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Die vielen Gesichter des Islams
ОглавлениеWir alle maskieren unsere Gedankenwelt,
denn die Wahrheit wäre oftmals erschreckend. (pk)
Als ich einmal in Asien eine Pekingoper besuchte, war ich von den ausdrucksvollen Gesichtsmasken der Schauspieler fasziniert, die dadurch blitzschnell bei ein und derselben Person unterschiedliche Charaktere, von friedliebend-gutmütig bis brutal-hasserfüllt, zum Ausdruck bringen konnten.
Das lässt sich auch sehr gut auf die islamische Religion übertragen. So wird in den Internet-Foren der Islam sehr oft als friedvoll und tolerant beschrieben. Die Internet-User beurteilen diese Religion eben entsprechend ihren persönlichen Erfahrungen mit Muslimen, die ja zumeist sehr positiv ausgefallen sind. Das war zunächst auch bei mir der Fall. Insbesondere im Irak erschien mir die Gesinnung der muslimischen Bevölkerung ausgesprochen freiheitlich und friedlich. Die Frauen trugen ihre Haare offen und schminkten sich sehr raffiniert, um ihrer Schönheit und tiefschwarzen, glänzenden Augen noch mehr Geltung zu verleihen. Auch beim Baden in den irakischen Salzseen war keine religiöse Prüderie zu bemerken und viele Mädchen spazierten im Bikini mit frechen Blicken kichernd an mir vorbei. Die erwachsenen irakischen Frauen waren ebenfalls sehr selbstbestimmt (vergleichbar mit den Frauen in Tunesien), auch in sexueller Hinsicht, insbesondere in Bagdad.
Nur ein Beispiel dazu: Eine irakische Angestellte in einer Schule versuchte immer wieder näher mit mir in Kontakt zu treten (neudeutsch: Sie baggerte mich hemmungslos an). Als ich nicht darauf reagierte, überreichte sie mir eines Tages ein Päckchen als Geschenk, das ich erst zuhause öffnen sollte. Es war ein wunderschönes Buch über die arabische Kunst und Kalligrafie. Während ich das Buch durchblätterte, fiel ein Foto heraus, worauf sich besagte Angestellte splitternackt lasziv auf einem Stuhl räkelte. Wie raffiniert von ihr. Aber von wegen Dominanz des Mannes im islamischen Raum: Bei dem anschließenden Treffen ging die Dominanz vollständig von ihr aus und in sexueller Hinsicht konnte keine der Frauen mithalten, die ich in Europa kannte oder später in Asien kennenlernen sollte.
Ähnliche Erfahrungen machte ich auch mit anderen arabischen Frauen, insbesondere in Tunesien, wo mir beispielsweise Verkäuferinnen in den Supermärkten ihre Telefonnummern zusteckten. Was aber meine Urlaubsreisen nach Ägypten betraf, da bewunderte ich immer wieder den grazilen und unvergleichlich anmutigen Gang der ägyptischen Frauen. Kein Wunder also, dass die arabischen Männer ihre Frauen und erwachsenen Töchter lieber in weite schwarze Kutten und verhüllende Kopftücher stecken (Tschador), damit sie keine Möglichkeiten haben, ihre Reize auszuspielen. Aber selbst dann sehen insbesondere tief religiöse muslimischen Männer in den feurig-sinnlichen Blicken ihrer arabischen Frauen (die viel verlockender sind, als die kühl-abschätzenden Blicke der meisten europäischen Frauen) noch eine Gefahr für die Sittlichkeit und verlangen, dass neben Kopftuch und Kutte auch die Augenpartie durch ein engmaschiges Netz verdeckt wird (Burkas).
