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INSELURLAUB EINMAL ANDERS

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Sanft auf den Wellen schaukelnd, nähert sich das kleine Fährschiff, das ungefähr 140 Fahrgästen Platz bietet, heute aber, zusammen mit uns, nur etwa 20 Personen befördert, dem Hafen. Eigentlich handelt es sich nur um eine Mole, an der schon ein halbes Dutzend Segelboote festgemacht haben, mehr hätten auch kaum Platz, und eine kleine Bucht, in der die Boote der Fischer teils kieloben auf dem Strand liegen, teils im seichten Wasser verankert sind. Ein munteres Völkchen verlässt das Schiff: Eine Gruppe japanischer Studenten hält die Ankunft auf Video fest, ein anderer Trupp bewegt sich mit Angelausrüstung und großer Kühltasche zielstrebig auf die ergiebigen Fischgründe zu, wieder andere lassen die eindrucksvolle Szenerie der kleinsten bewohnten Mittelmeerinsel Spaniens auf sich einwirken, und lediglich ein junges Paar, bepackt mit großen Rucksäcken, will für längere Zeit hier Urlaub machen – auf der Isla Tabarca.

Ein Hort der Ruhe und Entspannung und der völlige Kontrast zu Mallorca, Ibiza & Co. Wir gehen durch ein altes Stadttor; ein staubiger Schotterweg führt zum bewohnten Teil der Insel, der ungefähr 100 Häuser umfasst. Asphaltstraßen sind hier unbekannt und werden auch nicht gebraucht, denn Autos gibt es hier nicht. Alle Ziele auf der nur 1 800 Meter langen und 400 Meter breiten Insel lassen sich bequem zu Fuß erreichen und für schwere Lasten benutzen die Inhaber der wenigen Restaurants und Läden einfach Sackkarren.

Die Straße ist gesäumt von ein- bis zweistöckigen, meist weißen, verwitterten Häusern und führt auf die Plaza Gran, den großen Platz – groß zwar – aber auch er ist nicht gepflastert, sondern lediglich eine Schotterfläche, dekoriert mit einigen Palmen und alten Zisternen, die aber nicht mehr genutzt werden und zugemauert sind. Nur wenige Menschen sind unterwegs, einige schlendern gemächlich mit ihren Einkäufen nach Hause, eine kleine Gruppe von Touristen flaniert über den Platz in Richtung Kirche. Ein Kellner bringt Feriengästen das Mittagessen auf durch Aluminiumfolie geschützten Tellern ins Haus.

Das Restaurant Casa Ramos am Rande des Platzes hat auch außerhalb der Saison geöffnet und bietet auf seiner Terrasse, neben anderen Gerichten, die Spezialität der Insel an: eine Caldero, einen Fischeintopf mit Gemüse, Reis und Kartoffeln, hier in einem einfachen Aluminiumtopf serviert, der in der Mitte des Tisches zur allgemeinen Bedienung steht. In der Nähe der Plaza Gran findet man auch das einzige Hotel der Insel. Im ehemaligen Gouverneurspalast, der Casa del Gobernador, bietet das gleichnamige Haus 14 Zimmer, nach modernstem Standard eingerichtet. Außerdem finden Reisende in beschaulichen Hostels oder auch bei Privatpersonen in den kleinen Stadthäusern Quartier.

Einige Schritte hinter dem Zentrum erreichen wir schon das Ende der Insel. Durch ein weiteres Stadttor können wir zur Festlandküste hinüberblicken und erkennen die dichte Bebauung – eilig an die Steilküste hingeklotzte Ansammlungen von Ferienhäusern, Shoppingcentern und Diskotheken. Wir erahnen das dortige hektische, laute Treiben und können umso mehr die Gemächlichkeit und Ruhe der Insel genießen. Lediglich in den Sommermonaten, von Juni bis September, wird diese Ruhe durch bis zu 3 000 Tagestouristen gestört, die aber den etwa 50 ständigen Einwohnern von Tabarca, neben dem Fischfang, das Auskommen sichern.

Hier am westlichen Ende der Insel sind noch Reste der historischen Stadtmauer erhalten, die im 18. Jahrhundert errichtet wurde, um berberische Piraten fernzuhalten. Zur gleichen Zeit wurden durch König Carlos III. genuesische Fischer mit ihren Familien auf Tabarca angesiedelt. Echte Tabarciner erkennt man auch heute noch an den italienisch klingenden Namen.


Das ehemalige Gefängnis von Tabarca ist von dichten Kaktushecken umgeben.


Abendlicher Andrang herrscht in den Bars und Cervecerías. Zum Plausch gibt es variantenreiche Tapas.

Auf der alten Befestigungsanlage erreichen wir, an der Kirche San Pedro y San Pablo vorbeigehend, wieder den Hafen, dem gegenüber, auf der anderen Inselseite, der kleine, steinige Strand der Insel liegt, hinter dem sich ein Naturreservat erstreckt.

Entlang der felsigen Küste führt ein Wanderweg, von dem aus wir Scharen von Seevögeln beobachten können, die der Küste vorgelagerte Felsformationen bevölkern. Die eigentümliche Vegetation aus geduckten stacheligen runden Büschen und Kakteenfeldern, erlaubt einen Blick über die gesamte Insel. Nur drei Gebäude befinden sich auf diesem Teil der Insel. Nahezu in der Mitte erhebt sich ein dreistöckiger massiver Klotz, ein ehemaliges Gefängnis. Nicht Missetäter der Insel, denn in dem Gebäude hätten leicht alle ihre Bewohner Platz, sondern Gefangene vom Festland wurden früher hierher gebracht. Etwas weiter steht ein gedrungener Leuchtturm, der nächtens den Schiffen zur Orientierung dient, und ganz an der äußersten einsamen Spitze, hinter einer weißen Mauer, versteckt sich der etwas öde wirkende Inselfriedhof.

Überall an den Ufern sieht man angeschwemmtes Seegras, das die Unterwasserwelt rund um die Insel dominiert, und einer Vielzahl von Meerestieren eine Heimat bietet. Geschützt wird die Unterwasserflora und -fauna durch einen Meerespark, der die eine Hälfte der Insel einnimmt, in dem Baden, Tauchen und Fischen verboten sind, während der andere Teil dem Naturliebhaber über und unter Wasser zur Verfügung steht.

Nach Umrundung der Insel landen wir unweigerlich wieder in dem kleinen Hafen, in dem nachmittags die Fähren durch ihre Sirenen die Tagesgäste ermahnen, sich wieder an Bord zu begeben. Nachdem die Schiffe abgelegt haben, kehrt wieder absolute Ruhe auf der Insel ein: Die Inselbewohner und die wenigen Gäste, die sich hier länger aufhalten, haben das Eiland wieder ganz für sich allein.

Die Magie des Südens

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