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ОглавлениеWissenswertes über das Thema Kita und Familie
Der Kindergarten im Wandel der Zeit
Von der Kinderbewahranstalt zum Kindergarten als pädagogische Konzeption
Wann entstand eigentlich der erste Kindergarten der Welt? Friedrich Wilhelm Fröbel war gewissermaßen der Erfinder dieser Einrichtung. Er gründete und eröffnete 1840 den so genannten ersten Kindergarten in Bad Blankenburg (Thüringen). Fröbel war ursprünglich Lehrer und Erzieher in seiner eigenen reformpädagogischen Schule in Thüringen. Er erkannte schnell, dass die geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes bereits im Alter zwischen 0-6 Jahren stattfindet. Zwar gab es damals schon Betreuungseinrichtungen für kleinere Kinder (sie hießen "Warteschulen", "Kleinkinderbewahranstalten" oder „Kleinkinderschulen"), doch ging es dort lediglich darum, Kinder in Abwesenheit ihrer Eltern zu betreuen. In von der Kirche getragenen Einrichtungen unterrichtete man die Kinder möglichst früh religiös. Fröbel aber wollte weder belehren noch verwahren. Er beobachtete, dass Kinder aus eigenem Antrieb und in ihrem individuellen Tempo lernen möchten. Erwachsene, also Pädagogen und Eltern, sollten verstehen, wie sie Kinder begleiten können, ohne sie anzuleiten oder übermäßig zu behüten und ihnen damit wichtige Selbsterfahrungen zu nehmen. Kinder lernen durch das Spiel. Deshalb sollte Kindern im Kindergarten in erster Linie ermöglicht werden zu spielen. Die Erwachsenen wurden angehalten, einen solchen Ort für das Kind zu schaffen.
Ich beschränke mich im nun Folgenden vor allem auf die Zeit während und nach dem Nationalsozialismus, um zu verdeutlichen, wie sehr all das, was Kindern in jeder Form von Einrichtung nahegebracht wurde, von Zeitgeist und Politik geprägt war.
„Zwischen 1933 bis 1945 stand der Kindergarten im Fokus der nationalsozialistischen Ideologie. Dabei war von besonderer Bedeutung die Erziehung zum typischen deutschen Jungen und Mädchen: „Wir wollen ein hartes Geschlecht heranziehen, das stark ist, zuverlässig, treu, gehorsam und anständig… Der kleine Junge wird einmal ein deutscher Soldat werden, das kleine Mädchen eine deutsche Mutter“. Während der nationalsozialistischen Diktatur wurde die Zahl der Kindergartenplätze in Deutschland mehr als verdoppelt (Versorgungsquote 1941:31 %). Nach dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft haben sich die pädagogischen Leitgedanken für den Kindergarten in Ost und West unterschiedlich gewandelt. In beiden deutschen Staaten entwickelte sich die vorschulische Institution immer mehr von einer Aufbewahrungsanstalt zu einer wichtigen Bildungseinrichtung, zu einer Stätte für Reifen und Lernen. Während in der Bundesrepublik Deutschland die Erziehung zu einer „freien Persönlichkeit“ wichtig war, stand für die Kindergärten in der DDR die „sozialistische Moral“ im Vordergrund:„Das Leben in der Gruppe soll von kollektiven Beziehungen gekennzeichnet sein. Die Erzieherin sichert durch Gestaltung des Lebens, dass sich die Kinder mit größerer Verantwortung und Selbständigkeit für die Einhaltung der Lebensordnung einsetzen und ihre Beziehungen mehr und mehr nach Normen der sozialistischen Moral gestalten lernen“. Der Kindergarten der DDR war Teil des allgemeinen Bildungs wesens, der mit anderen gesellschaftlichen Einrichtungen, wie Familie, Schule, Junge Pioniere, Volkspolizei etc. in enger Verbindung stand.“
Der Kindergarten als Bildungseinrichtung in der heutigen Zeit
Die Pädagogik der frühen Kindheit und der Kindergarten als klassischer Ort begleitender Erziehung stehen immer wieder im Fokus der öffentlichen Diskussion. Der Kindergarten als wichtige Institution im Bildungsgefüge hat das Interesse der Fachleute, der Politik und weite Kreise der Bevölkerung geweckt. Derzeit vollzieht sich der Wandel vom Kindergarten als pädagogische Einrichtung mit einem ausgeprägten Betreuungsauftrag hin zum Kindergarten als Bildungseinrichtung. Das deutsche Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat hierzu 1999 die weitreichende Nationale Qualitätsinitiative im System der Tageseinrichtungen für Kinder (oft mit NQI abgekürzt) ins Leben gerufen. Parallel dazu haben verschiedene deutsche Bundesländer Programme zur Verbesserung der Bildungsqualität entworfen. Initiativen wie beispielsweise PIK (Profis in Kindergärten) der Robert-Bosch-Stiftung streben eine Professionalisierung der Arbeit an.
Bildungspläne der deutschen Bundesländer
Im föderalen System Deutschlands haben die Bundesländer jeweils eigene Bildungspläne entwickelt, die Bildung in verschiedene Bereiche aufzugliedern, stets aber eine ganzheitliche Sicht von Bildung zu vertreten. Das Kind soll in seinen Anlagen und Entwicklungsstufen ganzheitlich individuell gefördert werden. Dabei stehen die Ressourcen und nicht die Defizite des einzelnen Kindes im Vordergrund. Der Orientierungsplan in Baden-Württemberg beispielsweise betont, dass Bildung nicht als schulische Ausbildung zu verstehen ist und Lerninhalte von der Grundschule nicht in die Kindertagesstätte verlagert werden sollen. Ziel des Orientierungsplanes ist es, die Kindertageseinrichtungen auf der Grundlage der neuesten Erkenntnisse der Kognitionsforschung als primäre Bildungseinrichtungen im Sinne einer ganzheitlichen Förderung auszubauen. Die Kinder sollen ihren individuellen Begabungen entsprechend gefördert und Defizite rechtzeitig erkannt werden. Schwerpunkte liegen in den sogenannten Bildungs- und Entwicklungsfeldern. Hierzu gehören die Bereiche Körper, Sinne, Sprache, Denken, Gefühl und Mitgefühl, sowie Sinn, Werte und Religion. Es wird deutlich, wie sehr sich der Kindergarten seiner Zeit angepasst hat – anpassen musste. Und ganz sicher blicken all Diejenigen, die sich mit der Geschichte des Kindergartens bereits intensiver auseinandergesetzt haben (oder vielleicht auch einfach nur an ihre eigene Kindheit denken) mit gemischten Gefühlen auf eine Zeit zurück, in der alles noch so anders war als heute.
Eltern hätten gerne die Wahl zwischen den vielen unterschiedlich geführten Einrichtungen. Sie möchten ihr Kind in einem Kindergarten unterbringen, mit dem sie sich voll und ganz identifizieren können. Leider sieht die Realität anders aus. Kriterien für eine Anmeldung sind nicht etwa der pädagogische Ansatz, das Bauchgefühl beim Betreten der Räumlichkeiten oder, ob einem das Personal sympathisch und kompetent erscheint. Maßgebend sind die Ortsnähe, der Kostenfaktor und vor allem die Verfügbarkeit eines Platzes. So sind Eltern oft gezwungen, ihr Kind dort abzugeben, wo sie es eigentlich gar nicht unterbringen wollen. Das alleine birgt ein hohes Konfliktpotential. Dieses Gefühl der Ohnmacht, die Unsicherheit, ob man sich wirklich im Sinne des Kindes entschieden hat, die Ungewissheit, ob es ihm dort, wo es sich oft mindestens sieben Stunden am Tag aufhält, auch wirklich gut geht, ist wahrscheinlich ein Grund, warum Sie dieses Buch in Händen halten.
Ausbildung früher und heute
Ab dem 17. Jahrhundert existierte der Beruf der „Gouvernante“. Diese war meist eine Tochter aus gebildetem Hause, die ihr erworbenes Wissen an Kinder weitergeben sollte. Sie arbeitete bei den jeweiligen Familien. Es entwickelte sich nach und nach der Beruf der Kinderbetreuerin, die Kinder verschiedener Familien in Einrichtungen außerhalb ihres Elternhauses betreute. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war die privat engagierte Kinderbetreuerin oft eher eine „Lehrerin“ für die gehobene Gesellschaftsschicht. Parallel dazu entstand der Beruf der „Kindergärtnerin“, der ab 1836 sogar eine spezielle Ausbildung im Vorfeld forderte.
„…Die Zugangsvoraussetzungen zur Aufnahme in die Kindergärtnerinnenausbildung waren im Allgemeinen Folgende: ein ständig neu bestimmtes Mindestalter, eine hohe Schulbildung - beispielsweise ein Abschlusszeugnis einer höheren Mädchenschule -, ein Lebenslauf, ein Attest über den gesundheitlichen Zustand und die Gesangsfähigkeit sowie die Bezahlung von Schulgeld. Die Ausbildung zur Kindergärtnerin dauerte ein Jahr und beinhaltete theoretische sowie praxisbezogene Unterrichtsfächer, wie Pädagogik, Menschenkunde, Religion, Geschichte, Fremdsprachen, Zeichnen und Singen. Um die Kindergärtnerinnen außerdem in ihrer Berufstätigkeit durch Bildungsveranstaltungen unterstützen zu können, wurden zahlreiche Seminare und Fortbildungskurse angeboten. Durch den Besuch weiterführender Seminare haben sich auch Lehrer und Lehrerinnen für den Beruf der Kindergärtnerin qualifiziert. Den Berufseinstieg fanden Kindergärtnerinnen nicht nur in der öffentlichen Kleinkinderziehung, sondern auch im privaten Haushalt bürgerlicher Familien.“ (Gisela M. Gary)
Ende der 1960er Jahre wurden sozialpädagogische Ausbildungsgänge gefordert. Um „Staatlich anerkannte Erzieherin“ zu werden, brauchte man einen mittleren Reifeabschluss, mindestens eine einjährige Berufserfahrung und eine dreijährige Ausbildung, die aufgeteilt war in zwei Jahre Theorie und ein Jahr Praxis. Das ist bis heute so geblieben. Seit den 1970er-Jahren ist der geforderte Schulabschluss vor Beginn der Ausbildung deutlich niedriger als früher. Manche Bundesländer spielen sogar mit dem Gedanken, die Ausbildungsdauer noch mehr zu verkürzen, um den Beruf an sich attraktiver zu machen und schneller Erzieherinnen auf den Markt zu bringen. Man kann ganz offen sagen, dass es gerade deshalb in vielen Einrichtungen an geistigem Niveau mangelt. Der Grund dafür ist, dass das Personal zwar meist fachlich ausgebildet wurde, aber im Normalfall intellektuell auf dem Stand eines Haupt- oder Realschülers stehengeblieben ist.
„Um ein siebenjähriges Kind zu erziehen und zu bilden, wird heute vom pädagogischen Personal ein Universitätsabschluss mit anschließendem Referendariat verlangt. Für die Erziehung und Bildung eines sechsjährigen Kindes aber reichen ein Realschulabschluss und eine anschließende dreijährige Ausbildung, wovon ein Jahr manchmal sogar noch ein weitgehend unbegleitetes Praktikum ist. Soll der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten ernst genommen werden, scheint es dringend notwendig, die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher zumindest auf Fachhochschulniveau anzuheben.“ (Helga Ostendorf)
Die Berufserfahrung täuscht zwar über Vieles hinweg, aber beim Auswählen von Spielen, Projekten, Literatur, Liedern oder alleine im Kommunikations- und Erziehungsverhalten mit dem Kind erkennt man deutliche Defizite. Auch andere Bereiche leiden unter all diesen fehlenden Kompetenzen. Wir stellen schlicht und ergreifend häufig eine geistige und emotionale Überforderung in diesem Berufsfeld fest. Das Bildungsniveau der Erzieherin hat aber einen deutlichen Einfluss auf die Qualität der Arbeit mit Kindern, wobei dieses nicht alleine ausschlaggebend ist. Ich möchte betonen, dass natürlich auch Fachkräfte, die weder Abitur noch einen Hochschulabschluss besitzen, durchaus Herzenswärme, Stressresistenz, Ausdauer und Leidenschaft mitbringen. Wenn es aber um das Thema Bildung und Wissensvermittlung geht, so zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen regulär ausgebildeten Kräften und Hochschulabsolventen.
