Читать книгу Perry Rhodan 1263: Die Freibeuter von Erendyra - Peter Griese - Страница 5
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Оглавление»Er ist ein Meister der Intrige! Ich werde ihn entlarven, koste es, was es wolle. Er hat mich einmal so gewaltig übers Ohr gehauen, dass mir heute noch der Schädel brummt. Was ist hier denn? Nichts! Gar nichts! Er spielt falsch, dieser Stalker. Oder von mir aus Sotho Tal Ker. Ich werde sein Geheimnis lüften und seinen Verrat an der Menschheit offenlegen.«
Ronald Tekeners von den Lashat-Pocken herrührende Narben leuchteten in seiner Erregung eine deutliche Nuance greller. Der Smiler rannte in der Zentrale der LASHAT auf und ab und führte einen Monolog, der charakteristisch für die Situation des Virenschiffs und seiner tausendköpfigen Besatzung war.
Dass sie nichts von den Wundern von ESTARTU gesehen hatten, spielte dabei für die Führungscrew eine untergeordnete Rolle. Tekener war aus dem Solsystem aufgebrochen, um einen ganz bestimmten Ort aufzusuchen, der nahe der Galaxis NGC 4649, Erendyra, liegen musste. Stalker hatte ihm zwei Dinge gegeben: das etwas seltsame Permit, eine Art eiserner Handschuh, dem die Finger fehlten, und die Koordinaten der Stelle, an der er – angeblich! – den verwaisten TSUNAMI-114 aufgefunden und in die Milchstraße zurückgebracht hatte.
Die komische Metallhülle interessierte den Smiler in diesem Zusammenhang wenig. Sein erklärtes Ziel war, Stalker einer Lüge zu überführen. Dazu gehörte es, TSUNAMI-113 zu finden und das Schicksal der Besatzung von TSUNAMI-114 zu klären. Wenn ihm das gelang, hatte er den Trumpf in der Hand, nach dem er sich sehnte und der Stalkers verderblichen Einfluss brechen würde.
Ronald Tekener war nach wie vor davon überzeugt, dass der ehemalige Warner ein falsches Spiel trieb. Dass Stalker Homer G. Adams nicht nur überzeugt, sondern auch noch zu seinem Freund gemacht hatte, beirrte ihn nicht.
Die Erfahrungen der letzten acht Tage seit der Ankunft im Erendyra vorgelagerten Leerraum bestätigten seine Ansicht. Sie hatten mit der LASHAT eine Woche lang das Zielgebiet in allen Richtungen durchquert, ohne auch nur eine Spur des verschollenen TSUNAMI-Schiffs zu finden. Mehr noch, es gab hier nicht einmal interessante Sonnensysteme oder sonst etwas Auffälliges. Selbst vereinzelt im Randbereich der Koordinaten stehende Sonnen hatten sie angeflogen und überprüft. Sie besaßen entweder gar keine Planeten oder nur solche, die aufgrund ihres Abstands zum Muttergestirn für intelligentes Leben nicht in Frage kamen und auch nicht für die Landung eines Raumschiffs.
Jennifer Thyron starrte ihren Mann stumm an. Sie saß in einem bequemen Sessel. Neben ihr auf der Lehne hockte das sechzehnjährige Anti-Mädchen Pathythia Baal. Jennifer hatte einen Arm um ihren schlanken Körper gelegt.
Die drei anderen Vironauten in der Zentrale der LASHAT taten so, als ob sie das Herumtoben des Smilers nicht bemerken würden, aber das war nur ein Ausdruck ihrer eigenen Unzufriedenheit.
