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Die Rolle der neutrophilen Granulozyten
ОглавлениеDie segmentkernigen neutrophilen Granulozyten stellen die erste Verteidigungslinie gegen die bakterielle Exposition dar. Sie finden sich in parodontal gesundem Gewebe, bei Gingivitis und Parodontitis. Ihre Zahl nimmt mit zunehmendem Fortschreiten der Erkrankung zu und erreicht bei Parodontitis ihr Maximum. Die neutrophilen Granulozyten werden durch chemotaktische Konzentrationsgradienten von Produkten der bakteriellen Plaque (z. B. FMLP, LPS) oder durch Botenstoffe von Wirtszellen (z. B. Interleukin-8, Komplementfaktor C5a, Leukotrien B4) angelockt und wandern entlang dieser Konzentrationsgradienten von den sulkusnahen Blutgefäßen durch Bindegewebe und Saumepithel in den gingivalen Sulkus oder in die gingivale bzw. parodontale Tasche. Auf dem Weg durch das Gewebe leiten Adhäsionsmoleküle (ICAM-1, ELAM-1) die Wanderung der neutrophilen Granulozyten. Nach Verlassen des Gewebes und Wanderung in den Sulkus bzw. in die Tasche nähern sie sich den Mikroorganismen und heften sich ihnen an. Viele Bakterien müssen durch spezifische Antikörper markiert (opsoniert) werden, um von den neutrophilen Granulozyten erkannt und aufgenommen (Phagozytose) werden zu können. Die Plasmamembran der neutrophilen Granulozyten fließt um die Mikroorganismen, um sie schließlich in sogenannten Phagosomen einzuschließen. Ein neutrophiler Granulozyt kann mehrere Mikroorganismen gleichzeitig einschließen. Synchron mit der Phagozytose der Mikroorganismen wandern Granula (Lysosomen) des neutrophilen Granulozyten zum Phagosom und verschmelzen mit ihm. Diese Lysosomen enthalten antimikrobielle Substanzen, z. B. Myeloperoxidase, Lysozym, Laktoferrin, Elastase. Diese Substanzen töten die Bakterien und lösen sie auf. Vor der völligen Umschließung des Bakteriums können Inhaltsstoffe der Lysosomen in die Umgebung des neutrophilen Granulozyten gelangen. Dies hilft bei der Zerstörung nicht phagozytierter Mikroorganismen, kann aber auch zu Gewebezerstörungen führen. Neutrophile Granulozyten haben eine primär protektive Funktion. Sie sind zur Phagozytose und zur Zerstörung von Bakterien in der Lage (Abb. 9). Die Granula der neutrophilen Granulozyten enthalten aber auch Enzyme, die Gewebe zerstören können, wie Elastase. Gelingt es den Granulozyten, die bakterielle Exposition zu einem frühen Zeitpunkt zu beherrschen, kommt es nur zu oberflächlichen Gewebedestruktionen und es kann sich eine Homöostase einstellen (granulozytäre Clearence). Bestimmte Parodontalpathogene verfügen aber über Mechanismen, die Funktion der neutrophilen Granulozyten zu stören bzw. außer Kraft zu setzen, wie das Leukotoxin von Aggregatibacter actinomycetemcomitans.
Abb. 9 Antikörper in der Abwehr von Mikroorganismen: 1) Verhinderung der Adhäsion von Mikroorganismen an Schleimhäuten durch Abschilferung von Epithelzellen und sekretorisches Immunglobulin A (IgA) im Speichel, 2) Komplementaktivierung durch spezifische Antikörper, 3) Opsonierung von Mikroorganismen als Voraussetzung für deren Phagozytose durch Leukozyten10.