In Schweden und Frankreich, auch in anderen Ländern, wird daher, ähnlich wie für LehrerInnen, ein 5-jähriges Hochschulstudium gefordert, um mit Kindern arbeiten zu dürfen. Das hat vor allem damit zu tun, dass man sich in diesen Ländern sehr auf den Vorschulbereich konzentriert, der im Allgemeinen dort bereits ab dem 4. Lebensjahr beginnt. Übrigens: In vielen Ländern verdienen Erziehende und Grundschullehrkräfte nahezu Dasselbe und das Ansehen in der Bevölkerung ist entsprechend hoch. So sehen die Ausbildungsdauer und das Ausbildungsniveau in europäischen Ländern aus:
Frankreich: | 5-jähriges Studium |
Italien: | 5-jähriges Studium |
Schweden: | 5-jähriges Studium |
Deutschland: | 2- oder 3-jährige Ausbildung |
Großbritannien: | 1-jährige Berufsfachschule |
Studierte Sonderpädagogen am Wickeltisch?
In den meisten deutschen Kindergärten arbeiten KinderpflegerInnen, HeilerziehungspflegerInnen, ErzieherInnen, studierte Sozial- und HeilpädagogInnen, Ergänzungskräfte und Praktikanten in ein und derselben Gruppe. Leider sind bei der Betreuung der Kinder oft „alle gleich“. Die Kinderpflegerin übernimmt manchmal dieselben Aufgaben wie die Erzieherin, bekommt aber deutlich weniger Gehalt und hat, zumindest theoretisch, auch nicht dieselben Rechte. Studierte HeilpädagogInnen stehen genauso oft am Wickeltisch wie alle anderen auch und die Erzieherin leitet spezielle Angebote, die besser von einer höher ausgebildeten Fachkraft abgedeckt würden. Es würde viel mehr Sinn machen, jeden ganz konkret in seinem Bereich einzusetzen. Und das möglichst ausschließlich. Die Heilpädagogin widmet sich mit speziellen Angeboten den Kindern, die besonderer Förderung und Betreuung bedürfen. Die Erzieherin ist zuständig für die Leitung der Gruppe, das Durchführen diverser einfacher Angebote, die Aufsicht der Kinder und für das Dokumentieren und Planen. Die Kinderpflegerinnen hingegen leiten keine Gruppe und keine Praktikanten an. Sie sind im Hygienebereich tätig und arbeiten den Kolleginnen zu. Ihre Ausbildungszeit ist die kürzeste, ihr Gehalt das niedrigste. Die Sozial-, Sonder- und Heilpädagoginnen sollten den Vorschulbereich abdecken (Sprache, Inklusion, Naturwissenschaften etc.) und ggf. zusammen mit der Leitung (nach Absprache mit dem restlichen Personal) spezielle Elterngespräche führen. Den musischen Bereich sollten nur Profis übernehmen, also Musiker und Künstler - im Idealfall Fachkräfte, die eine zusätzliche musikalische oder künstlerische Ausbildung genossen haben.
Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es eigentlich nicht sinnvoll ist, alle Fachkräfte in gleicher Weise einzusetzen. Wenn jeder seine festen Aufgaben hat, die seiner Kompetenz entsprechen, sind alle zufriedener und es herrscht zudem mehr Klarheit. Sicher ist es sehr schwierig, das alles in die Tat umzusetzen. Aber wenn jeder alles macht, kann keine Qualität entstehen. Wenn Sie eine neue Hüfte benötigen, lassen Sie ja auch nicht Ihren Dermatologen die OP durchführen, auch, wenn dieser sicher in vielen medizinischen Bereichen grundausgebildet wurde. Spezialist ist der Orthopäde als Facharzt, der in vielen Jahren seine Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat.
Welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte?
Aus Kostengründen wurde in den letzten Jahren der Ausbildungsstandard für Kita-Fachkräfte nach unten korrigiert. Mittlerweile dürfen in vielen Bundesländern Kitamitarbeiter Kindergruppen leiten, denen es vor noch nicht allzu langer Zeit verboten war:
• KinderpflegerInnen
• HeilerziehungspflegehelferInnen
• Kinderkrankenschwestern
• Auszubildende oder FsJ-ler (Freiwilliges soziales Jahr)
• Bufdis (Bundesfreiwilligendienst)
• EhrenamtlerInnen
• Aushilfskräfte
Wir bewegen uns damit in einer juristischen Grauzone, denn diese Personen sind für die Leitung einer Kindergruppe nicht ausgebildet worden und auch nicht vorgesehen. Aus gutem Grund. Es gibt nachweislich große Unterschiede in den einzelnen Qualifikationsbereichen. Genau deshalb unterscheiden sich hier auch die Besoldungsgruppen. Da es aber letztendlich den Kommunen und Trägern vor allem darum geht, Geld einzusparen, um die Menge des Personals hochschrauben zu können, befinden wir uns auf dem Wege der Quantitäts-, aber nicht der Qualitätssicherung! Das hat fatale Folgen, die in diesem Buch noch angesprochen werden.
Im Grunde genommen arbeiten in vielen Kitas und auch anderen Tageseinrichtungen Menschen mit Ihren Kindern, die eigentlich nicht fachlich ausgebildet wurden. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn es um die reine Organisation, Beaufsichtigung und Bespaßung der Kinder ginge. Aber ich spreche vom Bereich der pädagogischen Arbeit, der Förderung und Reifestandfeststellung, dem Umgang mit verhaltensauffälligen Kindern oder solchen, die eine spezielle Förderung benötigen. Auch geht es um die Gesprächsführung mit Eltern und Behörden, die von immenser Bedeutung ist. Gibt es für all diese Bereiche wirklich genug fachkompetentes Personal?
Was zeichnet eine gute pädagogische Fachkraft eigentlich aus?
Die einen sagen, die Fachkompetenz sei das Wichtigste. Die anderen sind der festen Überzeugung, emotionale und soziale Kompetenz stünden im Vordergrund. Keiner aber wagt es, beides gleichzeitig einzufordern. Denn genau das macht einen wirklich guten Pädagogen aus! Ein Mensch, der liebevoll, aber auch konsequent mit den Kindern umgeht, ist sicher eine sehr beliebte und gute Betreuungsperson. Aber gerade in der heutigen Zeit wird Fachkompetenz immer wichtiger. Natürlich spielt die Berufserfahrung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Keine Frage. Auch Zertifikate über mehrere Fortbildungen sind ein Zeichen von Kompetenzerweiterung. Seminare zu den Themen Inklusion, Kindeswohlgefährdung, Erste-Hilfe-Maßnahmen am Kleinkind, Sprachförderung, Sprachstandsfeststellung (z.B. „BASIK“), Konflikt-management, Umgang mit schwierigen Kindern und Eltern, Gesprächsführung und Hygieneschulung sind da nur ein kleiner Auszug. Und wenn man Kita-Leitung oder stellvertretende Leitung werden möchte, muss man im Personalsführungs- und Verwaltungsbereich ebenfalls Referenzen vorweisen können.
Nun kommt aber der springende Punkt. All diese Kompetenzen nutzen rein gar nichts, wenn diese Person keine Herzensbildung hat. Sie muss dem Kind Vorbild sein in Güte, Aufrichtigkeit, Konfliktfähigkeit, Frustrationstoleranz und Empathie. Sowohl ein gepflegter Sprachstil als auch der Tonfall, in dem man mit Menschen kommuniziert, sind fast noch wichtiger, als das Beherrschen der deutschen Sprache an sich.
Und jetzt fragen Sie sich einmal ganz kritisch, wie viele Kita-Angestellte sie kennengelernt haben, die diese ganzen Eigenschaften vereint in sich tragen. Ich selber habe in einigen Einrichtungen mit den unterschiedlichsten Personen gearbeitet, habe aber bedauerlicherweise nur ein „Entweder/Oder“ erlebt. Wie können wir erreichen, dass nur die Besten der Besten mit unseren Kindern zusammen sind? Oder gibt es sogar eine Möglichkeit, diese Bereiche aufzuteilen? Angenommen, es würden mehr Gelder in den Bereich Kita fließen, dann sähe meine persönliche Besetzung folgendermaßen aus:
Klares Abstecken der Fachkompetenzbereiche
Vorschule, Naturwissenschaften, Naturerfahrungen, Sprachförderung, Musik, Kunst, Sport, Inklusionsbetreuung bzw. Förderbedarf, Büroarbeiten, Personalführung – all das und viel mehr müsste von speziellen Fachkräften abgedeckt werden, sodass die Erzieherinnen für (An-)Leitung und Führung der Kinder(-gruppen) sowie Organisatorisches da sind, die Heilerziehungspflegerinnen und deren Helferinnen sich hauptsächlich um die Bedürfnisse der inklusiven Kinder und deren Integration in die Gruppe kümmern, die Kinderpflegerinnen für die körperliche/hygienische Seite und das Zuarbeiten, die Hilfskräfte als Ergänzung und die Praktikanten, um zu lernen und ihre Angebote unter Aufsicht durchzuführen. Für alles andere müssten entweder spezielle Kräfte fest angestellt oder von außen regelmäßig dazu geholt werden. Dies wiederum wäre ein idealer Job für Teilzeitkräfte, die ausschließlich für ihren Fachbereich stundenweise in eine oder auch mehrere Einrichtungen kämen. Die Bezahlung liefe über den Träger der Einrichtung (z.B. Übungsleiterpauschale, Honorarbasis oder Mini-/Midijob), sodass es letztendlich keine Rolle spielte, ob diese Fachkraft in einer oder mehreren Einrichtungen arbeitete. Ein Rotieren würde damit ermöglicht und vereinfachte bürokratische Vorgänge. Bei einer solchen Aufteilung fühlte sich keiner über- oder unterfordert, jeder hätte seinen speziell zugewiesenen Bereich und sein Aufgabengebiet. Alle Kinder kämen zu ihrem Recht und die Eltern wären beruhigt, was die Sicherstellung einer adäquaten Betreuung ihres Kindes beträfe. Doch diese Forderungen stehen immer noch im Konjunktiv… Ein weiterer Vorteil des Outsourcings bzw. der Spezialisierung der einzelnen Fachkräfte wäre, dass die Erzieherinnen nicht nur entlastet würden, sondern der Stresspegel sinkt. Es wäre wieder möglich, einfach mal „nur“ zu spielen, zu beobachten, vorzulesen, den Mal- und Basteltisch zu betreuen und nicht ständig alle Bereiche auf einmal abzudecken. Die Beaufsichtigung und Versorgung der Kinder stellt ohnehin schon eine große Herausforderung dar. Sich mit ihnen intensiv zu beschäftigen, ist an manchen Tagen schier unmöglich. Es muss uns doch klar sein, dass es undenkbar ist, alle Bereiche in der Kita durch beliebige Mitarbeiter qualitativ hochwertig abdecken zu können! Dann müssten sie in folgenden Bereichen gleichermaßen hoch kompetent und einsetzbar sein, was weder fachlich noch zeitlich grundsätzlich leistbar wäre:
• Organisation und Planung
• Beobachtung und Dokumentation
• Raumplanung
• Elterngespräche/Gesprächsführung
• Einstellungsgespräche
• Entwicklungsstandsfeststellung
• Datenerhebung
• Gruppenleitung
• Streitschlichtung/Konfliktmanagement
• Inklusion (Betreuung, Versorgung und Förderung beeinträchtigter Kinder)
• Sprachförderung/Vorlesen (Literacy)
• Theater/Lyrik
• Sport/Psychomotorik
• Entspannungsangebote
• Naturwissenschaften
• Kunst
• Musik
• Werken
• Naturerlebnis
• Hauswirtschaftlicher Bereich
• Kochen/Backen
• Vorschulförderung/-programm
• Festgestaltung
• didaktische Reihen
• Reinigung, Instandhaltung und Qualitätsüberwachung aller Einrichtungsgegenstände und Spielmaterialien
• Essensausgabe
• Küchenhygiene
• Hygiene am Kind
• Täglich anfallende Wäsche
• Stühle hochstellen, kehren und Müllentsorgung
• Sicherheitsüberwachung
Aber genau das wird mittlerweile von fast allen Angestellten in einer Kita gefordert. Egal, welchen Ausbildungsgrad sie besitzen, egal, wie hoch oder niedrig ihre Bezahlung ist. Da liegt die Ursache für eine große Unzufriedenheit im Team. Die Landesregierungen sollten sich darüber im Klaren sein, dass ihr Geld gut in eine Spezialisierung einzelner Mitarbeiter investiert wäre, denn es geht letztendlich um Qualitätssicherung und damit um eine hochwertige Betreuung der Kinder.
