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1. Gute Absicht reicht nicht: Warum die eine Social Initiative scheitert und die andere gelingt
ОглавлениеSobald sich dieser Nebel verzieht, wird sich zeigen, dass ein Unternehmen für etwas stehen muss – dass es für mehr verantwortlich ist als nur für das Geld, das es erwirtschaftet.1
Jeffrey Immelt, Chairman und CEO, General Electric, auf der Jahreskonferenz der Unternehmensinitiative Business for Social Responsibility im November 2008
In seinem häufig zitierten Aufsatz »The Social Responsibility of Business Is to Increase Its Profits« aus dem Jahr 1970 erklärt der Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman, Unternehmen seien letztlich zu nichts anderem da, als »für die Geldgeber eine maximale Rendite zu erwirtschaften«2. Heute, rund vier Jahrzehnte später, ist dies keineswegs die Mehrheitsmeinung, wie öffentliche Statements von Wirtschaftsgrößen wie dem oben zitierten General-Electric-CEO Jeffrey Immelt und Umfragen in der Bevölkerung belegen. Eine von Cone Communications durchgeführte Befragung von Kunden in zehn Ländern ergab, dass nur sechs Prozent der Ansicht sind, Unternehmen sollten sich darauf beschränken, Geld zu verdienen.3 (Vgl. Abbildung 1)
ABBILDUNG 1: Die überwiegende Mehrheit der im Rahmen der Cone / Echo Global CR Opportunity Study 2011 befragten Verbraucher war der Überzeugung, dass die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen über die reine Gewinnerwirtschaftung hinausgeht
Michael E. Porter und Mark R. Kramer von der Harvard University vertreten die These, die Unternehmen sollten sich das Prinzip »Shared Value« zu eigen machen. Dabei suchen sie nach Möglichkeiten, ihre »ökonomischen Interessen in einer Weise zu realisieren, dass zugleich die Bedürfnisse und Probleme der Allgemeinheit Berücksichtigung finden«. Sie kritisieren, dass die meisten Unternehmen »einer Philosophie der ›gesellschaftlichen Verantwortung‹ anhängen, die den Belangen der Allgemeinheit lediglich periphere Bedeutung beimisst«4.
Man braucht kein Anhänger von Friedman, Porter oder Kramer zu sein, um zu erkennen, dass so manches, was in den letzten Jahren im Namen der gesellschaftlichen Verantwortung auf die Beine gestellt wurde, schlecht geplant war und am Ende weder den Unternehmen noch der Allgemeinheit nützte. Die Planung, Ausgestaltung, Durchführung und Evaluation von Social Initiatives ist nicht einfach. Das vorliegende Buch versteht sich als praktischer Leitfaden für Führungskräfte, deren Aufgabe es ist, mit beschränkten Ressourcen Strategien und Programme zu entwerfen, von denen am Ende Unternehmen und Allgemeinheit gleichermaßen profitieren.
Wir unterscheiden zwischen sechs Formen von Social Initiatives, deren jeweilige Stärken und Schwächen wir mit Blick auf ihren Nutzen für die Unternehmen einerseits und die Allgemeinheit andererseits herausarbeiten wollen, indem wir erfahrene Praktiker zu Wort kommen lassen. Wir haben die Initiativen in zwei Gruppen unterteilt: Bei den Initiativen der ersten Gruppe sind die Kunden unmittelbar involviert (Cause Promotion, Cause-Related Marketing und Social Marketing), bei den Initiativen der zweiten Gruppe mittelbar oder gar nicht (Corporate Philanthropy, Workforce Volunteering und Socially Responsible Business Practices).5 Um Sie mit der ganzen Brandbreite der Möglichkeiten vertraut zu machen, geben wir im zweiten Kapitel einen Überblick über alle sechs Formen, um anschließend auf jede von ihnen in einem gesonderten Kapitel näher einzugehen. (In der Praxis stellen viele Programme allerdings Kombinationen aus mehreren dieser Ansätze dar.)
