellian: Ich will, dass Jackson bezahlt. Es ist eine ältere Rechnung. Entweder Sie legen ihm das Handwerk oder ich tue es.«
»Was ist das für eine Rechnung, die Sie begleichen wollen?«
»Jackson hat einen nahen Verwandten von mir umbringen lassen. Auch Giuseppe Ariosto hatte seine Finger im Spiel.«
»Giuseppe Ariosto?«, wiederholte ich fragend.
»Er hielt sich einige Jahre in Chikago auf und ist vor zwei Monaten in den Big Apple zurückgekehrt. Er ist drauf und dran, Jackson die Geschäfte zu vermasseln. Dabei waren sie früher einmal dicke Freunde.«
»Welche Geschäfte?«, fragte ich. »Ich unterstelle mal, dass es sich zum einen um das Drogengeschäft handelt. Sie sprachen aber in der Mehrzahl.«
»Er hat einen Kinderbettelring ins Leben gerufen. Die Kinder illegaler Einwanderer betteln in New York und in anderen Städten für Jackson ein Vermögen zusammen. Ihr solltet auch ein Auge auf Jack Carson werfen. Er ist Jackson rechte Hand.«
»Woher wissen Sie so gut Bescheid?«
»Noch etwas«, sagte der Anrufer, ohne auf meine Frage einzugehen. »Man munkelt, dass Jackson auch im Falschgeldgeschäft seine Finger hat. Er soll damit die Drogen bezahlen, mit denen er handelt. Die Gewinne aus dem Drogengeschäft wäscht er, indem er einige Speiserestaurants betreibt, die kaum Gewinn abwerfen, was jedoch die Steuerbehörde nicht kontrollieren kann.»
Mit dem letzten Wort legte der Anrufer auf.
Auch ich drapierte den Hörer auf den Apparat und schaute Milo an. Mein Kollege hatte hören können, was gesprochen wurde, denn ich hatte den Lautsprecher meines Telefonapparates aktiviert. »Das ist ja interessant«, murmelte ich. »Jackson handelt nicht nur mit Drogen, er unterhält auch einen Kinderbettelring. Wir sollten unser Augenmerk wieder einmal etwas intensiver auf Jackson richten.«
»Sagt dir der Name Jack Carson etwas?«, fragte Milo.
Ich musste passen. »Ebenso wenig wie der Name Ariosto.«
Wir bemühten das Fahndungsarchiv des FBI. Hier war jeder Gauner erfasst, der einmal mit dem Federal Bureau zu tun hatte. Auch in das Fahndungsarchiv des Police Department klinkten wir uns ein. Wir hatten keinen Erfolg. Wie es aussah, war Ariosto noch nicht straffällig geworden.
»Reden wir mit dem Chef«, sagte ich. »Vielleicht gibt er uns grünes Licht, was Jackson anbetrifft.«
Ich meldete uns telefonisch bei Mandy an, sie erklärte, dass der Chef frei sei und dass wir sofort antanzen könnten. Fünf Minuten später saßen wir im Büro Mr. McKees an dem kleinen Konferenztisch und der Assistant Director schaute uns fragend und erwartungsvoll zugleich an.
»Ich erhielt soeben einen anonymen Anruf«, begann ich und dann erzählte ich dem Chef, was mir der Anrufer mitgeteilt hatte. Mr. McKee unterbrach mich kein einziges Mal, erst als ich geendet hatte, sagte er: »Wir haben schon einige Male gegen Jackson ermittelt, mussten aber immer aufgeben, weil wir keine schlüssigen Beweise gegen ihn zusammentragen konnten.«
»Ja«, sagte ich nickend, »er hat sich jedes Mal herausgewunden wie ein Aal. Aber wie es scheint, wird er jetzt habgierig. Das Geld, das er mit dem Drogenhandel verdient, reicht ihm nicht mehr. Er schickt Kinder zum Betteln auf die Straße und betreibt eine Geldfälscherwerkstatt.«
»Wenn das zutrifft, kommt einiges zusammen«, erklärte Mr. McKee. »Und es ist tatsächlich an der Zeit, diesem Mann das Handwerk zu legen. Ich lege den Fall in Ihre Hände, Jesse, Milo. Machen Sie Schluss mit den verbrecherischen Machenschaften Jacksons.«
Milo und ich kehrten in unser Büro zurück. Chris Jackson hatte eine eigene Homepage, auf der er für seine Speiserestaurants warb. Es handelte sich um ein Steakhouse, eine Pizzeria und ein Restaurant, in dem mexikanische Spezialitäten angeboten wurden. Wo Jackson wohnte, gab die Internetseite nicht her.