Das Thema „Ehrenamt“ spielt hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Eltern oder andere Außenstehende, die eine bestimmte Fachkompetenz besitzen, sollten unbedingt versuchen, sich mit einzubringen. Es gibt so viele Väter, Mütter oder sogar Großeltern, die Musiker, Förster, Naturwissenschaftler, Mechaniker, Schreiner, Künstler oder Lehrer sind. Selbst jemand, der in regelmäßigen Abständen mit ein paar Kindern backt, Marmelade kocht oder andere hauswirtschaftliche Tätigkeiten betreut, trägt genauso dazu bei, dass die Kinder ihren Horizont erweitern. Alle können helfen, den Qualitätsstandard der Einrichtung zu verbessern. Aber in erster Linie fehlt es an klaren Bestimmungen, wer etwas im pädagogischen Bereich anbieten darf und wer nicht. Das war vor 25 Jahren noch klar geregelt und niemand hat sich darüber beschwert…
Zum Schluss dieses Kapitels möchte ich eine ehemalige Kollegin zitieren, deren Aussage für mich verdeutlicht, dass selbst eine pädagogische Ausbildung keine Garantie für eine wertvolle Arbeit mit Kindern ist. Ich wagte es einmal, nach mehrmaligen für mich auffälligen Verstößen gegen jegliche pädagogischen Grundregeln, ihre Vorgehensweisen vorsichtig infrage zu stellen. Und sie meinte ganz lapidar: „Das ist mir doch egal, was da andere denken. Ich mache das sowieso, wie ich das für richtig halte. Meine Mutter hat das auch so gemacht und ich fand das immer gut.“ Ich dachte nur: „Dann bist Du in einem Kindergarten mit genau dieser Einstellung komplett verkehrt am Platz!“ Und leider sind mir sehr viele solcher Kolleginnen und Kollegen mit einer derartigen Haltung begegnet …
Die Familie früher und heute
Der Familienwandel innerhalb der letzten 150 Jahre
Zunächst einmal müssen wir etwas klarstellen. Familien hatten früher nicht mehr und nicht weniger Kinder als heute. Und Frauen haben sich auch nicht deutlich mehr persönlich um ihre Kinder gekümmert als heute. Allerdings (und das erscheint mir sehr wichtig) hielten sich die Mütter, oft auch die Väter, in der Nähe ihrer Kinder auf und waren damit Ansprechpartner und Vorbild. Das lag daran, dass der Arbeitsplatz meist fußläufig erreichbar war oder es sich sogar um den heimischen Betrieb handelte: Der Bauernhof, die Schreinerei, die Metzgerei, die Bäckerei, der „Tante-Emma“-Laden oder die Wäscherei im Dorf.
Das Kind kam mittags aus dem Kindergarten oder der Schule nach Hause und war nicht allein. Oft wohnten auch Verwandte im selben Haus, zumindest aber um die Ecke. Und selbst, wenn die direkten Familienangehörigen nicht in unmittelbarer Nähe wohnten, fing das soziale Umfeld diese Kinder auf.
Nicht selten lebten Kinder sehr lange im Elternhaus, bis sie auf eigenen Füßen standen. Manchmal übernahmen sie mit ca. 30 Jahren den Betrieb der Eltern und arbeiteten davor so lange im elterlichen Betrieb mit. Nach der Hochzeit blieb diese Generation entweder im Haus der Eltern wohnen oder zumindest im selben Ort. Dadurch entstand eine enge Vernetzung aller Familien- und Dorfmitglieder, in denen sich Kinder geborgen und sicher fühlen konnten.
Im Vergleich zu damals hat sich die Fremdbetreuungs- und Schul-/Ausbildungszeit deutlich erhöht. Die Kinder sind viel mehr außer Haus. Eine Ursache dafür ist natürlich, dass häufig sowohl Vater als auch Mutter heutzutage berufstätig sind – und das mit teilweise großer Entfernung zum Wohnort. Zum anderen hat es viel mit Prestige und gesellschaftlichem Druck zu tun. Kinder müssen bestmöglich ausgebildet und gefördert werden, Frauen müssen berufstätig sein, um dem aktuellen Frauenbild zu entsprechen. Mütter, die sich ganz bewusst dazu entscheiden, ihr Kind relativ lange zu betreuen und auch danach zu Hause bleiben, haben es aus finanzieller und gesellschaftlicher Sicht sehr schwer und sind daher eher die Ausnahme geworden.
Heute werden viel mehr konfessionelle Mischehen geschlossen als früher. Somit haben kirchliche Feste und Traditionen kaum noch Platz im Alltag. Brauchtumspflege und gemeinsame Familienzeiten im eigenen Zuhause oder engeren Umfeld haben keinen hohen Stellenwert mehr. Kommerzielle Freizeit findet außerhäuslich statt. Kino, Indoor-Spielplätze, Freizeitparks und Kurse (Musik, Sport etc.) gehören mittlerweile zur Normalität, da die Arbeitszeiten der Eltern weniger und die Urlaubstage mehr geworden sind. So passiert es schnell, dass Kinder und auch Eltern vollkommen verplant sind. Echte „Frei“zeit gibt es eigentlich gar nicht mehr. Die Terminkalender sind voll und das führt oft zu Stress, denn die geplante Freizeit ist häufig nur mit Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Diese exakte Zeitplanung macht ein notwendiges Durchatmen äußerst schwer. So kommt es, dass Kinder auch keine Langeweile mehr kennen, Animationsprogramm fordern und nicht dazu in der Lage sind, eigene Spiele zu entwickeln, kreativ werden zu müssen oder nur in Ausnahmefällen für das „einfache“ Spielen zu begeistern sind.
Alleinerziehende Eltern
Besonders schwierig wird es, wenn Mütter oder Väter alleinerziehend sind und keine Unterstützung erhalten. Alleinerziehende Elternteile gab es übrigens auch früher.
„Geändert hat sich nur, dass die Ursachen nicht mehr im vorzeitigen Tod eines Elternteils liegen, sondern in der hohen Scheidungsrate: Beispielsweise stieg in Bayern die Zahl der Scheidungen auf je 1.000 Eheschließungen von 6 in den Jahren 1936/40 auf 274 im Jahr 1986. Viele Kindergartenkinder sind von der Scheidung ihrer Eltern betroffen, da sich diese zumeist in den ersten Ehejahren trennen. Hier müssen wir bedenken, dass es Kindern in der Regel schwerer fällt, das Auseinanderbrechen ihrer Familie zu verarbeiten, als den Tod eines Elternteils. Zum einen geht der Scheidung eine lange Phase der Konflikte und Entfremdung voraus, ist sie mit vielen Auseinandersetzungen verbunden. Dies belastet Eltern und Kinder, verschlechtert die Erziehungsleistung der Familie. Zum anderen existiert der nichtsorgeberechtigte Elternteil weiter, besteht die Gefahr der Fortsetzung von Konflikten und pathogenen Beziehungen. Auch das Leben in Stieffamilien wird oft hierdurch belastet. So ist eine andere Situation gegeben als bei Teil-oder Zweitfamilien in früheren Jahrhunderten.“
(Martin R. Textor)
Das Jahr 1986 liegt weit zurück, doch es wird deutlich, wie sehr bereits innerhalb von 50 Jahren die Scheidungsrate angestiegen ist. 2005 war sie am höchsten, seitdem ging sie wieder etwas zurück. Gründe dafür lassen sich nur erahnen, jedoch nicht eindeutig belegen. Zum einen hat sich der Status des Mannes als „Ernährer der Familie“ drastisch verändert. Die Frauen sind finanziell nicht mehr in dem Maße von ihren Männern abhängig wie früher. Eine Trennung bedeutet daher nicht immer automatisch Geldnot. Die Ehe hat sich vielmehr zu einem Statussymbol gewandelt, denn Eltern aus bildungsarmen Schichten sind oft gar nicht verheiratet, trennen sich schneller und gehen auch schneller wieder neue Beziehungen ein. Jemand, der sich heute zur Heirat entscheidet, hält, auch aus gesellschaftlichen Gründen, eher an ihr fest. Trotzdem wird nach wie vor immerhin jede dritte Ehe geschieden. Und all eine das erhöht den Bedarf an Tageseinrichtungen bzw. Fremdbetreuung enorm.
An dieser Stelle möchte ich all den alleinerziehenden Müttern und Vätern gegenüber meinen allergrößten Respekt zum Ausdruck bringen, die es schaffen, Beruf und Kind(-er) unter einen Hut zu bekommen. Diese familiäre Situation lässt einem keine Wahl. Der Nachwuchs muss relativ jung ganztags im Kindergarten untergebracht werden. Hier gibt es so gut wie keine Alternativen, es sei denn, man hat ein in der Nähe wohnendes Familienmitglied, das die Betreuung übernehmen kann. Doch die heutigen Großmütter und Tanten gehören bereits zu der Generation Frauen, die Vollzeit berufstätig sind und nachmittags nicht zur Verfügung stehen.
Generelle Betreuungsproblematik
Die Betreuungsproblematik ist so komplex, dass man kein pauschales Urteil über all die Familien fällen kann, die sich entscheiden, ihr Kind weit vor dem dritten Lebensjahr abzugeben und es sogar bis zum späten Nachmittag in der Einrichtung zu lassen, zumal der Staat genau diese Betreuungsform fördert. Letztendlich gibt es in meinen Augen aber nur drei Gründe für eine solche Entscheidung: Entweder ist der Mutter die berufliche Karriere wichtiger, als sich bis zum dritten Lebensjahr zu Hause um ihr Kind zu kümmern oder sie hat keine Lust, mit ihrem Kind zusammen zu sein oder sie hat aus finanziellen Gründen keine andere Möglichkeit.