Anschließend werden wir Sie mit empfohlenen Best Practices vertraut machen, um Ihnen die Auswahl einer Social Initiative zu erleichtern. Ihr Projekt sollte den größtmöglichen sozialen mit dem größtmöglichen unternehmerischen Nutzen verbinden. Sie erfahren, wie Sie erfolgreiche Programme entwickeln und wie Sie Ihre Anstrengungen messen und bewerten können.
Dieses Eröffnungskapitel schafft die nötigen Voraussetzungen, indem es in die entsprechenden Begrifflichkeiten einführt. Wir beleuchten die Trends und Statistiken, aus denen hervorgeht, dass die Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung zunehmend ernst nehmen, wir beschreiben die verschiedenen Faktoren, die nach Expertenmeinung diesem Trend Vorschub leisten, und wir sprechen zum Schluss über die gegenwärtigen Herausforderungen und die Kritik, mit der sich jene konfrontiert sehen, die versuchen, für sich und die Welt das Beste herauszuholen.
∎ Was heißt »Gutes tun«?
Ein kurzer Blick auf die Internetpräsenzen der Fortune-500-Unternehmen zeigt, dass das Grundkonzept der »guten Tat« die unterschiedlichsten Namen tragen kann: Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Corporate Philanthropy, Corporate Giving, Corporate Community Involvement, Community Relations, Community Affairs, Community Development, Corporate Responsibility, Global Citizenship oder Corporate Societal Marketing.
Für unsere Zwecke bevorzugen wir den Begriff der Corporate Social Responsibility (wörtlich: »Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwohl«) und schlagen dazu folgende Definition vor:
Unter Corporate Social Responsibility (CSR) verstehen wir die Bereitschaft und Entschlossenheit, mit selbst gewählten Strategien unter Einsatz von Unternehmensressourcen einen Beitrag zum Wohl der Allgemeinheit zu leisten.
Diese Definition bezieht sich konkret auf Unternehmensaktivitäten, die über das hinausgehen, was das Gesetz vorschreibt bzw. was aus moralischen und ethischen Gründen geboten erscheint und folglich erwartet werden kann. Wir sprechen hier von der freiwilligen Selbstverpflichtung eines Unternehmens, sich in dieser Weise zu engagieren. Mit einer solchen Selbstverpflichtung demonstriert ein Unternehmen gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein. Dazu bedient es sich neuer Unternehmenspraktiken und / oder setzt Geld- oder andere Ressourcen für einen guten Zweck ein. Und wenn wir von einem guten Zweck oder vom Wohl der Allgemeinheit sprechen, meinen wir menschliche Lebensbedingungen ebenso wie Umweltfragen oder die Belange von Gemeinschaften jeglicher Art, seien sie geografisch, demografisch oder durch ihre Probleme, ihre Ziele oder andere Faktoren definiert.
Wir beschreiben mit dem Begriff der Social Initiative die wichtigsten Aktivitäten, die im Rahmen der Corporate Social Responsibility entwickelt werden, und schlagen folgende Definition vor:
Social Initiatives sind größere Aktivitäten eines Unternehmens mit dem Ziel, gesellschaftliche Anliegen zu fördern, das eigene Unternehmen zu stärken und der unternehmerischen Verantwortung für das Gemeinwohl gerecht zu werden.
Typische gesellschaftliche Interessen, die mit solchen Initiativen unterstützt werden, betreffen die Gesundheit (Aids-Prävention, Brustkrebsfrüherkennung, Impfungen), die Sicherheit (Aktionen gegen Alkohol am Steuer, Verbrechensprävention, Verwendung von Sicherheitsgurten im Auto), Bildung und Erziehung (Kampagnen gegen Analphabetismus, Bereitstellung von Computern für Schulen, Förderprogramme), den Arbeitsmarkt (Fortbildung, Mitarbeiterfindung, Fabrikstandorte), die Umwelt (Recycling, Verzicht auf die Verwendung schädlicher Chemikalien, weniger Verpackung), die regionale Wirtschaftsförderung (zinsgünstige Hauskredite, Mentoringprogramme für Jungunternehmer) und andere elementare menschliche Bedürfnisse und Wünsche (Nahrung, Wohnung, Tierschutz, Wahrnehmung des Wahlrechts, keine Diskriminierung).