Das Steakhouse befand sich in der Horatio Street, die Pizzeria in der 29th, das mexikanische Spezialitätenlokal in Yorkville, in der 89th Street.
Ich schaute auf die Uhr. Es war 10 Uhr 45. »Fahren wir zu dem Steakhouse«, sagte ich. »Dort kann man uns sicher sagen, wo Jackson wohnt.«
Gesagt, getan. Das Steakhouse hatte geöffnet. Kein einziger Gast saß in dem Restaurant. Hinter der Theke stand eine junge Frau. Zwei Kellner saßen an einem Tisch und lasen Zeitung. Als wir eintraten, richtete sich die Aufmerksamkeit der drei auf uns. Die junge Frau kam sofort hinter der Theke hervor. Sie lächelte. »Haben Sie reserviert?«, fragte sie. »Auf welchen Namen?«
»Ist es überhaupt nötig, Plätze zu reservieren?«, fragte Milo. »Ich meine nur, weil ich keine Gäste sehe.«
Die junge Frau ging nicht darauf ein. Aber ihr Lächeln mutete jetzt maskenhaft und aufgesetzt an. »Folgen sie mir«, sagte sie. »Ich zeige Ihnen, wo Sie...«
»Wir wollen hier nicht essen«, bremste ich ihren Elan. »Mein Name ist Trevellian. Milo Tucker.« Ich deutete mit einer knappen Handbewegung auf meinen Partner. »Wir kommen vom FBI New York und haben ein paar Fragen.«
Jetzt verschwand das Lächeln aus dem Gesicht der Lady. »Polizei? Was haben Sie für Fragen?«
Ich deutete auf einen der Tische. »Setzen wir uns«, sagte ich. »Im Sitzen redet es sich leichter.«
Wir ließen uns an dem Tisch nieder.
»Sind Sie die Geschäftsführerin dieses Lokals?«, fragte Milo die junge Frau.
Sie nickte. »Ja. Mein Name ist Evelyn Baker. Warum fragen Sie? Hat Mr. Jackson seine Steuern nicht bezahlt?« Jetzt lächelte sie wieder.
Ich erwiderte das Lächeln. »Darum geht es nicht. Wir hätten Mr. Jackson gerne mal gesprochen, wissen aber nicht, wo er wohnt.«
»Clinton, 52nd Street. Die Hausnummer weiß ich nicht. Aber ich kann Ihnen seine Telefonnummer geben.«
»Ich bitte darum«, sagte ich.
Evelyn Baker erhob sich, ging zum Tresen, zog einen Schub auf und holte einen Taschenkalender hervor, blätterte darin und kam dann wieder zurück. Milo hatte schon sein Notizbüchlein gezückt. Die Frau diktierte ihm die Zahlenreihe, Milo schrieb sie auf.
»Ist hier immer so wenig los?«, fragte ich, als Milo das Büchlein und den Kugelschreiber wieder weggesteckt hatte.
»Die Leute gönnen sich nicht mehr viel«, sagte Evelyn Baker. »Jeder achtet auf den Cent. Ich muss zugeben, dass das große Geschäft hier nicht geht.«
»Wie sieht es in den anderen Lokalen aus, die Jackson sein eigen nennt?«, fragte ich.
»Keine Ahnung. Erfahrungsgemäß aber nicht viel besser.«
»Das würde bedeuten, dass Jackson mit Verlust arbeitet«, erwähnte Milo.