Man hat letztendlich keine Wahl
Da das Kind als Erstes in der Familie Vertrauen erfährt und dort auch entwickelt, ist es besonders wichtig, dass die Gesellschaft die Eltern in ihrer Rolle als Förderer und Erzieher unterstützt. Dies tut sie in Deutschland und vielen anderen Ländern aber nicht. Im Gegenteil! Ich prangere an, dass man als Eltern heute im Grunde genommen keine echte Wahl mehr hat. Sei es der Arbeitgeber, der keine langen Auszeiten toleriert, die finanzielle Situation oder der gesellschaftliche Druck, der auf Müttern (und auch Vätern!) lastet. Am schlimmsten aber ist es, dass sogar die Eltern, die sich ganz bewusst entscheiden, ja, die ihr Leben so planen, dass sie ihr Kind die ersten drei Jahre zu Hause behalten wollen und können, letztendlich keine Möglichkeit haben, dies zu tun. Denn alle Kinder, die jünger als drei Jahre alt sind, bekommen bei der Anmeldung im Kindergarten den Vorrang. Warum? Weil sie der Einrichtung mehr Geld einbringen! Fakten, wie ein erforderlicher höherer Personalschlüssel, Mehraufwand in der Betreuungsintensität des einzelnen Kindes und extra geschaffene Areale mit entsprechendem Spielmaterial kosten Geld. Je jünger die Kinder sind, desto größer ist die Finanzspritze für die Einrichtung. Dies ist auch der Grund, warum immer mehr Kitas auf U2 umgerüstet haben. Ich empfinde dies als unhaltbar. Ich möchte nicht gezwungen sein, gegen meine ganz persönlichen Prinzipien zu verstoßen, nur weil der Staat berufstätige Eltern mehr unterstützt als die, die sich entscheiden, für eine längere Zeit zu Hause zu bleiben. Auch für dreijährige und ältere Kinder müssen ausreichend Plätze vorhanden sein. Genauso muss eine Wahlmöglichkeit bestehen zwischen einem Halbtags- oder Ganztagsplatz. Die Bedürfnisse einzelner Familien und vor allem die jedes einzelnen Kindes sind sehr unterschiedlich. Deshalb sollten diese individuellen Betreuungsmöglichkeiten angeboten werden. Von einem solchen Ziel sind wir seit der Jahrtausendwende bewusst abgerückt und nun wieder weit entfernt, weil momentan eher im Vordergrund steht, so viele Kinder wie möglich in Einrichtungen unterzubringen.
Der Gesellschaft wird vorgetäuscht, dass die Menge der neu geschaffenen U3-Kitaplätze für die Familien von Vorteil sei. Und genau hier wird wieder einmal deutlich, dass das Kind ein reiner Wirtschaftsfaktor ist und es nicht wirklich um sein eigenes Wohl und das seiner Familie geht.
Thema U3 - jeder sucht sich seine eigene Wahrheit
Zu Beginn dieses mir ganz besonders wichtigen Themas möchte ich Jesper Juul, den berühmten dänischen Familientherapeuten zitieren, der in seinem Buch „Wem gehören unsere Kinder“ schrieb:
„Kinderkrippen wurden geschaffen, um die Bedürfnisse von Familien zu erfüllen, in denen beide Elternteile arbeiten wollen oder müssen, und sie dienen zugleich dem wachsenden Bedarf der Gesellschaft und der Wirtschaft an Erwerbstätigen. Sie wurden nicht eingerichtet, um die Bedürfnisse der Kinder zu erfüllen.“ (Jesper Juul)
Immer sprechen wir von der „Schulreife“ und wie weit ein Kind geistig und körperlich entwickelt sein muss, um den Anforderungen der Schule gewachsen zu sein. Aber wie steht es eigentlich um die Kindergartenreife? Danach fragt heutzutage niemand. Wie im Kapitel „Die Familie früher und heute“ bereits erwähnt wurde, reißen sich die Kitas um die ganz Kleinen. Die Eltern, die ihre „Minis“ abgeben, gehen von einer vorbildlichen Betreuung aus, denn natürlich macht jede Tageseinrichtung Werbung für ihre Kompetenz im Umgang mit den Jüngsten. Dabei gibt es die U3-Betreuung in Westdeutschland noch gar nicht so lange im Vergleich zu anderen Ländern. Erst recht nicht das Betreuungsangebot für unter 2-Jährige. Die meisten Erzieherinnen, die vor dem Jahr 2000 ihre Ausbildung gemacht haben, wurden nicht auf dieses Aufgabengebiet vorbereitet, hatten also eigentlich von Anfang ihrer Berufstätigkeit an keinerlei Erfahrung im professionellen Umgang mit Wickelkindern und haben sich erst später damit mehr oder weniger auseinandersetzen müssen. Die Kindergärten haben sich entsprechend nach und nach auf diese neue Betreuungsform eingestellt, sowohl von pädagogischer als auch von räumlicher Seite. Ganz sicher gibt es Kitas, die ihren Betreuungsauftrag sehr ernst nehmen und alles dafür tun, dass die unter Dreijährigen, so gut es irgend möglich ist, in allem gefördert und unterstützt werden. Doch in den meisten Kitas sieht die Realität sieht leider ganz anders aus…
Sorgfältige Recherche und meine eigene langjährige Erfahrung brachten mich zu der Erkenntnis, dass Kinder, die bereits vor dem dritten Lebensjahr in deutschen Einrichtungen „fremdbetreut“ werden, in den allermeisten Fällen eindeutig benachteiligt sind. Es ist nachgewiesen, dass es fast allen Kindern schadet, in einem Alter unter drei Jahren einen Kindergarten zu besuchen, auch wenn die meisten Eltern und Politiker in der heutigen Zeit von dieser Tatsache nichts hören wollen.
Hauptargument „Stress“
Messbar nachweisen kann man den Stresspegel der Kleinsten, deren Cortisolspiegel während ihres Aufenthalts in der Kita dramatisch erhöht ist. Viele Betreuer und Eltern glauben, dass sich das zunächst tagelang schreiende Kind ja im Lauf der Zeit früher oder später an die Situation gewöhnt und die Fremdbetreuung akzeptiert, weil es aufhört zu schreien. Das jedoch ist ein Irrtum. Kleinkinder resignieren schlicht und ergreifend, wenn sie merken, dass es für sie keine Möglichkeit gibt, aus einer ihnen unangenehmen Situation ausbrechen zu können. Diese Form der Resignation drückt sich oft auch in auffälliger Ruhe bis hin zur Emotionslosigkeit aus. Der Stresspegel bleibt jedoch konstant erhöht während des gesamten Kita-Aufenthalts. Auch das ist durch das Messen des Cortisolspiegels nachweisbar. Krippenkinder weisen in den ersten Wochen der Betreuung um 75 bis 100 Prozent höhere Cortisolwerte auf als zu Hause. Dieser Wert ist auch nach fünf Monaten noch um durchschnittlich ein Drittel erhöht.
Cortisol wirkt auf hohem Niveau neurotoxisch
Cortisol, das dauerhaft produziert wird, wirkt auf hohem Niveau neurotoxisch. Im Gehirn werden Verknüpfungen abgebaut. Dies hat einen negativen Einfluss auf die Gehirnentwicklung und kann neuronale Schäden nach sich ziehen. Die Folgen sind umso gravierender, je jünger die Kinder bei Stresserfahrungen sind. Es können sich eine gesteigerte Aggressivität, Hyperaktivität oder auch Ängstlichkeit entwickeln.
…„Heute ist bekannt, dass die neuronale Verschaltung im Gehirn unmittelbar mit der erfahrenen Sozialisation zusammenhängt, die in den ersten drei Lebensjahren stattfindet. Diese Strukturierung des Gehirns bestimmt später entscheidend, wie Beziehungen gesucht und gestaltet werden. Frühkindlicher Stress, der durch negative Bindungserfahrungen hervorgerufen wird, aktiviert im Gehirn dauerhaft ähnliche Schaltkreise wie Panikzustände und körperlicher Schmerz.“… „Andauernde Bindungsdefizite stellen die Basis für Psychopathologie beim Erwachsenen dar.“…
(Jürgen Wettig, Deutsches Ärzteblatt)
Bei Kindern, die wiederum gar kein Problem damit haben, in so jungen Jahren an fremde Personen abgegeben zu werden, sollte man deren Bindungsverhalten hinterfragen. Es ist nämlich weder normal noch wünschenswert, dass Kleinstkinder sich ohne Protest den Eltern „abnehmen“ lassen.
Nun könnte man meinen, dass es U3-Kindern, die eine feste Bezugsperson in der Kita haben, doch eigentlich gut gehen müsste. Leider ist das ein Irrtum, denn nicht nur das Fehlen einer festen Bezugsperson löst bei Kindern Stress aus, sondern vor allem die allgemeine Situation im Kindergarten. Außerdem möchte ich betonen, dass es der übliche Personalschlüssel in einer Kita gar nicht zulässt, dass ein U3-Kind dauerhaft eine feste Bezugsperson hat. Höchstens während der viel zu kurzen Eingewöhnungsphase, deren Dauer übrigens von der Einrichtung, aber nicht vom Bedürfnis des Kindes bestimmt wird.
So läuft es wirklich!
Ist es möglich, dass man U3-Kinder so wie zu Hause betreuen kann? Natürlich nicht. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase mit der Bezugsperson, muss sich diese nämlich direkt um die Eingewöhnung des nächsten Kindes kümmern. Und danach um die des dritten Kindes, während die ersten beiden schon mehr oder weniger zur Nebensache geworden sind und möglichst „mitlaufen“ sollen. Ich habe selber erlebt, wie eine an sich sehr ausgeglichene und warmherzige Kollegin den ganzen Tag hin und hergerissen war zwischen drei schreienden Babys, die getragen und getröstet werden wollten, nachdem die Trennung vom jeweiligen Elternteil schon ein Kraftakt war. Durch das ständige Heben und Tragen der Kleinen hatte sie in Kürze starke Rückenschmerzen und diese förderten nicht gerade ihre gute Laune. Wickeln, Füttern und in einem fremden Bettchen einschlafen waren weitere echte Herausforderungen. Denn der Alltag in einer Kita ist laut, hektisch und für Kinder dieses Alters - wie wir ja nun wissen - echter Stress. Die betreuende Erzieherin ging nach kurzer Zeit auf dem Zahnfleisch, war gereizt und erhob sehr häufig die Stimme gegen die Kleinen. Im schlimmsten Fall führt diese tägliche körperliche und psychische Anspannung zu krankheitsbedingten Ausfällen (Burnout). Dann kümmern sich die anderen Kolleginnen zusätzlich um diese Kinder und haben noch mehr Stress. Mal ganz abgesehen von den regulären Urlaubstagen des Personals. Und noch eine kurze Anmerkung: Es stellt in Deutschland eher eine Ausnahme dar, dass auf eine U3-Fachkraft drei Kleinstkinder kommen. Es sind im Normalfall vier bis fünf!
Aber in Schweden klappt das doch auch - oder?
Es gibt einen gravierenden Unterschied im Vergleich zur U-3-Betreuung in Deutschland zu der in Schweden, dessen vorbildliche Familien- und Bildungspolitik ja so gerne in Deutschland als Argument herangezogen wird, um eine frühe Abgabe des Kindes zu rechtfertigen. Ich möchte versuchen, diesen Unterschied einmal näher zu erläutern. An erster Stelle stehen der Betreuungsschlüssel und die Qualifikation der U3-Fachkräfte. Sowohl eine stetige Bezugsperson als auch der adäquate Umgang mit Kleinstkindern müssen garantiert sein, damit ein derart junges Kind sich im Alltag einer Kita zurechtfinden kann. Eine sehr kleine Gruppenstärke, das individuelle Eingehen auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder und ein hoher Grad an Flexibilität sind Grundvoraussetzungen, damit man einigermaßen sicher sein kann, dass es dem Nachwuchs dort gut geht. Dafür braucht man in erster Linie speziell ausgebildete U3-Fachkräfte und Geld. Viel Geld.
Woher kommt das Geld für die hochwertige Betreuung in Schweden?