Es fehlte einfach das erwartete Erfolgserlebnis. Sie waren aus der Milchstraße aufgebrochen, um die Wunder zu erleben, die Stalker angepriesen hatte. Es musste sich nach dem Geschmack der meisten Begleiter Tekeners nicht unbedingt um die Wunder von ESTARTU handeln, die das Ziel der meisten Galaktiker waren, die das Fernweh ergriffen hatte. Sie wären zufriedener gewesen, wenn sie einen Hinweis auf den verschollenen TSUNAMI-113 bekommen hätten. Das Schicksal dieser Frauen und Männer beschäftigte die Gemüter an Bord der LASHAT nicht weniger als der unbändige Drang in die Weiten des Universums.
»Stalker hat gelogen«, tobte der Smiler weiter. »Den Beweis haben wir, aber er nützt uns wenig. Hier ist nämlich nichts.«
»Wo nichts ist«, meinte das Anti-Mädchen, das auch Path genannt wurde, »kann einmal etwas gewesen sein. Vielleicht ist der TSUNAMI nur verschwunden.«
»Nur verschwunden!« Tekener drückte das verächtlich aus, und Path zuckte zusammen, als hätte sie etwas Dummes gesagt.
»Du bist ungerecht, Tek«, ergriff Jennifer das Wort. »Was unsere Pflegetochter sagt, ist gar nicht so unklug. Der TSUNAMI könnte durch einen technischen Trick unsichtbar sein, so unsichtbar, dass ihn auch die Ortung nicht erfasst. Oder seine Trümmer wurden abtransportiert. Oder jemand hat den TSUNAMI, intakt oder nicht, in der Zwischenzeit an einen anderen Ort geschleppt. Du darfst nicht vergessen, dass einige Monate vergangen sind, seit Stalker TSUNAMI-114 hier verödet vorfand und ihn ausforschte.«
»Du redest Unsinn.« Ronald Tekener war ungewöhnlich schroff. »Es gibt da ein Sprichwort, das du wohl vergessen hast. ›Ein TSUNAMI kommt selten allein!‹ Und außerdem hat 113 kein ATG. Er muss irgendwo im Normalraum sein. Er kann sich nicht verstecken.«
»Mir ist es egal, was du meinst«, ließ auch Jennifer ihrem Ärger freien Lauf. »Ich finde es jedenfalls eine Frechheit, wie du Path behandelst. Sie wollte dir nur einen freundlichen Hinweis geben.«
»Entschuldigung!« Der Smiler lenkte ein und warf Path einen Blick des Bedauerns zu. »Ich bin einfach verärgert, weil wir auf der Stelle treten.«
Die Gesichtszüge des Anti-Mädchens glätteten sich. Sie winkte ab.
»Das sind wir alle, Tek«, meinte sie. »Aber wir kommen doch nicht weiter, wenn wir uns deswegen gegenseitig Vorwürfe machen.«
Die Sechzehnjährige stammte vom Anti-Planeten Trakarat des Aptut-Systems. Mit Pholo und Myrtaks Baal, ihren Eltern, und ihrem zwei Jahre älteren Bruder Bonemes war sie unter wenig glücklichen Verhältnissen aufgewachsen. Die innere Bindung in dieser vierköpfigen Familie hatte gefehlt, und diese Gefühlsarmut hatte bei Path zu einer seltsamen Entwicklung geführt.
Die Diagnose, die ein terranischer Psychologe gestellt hatte, als Perry Rhodan Path zur Erde gebracht hatte, hatte dies deutlich gemacht. Jennifer Thyron, selbst Fremdrassen-Psychologin, konnte diese Aussagen nach den Erfahrungen, die sie in den letzten Wochen mit Path gemacht hatte, nur bestätigen.
In der Familie Baal gab es vier Einzelwesen und nur äußerliche Bindungen zwischen diesen. Pholo Baal hatte sich schon früh aus dem Berufsleben zurückgezogen. Er frönte seiner einzigen Neigung, und die bestand darin, von früh bis spät vor den Bildern seines 3-D-Kubus zu hocken und den Sendungen der verschiedenen Kanäle zu folgen. Sein ganz besonderes Interesse galt dabei den Nachrichtensendungen. Für seine Frau oder die beiden Kinder hatte er kaum einmal ein freundliches Wort parat.