Die Unterstützung seitens der Unternehmen kann viele Formen annehmen, wie beispielsweise Geldspenden, Kredite, Sponsoring, technische Expertise, Sachzuwendungen (etwa Sachspenden wie Computerausrüstung oder kostenlose Bereitstellung von Dienstleistungen wie Druckkapazitäten), Anzeigen- und PR-Kampagnen, kostenlose Entsendung eigener Mitarbeiter oder Bereitstellung von Vertriebskanälen. Geldspenden kommen direkt vom Unternehmen oder über den Umweg von zu diesem Zweck gegründeten Stiftungen.
Die Unternehmen können diese Initiativen im Alleingang durchführen (Procter & Gamble etwa schickt im Rahmen der Aktion Tide Loads of Hope mobile Waschmaschinen in Notstandsgebiete) oder in einer Partnerschaft mit anderen (Food Network und Share Our Strength arbeiten im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit zusammen). Die Initiativen werden von einer konkreten Abteilung innerhalb des Unternehmens oder aber von einem Team geleitet, das sich aus Mitgliedern diverser Abteilungen zusammensetzt.
∎ Welche Trends gibt es?
In den letzten zehn Jahren ist die Bereitschaft der Unternehmen, soziale Projekte und gesellschaftliche Anliegen finanziell zu unterstützen, offensichtlich gestiegen. Immer häufiger wird auch in den Unternehmensberichten auf Corporate-Social-Responsibility-Initiativen aufmerksam gemacht. Dem entsprechen wachsende gesellschaftliche Erwartungen an die Unternehmen. Diese betrachten ihr Engagement zunehmend als strategische Chance und weniger als Pflichtübung.
∎ Gestiegene Spendenbereitschaft
Laut der Studie »Giving USA 2011« stieg das Gesamtvolumen der von Unternehmen geleisteten Geld- und Sachspenden in den Vereinigten Staaten im Jahr 2010 ungeachtet der Rezession um 10,6 Prozent auf 15,29 Milliarden US-Dollar (davon 4,7 Milliarden Kredite und Spenden von Unternehmensstiftungen).6 Und dem Jahresbericht des Committee Encouraging Corporate Philanthropy zufolge berichteten zwei Drittel der Unternehmen von einer Ausweitung ihres Engagements von 2009 bis 2010.7
Nach Berichten im IEG Sponsorship Report war das Sponsoring durch Unternehmen im Jahr 2010 mit einer Wachstumsrate von 6,7 Prozent das am schnellsten wachsende Sponsoring.8 Ebenfalls laut IEG nahm das Engagement der Unternehmen auch im Jahr 2011 zu, allerdings mit 3,7 Prozent auf 1,68 Milliarden US-Dollar etwas langsamer.9
∎ Vermehrte Berichterstattung
Die Corporate-Social-Responsibility-Berichterstattung ist in großen Unternehmen mittlerweile allgegenwärtiger Brauch und nimmt weltweit in raschem Tempo zu.10 Gemäß einer Erhebung von KPMG aus dem Jahr 2011 berichteten 95 Prozent der Global-Fortune-250-Unternehmen über ihre Corporate-Responsibility-Aktivitäten.11 Diese Zahl hat sich gegenüber den KPMG-Untersuchungen aus dem Jahr 2002 mehr als verdoppelt.12 »Nahezu die Hälfte der G250-Unternehmen berichten von finanziellem Wertgewinn infolge ihrer CSR-Initiativen«, heißt es bei KPMG.13
∎ Gesellschaftliche Erwartungen an Unternehmen
In diesen gedruckten und digitalen Berichten finden sich einander ähnelnde Botschaften von CEOs, die signalisieren, dass ein Bekenntnis zur Verantwortung der Unternehmen für das Gemeinwohl mittlerweile unverzichtbar ist, wie die folgenden Beispiele zeigen:
■ General Mills: »Unser Ziel ist es, in der vordersten Reihe der verantwortungsbewussten Unternehmen in der Lebensmittelbranche mitzumarschieren. Wir arbeiten täglich daran, das Vertrauen unserer Kunden zu gewinnen, wobei die Sicherheit unserer Produkte für uns oberste Priorität hat. Unser Verantwortungsbewusstsein als Corporate Citizen ist integrale Voraussetzung für dieses Vertrauen.« – Ken Powell, Chairman und CEO14