Ganz einfach. Die Bewohner Schwedens zahlen deutlich höhere Steuern als wir in Deutschland. So sind beide Elternteile dort noch viel eher gezwungen, arbeiten gehen zu müssen und haben bei weitem nicht die Wahlfreiheit, die so manche deutschen Eltern vielleicht hätten. Auch der gesellschaftliche Druck, der dort auf den Müttern lastet, ist enorm hoch. Ähnlich wie in Deutschland, erwartet man von einer jungen, modernen Frau, dass sie so schnell wie möglich wieder ins Berufsleben einzusteigen hat. Schweden begegnet den Familien mit vielen Freiheiten und 60 Tagen Lohnfortzahlung (80% des Gehalts) im Jahr für Ausfälle, die durch kranke Kinder bedingt sind. In meinen Kapiteln „Mein Kind ist krank - was nun?“ und „Was der Staat tun muss“ gehe ich näher darauf ein, warum genau das so wichtig ist. Man gewinnt trotzdem den Eindruck, dass diese vorbildliche Familienpolitik und die hochgradige Qualität der Betreuung eher dem Staat dienlich ist als den Kindern! Schweden und auch andere Länder zwingen mit dem Argument der perfekten Familienpolitik Mann und Frau gleichermaßen zur Berufstätigkeit und damit zur ganztägigen Abgabe des Kindes. Mit Freiheit hat das in meinen Augen nichts zu tun - und erst recht nicht mit Emanzipation!
Qualität der anderen europäischen Kitas im U3-Bereich
Erziehung und Förderung beginnt nicht erst ab dem Vorschulalter, sondern von Geburt an. Die ersten drei Lebensjahre sind, entgegen manch landläufiger Meinung, besonders wichtig für die spätere Entwicklung des Kindes. Deshalb werden z.B. in Skandinavien oder Frankreich, prozentual gesehen, viel mehr akademisch ausgebildete Pädagogen speziell für die Kinder unter drei Jahren in die Kitas geholt. Das heißt, die Qualität der Betreuung und Förderung ist dort viel hochwertiger als in Deutschland. Außerdem unterscheidet sich der Personalschlüssel deutlich. Auf vier Kinder kommt in Skandinavien und Frankreich im Schnitt eine Betreuungskraft, d.h. im U-3-Bereich kommen deutlich weniger Kinder auf eine betreuende Person, im Ü-3-Breich etwas mehr. In den deutschen Bundesländern variiert der Personalschlüssel gewaltig. Ohne Zweifel sind dieser Personalschlüssel und auch die fachliche Kompetenz hier bedeutend schlechter als in manch anderen europäischen Ländern. Neben Mama und Papa sollten kleine Kinder möglichst wenige und konstante Bezugspersonen haben. Dies hat, wie Sie sich schon denken können, etwas mit Urvertrauen und Bindung zu tun, die enorm wichtig für die emotionale und soziale Entwicklung des Kindes sind. Ich war und bin nach wie vor ein großer Verfechter des Kindergartenalters ab dem dritten Lebensjahr. Da es aber in vielen Familien aus diversen Gründen nicht anders geht, als das Kind schon sehr früh abgeben zu müssen oder weil es schlicht und ergreifend eine Menge Elternteile gibt, die auf ihre Karriere und einen gewissen Lebensstandard nicht verzichten wollen, möchte ich auf etwas Wichtiges hinweisen.
Man bekommt als Eltern, die sich gegen die U3-Betreuung entscheiden, immer wieder das Gefühl vermittelt, man sei unmodern und viel zu sehr in Sorge um das Wohl des Kindes, das doch lernen müsse, sich anzupassen. Damit könne man ja nicht früh genug anfangen. Man sähe doch an den vielen älteren Kindern, dass ihnen das nicht geschadet habe. Doch die langfristigen Auswirkungen dieser viel zu frühen Fremdbetreuung zeigen sich erst später.
Quantität statt Qualität in Deutschland
Bedenken, dass Kinder unter drei Jahren in Deutschland im Kindergarten gut aufgehoben sind, sind berechtigt. Es stimmt. Je mehr U-3-Kinder in einer Kita aufgenommen werden, desto höher ist der Personalschlüssel. Dieser Personalschlüssel wird aber oft für alles andere genutzt, als für eine höherwertige Betreuung der Kleinsten. Ab und an gibt es besondere Angebote für die „Minis“. Man möchte ja den Eltern auch etwas vorweisen. Entspannungsmusik, Fingerspiele etc. All das steht brav auf dem Wochenplan der Einrichtung. Aber meistens geht es nur um eine reine Beaufsichtigung. Dem Kind darf nichts in erster Linie nichts passieren und es muss mit Windeln, Essen und Trinken versorgt sein. So ganz nebenbei müssen die Kinder dazu genötigt werden, irgendwie gleichzeitig in den Mittagsschlaf hineinzufinden (denn auf persönliche Schlafens- und Esszeiten kann man in einem Kindergarten meist keine Rücksicht nehmen). Das alles ist schon kraftraubend genug! Denken Sie einmal darüber nach, was es bedeutet, nur ein einziges Kleinkind zu betreuen. Und dann malen Sie sich bitte aus, wie das mit mehreren Kindern in diesem Alter und erst recht, wie es mit mehreren Säuglingen läuft! Und dann sollen die Kleinen auch noch stets die Möglichkeit haben, sowohl ihre motorischen als auch kognitiven Fähigkeiten auszubauen? Zusätzlich wird dies alles protokolliert und ein persönliches Portfolio angelegt. Bei all dem hat sich die Bezugsperson, die aus vielen Gründen auch mal fehlen könnte, genauso ausgeglichen und liebevoll um Ihr Kind kümmern, wie gute Eltern zu Hause?
Echte Bedürfnisse von unter Dreijährigen
Wenn eine Fachkraft die Signale des Kindes versteht, wenn sie empfindet, was das Kind auszudrücken versucht, wenn sie sich der aktuellen Welt des Kindes anpassen und auf das Kind empathisch reagieren kann, dann ist es eine gute Betreuerin. Sie muss jedes einzelne Kind als ein vollwertiges menschliches Wesen mit eigenen Absichten anerkennen. Kinder warten stets auf eine Reaktion ihres Gegenübers. Durch diese Interaktion entwickeln sie dann Kompetenzen und ein eigenes Ich. Doch genau während der ersten drei Monate in Tageseinrichtungen werden sehr häufig die Absichten von Kindern vernachlässigt oder nicht berücksichtigt, leider auch über deutlich längere Zeiträume.
Die Gelehrten streiten sich heftig darüber, was Kleinkinder für eine gesunde Entwicklung wirklich brauchen. Ich persönlich habe das Gefühl, man dreht und wendet die Tatsachen so, wie Mütter, Väter oder Politiker sie am besten brauchen. Vor allem aber geht es darum, Wähler für die nächste Bundestags- oder Kommunalwahl zu gewinnen!
Bis in die 90-er Jahre war der Fall doch ganz klar. Warum hat man sein Kind erst mit drei Jahren im Kindergarten abgegeben? Weil es unter drei Jahren eigentlich gar nicht dazu in der Lage ist, einen Kindergartenalltag auszuhalten. Kleine Kinder brauchen kontinuierlich eine Bezugsperson, der sie vertrauen können, die sich mit ihnen beschäftigt, die mit ihnen spricht, singt und spielt, die sie auf den Schoß nimmt, wenn es ihnen nicht gut geht oder wenn sie einfach das Bedürfnis nach Nähe und Ruhe haben. Hier geht es um Urvertrauen, Bindung und um emotionale Sicherheit. Natürlich lassen Kleinstkinder auch die Nähe von anderen Personen zu. Aber nur, solange es ihnen gut geht. Genau dann, wenn sie sich wehgetan haben, krank oder traurig sind oder wenn sie sich einfach in einer emotionalen Notlage befinden, brauchen sie Mama oder Papa. Aber die sind im Kindergarten nicht anwesend. Kleine Kinder müssen auch einfach mal zur Ruhe kommen dürfen, wenn sie müde werden. Sich einfach mal zurückziehen können. Doch genau das ist im Kindergartenalltag nicht möglich. Hier entscheiden das Personal, der Tagesplan, die Uhrzeit und die personelle Situation, was dem Kind zugemutet wird.
Die Tatsache, dass Kleinkinder morgens in den allermeisten Fällen nur äußerst ungern von ihrer Mama oder ihrem Papa getrennt werden und oft am Tag nach ihnen rufen, weinen und sich manchmal kaum beruhigen lassen, ist eigentlich schon Beweis genug dafür, dass sie nicht diese erforderliche Reife besitzen, über mehrere Stunden an fremde Menschen abgegeben zu werden. Viel zu viel passiert dort um sie herum, viel zu viel Lautstärke, viel zu viele Eindrücke - und sie müssen viel zu viele fremde Menschen notgedrungen aushalten. Auf ihre ganz individuellen Bedürfnisse kann man überhaupt nicht eingehen. Kleine Kinder haben unterschiedliche Schlafrhythmen. Ich habe es erlebt, dass unmittelbar neben dem Schlafraum, in dem die Babys zur Ruhe kommen sollten und den sie anfangs als fremd und unangenehm empfanden, laut gespielt wurde. Das ließ sich noch nicht einmal verhindern, denn der Gruppenraum grenzte direkt an diesen Schlafraum und man kann von älteren Kindergartenkindern nicht fordern, permanent leise zu sein. Es sind eben Kinder, die einfach nur spielen wollen. Sie können nicht eine Stunde lang „Rücksicht nehmen“ und ihren natürlichen Spiel- und Bewegungsdrang unterdrücken! Und sie sollen es auch nicht müssen. Trotzdem wurden sie andauernd darauf hingewiesen und teilweise gemaßregelt und bestraft, obwohl sie eigentlich gar nichts Schlimmes getan haben.
Was der Staat sich anmaßt
Rainer Stadler trifft es wunderbar in seinem Buch „Vater, Mutter, Staat“ mit einer seiner Überschriften zu diesem Thema: „Diskriminierung unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit“. Glaubt ein Staat, der die Menschen kurz nach der Geburt ihres Kindes direkt zur Arbeit „zwingt“, tatsächlich, er sei der bessere Erzieher und dass nur er ein Kind adäquat fördern und perfekt betreuen könne? Darf er die Kinder den Familien entreißen, die sich eigentlich in den meisten Fällen während der ersten drei Jahre viel besser um deren Wohl kümmern würden? Politiker suggerieren der Frau, sie sei nicht in der modernen Welt angekommen, wenn sie sich ganz bewusst dazu entscheidet, zunächst zu Hause zu bleiben. Und fast alle Frauen haben diese Haltung unreflektiert übernommen. Es ist nicht rückschrittlich, sich um sein eigenes Kind kümmern zu wollen - es ist natürlich und es ist richtig! Was in aller Welt wird uns da eingeredet? Und warum bewundern wir eine Staatsform, die zwar augenscheinlich eine hervorragende Familienpolitik vorzuweisen hat, die aber letztendlich aus rein wirtschaftlichem Interesse handelt?
Verdrängen wir, wie sensibel eine Kinderseele ist?
Ich weiß. Spätestens jetzt werden ganz viele Mütter, Väter und Betreuende rebellieren. Es ist doch angeblich wissenschaftlich nachgewiesen, dass es sogar sehr förderlich für Kleinkinder sei, in altersgemischten Gruppen aufzuwachsen. Sie würden sich viel von den Älteren abschauen, würden sich schneller entwickeln. Das mag in einigen Bereichen durchaus stimmen. Aber ich erwähnte ja bereits den zu geringen Personalschlüssel und die leider auch oft fehlende Kompetenz der Betreuenden. Was passiert also in den Momenten, in denen die Minis emotional aufgefangen werden müssen? Viel zu oft habe ich erlebt, dass Kolleginnen in solchen Situationen sagen: „Ach, da muss sie/er jetzt durch. Ich kann mich wirklich nicht andauernd um dieses Kind kümmern. Ich habe Wichtigeres zu tun. Das Geheule geht mir langsam echt auf den Nerv. Hier müssen mal andere Seiten aufgezogen werden!“ Solche Aussagen habe ich tatsächlich regelmäßig gehört und sie beweisen, dass in Kitas Menschen arbeiten, die nicht verstehen, welche Verantwortung sie tragen.