Mutter Baal hatte sich diesem Gebaren ihres Mannes ziemlich kommentarlos untergeordnet und ihr Heil in der Küche gesucht. Sie ging damit Streitigkeiten mit Pholo zwar aus dem Weg, aber das hatte auch dazu geführt, dass die beiden heranwachsenden Kinder sich immer mehr isoliert gefühlt hatten.
Zwischen Path und Bonemes gab es noch eine teilweise Übereinstimmung, aber diese war eigentlich auch nur äußerlich und ohne jede wirkliche Zuneigung. Die Abneigung des Mädchens gegen die »Glotzerei« ihres Vaters war so stark geworden, dass sie zu einer psychischen Störung geführt hatte. Da sie zudem die Jüngste in der Familie war, hatte es ihr stets an Möglichkeiten gefehlt, ihrem Ärger freien Lauf zu lassen. Sie hatte nie ein Ventil besessen, durch das sie ihre angestauten Emotionen hätte auslassen können.
Reaktionen des Unterbewusstseins waren die Folge davon gewesen. Path hatte sich zu einer introvertierten Einzelgängerin entwickelt, die viele normale Dinge des täglichen Lebens verachtete. Aber auch auf ihre Launen, ihre bisweilen durchbrechenden Frechheiten oder ihr unstetes Wesen hatten die Eltern nie gezielt reagiert. Vater Baal hatte im Gegenteil von ihr verlangt, öfter den Sendungen seines heißgeliebten 3-D-Kubus zu folgen, weil das ihr angeblich Zerstreuung bieten würde.
Dass dem Mädchen nur eins fehlte, nämlich wahre Elternliebe, hatte keiner erkannt – nicht einmal Path selbst, denn dafür war sie zu jung. Geborgenheit und menschliche Zuneigung waren für sie Begriffe, die sie nur kannte, aber nicht mit Inhalt füllen konnte.
In ihrer Gefühlsverarmung hatte sich Path zeitweise in ihr Hobby Holografie geflüchtet. Sie hatte sich eine eigene Welt mit Definitionen aufgebaut. Eine Holografie war für sie ein Bild, ein Hologramm jedoch sollte real sein. Und unter »real« verstand sie genau das, was dieses Wort bedeutete: materielle Wirklichkeit.
Unter dem psychischen Druck ihres Unterbewusstseins hatte sie eine Fähigkeit entwickelt, in der ihre Gedankenbilder zu wirklicher Materie werden konnten. Aus der anfänglich unbewussten Spielerei war bitterer Ernst geworden, als die Endlose Armada in die Milchstraße gekommen war und die Armada-Einheit 3017 mit dem führenden Volk der Saskroojer ins Aptut-System.
In ihr hatte sich – auch mehr unbewusst – die fixe Idee entwickelt, Perry Rhodan nach Trakarat zu locken, um diesem zu verdeutlichen, dass er sich mehr um die Einzelschicksale der Milchstraßenbewohner zu kümmern habe als um die Endlose Armada, die Aktivierung der Chronofossilien oder den Dekalog der Elemente.
Mit ihrer erwachten Fähigkeit, Gedankenbilder real werden zu lassen, hatte sie Trakarat in Angst und Schrecken versetzt, ohne dass auch nur irgend jemand ahnen konnte, wer der Urheber war. In konsequenter Logik hatten die verantwortlichen Antis die Geschehnisse den Saskroojern angelastet, die sich jedoch zunächst aus dem für sie ebenfalls unbegreiflichen Gang der Dinge vollkommen herausgehalten hatten.
Die Kunde von den unbegreiflichen Ereignissen war bis zu Perry Rhodan auf der BASIS gedrungen, und der Terraner war tatsächlich ins Aptut-System geeilt, um selbst nach dem Rechten zu sehen. Dies war durch Taurec begünstigt worden, der Rhodan dringend davon abgeraten hatte, seinem Drang nach Terra zu folgen.
