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Gingiva

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Die Gingiva ist ein Bestandteil der Mundschleimhaut. Sie umschließt als epitheliale Manschette (Saumepithel, „junctional epithelium“) den Zahnhals und heftet sich der Zahnoberfläche an (Epithelansatz). Auf diese Weise wahrt die Gingiva die Kontinuität der epithelialen Auskleidung der Mundhöhle. Darüber hinaus bedeckt die Gingiva die koronalen Abschnitte des Alveolarfortsatzes (Abb. 2).

Abb. 2 Gesunde Gingiva. Die Gingiva wird koronal durch den Gingivasaum (Limbus gingivae, blaue Linie) begrenzt und geht vestibulär an der mukogingivalen Grenze (Linea girlandiformis, weiße Linie) in die Alveolarmukosa über. Die mukogingivale Grenze kann mithilfe Schiller‘scher Jodlösung dargestellt werden.

Die Gingiva wird koronal durch den Gingivasaum (Limbus gingivae) und apikal durch verschiedene Abschnitte der Mundschleimhaut begrenzt. Vestibulär geht die Gingiva an der mukogingivalen Grenze (Linea girlandiformis) in die Alveolarmukosa über. Lingual besteht eine ähnliche Begrenzung zwischen Gingiva und Mundbodenschleimhaut. Palatinal geht die Gingiva ohne Begrenzung in die Schleimhaut des harten Gaumens über. Die Gingiva besteht aus epithelialen und bindegewebigen Anteilen (Lamina propria), sowie Nerven und Gefäßen. Die Lamina propria ist ein faserreiches Gewebe, dabei dominieren kollagene Fibrillen, die sich zu Faserbündeln gruppieren. Dabei kann man histologisch zwei Schichten im gingivalen Bindegewebe unterscheiden, das zwischen den Retezapfen des Epithels befindliche Stratum papillare sowie dem Stratum reticulare, das zwischen Stratum papillare und dem Periost des Alveolarknochens liegt. Die Gingiva besteht ferner aus zwei sich in Struktur und Funktion unterscheidenden Epitheltypen: dem Saumepithel und dem oralen Sulkus- sowie Gingivaepithel. Bei dem oralen Sulkus- bzw. Gingivaepithel handelt es sich um ein 0,2 bis 0,3 mm dickes mehrschichtiges zumeist para- bzw. keratinisiertes Plattenepithel, das über Retezapfen mit dem Stratum papillare der Lamina propria verzahnt ist (Abb. 3). Dieses Epithel ist widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen und relativ undurchlässig für Bakterien und deren Produkte1. Das orale Sulkusepithel bildet die gingivale Begrenzung des Sulcus gingivae, dem koronalen Abschnitt der dentogingivalen Berührungsfläche, in dem kein epitheliales Attachment besteht. Der Sulcus gingivae hat einen V-förmigen Querschnitt und gestattet das ungehinderte Eindringen einer Parodontalsonde. Unter idealen Bedingungen, die nur experimentell bei keimfreien Versuchstieren oder nach einer Phase intensivster Plaquekontrolle dargestellt werden können, ist die koronoapikale Ausdehnung des Sulcus gingivae 0 oder nahe 0 mm. Unter klinisch normalen Verhältnissen beim Menschen findet man mittlere Sulkustiefen von etwa 2 mm.

Abb. 3 Das orale Gingivaepithel bedeckt die vestibulären und oralen Oberflächen der marginalen Gingiva und besteht aus vier Schichten: Stratum basale (Basalzellschicht), Stratum spinosum (Stachelzellschicht), Stratum granulosum (Körnerzellschicht) und Stratum corneum (Hornschicht).

Das Saumepithel bildet den von außen nicht sichtbaren epithelialen Teil der freien Gingiva und umschließt den Zahnhals wie eine ringförmige Manschette und bildet den Epithelansatz, bzw. das epitheliale Attachment am Zahn aus. Der Epithelansatz stellt den koronalen Anteil der dentogingivalen Verbindung dar, also der Zone, in der sich extraalveoläre Zahnoberfläche und Gingiva berühren3. Der apikal gelegene Anteil der dentogingivalen Verbindung wird von gingivalen Bindegewebsfasern ausgeformt, die in supraalveoläre Anteile des azellulären Fremdfaserzements einstrahlen und somit ein bindegewebiges Attachment bilden (Abb. 4)3. Der supraalveoläre Faserapparat sorgt dafür, dass die Gingiva wie eine straffe Manschette um den Zahn herum anliegt und sichert sie gegen Abscherkräfte. Beim Sondieren der Sulkustiefe mit einer definierten Kraft verhindern diese Fasern das tiefere Vordringen der Sonde nach apikal. Infolge der entzündlichen Abwehrreaktionen des Körpers auf die bakterielle Plaque werden Kollagenfasern des Faserapparats abgebaut und die Sonde kann beim Sondieren, trotz gleicher Kraft, tiefer in das Bindegewebe eindringen.

