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1Einleitung

Wissenschaftliches Arbeiten erfordert spezifische Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Kompetenz, von alltäglichen Fragestellungen und gewöhnlichem Wissen-Wollen zu systematischen Fragestellungen und wissenschaftlicher Organisation des Erkenntnisgewinns vorzustoßen. In diesem Buch wird das „Handwerkszeug“ des wissenschaftlichen Arbeitens (wie der Umgang mit wissenschaftlichen Quellen, das Zitieren, das wissenschaftliche Lesen und Schreiben) genauso thematisiert wie die Kompetenz zur Erstellung von Forschungsfragen und Hypothesen, zur Entscheidung über Forschungsabläufe und Methodenauswahl, zur Bestimmung von Untersuchungsdesigns und zur Operationalisierung von „abstrakten“ theoretischen Konstrukten.

Das Buch geht aber über die reine Anwendung von Kompetenzen im Forschungsalltag hinaus, es soll auch der Rahmen, in dem Wissenschaft betrieben wird, aufgezeigt werden.

Wenn wir uns mit Wissenschaft befassen, dann sind wir nicht nur damit konfrontiert, Probleme zu formulieren und zu prüfen, auf wissenschaftliches Niveau zu heben und mit theoretischen Aussagen zu kombinieren, sondern wir müssen uns auch damit befassen, was eigentlich der Sinn und Zweck von Wissenschaft ist, was Wissenschaft leisten kann – und was eine Disziplin wie die Kommunikationswissenschaft als eine Sozialwissenschaft zum Gelingen der Gesellschaft beitragen kann.

Dazu wird einerseits kurz auf Grundsätzliches eingegangen (Wissenschaftstheorie), andererseits auf die Wurzeln der kommunikationswissenschaftlichen Forschung Bezug genommen (Fachgeschichte und zentrale Forschungsarbeiten des Faches). Beides ist wichtig, um zu verstehen, woher die kommunikationswissenschaftliche Forschung kommt, und um zu verinnerlichen, wie die großen Wissenschaftstraditionen auf die eigenen Forschungsvorhaben wirken.

Dazu ist es nötig, sich mit der Wissenschaftstheorie zu beschäftigen, die zu erfassen versucht, warum wir als Sozialwissenschaftler auf welche Art Wissenschaft betreiben und wie wir unser Vorgehen erklären und einordnen können. So erfolgt eine sehr kompakte und auf das [9] Wesentliche konzentrierte Darstellung einiger grundlegender wissenschaftstheoretischer Positionen, v. a. aber eine ausführlichere Auseinandersetzung mit den bestimmenden Paradigmen der sozialwissenschaftlichen Forschung (quantitative und qualitative Forschung), die als Grundgerüst zum Verständnis des kommunikationswissenschaftlichen Arbeitens notwendig sind. Die beschriebenen Aspekte sind keinesfalls als abschließend zu verstehen, sie verdeutlichen nur wegweisende Schritte unserer Disziplin.

Zum besseren Verständnis wurden diese Aspekte – sofern möglich – an den relevanten Stellen bei der Erarbeitung der einzelnen Schritte des wissenschaftlichen Arbeitens eingebaut, um zu zeigen, dass diese grundlegenden Facetten Einfluss und Auswirkungen auf die eigene Forschung haben.

Schließlich ist es wichtig, sich mit den Wurzeln des Fachs zu beschäftigen, zu verstehen, nach welchen Spielregeln hier wissenschaftliches Arbeiten zu erfolgen hat und mit welchen zentralen Studien die kommunikationswissenschaftliche Forschung begonnen hat. Diese zentralen Studien werden in diesem Buch zum grundlegenden Verständnis unserer Disziplin vorgestellt.

Auf diesem Verständnis bauen alle weiteren Kapitel zum wissenschaftlichen Arbeiten auf, wobei alle wesentlichen Schritte des wissenschaftlichen Arbeitens thematisiert werden. Wissenschaftliches Arbeiten und Forschen erlernt man aber nur durch häufiges Üben und nicht nur durch das Studium eines Buches.

Deshalb kann und soll dieses Buch ein ständiger Begleiter während des Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sein und als Nachschlagewerk für das wissenschaftliche Arbeiten dienen. Seine Inhalte sind die Basis für jedes weitere wissenschaftliche Arbeiten im Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. Dabei genügt es nicht, sie zu kennen oder bei einer Prüfung wiedergeben zu können, sondern das Wissen muss in allen Proseminar- und Seminararbeiten über die Bachelorarbeit bis hin zur Masterarbeit und Dissertation angewendet werden können.