Path hatte auf Trakarat Perry Rhodan auf ungewöhnliche Weise ihre Fähigkeiten demonstriert. Als sich die Sache aber aufgeklärt hatte, hatte der Terraner Verständnis für das Mädchen gezeigt, das ihn nicht nur gewaltig an der Nase herumgeführt, sondern auch buchstäblich auf diese hatte fallen lassen.
Pathythia Baal drohte eine Bestrafung durch die Anti-Behörden, weil sie unerlaubte Experimente mit schweren Folgen durchgeführt hatte. Die Antis hätten alles darangesetzt, um sie von ihrer seltsamen Begabung zu »heilen«.
Das war nicht in Rhodans Sinn gewesen, und so hatte er das Mädchen kurzerhand mitgenommen. Pathythias Eltern hatten dies mit Gleichmut und Unverständnis, aber ohne Widerspruch zur Kenntnis genommen.
Später hatte Rhodan auf Terra das Mädchen in die Obhut Jennifer Thyrons übergeben. Von dort war sie zu den Vironauten um Ronald Tekener gestoßen und mit diesen in Richtung ESTARTU aufgebrochen.
In den folgenden Monaten hatte sich Path unter der unauffälligen Führung Jennifers den neuen Lebensverhältnissen gut angepasst. Sie verspürte zum ersten Mal wirkliche menschliche Wärme, und in der Fremdrassen-Psychologin besaß sie einen Gesprächspartner, mit dem sie stundenlang diskutieren konnte, ohne dass dieser die Gelassenheit verlor.
Für ihre rasche Weiterentwicklung und die Stabilisierung ihres inneren Gleichgewichts spielten aber auch andere Punkte eine Rolle.
Die Begegnung mit Perry Rhodan hatte in ihr einen Schock ausgelöst, denn sie hatte nie wirklich daran geglaubt, dass der Terraner nach Trakarat eilen würde, um sich mit ihren lächerlichen Problemen zu befassen. Durch die ewigen Redereien ihres Vaters hatte sie Rhodan für unnahbar, ja fast für irreal gehalten. Dieser Glaube war entmystifiziert worden, und das hatte ihr geholfen.
Aber auch das Fernweh, das so viele Galaktiker ergriffen hatte, hatte vor ihr nicht haltgemacht. Es war ihr leichtgefallen, alle Bande zur Heimat zu zerreißen und ein neues Leben zu beginnen. Wirklich wichtig daran war vor allem, dass sie sich nicht mehr allein fühlte.
Durch diese Ereignisse hatte sie viel von ihrer jugendlichen Aufsässigkeit und ihrem eigenbrötlerischen Gehabe verloren. Ein neues Selbstbewusstsein war in ihr erwacht. Man wollte sie haben! Und mehr noch: Jennifer Thyron machte kein Hehl daraus, dass ihre Fähigkeit, Realhologramme zu erzeugen, unter Umständen äußerst wertvoll sein konnte. Teks Lebensgefährtin hatte keine Probleme gehabt, Path das Gefühl zu vermitteln, dass man sie auch brauchte.
Einen Haken hatte die ganze Sache dennoch. Mit der Beruhigung des Gefühlslebens des Anti-Mädchens war dessen Fähigkeit, Hologramme allein durch ihren Willen zu erzeugen, gemindert worden. Versuche, die Path allein und fast heimlich mit Jennifer Thyron durchgeführt hatte, hatten gezeigt, dass sie problemlos holografische Bilder herstellen konnte. Ob sie jedoch wieder in der Lage sein würde, echt-materielle Hologramme zu schaffen, musste die Zukunft zeigen.
»Du bist eine Realholografin«, hatte Jennifer mehrfach behauptet. Sie hatte zweifelnde Blicke geerntet, und sie war sich selbst auch nicht darüber im Klaren gewesen, ob diese Aussage nicht nur ihrem Wunschdenken entsprungen war.