Die Lady lachte auf. »Ich bin nicht sein Steuerberater.«
Wir verließen das Lokal und fuhren zurück ins Field Office. Es war nicht schwer, anhand der Telefonnummer über die Telefongesellschaft herauszubekommen, in welchem Gebäude sich der Anschluss befand. Es war das Haus Nummer 175 in East 52nd Street.
Wir fuhren in die 52nd Street. Es handelte sich um ein Wohn- und Geschäftshaus. Die Wohnung Jacksons lag in der 2. Etage. Es war die Tür mit der Nummer 207, hinter der Jackson wohnte.
Milo postierte sich im Treppenhaus. Ich blieb im Wagen. Wir standen per Handy miteinander in Verbindung. Wenn jemand das Gebäude betrat, sagte ich Milo Bescheid. Und jedes Mal erhielt ich die Nachricht, dass es sich um keinen Besucher des Apartments No. 207 handelte.
Aber dann verließ jemand die Wohnung. Milo sagte mir Bescheid. Wenig später sah ich ihn aus der Haustür kommen. Er lief zu mir her, warf sich auf den Beifahrersitz und sagte: »Er ist in die Tiefgarage gefahren und müsste jeden Moment in der Ausfahrt auftauchen.«
Ich startete den Wagen. Die Ein- und Ausfahrt in die Tiefgarage des Gebäudes hatten wir im Auge. Und jetzt kam auch schon ein Lexus die Auffahrt herauf, die Schranke ging hoch, hinter dem Steuer des Lexus saß ein Mann von etwa fünfundvierzig Jahren, blond, scharf geschnittenes Gesicht mit einer Sonnenbrille auf der Nase, obwohl wir Dezember hatten und der Himmel bewölkt war. Es hatte vor einigen Tagen geschneit. Dann war es recht kalt geworden und der Schnee war liegen geblieben. Aber gestern hatte wieder Tauwetter eingesetzt. Auf den Gehsteigen und an den Straßenrändern lag schmutziger Schneematsch. Es war – so der Wetterbericht – viel zu warm für die Jahreszeit.
»Das ist er«, sagte Milo. »Ich nehme an, es handelt sich um Chris Jackson.«
»Das denke ich auch.«
Der Lexus war angehalten worden, blinkte nach rechts und bog schließlich in die 52nd ein, fuhr in Richtung Theater District und bog dann auf die Eight Avenue ab. Wir hatten uns angehängt.
Ich will es kurz machen: Jackson fuhr ihn die 21st Street und hielt dort vor einem Gebäude an, einem Hochhaus, an dessen Front im Erdgeschoss neben der Eingangstür eine Reihe von Firmenschildern angebracht waren. Rechtsanwälte, Ärzte, Zahnärzte, die Verwaltung eines Chipherstellers, einer Spedition, ein Geldverleiher und so weiter und so weiter waren in dem Gebäude untergebracht.
Jackson fand einen Parkplatz, stieg aus, verschloss den Lexus und ging in das Gebäude.
Auch ich fand einen Parkplatz, stellte den Wagen ab und während Milo sitzen blieb, folgte ich Jackson in das Hochhaus. Es gab in der Halle eine Rezeption, hinter der ein uniformierter Portier saß. Gerade verließen einige Leute einen der Aufzüge und bewegten sich in Richtung Ausgang. Ein Mann, der das Gebäude betreten wollte, ließ den Pulk an sich vorbei und kam dann in die Halle. Er trug einen schwarzen Aktenkoffer.
Ich ging zur Rezeption. »Ich habe mich mit Mr. Jackson um 13 Uhr hier in der Halle verabredet«, log ich. »Leider habe ich es nicht ganz geschafft. Haben Sie Mr. Jackson gesehen? Ist er vielleicht schon wieder weg?«
»Ich sah ihn eben einen der Aufzüge besteigen. Soll ich ihn informieren, dass Sie...«
»Nein«, sagte ich. »Ich warte hier unten auf ihn.«
»Das kann dauern«, meinte der Portier. »Er kommt zwar nicht oft her, aber wenn er kommt, bleibt er meistens länger. Wahrscheinlich prüft er dann die Bücher und schaut seinen Angestellten auf die Finger.« Der Portier grinste. »Den bescheißt so leicht keiner. Wollen Sie etwa auch Geld von ihm leihen?«
Bei mir fiel der Groschen. Jackson gehörte also auch die Finanzierungs- und Vermögensberatung, die auf einem Metallschild an der Außenwand des Gebäudes firmierte. Auch mit einem derartigen Unternehmen konnten illegale Gewinne gewaschen werden.