Ich erinnere mich an eine Situation, die mich bis heute verfolgt. Ein zweijähriger Junge, der nicht deutscher Herkunft war und so gut wie kein Wort Deutsch sprach, besuchte seit kurzem unsere Einrichtung. Er suchte sehr oft die Nähe von uns Erzieherinnen und auch die des Praktikanten, was mir als absolut logisch erschien. Denn man braucht sich doch nur in die Situation dieses Jungen hinein zu versetzen, der nicht nur sehr klein war, sondern auch nichts von dem verstand, was um ihn herum gesprochen wurde. Nach ein paar Wochen meinte eine Kollegin, sie müsse ihm nun abgewöhnen, immer auf den Schoß irgendwelcher Erwachsenen klettern zu wollen. Das sei alles Anstellerei. Der Junge verstand die Welt nicht mehr, als man ihn nun plötzlich daran hinderte, Geborgenheit und Sicherheit zu suchen. Er weinte und konnte weder aufgrund seines Alters noch seiner fehlenden Sprachkenntnisse begreifen, was man ihm da antat. Er schrie und streckte seine Ärmchen nach den wenigen Personen aus, denen er vertraute, doch diese wurden in barschem Ton darauf hingewiesen, dass sie sich daran zu halten hätten, was beschlossen wurde. Ich merkte an, dass ich das nicht in Ordnung fände (aus besagten Gründen) und machte mich damit extrem unbeliebt bei den Kolleginnen. Sehr oft musste ich ein solches „erzieherisches“ Verhalten erleben, bei dem die fehlenden fachlichen Kenntnisse, die Unlust oder der Zeitmangel mehr wogen als die Herzenswärme.
Ich habe es sogar erlebt, dass die ganz Kleinen einfach im Außenbereich in ihrem Kinderwagen festgeschnallt wurden, damit sie eine Weile „aus dem Weg“ waren.
Es ist wie es ist. Unter Dreijährige werden meistens einfach nur durch den Kindergartenalltag hindurch geschleust - ungeachtet ihrer echten Bedürfnisse. Seien Sie sicher, dass das Fachpersonal sich in Gegenwart anwesender Eltern immer nur von seiner besten Seite zeigt. Wenn Sie also Ihr unter dreijähriges Kind in einem Kindergarten abgeben, dann sollten sie nie davon ausgehen, dass es dort die Förderung und Zuwendung bekommt, die man ihm in privater Umgebung angedeihen lassen könnte. Es wird verwahrt, beaufsichtigt, hier und da wird mal ein Liedchen gesungen oder mit Farben und Materialien experimentiert. Aber Eltern können von niemandem ersetzt werden - erst recht nicht von einem überforderten Personal.
Ich entschuldige mich bei all den Kolleginnen und Kollegen, die, trotz aller widriger Umstände, eine hervorragende Arbeit in der Betreuung der U3-Kinder leisten. Ich bitte aber alle Eltern inständig, sich gut zu überlegen, ob sie ihr Kind wirklich derart früh abgeben müssen, auch, wenn sie aus irgendeinem Grund unter Druck stehen. Es gibt durchaus genug Entwicklungspsychologen, die sagen, dass das Kind unter drei Jahren nicht reif für den Kindergarten ist. Und ich teile diese Meinung - vor allem deshalb, weil ich mit eigenen Augen immer wieder gesehen habe, wie sehr die allermeisten Kinder in diesem Alter leiden. Und wer weiß, wie vielen Kindern man es einfach nur nicht anmerkt…
Gründliche Prüfung der Einrichtung nötig
Sie wollen oder müssen Ihr Kind unbedingt abgeben? Bitte überprüfen Sie im Vorfeld folgende Aspekte:
• Sehen Sie Ihr Kind dazu in der Lage, mehrere Stunden einen Kindergartenalltag mit viel Lautstärke und einer Masse an Menschen und Eindrücken auszuhalten?
• Kann es sich ohne Probleme von Ihnen trennen?
• Empfinden Sie die betreuende Erzieherin als kompetent und herzenswarm?
• Wie sind der Personalschlüssel und die Gruppenstärke?
• Ist vor Ort garantiert, dass man auf die speziellen Bedürfnisse, z.B. auch den Schlaf- und Essrhythmus Ihres Kindes, eingehen kann?
• Kann die Einrichtung auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten reagieren bzw. sehen Sie in dieser Einrichtung Ihre eigenen Vorstellungen von gesunder Ernährung vertreten?
• Wie geht man damit um, wenn Ihr Kind etwas nicht essen möchte? (Ein ganz heikles Thema!)
• Sind der Wickelraum/-tisch und der Schlafraum behaglich eingerichtet?
• Bekommt Ihr Kind die Möglichkeit, sich bei Bedarf zurückziehen zu können?
• Geht es auf die anderen Kinder und das Personal freudig zu?
• Kann es sich auch schon alleine beschäftigen?
• Schläft es in fremden Betten/Räumen ohne Probleme ein?
• Wie sieht es mit Gefahrenquellen aus? Sind Kleinteile, scharfe Gegenstände, Klebemittel oder Steckdosen in der Einrichtung für Ihr Kind erreichbar?
• Wie ist die hygienische Situation? Ihr Kind wird viel am Boden spielen!
Sicher fallen Ihnen selber noch eine Menge Punkte ein, die Sie sich im Vorfeld notieren sollten. Vielleicht konnte ich Sie ein wenig sensibilisieren. Bitte treffen Sie möglichst eine Entscheidung, mit der Ihr Kind leben kann und mit der vor allem Sie selber ohne schlechtes Gewissen leben können. Diese ersten Jahre kommen nie wieder zurück und prägen Ihr Kind nachhaltig. Sie können über seine Zukunft entscheiden.
Zum Schluss möchte ich eine liebe Freundin und Erzieherin mit jahrzehntelanger Erfahrung zitieren, die eine in meinen Augen ganz wichtige Anmerkung machte.
„Die fehlende Bindung zwischen Kind und Eltern rächt sich in der nächsten Generation, nämlich dann, wenn diese Bindung nötig wäre, um die alternden und vielleicht kranken Eltern liebevoll zu begleiten, zu betreuen und zu umsorgen. Die Kinder haben aufgrund der fehlenden Bindung zu ihren Eltern kein Problem damit, diese in Alten- oder Pflegeheime abzugeben, denn sie haben ja gelernt, dass man Menschen bei Bedarf einfach abschieben kann und darf… “ (Heidi S.)
Und genau diese Gefahr sehe ich auch.
Inklusion = Illusion?
2006 unterzeichnete Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und verpflichtete sich damit, ein inklusives Schulsystem zu erschaffen. Viele Kitas sind diesem Aufruf gefolgt. Die Inklusionsproblematik im Kindergarten gleicht der in allen Schulen. Es funktioniert nur bedingt bis gar nicht. Inklusion kann durchaus gelingen. Sie ist dann keine Illusion, wenn die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür geschaffen wurden. Der Erfolg ist, wie immer, maßgeblich vom Betreuungsschlüssel und der Qualifikation der Betreuungskräfte abhängig. Erschwerend kommt hinzu, dass Betreuer, Lehrer und Schulbegleiter (die oft gar nicht im Inklusionsbereich fachlich ausgebildet sind) gleichermaßen genötigt werden, Kinder zu „beurteilen“ und zu betreuen. Doch ausschließlich Therapeuten, Ärzte und Sonderschullehrer besitzen diese Qualifikation. Sonst niemand. Inklusive Kinder benötigen deutlich mehr Aufmerksamkeit, Pflege und Förderung als andere. Es gibt Kinder, die bereits mit einer klaren Diagnose im Kindergarten angemeldet werden und solche, deren Inklusionsbedarf erst im Laufe der Zeit deutlich wird. Bis aber ein Verdacht auf Förderbedarf entsteht und mit den Eltern besprochen wird und bis ein Kindergartenkind offiziell von einem Arzt die notwendige Diagnose erhält, kann sehr, sehr viel Zeit vergehen. Personalschlüssel und Zuschüsse werden nur erhöht, wenn eine Diagnose schriftlich vorliegt. Von der ersten Vermutung bis zur Diagnose vergehen oft Monate bis Jahre. Sie wird aber vorher gebraucht. Ich behaupte sogar, dass die Betreuung der inklusiven Kinder auch nach der Diagnose und der Aufstockung des Personals nicht deutlich besser wird, denn Inklusion wird immer noch mit Integration verwechselt. Inklusion bedeutet nicht, dass das beeinträchtigte Kind sich seiner Umgebung anzupassen hat, sondern die Umgebung hat sich seinen Bedürfnissen anzupassen. Also müsste in jedem inklusiven Kindergarten mindestens eine heilpädagogische Kraft arbeiten, je nach Anzahl der inklusiven Kinder auch deutlich mehr. Es sieht aber eher so aus, dass das normale Kita-Personal eine, zwei oder drei kleinere, rudimentäre Fortbildungen zum Thema Inklusion macht (ich habe selber daran teilgenommen und weiß, wovon ich rede) und dann brüstet man sich, per offiziell ausgehängter Urkunde, dazu in der Lage zu sein, genauso inklusiv arbeiten zu können wie Fachkräfte mit einer mehrjährigen Ausbildung oder sogar mit akademischem Abschluss.
Ich glaube sehr wohl, dass man im Kindergarten recht gut inklusiv arbeiten könnte. Doch schaut man sich Einrichtungen an, die dies bereits schon immer tun, weil es ihrem pädagogischen Konzept entspricht, so erkennt man deutliche Unterschiede zu den Einrichtungen, die sich erst seit ein paar Jahren auf den Weg gemacht haben. In einem Montessori-Kinderhaus z.B. arbeiten fast ausschließlich Erzieherinnen mit Montessori-Diplom. Somit sind Fachkompetenz und Erfahrung im Umgang mit behinderten Kindern von allen Seiten garantiert. Logopäden, Physiotherapeuten und andere Fachkräfte werden standardmäßig von außen dazu geholt oder sogar fest angestellt, sodass die adäquate Betreuung dieser Kinder sichergestellt ist.
In einer durchschnittlichen Kita, in der ich einst arbeitete, kreuzte einmal pro Woche eine Inklusionsfachkraft von außen auf, die zwei diagnostizierte Kinder für eine Stunde beschäftigte, indem sie etwas mit ihnen bastelte oder ihnen vorlas. Das war´ s an spezieller Förderung. Ansonsten passierte nichts, aber auch gar nichts mit diesen Kindern vor Ort. Sie liefen den Rest der Zeit einfach nebenher. So darf Inklusion nicht aussehen, auch wenn ich hoffe, dass mein Beispiel Seltenheits-Charakter hat. Es fehlt schlicht und ergreifend an Geld. Die Bezahlung für hoch qualifizierte Kräfte ist zu gering für das, was sie leisten.
Der Staat muss reagieren und Normen schaffen. Es sollte ganz klar definiert sein, wie viele sonderpädagogische Kräfte auf wie viele inklusive Kinder zu kommen haben, wie eine inklusive Kita eingerichtet sein muss, um den Bedürfnissen dieser Kinder gerecht zu werden und wie die Räumlichkeiten auszusehen haben.