Äußerlich hatte sich Path nicht verändert. Sie war noch immer das überschlanke Mädchen mit blasser Hautfarbe, 1,65 Meter groß. Ihre rotblonden Haare trug sie glatt und schulterlang. Das mit Sommersprossen übersäte Gesicht strahlte etwas Spitzbübisches aus und gab selbst Jennifer Thyron bisweilen Rätsel auf.
Path benahm sich wie eine Erwachsene, aber ihr körperliches Erscheinungsbild verriet, dass sie erst noch eine Frau werden würde. Sie war in dieser Hinsicht ein Spätentwickler. Ihr Geist war dem Körper deutlich um einige Jahre voraus.
Um ihre magere Gestalt zu verbergen, bevorzugte sie weite, wallende Kleider, die bis an die Fußknöchel reichten. Oder sie trug ein solches Gewand über einer Bordkombination oder einem SERUN. Jennifer äußerte sich nicht zu diesem Spleen, denn der Festigungsprozess des Mädchens war noch lange nicht abgeschlossen.
Path brauchte Ruhe, um in jeder Hinsicht zu sich selbst zu finden. Dass dafür aber auch Verantwortung erforderlich war, die sie selbst tragen musste, verriet ihr die Psychologin und Ersatzmutter noch nicht.
»Ich mache dir doch keine Vorwürfe, Path«, erklärte der Smiler. »Wir sind mit einer bestimmten Absicht an diesen Ort gekommen, und wir haben nichts erreicht. Ich habe vorhin mit Reginald Bull und Roi Danton gesprochen, die mit der EXPLORER bzw. der LOVELY BOSCYK ihren Zielen im Sinn des ›Dritten Weges‹ nachgehen. Dort sieht es besser aus. Roi hat Hinweise auf ein größeres Sternenimperium gefunden. Er will dieser Spur nachgehen und glaubt sich schon am Ziel seiner Sehnsüchte. Und auf der EXPLORER scheint man sich verteufelt wohl zu fühlen. Da macht wohl so ziemlich jeder, was er will, und Bully findet Gefallen an dieser neuen Art Freiheit. Und bei uns? Hier tut sich nichts. Nur der Frust kriecht langsam in unsere Knochen.«
»So schlimm ist es doch nicht«, wiegelte Jennifer ab.
»Es ist so schlimm, mein Herzblatt.« Ronald Tekener ballte die Fäuste. »Die Sehnsucht nach den Weiten und Wundern des Kosmos kann nicht über fehlende Erfolgserlebnisse hinwegtäuschen. Ich mache mir da nichts vor, und du solltest das auch nicht tun. Es muss etwas geschehen.«
»Vielleicht weiß Vi einen Rat«, meinte Path.
»Ich habe mit ihr gesprochen.« Tek schüttelte den Kopf. »Das Schiff ist auch nicht schlauer als wir. Es richtet sich primär nach unseren Wünschen. Aber bei deren Realisierung kann es nur sehr bedingt helfen, denn wie wir gesehen haben, befindet sich im Vorfeld von Erendyra nichts. Da scheitert auch die Intelligenz einer Virenpositronik.«
»Erendyra ist nah.« Das Anti-Mädchen deutete auf die holografische Darstellung, die Vi in den Raum projiziert hatte. »Wenn hier nichts ist, dann vielleicht dort.«
»Ein guter Gedanke, Path.« Der Smiler nickte zustimmend. »Ich habe mich auch schon mit dieser Überlegung befasst. Es ist natürlich ein Problem, in einer riesigen Galaxis die Spur eines verschollenen Raumschiffs zu finden, aber diese Suche ist immer noch sinnvoller als das sinnlose Herumschippern in dieser Öde. Wir brechen die Suche ab und fliegen direkt nach Erendyra. Und dort forschen wir weiter.«
Jennifer Thyron war deutlich anzusehen, dass sie zumindest leichte Bedenken gegenüber diesem Plan hegte. Sie wiegte nachdenklich ihren Kopf. Als aber Path zustimmte, schloss sie sich schon aus psychologischen Gründen der Meinung ihres Mannes an.