■ IBM: »Die Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen – und die reichen von sauberem Wasser und besserer Gesundheitsversorgung über grüne Energie und bessere Schulen bis zu nachhaltigen und lebendigen Städten und mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz und in der Politik – verlangt keine Entscheidung zwischen Geschäftsstrategie und Gemeinwohlstrategie. Sie steht vielmehr für eine Verschmelzung von beidem.« – Samuel J. Palmisano, Chairman, President und CEO15
■ Nike: »Es wird Zeit, dass die Welt sich bewegt. Alle Unternehmen kämpfen mit den unmittelbaren Auswirkungen schrumpfender natürlicher Ressourcen, der Bevölkerungsentwicklung und des Klimawandels. Und was heute noch vernachlässigbar erscheinen mag, kann sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu einem großen Problem auswachsen. Niemals war der Ruf an die Unternehmen, sich zu erneuern, lauter als heute – nicht nur um der Gesundheit und der Wachstumschancen der Unternehmen willen, sondern für das Wohl der ganzen Welt.« – Mark Parker, President und CEO16
■ Seventh Generation: »Wir sind bestrebt, zur Most Trusted Brand der Welt zu werden. Wir wollen mehr Kunden erreichen, mit gleichgesinnten Einzelhändlern Partnerschaften schließen und mit verantwortungsbewussten Zulieferern zusammenarbeiten, um auf diese Weise unseren Umsatz in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln. Wir werden unser Wachstum damit sichern, dass wir in die Seventh-Generation-Community und in unsere Marke investieren und neue und innovative Möglichkeiten auftun, wie wir die Bedürfnisse unserer Kunden auf nachhaltigere Weise erfüllen können.« – John B. Replogle, President und CEO17
■ Starbucks: »Heute zählen die Menschen vielleicht mehr denn je darauf, dass die Unternehmen ihnen helfen, die vielen komplexen Probleme dieser unserer Welt zu bewältigen. Wir von Starbucks stehen zu dieser Verantwortung und werden einmal mehr neue Corporate-Responsibility-Standards setzen.« – Howard Schultz, President und CEO18
∎ Weg von der Pflichterfüllung und hin zur Strategie
In seinem bahnbrechenden Artikel in der Harvard Business Review beschreibt Craig Smith die New Corporate Philanthropy als die Entwicklung hin zu einem langfristigen Engagement für gesellschaftliche Anliegen und Initiativen, das mehr umfasst als Geldspenden, das Mittel aus der Wirtschaft und aus karitativen Budgets erschließt, strategische Bündnisse knüpft und all dies auf eine Weise tut, dass davon auch die Geschäftsziele profitieren.
Einen Meilenstein in dieser Entwicklung sieht er in einer Entscheidung des Supreme Court aus den 1950er-Jahren, die jene rechtlichen Schranken und ungeschriebenen Regeln außer Kraft setzte, die bis dahin das soziale und gesellschaftliche Engagement von Unternehmen, wenn nicht verhindert, so doch begrenzt hatten. Daraufhin verspürten die meisten US-Unternehmen in den 1960er-Jahren zunehmend den Druck, ihr gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein unter Beweis zu stellen und unternehmenseigene Stiftungen und Spendenprogramme ins Leben zu rufen.19
Einer der nächsten Meilensteine war Smith zufolge die von der Exxon Valdez verursachte Ölpest im Jahr 1989, die das Engagement der 1970er- und 1980er-Jahre ernsthaft infrage stellte. In jener Zeit unterstützten die Unternehmen tendenziell eine Vielzahl von sozialen Projekten und gesellschaftlichen Anliegen, die wenig oder nichts mit ihrem Geschäftsfeld zu tun hatten, wobei sie die Koordination ihrer Spendenaktivitäten mit Vorliebe an eigenständige Stiftungen auslagerten. Als Exxon sich dann auf die Suche nach Expertise und Unterstützung aus dem Kreis der Umweltschützer begab, stellte das Management fest, dass »zu den von der Stiftung geförderten prominenten Umweltschützern kein Kontakt bestand«20. Als letzten Meilenstein nennt Smith Modelle aus den 1990er-Jahren wie das von AT & T verwendete, das »gleichermaßen dazu gedacht war, das eigene Unternehmen wie die Gesellschaft zu reformieren«21.