Ich habe in einem ländlichen Kindergarten gearbeitet, der sich (aus einem mir unerfindlichen Grunde) inklusiv nennen durfte, ohne dass auch nur eine der Mitarbeiterinnen eine sonderpädagogische Qualifizierung vorweisen konnte. Aber was noch viel absurder war: die Räumlichkeiten befanden sich in einem ehemaligen Wohnhaus mit zwei Etagen ohne Fahrstuhl. Wickeltisch, Küche, Essraum und Schlafbereich lagen im ersten Stock. Permanent sah ich vor meinem geistigen Auge die Kleinen eine komplett ungesicherte Steintreppe hinunterstürzen (was auch einmal wirklich geschah). Letztendlich war es einfach nur Glück, dass sich im Schnitt lediglich ein offiziell inklusives Kind pro Kindergartenjahr dort aufhielt, das zwar kognitiv, aber nicht körperlich beeinträchtigt war. Ansonsten hätte man dieses Kind nicht aufnehmen können. Nichts desto trotz war aber generell niemand dazu in der Lage, auf inklusive Kinder adäquat einzugehen. Sie wurden behandelt wie alle anderen. Später stieß zum Team eine ausgebildete Heilerzieherin dazu, die wirklich ganz genau wusste, wie man mit beeinträchtigten Kindern umzugehen hatte und dass man ihnen besondere Angebote machen muss. Sie wurde von allen Kolleginnen für ihre besonders ruhige und empathische Art belächelt, denn diese Form der Kommunikation kannte man dort nicht…
DAZ-ler
Als DAZ-ler werden Kinder bezeichnet, die von Geburt an bis mindestens zum Erreichen oder über Beendigung des zweiten Lebensjahres hinaus rein fremdsprachig oder zweisprachig aufgewachsen sind. Schon immer gab es in Kindergärten und Schulen Kinder, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Ursache dafür ist meistens, dass deren Familien vor kurzem erst nach Deutschland gezogen sind und die Kinder unsere Sprache nicht kennen. Die Eltern müssen nun auch erst die deutsche Sprache erlernen und so ist das Kind angewiesen auf Förderung von außen. Leider lassen die dafür notwendigen Rahmenbedingungen meist zu wünschen übrig. Viele Kindergärten und Schulen in Deutschland sind nicht auf die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache ausgerichtet. Man steht einfach zu oft auf dem Standpunkt: „Das Kind wird sich das schon automatisch aneignen…“ Natürlich lernen gerade junge Kinder durch das „Sprachbad“. Sie hören den ganzen Tag nichts Anderes als die deutsche Sprache und werden mit ihr vertraut. Dabei ist es entscheidend, dass die Sprache der Erwachsenen korrekt und deutlich ist. Doch in vielen Kindergärten arbeiten auch Menschen, die selber der deutschen Sprache nicht mächtig sind. An sich ist das dann nicht so tragisch, wenn diese betreuende Kraft im sprachlichen Bereich keine große Verantwortung übertragen bekommt. Trotzdem wäre es wünschenswert, dass Menschen, die mit Kindern arbeiten, möglichst gutes Deutsch sprechen. Das Hauptproblem bleibt, dass die Familie des Kindes selber den Erwerb der deutschen Sprache nicht fördern kann. So sind Kindergärten und Schulen dafür verantwortlich und können dies doch häufig aus mehreren Gründen nicht leisten.
Das DAZ-ler-Kind darf im Alltag soll Spaß an der Sprache entwickeln. Bilderbücher, Lieder, Reime und Spiele sind besonders geeignet zum Spracherwerb. Vor allem aber die persönliche Ansprache und das aufmerksame Zuhören. Nur so können wir beobachten, ob der Spracherwerb wirklich voranschreitet. In jeder Kita sollte mindestens eine Fachkraft da sein, die den Part der Sprachförderung professionell und verantwortungsvoll übernimmt - für alle Kinder! So können z.B. Kleingruppen gebildet werden, in denen zusätzlich spezielle Angebote zur Sprachförderung stattfinden.
Korrektives Feedback
Sehr wichtig ist das sogenannte „korrektive Feedback“. Das Kind darf niemals das Gefühl haben, es spräche nicht richtig, sondern es wird lediglich unterschwellig darauf aufmerksam gemacht. Das direkte Verbessern von Fehlern ist für die meisten Kinder unangenehm und hemmt die Sprechfreude. Diese Regel gilt im Übrigen für alle Kinder während des Spracherwerbs! Hier ein Beispiel:
Wenn das Kind sagt: „Der Peter mich gehaut!“ Dann reagieren Sie bitte mit der korrekten Wiederholung in Frageform: „Der Peter hat Dich geschlagen?“ So haben Sie Satzbau und Ausdrucksweise in einem korrigiert. Sagen Sie niemals: „Sprich mal richtig. Das heißt doch…“
Kommentieren Sie in der Gegenwart des Kindes oder der Kinder alles, was Sie gerade tun (Sprachbad). Das gilt generell für die Förderung des Spracherwerbs, auch bei Muttersprachlern:
„Schau mal. Ich schneide den Apfel mit dem Messer in zwei Teile. Er hat eine rote Schale. Und sieh mal - da sind ja auch die braunen Apfelkerne! Der Apfel riecht ganz frisch. Hier – riech mal! Möchtest Du einen halben Apfel haben? Und? Wie schmeckt der Apfel? Süß oder sauer? Magst Du noch ein Stück haben oder bist Du satt?“
„So. Jetzt decken wir den Tisch. Wir brauchen einen Teller (auf den Teller zeigen oder den Teller hochhalten), eine Gabel (auf die Gabel zeigen oder die Gabel hochhalten), ein Messer (auf das Messer zeigen oder das Messer hochhalten) und ein Glas (auf das Glas zeigen oder das Glas hochhalten). Hilfst Du mir? Stell mal bitte hier den Teller hin. Und das Messer kommt da hin, die Gabel auf die andere Seite. Und nun stellst Du noch das Glas dort hin. Prima! Das hast Du gut gemacht.“
Reden Sie sich um Kopf und Kragen! So lernt das Kind am besten. Besonders gut eignen sich Wiederholungen. Versuchen Sie, bestimmte Sätze in bestimmten Situationen im selben Tonfall zu zu ritualisieren. Wiederholung (eine der didaktischen Prinzipien) ist ein wichtiger Aspekt des Lernens. Ein Spruch vor dem Mittagessen, ein Gedicht oder Lied vor dem Schlafengehen, ein Vers beim Anziehen… Um dem Kind eine korrekte Grammatik beizubringen, kann man auch wunderbare Spiele erfinden. Hier ein Beispiel für die Beugung von Verben in Kombination mit Bewegung:
„Ich werfe Dir den Ball zu und Du wirfst mir den Ball zu.“
„Bin ich mit dem Würfeln an der Reihe oder bist Du mit dem Würfeln an der Reihe?“
Tischspiele können ebenfalls den Spracherwerb fördern. Beim Memory lernt man nicht nur Begriffe kennen, sondern übt direkt die Plural-Form. Sprechen Sie immer in ganzen Sätzen und fordern Sie dies auch von den Kindern als Spielregel ein:
„Das ist eine Birne. Und da ist die andere Birne. Jetzt habe ich zwei Birnen!“
Die wichtigste Regel ist Geduld. Jedes Kind braucht unterschiedlich viel Zeit beim Lernen.
• Bleiben Sie freundlich.
• Reden Sie deutlich, sinnvoll betont und langsam.
• Halten Sie Blickkontakt.
• Hören Sie aufmerksam zu, auch wenn das Kind undeutlich oder unvollständig spricht.
• Geben Sie ihm Zeit - lassen Sie es aussprechen!
• Animieren Sie es zu reden. Stellen Sie Fragen. Lassen sie es Bilderbücher „selber vorlesen“ oder Bildergeschichten erklären.
• Bieten Sie ihm Möglichkeiten, sich auszudrücken.
• Stellen Sie es niemals vor anderen Menschen bloß.
• Bleiben Sie mit den Eltern im Austausch und geben Sie nützliche Tipps.
Schlussendlich kann man sagen, dass Sprache nur dann erlernt werden kann, wenn man sie fortwährend hört und wenn jemand regelmäßig mit einem kommuniziert. Gute Bücher, Hörbücher, Computerspiele oder Filme sind sehr hilfreich, ersetzen aber niemals ein Gespräch zwischen zwei oder mehreren Menschen. Ob es sich um fremdsprachige Kinder handelt oder um solche, die aus anderen Gründen die deutsche Sprache nicht beherrschen. Spezielle Förderung ist für DAZ-ler sehr wichtig, um später den Anforderungen der Schule und des Lebens gerecht zu werden. Denn leider ist es ungeheuer schwer, all das nachzuholen, was in den ersten sechs Jahren versäumt wurde. Das Kind verliert in der Schule schnell den Anschluss und kann nur mit großer Mühe aufholen, was es braucht, um im Fach Deutsch, und damit auch automatisch in allen anderen Fächern, in denen es sich sprachlich ausdrücken können muss, erfolgreich zu sein. Staat und Familien sind gleichermaßen verantwortlich und sollten sich dessen bewusst sein. Zeigt das Kind auch nach langem Üben keine Verbesserung seiner Sprachkompetenz, müssen rechtzeitig Untersuchungen stattfinden. Erster Ansprechpartner ist der Kinderarzt. Der HNO-Arzt wird das organische Hören und die auditive Wahrnehmung überprüfen. In jedem Fall muss der Ursache auf den Grund gegangen werden. Dies geschieht in engem Austausch mit der Einrichtung, damit die betreuenden Personen auf eine eventuelle Problematik so gut wie möglich eingehen können. Bei all diesen Maßnahmen darf das Kind aber nie ein Gefühl des Versagens empfinden oder Vorwürfe gemacht bekommen. Jeder, der beruflich mit Kindern arbeitet, sollte zumindest eine Schulung bzw. Fortbildung in diesem Bereich absolviert haben, um ein Bewusstsein für die Vermittlung von Sprache zu entwickeln und um sich dessen bewusst sein, wie wichtig wir letztendlich selber als Vorbild in unserem eigenen Sprachgebrauch sind. Wie Sie in besonderem Maße hilfreich auf die Bedürfnisse von Kindern mit Migrationshintergrund sprachlich eingehen können und welche Probleme es dabei in Kindergärten geben kann, lesen Sie im nächsten Kapitel.
Kinder mit Migrationshintergrund - interkulturelle Arbeit
Wie bereits im Kapitel „DAZ-ler“ behandelt, stehen die Themen „Erlernen der deutschen Sprache“ und das „Kennenlernen deutscher Kultur“ im Vordergrund. Dies gestaltet sich aus mehreren Gründen sehr schwierig, denn es handelt sich bei Migrantenkindern nicht um solche, deren Eltern sich bewusst zu einer zweisprachigen Erziehung entschieden haben und bereits länger oder schon immer in Deutschland leben. Migrantenkinder haben in jungen Jahren vielleicht viel Schlimmes erlebt und könnten traumatisiert sein. Die Eltern und andere Familienmitglieder sprechen so gut wie kein Deutsch, was nicht nur das Erlernen der Sprache für das Kind erschwert, sondern auch ein großes Hindernis für die Kommunikation zwischen dem Kitapersonal und den Erziehungsberechtigten darstellt.