In Libyen waren die Muslime mir gegenüber zwar zurückhaltender, aber ebenfalls sehr freundlich und wenn ich im Oman in einer wahrscheinlich etwas zu knappen Badehose am Strand lag, wollte mich so mancher männliche Muslim sogar unverblümt zum Sex mit ihm überreden, obwohl Homosexualität verboten war. Ähnlich erging es mir in Tunesien, wo die sexuelle Anmache der arabischen Männer sowohl auf den Straßen als auch in den Hotels ganz massiv war. Dazu aber später mehr, auch im Hinblick auf die Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht und dem Attentat auf die Touristen in Sousse.
Da insbesondere der Irak, auch landschaftlich entlang des Euphrats und Tigris, mit seinen Blumen, Rosensträuchern und duftenden Eukalyptusbäumen schon fast paradiesisch zu nennen war, hätte ich mir gut vorstellen können, dort für immer zu leben. Leider hat der grausame Krieg zwischen Irak und Iran, der auf jeder Seite mehr als eine Million Todesopfer forderte, meine Hoffnungen zunichtegemacht. Nach den wochenlangen Bombardements der iranischen Luftwaffe auf Bagdad zu Beginn des Krieges war ich mit meinen Nerven völlig am Ende und habe den Irak fluchtartig nach Jordanien verlassen. Es ist schon eine sehr traumatische Erfahrung, wenn in einem Nachbarhaus die Raketen einschlagen und man hilflos die grauenvollen Schreie der Bewohner mit anhören muss. Es hatte Monate gedauert, bis ich mich psychisch einigermaßen davon erholte. Selbst heute noch erschrecke ich zutiefst, wenn es irgendwo laut kracht oder knallt und ich kann deshalb sehr gut nachvollziehen, das syrische Flüchtlinge lieber im Dreck und hungrig an der Grenze zu Mazedonien oder anderen europäischen Grenzen ausharren, als jemals wieder auch nur in die Richtung der Kriegsgebiete umzukehren.
Die überaus liebenswürdige Gastfreundschaft mir gegenüber hat ihre Wurzeln vor allem in der arabischen Tradition und Mentalität. Was dagegen die religiöse Toleranz im Irak anbelangte, so konnte ich sehr bald in Erfahrung bringen, dass der Islam im Irak nicht von sich aus tolerant und friedvoll war, sondern deshalb, weil Saddam Hussein diese Toleranz befahl. Er wollte keinen Staat, der von religiösen Gesetzen und den Imamen (Vorbetern) in den Moscheen beherrscht wurde, denn die Gesetze und das gesellschaftliche Zusammenleben im Irak bestimmte er als Diktator und sonst niemand. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Unter dem Diktator Saddam Hussein wurde jede offene Opposition gegen sein Regime gnadenlos brutal verfolgt und die Baath-Partei kontrollierte und bespitzelte deswegen auch jedes Haus und jedes noch so kleine Dorf. Wer sich aber nicht gegen den Diktator stellte, der konnte relativ unbehelligt ein selbstbestimmtes, individuelles Leben führen. Leider waren aber diese individuellen Freiheiten im öffentlichen Leben nur von kurzer Dauer. Im Verlauf der Kriege mit dem Iran und der USA gewann der Islam immer mehr an Einfluss, denn nur mit der Hilfe des islamischen Klerus konnte sich Saddam Hussein weiter uneingeschränkt an der Macht halten. Schon bald nach Kriegsbeginn wurde das Straßenbild immer mehr von schwarzen Tschador- und Burka-Trägerinnen geprägt und wer sich nicht, entsprechend den religiösen Bestimmungen der Imame, sittsam in der Öffentlichkeit benahm, dem drohten Peitschenhiebe und Prügelstrafen.