Daher wird speziell auf die in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft üblichen Vorgehensweisen des wissenschaftlichen Arbeitens eingegangen; in anderen Disziplinen können andere Rahmenbedingungen gelten. Das Buch versteht sich als Orientierungshilfe, um sich mit den Anforderungen, die an das wissenschaftliche Arbeiten in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft gestellt werden, auseinandersetzen zu können. Wir hoffen, dadurch das Verständnis dafür, was wissenschaftliches Arbeiten ausmacht, zu fördern und zu zeigen, [10] dass Wissenschaft einerseits nach bestimmten nachvollziehbaren Kriterien, oder salopp formuliert nach bestimmten Spielregeln abläuft, aber andererseits auch das Potenzial schafft, über gesellschaftlich relevante Fragestellungen nachzudenken, diese aufzuzeigen, zu reflektieren und möglicherweise auch Lösungsvorschläge bzw. Handlungsalternativen zu formulieren. Und – dieser Satz sei erlaubt – das Buch soll auch Freude am Erarbeiten von Forschungsinteressen wecken.

Zusätzlich zu den bereits angesprochenen Ausführungen finden sich in diesem Buch ganz grundsätzliche rechtliche Anforderungen zum rechtmäßigen Arbeiten, das seit 2018 durch die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) einen Bedeutungszuwachs erfahren hat. Schließlich ist noch der Hinweis auf einen wichtigen Aspekt des wissenschaftlichen Arbeitens im Bereich der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft erforderlich: Für den Forschungsprozess ist das Wissen um Medien und ihre Inhalte unbedingt nötig. Vieles davon (bspw. Themen wie Medienkunde oder Medienlandschaft) kann man sich in Lehrveranstaltungen aneignen. Was man allerdings nicht lehren kann, ist das Interesse an Medien und den Inhalten, die dort täglich veröffentlicht werden, das Interesse an Vorgängen in allen Bereichen der Kommunikationswirtschaft und das Interesse an den Zusammenhängen von Politik und Medien. Dieses Interesse müssen Studierende mitbringen und durch Eigeninitiative professionell weiterentwickeln. Ohne dieses Interesse ist kommunikationswissenschaftliche Forschung nicht denkbar – es lassen sich keine Probleme identifizieren oder aktuelle Entwicklungen erkennen und beurteilen. Solche Alltagsbeobachtungen auch unserer Disziplin sind für den Forschungsprozess aber unbedingt nötig.

„Wir können wohl sagen, daß, während unser hypothetisches Wissen endlich ist, unser Nichtwissen unendlich ist“ – sagte Karl Popper (2016/1983, S. 216), einer der bedeutendsten Wissenschaftsphilosophen des 20. Jahrhunderts. Und wir müssten – so Popper – den sokratischen Satz „Ich weiß, daß ich nichts weiß“ ernst nehmen. In diesem Sinne: Es gibt viel zu erkennen und zu erforschen. Einen Tipp, der uns am Herzen liegt, möchten wir Ihnen ganz zu Beginn mitgeben. Es ist ein Satz, der sich bis jetzt aus unseren Erfahrungen immer bewährt hat: „Wer nichts liest, der schreibt schlecht.“ In diesem Sinne: lesen, lesen und lesen – denn Lesen ist, wie es eine Studierende einmal formuliert hat, der Schlüssel zum wissenschaftlichen Arbeiten.

Dieses Buch soll als Basis dienen, um sich mit den Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens zu befassen und darauf aufbauend eigenständige wissenschaftliche Arbeiten verfassen zu können. [11]

Unser Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die bei der Zusammenstellung der Inhalte dieses Buches beteiligt waren, insbesondere Klaus Lojka, Tanja Fabian, Albrecht Haller und Larissa Ruhani, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des facultas Verlags.

Im Dienste einer erleichterten Lesbarkeit wurden die Personenbezeichnungen für Frauen und Männer in diesem Buch bunt gemischt – ganz wie im echten Leben.

Petra Herczeg & Julia Wippersberg

Wien, Juli 2021 [12]

Kommunikationswissenschaftliches Arbeiten

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