Probleme gibt es aber auch zwischen den betreuenden Personen und dem Kind oder unter den Kindern selbst. Ich habe es oft erlebt, dass Kinder, die so gut wie kein Deutsch sprechen, sehr aggressiv reagieren können, wenn sie das Gefühl haben, dass man sie nicht versteht, und sich dann mit Fäusten Gehör verschaffen oder auf diese Art ihrer Verzweiflung Ausdruck verleihen. Andere wiederum ziehen sich eher zurück und wagen es kaum, überhaupt Kontakt aufzunehmen. DAZ-ler-Kinder verstehen anfangs nicht, was man von ihnen möchte. Sie können keinem Gespräch folgen, den Inhalt von Vorgelesenem oder Besprochenem nicht nachvoll-ziehen und somit auch Anweisungen nicht nachkommen. Deshalb brauchen sie deutlich mehr Aufmerksamkeit und Förderung – auch und vor allem im emotionalen Bereich. Dies kann das Kita-Personal aber definitiv nicht leisten, wenn es nicht zusätzlich von außen Unterstützung erhält. So sollte jeder Kindergarten, in dem eine hohe Anzahl ausländischer Kinder aufgenommen wurde, entsprechendes Fachpersonal bewilligt bekommen, das sich der besonderen Bedürfnisse dieser Kinder annimmt und sie dort auffängt und fördert, wo es notwendig ist. Am wichtigsten ist es jedoch, dass der Staat sich darum kümmert, dass die deutsche Sprache in die Familie kommt! Verpflichtende Sprachkurse - für Väter und Mütter gleichermaßen - sind hier absolut unumgänglich. Der familiäre Hintergrund, die Wohnverhältnisse und die vorangegangenen Erlebnisse sind prägend für Migrantenkinder und die Kita ist gezwungen, sich intensiv damit auseinanderzusetzen und Lösungen zu finden. Ich bezweifle aber stark, dass ein „normaler“ Kindergarten das alles, neben der Arbeit mit den anderen Kindern, von denen auch jedes einzelne sein eigenes Päckchen zu tragen hat, bewältigen kann. Der Personalschlüssel reicht dafür schlicht und ergreifend nicht aus, mal ganz abgesehen davon, dass viele dieser Kinder oft auch therapeutisch begleitet werden müssten…
In einigen Bundesländern werden mittlerweile zusätzliche Fachkräfte für interkulturelle Arbeit genehmigt. Dies sollte aber flächendeckend geschehen. Solche Fachkräfte sind nicht nur im pädagogischen Bereich ausgebildet (zumindest aber geschult), sondern haben auch oft selber einen Migrationshintergrund, sodass sie adäquate Begleiter solcher Kinder und deren Familien sind. Die Einstellung dieser Hilfskräfte soll für eine Entlastung der Regelkräfte dienen und damit für eine intensivere Förderung und Integration der neu zugewanderten Kinder sorgen. Ich selber habe erlebt, wie inkompetent, hilflos und desinteressiert man mit Kleinkindern, die kein Wort Deutsch sprechen, im Kindergarten umgeht und ich bin ganz sicher, dass dies in vielen Kitas ähnlich läuft.
Die didaktischen Prinzipien
Jede pädagogische Fachkraft lernt während ihrer Ausbildung die „didaktischen Prinzipien“ kennen, denn sie sind von großer Bedeutung für die Arbeit mit Kindern jeden Alters. Alle geplanten Beschäftigungen sollten im Idealfall unter Berücksichtigung dieser Prinzipien erfolgen. Leider fehlt es manchen Erwachsenen an Lust und Zeit, dieses Thema ernst zu nehmen.
Prinzip der Anschauung
Kinder verstehen alles besser über Bilder bzw. über das Sehen. Verbale Anweisungen und zu erlernende (Lied-)Texte merken sie sich deutlich einfacher (das gilt auch für uns Erwachsene), wenn das, was man inhaltlich transportieren möchte, auch veranschaulicht wird.
Ich selber habe z.B. in meinem Musikkreis fast immer Bilderreihen zu den Liedern erstellt. Es war erstaunlich, wie schnell die Kinder selbst die kompliziertesten Texte verinnerlicht hatten.
Regeln oder alltägliche Abläufe, die man in der Gruppe bespricht, sollten in Bildsprache ausgehängt werden.
• Wie wasche ich meine Hände?
• Wo kommt welches Spielzeug hin? (Bilder an den Materialkisten)
• Wie haben wir uns zu verhalten? (Plakat an der Wand)
• Wie gehen wir miteinander um? (Plakat an der Wand)
Alles, was man bespricht, kann durch Bilder oder Anschauungsmaterial unterstützt werden. Kinder können sogar selber mithelfen, derartige Plakate oder Info-Tafeln zu gestalten. So bleibt noch mehr von dem hängen, was sie sich merken sollen.
Prinzip der Übung (Prinzip der Wiederholung)
Wir wissen alle, dass Dinge, die wiederholt werden, schneller und besser im Gedächtnis bleiben als Dinge, die man nur einmal erlebt hat. Die Werbung arbeitete beispielsweise genau nach diesem Prinzip. Auch in der Schule werden Lerninhalte immer und immer wieder in allen möglichen Varianten geübt, bis sie sich gefestigt haben. Didaktische Reihen funktionieren nach demselben Prinzip. Auf diese gehe ich im Punkt „Variabilität“ noch genauer ein.
Prinzip der Aktivität
Selber aktiv zu werden, Dinge wahrzunehmen, zu erleben und zu erfahren, ist die Grundvoraussetzung dafür, etwas nachhaltig zu verstehen. Im Gegensatz dazu steht das rein theoretische Lernen.
Prinzip der Lebensnähe
Man arbeitet zunächst mit Bekanntem, um sich dann dem Unbekannten zu nähern. Das ausgewählte Material, mit dem man arbeiten möchte, sollte den Kindern bekannt sein um dann auf etwas Unbekanntes hin arbeiten zu können.
Vom Nahen zum Fernen
Der Lebens- und Lernradius des Kindes vergrößert sich im Laufe der Jahre nur langsam. Es ist sehr wichtig, einen Schritt nach dem Nächsten zu gehen. Den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, war noch nie sinnvoll.
Prinzip der Variabilität (oder „Die didaktische Reihe“)
Themen sollten grundsätzlich auf vielfältige Art und Weise veranschaulicht werden. Dies ist in meinen Augen eine der allerwichtigsten Aufgaben der Kindergärten im Bereich der frühkindlichen Bildung. Sie kennen alle die Projektarbeit in Kitas. Ob es Themen wie Dinosaurier, Baustelle, Berufe, Insekten, Wasser oder gesundes Essen sind - es wird sehr viel Unterschiedliches dazu angeboten, um das neu Erlernte zu verinnerlichen. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, alle Sinne anzusprechen. Nahezu jedes Thema kann man durch folgende Aktivitäten begleiten:
• Bilderbücher
• Lieder/Gedichte
• Tischspiele
• Kreisspiele
• Naturwissenschaftliche Versuche
• Hörspiele/Filme
• Malen/Basteln
• Ausflüge (Natur, Museen, Theater, Betriebe…)
• (eigene) Theateraufführungen
• Kochen/Backen
Je mehr Varianten es gibt und je länger das Projekt dauert, desto besser merken sich die Kinder das Erlernte. Natürlich hat die Dauer einer didaktischen Reihe auch ihre Grenzen, denn irgendwann ist ein Thema „ausgelutscht“. Hier ist das Feingefühl der planenden Fachkräfte gefragt.
Prinzip der Ganzheitlichkeit
Lernen sollte mit allen Sinnen erfolgen. Mit Körper, Herz und Verstand.
Prinzip der Kindgemäßheit
Bei allem, was mit Kindern gemacht oder was ihnen angeboten wird, müssen wir darauf achten, dass das Thema und vor allem dessen Vermittlung ihrem Reifestand entsprechen. Eine Überforderung ist ebenso schlecht wie eine Unterforderung.
Prinzip der Teilschritte
Wie auf einer Leiter klettern wir vom Anfang bis zum Ende in Teilschritten zum Lernziel. Diese Schritte sollten aufeinander aufbauen und in einer logischen Reihenfolge stattfinden.
Prinzip der Vorentlastung
Kinder lernen umso schneller, je mehr Vorkenntnisse sie besitzen. Diese sollte man immer zunächst „abfragen“ und dann mit einbeziehen.
Ob Im Kindergarten, in der Schule oder zu Hause - die didaktischen Prinzipien gelten immer dort, wo Menschen etwas lernen sollen. Mit Kindergartenkindern, mit Schülern, Auszubildenden und sogar in der Arbeit mit Erwachsenen (Fortbildung/Seminar). Nur wenn diese eingehalten werden, ist unter guten Voraussetzungen ein Lernerfolg garantiert.
Frühkindliche Bildung - kann ein Kindergarten das leisten?
Viele von Ihnen werden jetzt sicher laut aufstöhnen: „Was hat Bildung denn mit dem Kindergarten zu tun? Sollten die Kleinen nicht einfach nur spielen und Spaß haben? Die Schule und der Ernst des Lebens kommen doch früh genug!“ Nun, ich möchte zunächst etwas klarstellen. Bildung bedeutet viel mehr als das Einpauken von theoretischem Wissen. Unser ganzes Leben besteht von Geburt an aus Bildung. Der Erwerb von Wissen und Fähigkeiten hat seine Basis im Elternhaus, denn die Eltern haben in den allermeisten Fällen einen großen Einfluss auf ihr Kind. Kinder, die von Haus aus gefördert und unterstützt werden, denen die Möglichkeit gegeben wird, sich geistig, emotional, sozial und körperlich entwickeln zu können, sind ganz klar im Vorteil. Kindergarten und Schule können zwar einen gewissen Einfluss nehmen, aber keinen so gravierenden wie man immer meint. Man hat festgestellt, dass Kinder, die bereits zu Hause ausreichend „Input“ bekommen, von einem guten bis sehr guten Kindergarten nicht nachweislich profitieren. Dazu wurden Tests durchgeführt im Bereich „mathematisches (logisches) und sprachliches Verständnis“ bzw. dem Erkennen von Zahlen und Buchstaben vor dem Schuleintritt. Kinder, die zu Hause nicht gefördert werden oder nur sehr wenig, können höchstens durch einen besonders guten Kindergarten etwas dazugewinnen. Aber nur 10% aller deutschen Kindergärten fallen unter diese Kategorie.
Fakt ist, dass der Erfolg in der Schule und im Leben maßgeblich vom Elternhaus und nicht von der Qualität öffentlicher Bildungsstätten abhängig ist.
Dies ist recht einfach damit zu erklären, dass Eltern, die sich um ihr Kind kümmern, es fördern, mit ihm kommunizieren und sich mit seinen Bedürfnissen auseinandersetzen, nicht durch eine Kita-Kraft zu ersetzen sind, die gleichzeitig auf mehrere Kinder aufpassen muss und meist nur mit der Gruppe kommuniziert.
Ich habe leider oft erlebt, dass gerade die älteren Kita-Kinder, die einen gewissen geistigen Stand hatten, sich extrem gelangweilt haben, weil sie vollkommen unterfordert waren.
Hier fehlen spezielle pädagogische Fachkräfte, die in Kleingruppen herausfordernde Beschäftigungen anbieten, sie mit den Kindern vor- und nachbereiten, sodass das Kind nachhaltig davon profitiert.
Der Kindergarten kann nicht das leisten, was das Elternhaus leisten kann. Er kann lediglich ergänzen. Dessen sollten sich Eltern bewusst sein. Sein Kind morgens in der Kita abzugeben in der Vorstellung, es würde dort alles lernen und beigebracht bekommen, was es braucht, um auf die Schule und das Leben vorbereitet zu werden, ist schlicht und ergreifend ein großer Irrtum.
Die Politiker sprechen gerne vom Ziel der Chancengleichheit. Doch die soziale Herkunft entscheidet fast immer über die Bildungschancen eines Kindes.
Denken Sie daran: die Werte, die Sie Ihrem Kind beibringen und vor allem vorleben, das Wissen und die Leidenschaft, die Sie weitergeben, sind von größtem Wert. Was Ihr Kind am meisten fördert und in seiner Entwicklung weiterbringt, ist die Zeit, die Sie mit ihm aktiv verbringen. Nur dadurch reift seine Psyche, die es braucht, um ein geistig und körperlich gesunder Mensch zu werden, der dazu in der Lage ist, später sein Leben im Griff zu haben und eine Bereicherung für die Gesellschaft zu sein. Selbst Kinder, die in der Schule gewisse Lernprobleme haben und nicht die totalen Überflieger sind, werden dies später ausgleichen können durch ihre soziale und emotionale Kompetenz und sie werden immer davon profitieren, dass sie fest im Sattel des Lebens sitzen - durch die Liebe, Erziehung und Fürsorge ihrer Eltern und all derer, die sich für ihr Wohlergehen ernsthaft interessieren. Bildung ist also kein abstrakter Begriff, sondern von unendlich vielen Faktoren abhängig.
Kindergärten werden es nur selten schaffen, das alles zu leisten, auch wenn ich sicher bin, dass so manche der Kolleginnen und Kollegen versuchen, Ihr Bestes zu geben.