Hess, Rogovsky und Dunfee sehen als weitere Kraft hinter dieser Entwicklung den New Moral Marketplace Factor, der in der zunehmenden Bedeutung der Unternehmensethik für die Entscheidungen von Verbrauchern, Investoren und Arbeitnehmern zum Ausdruck kommt. Sie verdeutlichen die Rolle der Wirtschaftsethik an mehreren Beispielen, etwa wenn »Investoren Investmentfonds anhand sozialer Kriterien auswählen, Verbraucher den Ölkonzern Shell wegen seiner Entscheidung boykottieren, die Ölplattform Brent Spar zu versenken, und Arbeitnehmer gesellschaftlich verantwortungsbewusste Arbeitgeber vorziehen«22.
Im folgenden Abschnitt stellen wir den eher traditionellen Ansatz des karitativen Engagements von Unternehmen dem modernen strategischen Ansatz gegenüber und orientieren uns dabei an unseren Best-Practice-Kriterien der Auswahl, Entwicklung, Implementierung und Bewertung von Social Initiatives.
Der traditionelle Ansatz: Erfüllung einer Pflicht
Bis Ende der 1980er-Jahre spiegelten Entscheidungen zu den gesellschaftlichen Anliegen, die es zu unterstützen galt, in aller Regel den zunehmenden Druck wider, Gutes zu tun, um gut dazustehen. Die Unternehmen legten ein Jahresbudget für karitative Zwecke fest, das je nach Umsatz und Gewinn auch schwanken konnte. Die Mittel wurden auf so viele Organisationen wie möglich verteilt, weil man sich davon ein Höchstmaß an Zufriedenheit und an eigener Sichtbarkeit versprach. Da im Lauf der Jahre eine Vielzahl von Organisationen und Anliegen unterstützt wurde, waren die einzelnen Engagements zumeist nur kurzfristiger Natur. Im Rückblick wird deutlich, dass dabei Anliegen, die möglicherweise im Zusammenhang mit Kernprodukten des Unternehmens standen, tendenziell eher gemieden wurden, um nicht eigennützig zu erscheinen. Ebenso wurden auch prominente und häufig kontroverse gesellschaftliche Problemfelder wie beispielsweise Aids ausgeklammert, weil staatliche Stellen und gemeinnützige Organisationen vermeintlich besser in der Lage waren, damit umzugehen. Die Entscheidung, welche Projekte oder Initiativen es zu unterstützen und welche Organisationen es zu finanzieren galt, richtete sich auch stark nach den Vorlieben und Wünschen der obersten Unternehmensleitung, während sie mit den Unternehmenszielen kaum etwas zu tun hatte.
Bei der Entwicklung und Durchführung konkreter Initiativen lautete die Devise häufig »Tue Gutes so einfach wie möglich«, mit der Folge, dass sich das Engagement nicht selten auf das Ausstellen eines Schecks beschränkte. Die meisten Unternehmen waren zufrieden mit der Rolle als ein Sponsor unter vielen, war doch die Sichtbarkeit des Engagements kein großes Thema. Und weil eine Integration und Koordination der Spendenprogramme mit anderen Unternehmensstrategien und Unternehmenseinheiten wie beispielsweise Marketing, Personalwesen oder operatives Geschäft lediglich zusätzliche Arbeit bedeutet hätte, wurden kaum Versuche in dieser Richtung unternommen.
Und was die Evaluation betrifft, so scheint es, dass kaum etwas getan wurde, um quantifizierbare Resultate für das Unternehmen oder für das karitative Projekt zu erzielen. Hauptsache, man tat etwas Gutes.