Meine Gedanken arbeiteten. Jackson betrieb drei Speiselokale, die nicht besonders rentabel waren, bei denen es sich vielleicht sogar um Verlustgeschäfte handelte. Er verfügte darüber hinaus über einen Geldverleih und musste über eine Menge Stammkapital verfügen. Die Restaurants warfen keinen Gewinn ab. Der Steuerbehörde gegenüber gab Jackson jedoch als Gewinn aus den Restaurantbetrieben die mit dem Drogenhandel erwirtschafteten Gelder an. Und mit diesem Gewinn betrieb er den Geldverleih, der ihm wahrscheinlich horrende Zinsgewinne brachte.
Was für ein Hohn. Indem das Geld als Gewinn aus den Speiselokalen deklariert wird, zahlt Jackson sogar Steuern dafür. Und das sicher nicht wenig.
Das war eine Möglichkeit. Und der Gedanke war mit Sicherheit nicht von der Hand zu weisen.
Aber wenn man dem anonymen Anrufer glauben konnte, hatte Jackson seine Hände auch ins Geldfälschergeschäft gesteckt. Wenn das so war, konnte er die Blüten in seinem Finanzierungsbüro nicht an den Mann bringen. Irgendwie aber musste Falschgeld unter die Leute, wenn es Gewinn bringen sollte.
Ein Gedanke durchzuckte mich. Er schafft das Falschgeld ins Ausland. Und auf Umwegen kommt es zurück in die USA und wenn man es als Falschgeld erkennt, ist die Quelle nicht mehr nachvollziehbar.
Ich spann den Gedanken weiter:
Man kann Falschgeld verkaufen, es aber auch zur Finanzierung illegaler Geschäfte verwenden. Zum Beispiel für den Ankauf von Drogen. Man kauft beispielsweise Drogen im Wert von 100.000 Dollar mit Falschgeld im Nennwert von einer Million an, im Verhältnis eins zu zehn also. Das Geld kommt im Ausland in Umlauf, wird als Devisen geparkt, das jeweilige Land finanziert Warenimporte und so gelangt das Geld über verschiedene Kanäle in den amerikanischen Zahlungsverkehr zurück.
Gedankenspiele, Hypothesen, Schwarzmalerei. Wir wussten gar nichts. Und der anonyme Anrufer hat vielleicht Jackson nur eins auswischen wollen und uns auf eine falsche Fährte gesetzt.
»Sie brauchen es mir natürlich nicht auf die Nase zu binden«, hörte ich den Portier sagen. »Wer gibt schon gern zu, dass er Schulden machen muss? Machen Sie sich auf saftige Zinsen gefasst. Jackson verlangt auch ziemlich hohe Bearbeitungsgebühren. Aber wenn einen die Geldsorgen plagen, lässt man sich gewiss auf so manches ein, Hauptsache man kommt zunächst mal an die Kohle ran.«
»Sie haben wohl Recht«, erwiderte ich. »Jackson kommt nur hin und wieder her? Leitet er den Verleih nicht selbst?«
»Nein. Sein Geschäftsführer ist Jack Carson. Aber auch der ist jeden Tag nur einige Stunden anwesend.«
Ich bedankte mich und ging zur Tür.
»He«, rief der Portier hinter mir her. »Wollten Sie nicht Mr. Jackson treffen?«
»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte ich über die Schulter. »Vielen Dank für die Warnung bezüglich der hohen Zinsen und Bearbeitungsgebühren.«
»Nichts zu danken«, sagte der Portier.
Ich verließ das Gebäude.