Was den Einfluss des Islams in Libyen betraf, so machte ich dort in etwa dieselben positiven Erfahrungen, wie anfangs im Irak. Gaddafi selbst war stark mit der beduinischen Tradition verbunden, die ebenfalls mehr auf individueller Selbstbestimmung basierte, als auf blinden religiösen Gehorsam. Gaddafi hatte deshalb seine eigenen philosophischen Vorstellungen, was die Regeln für das gesellschaftliche Zusammenleben betraf, die er den dritten Weg nannte. Er veröffentlichte sogar ein Buch darüber, das in den libyschen Schulen diskutiert wurde. Dass er keineswegs dem islamistischen Fundamentalismus verbunden war zeigte sich auch daran, dass er sich zu seinem Schutz eine große Privatarmee hielt, die ausschließlich aus Frauen bestand. Denen konnte ich nur neidvoll nachblicken, wenn sie in knappen, figurbetonten Uniformen und mit geschminkten, blassroten Schmollmund in ihren offenen Jeeps an mir vorbei brausten. In den vier Jahren Libyen konnte ich ohne Probleme oder Einschränkungen das gesamte Land bereisen und bin niemals bedroht worden.
Gaddafi gelang es eben immer wieder, die vielen unterschiedlichen Volksstämme und gesellschaftlichen Strömungen in seinem Land durch besondere Zuwendungen so zu steuern, dass sie sich im Allgemeinen friedlich verhielten. Das änderte sich aber grundlegend, als mit Hilfe der USA, Frankreich und England die Vorherrschaft Gaddafis beendet und er selbst getötet wurde. Was dann in Libyen folgte, war und ist bis heute ein blutiges Chaos, in dem jeder gegen jeden um regionale Vorherrschaften und für seine eigenen Vorteile kämpft. Inzwischen hat sich das IS-Kalifat auch in Libyen festgesetzt und erweitert dort immer mehr seinen Einflussbereich, bis hinein nach Tunesien.
Ich hatte mich schon von Beginn an bei meiner Arbeit im arabischen Raum sehr für die islamische Religion interessiert und deshalb immer wieder den Kontakt mit religiösen Muslimen gesucht. Ja, ich war zunächst so sehr von dem Islam angetan, dass ich auch bei meinen Reisen nach Ägypten (aufgrund von Einladungen ägyptischer Lehrer, die im Irak arbeiteten) sofort engeren Kontakt mit der Organisation der Muslimbruderschaft aufnahm und auch von ihnen wohlwollend aufgenommen wurde. Das Ziel der Muslimbrüder war und ist die Verbreitung fundamentalistischer islamischer Moralvorstellungen, die Durchführung wohltätiger Aktionen und der Aufbau sozialer Einrichtungen.
Für mich war das anscheinend friedvolle und geordnete, soziale Zusammenleben der Muslime schon fast eine Offenbarung, die ganz im Gegensatz zu den leidvollen Erfahrungen in meiner Jugendzeit stand. Aber je enger im Laufe der Monate und Jahre die Kontakte zu den religiösen oder einfach nur traditionsbewussten Muslimen und ihren Familien wurden, umso öfter musste ich meine positiven Erfahrungen bezüglich des Islams revidieren. Hatten im Irak die Söhne und vor allem die Frauen bei den gemäßigten Muslimen noch gewisse Freiheiten, so herrschten bei den religiösen und traditionsbewussten Muslimen familiäre Zustände, die durch ihren hierarchisch diktatorischen Aufbau, gegenseitiger Bespitzelung und Bestrafungen jeden noch so abgebrühten Stasi die Schamröte ins Gesicht getrieben hätte. Die Hierarchie der Ausübung familiärer Macht ist in etwa so: Großvater, Vater, erstgeborener Sohn und nachfolgende Söhne. Frauen haben in diesen Familien überhaupt nichts zu sagen, außer in der Küche und bei der Erziehung der Kinder bis zur Pubertät. Insbesondere wenn die Töchter im heiratsfähigen Alter sind, werden sie von ihren Brüdern tagtäglich mit Argusaugen überwacht und unterdrückt. Dass sich die Ehefrauen und Töchter nicht gegen diese absolute Bevormundung auflehnen, liegt wohl daran, dass sie zumeist keine anderen Familienstrukturen kennen und auch nicht zum selbstständigen Handeln erzogen wurden. Viele Frauen in diesen Familien sind zudem mit ihrem Los vollauf zufrieden, bietet es doch neben der finanziellen Absicherung auch einen umfassenden Schutz gegen jegliche Unbill und Bedrohung von außen. Aber wehe der Tochter, die versucht, die althergebrachten Familienstrukturen aufzubrechen, oder dem Sohn, der sich gegen den Vater auflehnt. Ich selbst habe miterleben müssen, wie radikal dann die Familienclans reagieren: Da werden Töchter weggesperrt und gezüchtigt, aufsässige Söhne angeschossen oder sogar abgestochen und Häuser verfeindeter Clans angezündet. Von wegen friedvolles Zusammenleben!
