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Initiale Läsion: akute entzündliche Reaktion

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Die Umsatzrate des Saumepithels ist generell hoch und seine Zellen sind durch weniger Desmosomen verbunden als andere orale Epithelien. Eine verstärkte bakterielle Exposition erhöht diese Umsatzrate, die Interzellularräume weiten sich und ermöglichen somit einen verstärkten Ausstrom von Sulkusflüssigkeit sowie Leukozytenmigration. Die initiale Läsion zeigt bereits 24 Stunden nach Beginn der Plaqueakkumulation eine Dilatation der Gefäße des dentogingivalen Plexus. Es wird direkt benachbart zum Saumepithel vermehrt Blut in den mikrovaskulären Plexus gebracht. Der hydrostatische Druck wird erhöht und es öffnen sich Spalten zwischen den Endothelzellen der Kapillaren. Die Gefäßpermeabilität erhöht sich, sodass es zur Exsudation von Flüssigkeit und Proteinen in das Gewebe kommt (Abb. 3). Die Folge ist eine vermehrte Exsudation von Sulkusflüssigkeit. Durch die Exsudation ins Gewebe und den Sulkus können schädigende Substanzen mikrobiellen Ursprungs verdünnt werden. Bakterien und deren Produkte werden aus dem Sulkus hinausgespült. Die Menge der exsudierten Sulkusflüssigkeit (Sulkusflüssigkeitsflussrate) ist proportional zum Schweregrad der Entzündungsreaktion. Parallel mit den Gefäßveränderungen kommt es nach 2 bis 4 Tagen zu einer vermehrten Migration von neutrophilen Granulozyten und Monozyten/Makrophagen aus dem subepithelialen Gefäßplexus durch das subepitheliale Bindegewebe (s. Abb. 3). Adhäsionsmoleküle wie das „Intercellular Adhesion Molecule-1“ (ICAM-1) und das „Endothelial Leukocyte Adhesion Molecule-1“ (ELAM-1), die durch proinflammatorische Zytokine (Interleukin-1β [IL-1β], Tumornekrosefaktor-α [TNF-α]) aktiviert wurden, ermöglichen den Leukozyten, sich an der Gefäßwand der postkapillären Venolen anzuheften, um dann hindurchzutreten (Diapedese). Die vermehrte Extravasation der Leukozyten erfordert eine erhöhte Anheftungsrate dieser Zellen an die Gefäßwände. Proinflammatorische Stimuli (Lipopolysaccharide [LPS], IL-1β, TNF-α) führen nicht nur zu erhöhter Gefäßpermeabilität und Expression von Leukozytenadhäsionsmolekülen, sondern auch zur Ausschüttung anderer proinflammatorischer Zytokine, wie IL-8, in die Blutbahn, durch die ein Rollen der Leukozyten induziert wird. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes zwischen Leukozyten-Integrinen und Endothelzelladhäsionsmolekülen (z. B. ICAM-1) (Abb. 4).

Abb. 3 Initiale Läsion: Bei Persistieren der in Abb. 2 dargestellten Mechanismen verstärken die Serumtranssudation aus den Gefäßen ins Gewebe und die Aktivierung von Serumproteinen wie Komplementfaktoren die Entzündungsreaktion und die Aktivierung der Endothelzellen. Es werden vermehrt neutrophile segmentkernige Granulozyten (PMN) und Monozyten angelockt. Aktivierte Makrophagen produzieren eine Vielzahl von Entzündungsmediatoren (Interleukin-1β [IL-1β], IL-1 Rezeptorantagonist [IL-1ra], IL-6, IL-10, IL-12, Tumornekrosefaktor-α [TNF-α], Prostaglandin E2 [PGE2], Matrix-Metalloproteinasen [MMP], Interferon-γ [IFN-γ]) und Chemotaxine (Monozyten-Chemotaxis-Protein [MCP], Makrophagen-inflammatorisches Protein [MIP], „regulated on activation, normal T-cell expressed and secreted“ [RANTES]). N-Formyl-Methionyl-Leucyl-Phenylalanin (FMLP), Lipopolysaccharide (LPS) (modifiziert nach Kornman et al.4).

Abb. 4 Diapedese der Leukozyten: Die Endothelzellen der Venolen werden durch Lipopolysaccharide (LPS), Interleukin-1β (IL-1β) und Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) aktiviert und exprimieren „Endothelial Leukocyte Adhesion Molecule-1“ (ELAM-1). Leukozyten exprimieren Sialy-Lewis-X, das eine lose Bindung mit ELAM-1 eingeht und so zu einer Verlangsamung der Leukozytenbewegung führt. Die resultiert in einer rollenden Bewegung entlang der Epitheloberfläche. Leukozytäre Anheftungsrezeptoren (CD11/18) bilden dann eine feste Bindung zum „Intercellular Adhesion Molecul-1“ (ICAM-1) aus (Adhäsion). Dies veranlasst den Durchtritt der Leukozyten zwischen den Endothelzellen nach extravaskulär (Extravasation) (modifiziert nach Kornman et al.4).

Die Leukozyten wandern dann entlang von Konzentrationsgradienten, vermittelt durch chemotaktische Reize der Plaquebakterien (z. B. N-Formyl-Methionyl-Leucyl-Phenylalanin [FMLP], LPS) bzw. der Wirtszellen (z. B. IL-8, Komplementfaktor C5a, Leukotrien B4), zum Sulkus, wobei sie durch die im Saumepithel ubiquitär vorhandenen Adhäsionsmoleküle unterstützt werden3. Diese Granulozyten sind noch zur Phagozytose und zur Zerstörung von Bakterien in der Lage und formen eine Barriere gegen das apikale und laterale Vordringen der Bakterien (erste Verteidigungslinie) (s. Abb. 3). Erkrankungen, bei denen die Adhäsion und Diapedese der Leukozyten gestört ist (z. B. Leukocyte-Adhesion-Deficiency-Syndrom) oder die Zahl der neutrophilen Granulozyten nicht nur im extravasalen Gewebe, sondern generell stark reduziert ist, wie bei familiärer Neutropenie, führen bei bakterieller Exposition zu raschen und schweren Zerstörungen der parodontalen Gewebe, was die große Bedeutung dieser Zellgruppe für die Abwehr der bakteriellen Exposition veranschaulicht.

Während die Leukozyten das Gewebe verlassen und in den Sulkus wandern, werden die Lymphozyten im Gewebe zurückgehalten (s. Abb. 3). Die meisten Lymphozyten können auf ihrer Oberfläche CD44-Rezeptoren exprimieren, die es ihnen erlauben, sich an Strukturen des Bindegewebes zu binden. Um lokale zellvermittelte oder humorale Immunreaktionen ausführen zu können, müssen T- und B-Lymphozyten im Gewebe verbleiben. Es entsteht ein subepitheliales Infiltrat (Monozyten, Makrophagen, Lymphozyten, neutrophile Granulozyten), das etwa 5 % des gingivalen Bindegewebes einnimmt. Im Verlauf der frühen Läsion halten die entzündlichen und immunologischen Reaktionen des Wirts die mikrobiologische Exposition in Schach, ohne dass es zur Gewebezerstörung kommt. Das histologische Bild der initialen Läsion entspricht der Situation klinisch gesunder Gingiva und ist als physiologischer Zustand anzusehen.

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