Der neue Ansatz: Einbeziehung der Unternehmensziele
Wie bereits erwähnt, beschreibt Smith, dass Anfang der 1990er-Jahre viele Unternehmen zu einem neuen Spendenmodell wechselten, einem strategischen Ansatz, der in allen wesentlichen Fragen erhebliche Änderungen mit sich brachte: welche Anliegen die Unternehmen unterstützten, wie sie ihre Programme gestalteten und umsetzten und wie sie sie bewerteten.
Die moderne Form der Entscheidungsfindung spiegelt den zunehmenden Wunsch wider, gute Ergebnisse zu erzielen und Gutes zu tun. Immer mehr Unternehmen suchen sich einige wenige Schwerpunktanliegen aus, die mit den Unternehmenswerten im Einklang stehen, und entscheiden sich für Initiativen, die die Unternehmensziele unterstützen. Sie bevorzugen Themen, die mit Kernprodukten und Kernmärkten zusammenhängen, und unterstützen Anliegen, die sich positiv auf Marketingziele wie beispielsweise einen größeren Marktanteil, eine stärkere Marktdurchdringung oder den Aufbau einer gewünschten Markenidentität auswirken. Auch das Unterstützungspotenzial der Vertreter eines sozialen Projekts in Zeiten einer Unternehmenskrise oder im politischen Kontext spielt bei der Auswahl durchaus eine Rolle. Schon beim Auswahlprozess werden möglichst viele Abteilungen einbezogen, um zugleich die Voraussetzungen für eine gelungene Umsetzung des Programms zu schaffen. Das auszuwählende Anliegen soll sowohl den eigenen Angestellten und den Kunden als auch der Allgemeinheit besonders wichtig sein.
Die Entwicklung und Implementierung von Programmen im Rahmen dieses neuen Modells folgt eher dem Motto: »Wir tun nicht einfach nur irgendetwas Gutes, wir tun alles, um etwas wirklich Gutes zu tun.« Inzwischen ist es auch üblich geworden, dass sich Manager langfristig engagieren und nichtmonetäre Hilfe leisten, beispielsweise in Form von Expertenwissen, technischem Know-how, Dienstleistungen oder ausgemusterten Maschinen und Anlagen. Es werden vermehrt Anstrengungen unternommen, die eigenen Vertriebskanäle für die unterstützten Projekte oder Organisationen zu öffnen, Mitarbeiter für ehrenamtliche Tätigkeiten freizustellen, das soziale oder gesellschaftliche Anliegen in die Sparten Marketing, Unternehmenskommunikation, Personalwesen, Öffentlichkeitsarbeit und operativer Betrieb einzubeziehen, strategische Bündnisse mit einem oder mehreren externen (privaten, staatlichen, gemeinnützigen) Partnern zu schließen und Mittel aus weiteren Abteilungen wie beispielsweise Marketing oder Personalwesen zu bekommen.
Der Evaluation wird eine immer größere Bedeutung beigemessen, seit sie als Schlüssel für die Beantwortung der Frage begriffen wird: »Was haben wir Gutes getan?« Vertrauen ist nicht alles. Die Evaluation liefert ein Feedback, das sodann im Rahmen eines strategischen Konzepts dazu genutzt werden kann, Kurskorrekturen vorzunehmen und eine glaubwürdige Öffentlichkeitsarbeit zu leisten. Folglich wird der Druck größer, Kampagnenziele zu definieren und den Nutzen für das Unternehmen ebenso wie für die gute Sache zu evaluieren. Aber mag auch der Druck gewachsen sein, Ergebnisse zu bewerten – die Programmpartner tun sich häufig noch schwer mit der Entscheidung für die richtige Vorgehensweise und die Sicherung der dafür erforderlichen Ressourcen.
Die rasante Entwicklung der digitalen und mobilen Kommunikation während der letzten fünf Jahre hat den Unternehmen neue Instrumente an die Hand gegeben, um Stakeholder in ihre Social Initiatives einzubeziehen. Häufige Veränderungen auf den vergleichsweise etablierten Plattformen wie Facebook, Twitter und YouTube und die Entstehung neuer spezialisierter, massenwirksamer und / oder mobiler Instrumente bedeuten, dass das Wissen, wie sie bestmöglich genutzt werden können, noch in den Kinderschuhen steckt. Um Ihnen einen Einblick in einige aktuelle Best Practices zu geben, haben wir dieses Buch mit eigens hervorgehobenen Hinweisen zu Social Media angereichert.