Insbesondere die Muslimbrüder sind da auch bei kleinsten Verfehlungen äußerst radikal. Bei einem hochgebildeten ägyptischen Muslimbruder musste ich einmal mit anhören, wie er seine Frau im Nebenraum züchtigte, nur weil sie in meiner Gegenwart einen engen Pullover trug. Als ich ihm deswegen Vorhaltungen machte, dass sein Verhalten barbarisch sei und ich ihm deswegen die Freundschaft aufkündige, antwortete er ziemlich barsch: „Du mit deiner westlich verkommenen Einstellung. Lies erst einmal den Koran, dann wird dir schnell klar werden, dass ich im Recht bin“.
Bis zu diesem Vorfall hatte ich keinen Grund, den Koran zu lesen, denn die Erläuterungen meiner muslimischen Freunde bezüglich der islamischen Religion und Regeln empfand ich immer als ausreichend. Dass aber in einem Buch Gottes explizit stehen soll, dass man seine eigene Frau nach Gutdünken verprügeln darf, konnte ich einfach nicht glauben.
Also begann ich kurz darauf im Irak damit, den Koran zu studieren. Zuerst mittels einer englischen Übersetzung, aber dann vor allem mit Hilfe einiger sehr gläubigen irakischen Lehrer. Die waren natürlich hocherfreut, dass ich mich jetzt ernsthaft mit dem Islam beschäftigte und übersetzten mir jeden Tag Suren und Verse aus dem arabischen Koran ins Englische und erläuterten sie mir sehr ausführlich. Diese Diskussionen waren für mich besonders wichtig, denn ich wollte vor allem die persönliche Meinung und Einstellung der gläubigen Muslime zu ganz bestimmten Suren und Versen des Korans erfahren. Also nicht die „gefilterte“ Meinung der Imame, sondern was der normale Muslim über den Koran und seinen Anweisungen denkt und in wie weit gläubige Muslime danach handeln. Deshalb habe ich bei meinen weiteren Reisen nach Ägypten immer wieder die Muslim-Bruderschaft kontaktiert, um auch mit ihnen die Suren des Korans zu diskutieren.
Eines gleich vorneweg: Durch die leidvollen Erfahrungen in meiner Jugend bin ich gegenüber jeglicher Unterdrückung individueller Freiheiten und der Verfolgung oder Knechtung von Menschen anderer Rasse oder mit anderen Weltanschauungen hoch sensibilisiert. Je eingehender ich mich aber mit den Suren des Korans beschäftigte, umso größer wurde meine Abneigung. Der Koran ist nicht wie die Bibel auf Toleranz, Barmherzigkeit und Liebe ausgerichtet (wie im Neuen Testament), sondern auf die totale Unterwerfung nach seinen Geboten und falls das nicht gelingt, auf die Vernichtung Andersdenkender. Und da gibt es zudem noch einen gravierenden Unterschied zwischen Koran und Bibel: Die Bestrafung wird in der Bibel durch Gott beim jüngsten Gericht vorgenommen, der Koran stachelt aber in den Suren fortlaufend den gläubigen Moslem auf, selbst die Bestrafung an den Unwilligen zu vollziehen. Niemals, aber auch niemals könnte ich deshalb nach den Regeln des Korans leben und mir wurde auch letztendlich klar, woher die Terroristen die ideologische Basis für ihre grauenvolle Taten beziehen.