In diesem Moment meldete sich das Virenschiff mit seiner tiefen, aber doch weiblichen, wohlmodulierten Stimme.
»Ich empfange einen seltsamen Funkspruch, Ronald. Der Inhalt ist in einem fremden Idiom gehalten, und die Sendung ist schwach. Sie zeigt jedoch typische Anzeichen eines schwachen Notrufs.«
»Lass mich das bitte hören, Vi.«
»Gern.«
Ein leichtes Prasseln erfüllte die Atmosphäre in der Kommandozentrale. Dann wurden einzelne kurze Zeichen hörbar, die eine entfernte Ähnlichkeit mit Morsezeichen besaßen. Die Lautstärke schwankte sehr stark.
»Ich mache einen kurzen Flug«, bot das Schiff an, »um die Signale aus einer anderen Richtung zu empfangen und so eine grobe Peilung durchführen zu können. Oder bestehen da Einwände?«
»Nein, nein«, beeilte sich Tekener zu sagen.
In die unverständlichen Signale der Funknachricht mischte sich nun eine Stimme. Sie klang rau und hart, aber auch flehend. Ronald Tekener verstand jedoch kein Wort. Auch diese Stimme wechselte extrem in der Lautstärke. Zeitweise war sie nur ein Gemurmel im Hintergrund, dann waren einzelne Worte ganz deutlich zu hören.
»Ich kann einzelne Begriffe übersetzen«, teilte das Virenschiff mit. »Sie ergeben jedoch keinen Zusammenhang. Ich führe jetzt eine erste Peilung durch und mache dann noch eine Etappe. Einverstanden?«
»Natürlich«, stimmte Tekener zu. »Was hast du denn herausgehört?«
»... die Saubande mit den ... Briefen. Es kann auch Sonderrechte bedeuten. Häufig taucht der Begriff Gorim auf, bei den es sich wahrscheinlich um einen Namen mit einer bestimmten Bedeutung handelt. Das ist bis jetzt alles.«
»Gut. Was macht die Peilung?«
»Die Funknachricht kommt aus einer Entfernung von etwa achtzehn Lichtjahren«, teilte Vi mit. »Ich habe den Eindruck, dass sie unbeabsichtigt ausgestrahlt wird. Fast meine ich, da führt jemand einen Monolog und hat vergessen, seinen Sender abzuschalten.«
»Also kein Notruf?«, fragte Path interessiert.
»Kein Notruf«, korrigierte Vi ihre ersten Vermutungen.
»Nichts wie hin!«, befahl Ronald Tekener. »18 Lichtjahre sind für uns ein Katzensprung.«
»Bin schon unterwegs.«
Unbemerkt von den Insassen hatte die LASHAT wieder Fahrt aufgenommen. Vi erzeugte eine neue Projektion in der Mitte der Kommandozentrale, wo verschiedenfarbige Felder signalisierten, welcher Art die Darstellung war. Diesmal waren die beiden dunkelblauen Doppellinien angesprochen, und das bedeutete Fernortung.
Im Hintergrund spiegelten die Echos die Sterne von Erendyra wider. Und weit davor schälte sich mit zunehmender Größe ein greller Punkt heraus. Der Punkt wurde zu einem Strich, der an den beiden Enden verdickt war. Vi blendete eine Maßskala ein. Das Objekt war über hundert Meter lang und zweifellos ein Raumschiff.
Es bestand im wesentlichen aus einem Metallskelett, in das verschiedene und ganz unregelmäßige Wrackteile »gehängt« worden waren.
»Von dort kommen die Funksignale«, erklärte Vi.
»Versuche bitte, eine Verbindung zu schalten«, bat Ronald Tekener. »Diese Burschen möchte ich mir näher ansehen.«