Die Veränderung der digitalen Landschaft schafft für die Unternehmen nicht nur neue Möglichkeiten, sondern stellt sie auch vor ernste Herausforderungen. Die Dezentralisierung der Kommunikation erweitert und ermöglicht es Individuen und Gruppen in zunehmendem Maße, sich mit Kritik an den Unternehmen und ihren Aktivitäten hervorzutun.
∎ Warum Gutes tun?
Die meisten Gesundheitsexperten versprechen demjenigen, der regelmäßig Sport treibt, ein besseres Aussehen, mehr Wohlbefinden, mehr Tatkraft und ein längeres Leben. Es gibt viele, die sagen, dass die Beteiligung an Social Initiatives, ob mit oder ohne unmittelbare Kundenbeteiligung, ähnliche Vorteile bringt. Ein solches Engagement scheint sich gut zu machen – in den Augen potenzieller Kunden, Investoren, Finanzanalysten, Geschäftskollegen, in Jahresberichten, in den Nachrichten und vielleicht sogar im Parlament und im Gerichtssaal. Es vermittelt Arbeitnehmern, Kunden, Anteilseignern und den Vertretern der Unternehmensleitung ein positives Grundgefühl. Zudem spricht viel dafür, dass ein soziales oder gesellschaftliches Engagement sich vorteilhaft auf die Marke, die Jahresbilanz und die Gesellschaft als Ganzes auswirkt. Und einige behaupten sogar, dass Unternehmen mit einer starken Reputation in Sachen Corporate Social Responsibility länger überleben.
Wir wollen einige Indizien unter die Lupe nehmen, die dafür sprechen, dass eine Beteiligung an Social Initiatives wichtige Kennzahlen beeinflussen kann, was diese Behauptungen stützen würde.
Business for Social Responsibility ist eine führende globale Non-Profit-Organisation, die Unternehmen mit Informationen, Instrumenten und Schulungen bei der Integration des Corporate-Social-Responsibility-Prinzips in den operativen Betrieb sowie bei der Strategieentwicklung unterstützt. Aus Umfragen und praktischen Erfahrungen schließt man dort, dass sich der bilanztechnische Nutzen für die Unternehmen an einer ganzen Reihe von Punkten festmachen lässt, als da wären23:
■ Gesteigerter Umsatz und vergrößerter Marktanteil
■ Gestärkte Markenposition
■ Verbessertes Unternehmensimage und größere Schlagkraft
■ Größere Attraktivität als Arbeitgeber und bessere Mitarbeitermotivation
■ Betriebskosteneinsparungen
■ Größere Strahlkraft auf Investoren und Finanzanalysten
∎ Gesteigerter Umsatz und vergrößerter Marktanteil
Cone Communications befragt seit 1993 US-Verbraucher und -Arbeitnehmer zu ihrer Einstellung zu Unternehmen und deren gesellschaftlichem Engagement. Möglicherweise infolge des wirtschaftlichen Abschwungs wiesen die Daten für 2011 in einigen Bereichen Werte für die Kundenerwartungen und -präferenzen auf, die über allem liegen, was Cone bislang gemessen hatte.24
■ 94 Prozent der Befragten erklärten, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit bei gleichem Preis und gleicher Qualität zu einem Anbieter wechseln würden, der soziale Projekte oder gesellschaftliche Anliegen unterstützt – ein Allzeitrekord. (Im Jahr 1993 lag die Zahl noch bei 66 Prozent, zwei Monate nach dem 11. September 2001 bei 79 Prozent.25)
■ 91 Prozent sagten, sie würden, wenn sich die Gelegenheit bietet, ein Produkt kaufen, das mit einem karitativen Zweck oder gesellschaftlichen Anliegen verbunden ist. 62 Prozent sagen, dass sie in den letzten Jahren ein solches Produkt erworben haben.
■ 81 Prozent gaben an, sie würden für eine Wohltätigkeitsorganisation spenden, die von einem Unternehmen ihres Vertrauens unterstützt wird, falls sich die Gelegenheit dazu bietet. 70 Prozent haben dies nach eigenen Angaben in den letzten zwölf Monaten getan.