Abb. 4 Die Verbindung der Gingiva besteht aus zwei Anteilen: dem Saumepithel, als epithelialen Anteil, und dem supraalveolären Faserapparat, als bindegewebigen Teil. Zusammen mit dem Sulkus bilden diese Teile den sogenannten dentogingivalen Komplex. Das epitheliale und bindegewebige Attachment der Gingiva ohne den Sulkus bezeichnet man als suprakrestales Attachment (früher „biologische Breite“).

Im Idealfall liegt die Grenze zwischen epithelialem und bindegewebigem Attachment auf Höhe der Schmelz-Zement-Grenze (SZG). Es werden jedoch bei intaktem, klinisch gesundem Parodont Lokalisationen dieser Epithel-Bindegewebe-Grenze von etwa 1 mm koronal bzw. apikal der SZG gefunden3. Das Saumepithel entwickelt sich während des Zahndurchbruchs aus dem reduzierten Schmelzepithel, kann sich aber de novo nach vollständiger Entfernung, z. B. im Zuge einer Gingivektomie, aus jedem Typ oralen Plattenepithels differenzieren. Es erreicht eine koronoapikale Ausdehnung von bis zu 2 mm, ist etwa 100 µm dick und verjüngt sich in koronoapikaler Richtung: 15 bis 30 Zellen an der koronalen, etwa 3 an der apikalen Begrenzung3.

Im Unterschied zu anderen mehrschichtigen Plattenepithelien in der Mundhöhle besteht es nur aus zwei Schichten, dem mitotisch aktiven (teilungsfähigen) Stratum basale und dem mitotisch inaktiven Stratum suprabasale (Tochterzellen) (Abb. 5). Das Saumepithel ist über Hemidesmosomen und eine Basallamina (externe Basallamina) mit dem subepithelialen Bindegewebe verbunden. Die Epithel-Bindegewebsgrenzfläche weist normalerweise einen geraden Verlauf auf. Eine Verzahnung über Retezapfen findet sich nicht. Zum Zahn sind die Zellen über die interne Basallamina abgegrenzt. Das epitheliale Attachment an der Zahnoberfläche beruht auf dem biologischen Prinzip, dass Epithelzellen, die mit einem nichtepithelialen Substrat in Kontakt geraten, eine Basallamina bilden und sich dieser über Hemidesmosomen anheften. Bei Krafteinwirkung auf den Gingivarand oder Einführung einer Parodontalsonde kommt es eher zu Zerreißungen und Spalten im Saumepithel als zu einer Ablösung von der Zahnoberfläche3.

Abb. 5 Das Saumepithel besteht aus zwei Schichten, dem teilungsfähigen Stratum basale und dem Stratum suprabasale. Zum Zahn sind die Zellen über die interne und zum Bindegewebe über die externe Basallamina abgegrenzt. Das gesunde Saumepithel ist mit dem angrenzenden Bindegewebe nicht verzahnt und die Epithel-Bindegewebsgrenzfläche weist normalerweise einen geraden Verlauf auf.

Die interzellularen Spalten des Saumepithels ermöglichen eine auswärts wie einwärts gerichtete Diffusion. Die Erneuerungsrate (turn-over) des Saumepithels beträgt mit 4 bis 6 Tagen nur die Hälfte des oralen Gingivaepithels (ca. 6 bis 12 Tage). Die freie Oberfläche des Saumepithels findet sich am Boden des gingivalen Sulkus bzw. des interdentalen Cols. Nur dort findet die Abschilferung der Zellen statt (Exfoliationsfläche). Die Regenerationsfläche des Stratum basale ist aber wesentlich größer als diese Abschilferungsfläche. Dadurch findet am Sulkusboden eine intensive Exfoliation von Epithelzellen statt, was als unspezifischer Abwehrmechanismus das Eindringen von Bakterien und Schadstoffprodukten aus dem Sulkus erschwert und deren Abtransport aus dem Sulkus begünstigt. Darüber hinaus finden sich in den interzellulären Räumen neutrophile Granulozyten, Monozyten/Makrophagen und Lymphozyten. Auch bei klinisch normalen Verhältnissen findet eine ständige Migration neutrophiler Granulozyten von apikal nach koronal statt, deren Ausmaß bei Entzündung und mit deren Grad zunimmt. Damit kommt dem Saumepithel die Funktion der peripheren Abwehr parodontaler Infektionen zu. Passiv in das Saumepithel diffundierende Bakterien können so erkannt, opsoniert und phagozytiert werden.

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