Im Jahr 2011 erweiterte Cone den Forschungsradius um neun weitere Länder und stellte dabei fest, dass »die Kunden weltweit den Unternehmen eine explizite Verantwortung attestieren, mitzuhelfen, dass die Welt eine andere wird«26. Insgesamt gaben 94 Prozent der 10 000 in Kanada, Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Russland, China, Indien, Japan und den Vereinigten Staaten befragten Menschen an, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit bereit seien, zu Marken zu wechseln, die ein gesellschaftliches Interesse unterstützen.27
Solche Befunde, wonach ein Unternehmensengagement für gesellschaftliche Anliegen die Markenpräferenz steigern kann, werden sowohl von Studien gestützt, die von PR- und Brandingagenturen erstellt wurden (wie der Edelman Goodpurpose Study28 oder dem PRWeek / Barkley Cause Survey29) als auch von wissenschaftlichen Studien.
Bloom, Hoeffler, Keller und Basurto beispielsweise behaupten:
»Die Verbraucher von heute achten darauf, wie Marken vermarktet werden, und wenn ihnen das Marketing zusagt, weil es sie emotional anspricht oder sie eine gewisse Nähe zu dem im Marketingprogramm unterstützten gesellschaftlichen Anliegen empfinden, werden sie den Marketingansatz der Marke gewichtiger und positiver aufnehmen, als wenn das Marketingprogramm rein kommerziell ausgerichtet ist.«30
In den folgenden Kapiteln finden Sie viele Fallbeispiele von Programmen, die Umsatz und Marktanteil vergrößerten. Ein Pionierprogramm, das im Lauf der Jahre viele andere inspirierte, ist die American-Express-Kampagne zur Restaurierung der New Yorker Freiheitsstatue, eine Cause-Related-Marketing-Initiative aus den frühen 1980er-Jahren. Statt lediglich einen Scheck auszustellen, probierte American Express einen neuen Ansatz aus: Das Unternehmen erklärte, für jeden Einsatz der Karte einen bestimmten Betrag in einen Fonds zur Restaurierung der Statue einzuzahlen und darüber hinaus für jeden neuen Kartenantrag einen weiteren festen Betrag zu spenden. Die Kampagne erbrachte 1,7 Millionen Dollar für die Lady, eine um 27 Prozent gesteigerte Kartennutzung und 10 Prozent mehr Kartenneuanträge.31
∎ Gestärkte Markenposition
In ihrem Buch Brand Spirit betonen Pringle und Thompson, welchen Einfluss die Verknüpfung eines Unternehmens oder einer Marke mit einem guten Zweck auf den »Geist der Marke« hat. Die Verbraucher blicken dabei »über die praktischen Fragen der funktionellen Produktleistung und des rationalen Produktnutzens und auch über die emotionalen und psychologischen Aspekte der Markenpersönlichkeit und des Markenimages hinaus. Sie streben vielmehr den obersten Punkt der Maslowschen Bedürfnishierarchie an: die ›Selbstverwirklichung‹.«32 Wonach sie heute schauen und was sie heute anzieht, das ist die Demonstration des Guten. »In einem anthropomorphen Sinne lässt sich sagen: Sobald die Verbraucher wissen, wie eine Marke funktioniert, wie sie ›denkt und fühlt‹, lautet die neue Frage, die es zu beantworten gilt: ›Woran glaubt sie?‹«33
Bloom, Hoeffler, Keller und Basurto diagnostizieren, dass »Marketinginitiativen mit einer starken karitativen oder sozialen Komponente einen positiveren Effekt auf die Beurteilung einer Marke haben als Initiativen ähnlicher Größe und Reichweite, aber mit weniger sozialen Inhalten. Mit ›sozialen Inhalten‹ meinen wir Aktivitäten im Rahmen der Marketinginitiative, die auf das Allgemeinwohl abzielen. Eine Kampagne, die jeden Kauf eines bestimmten Produkts mit einer Spende des Unternehmens an eine Umweltorganisation honoriert, hätte einen höheren sozialen Inhalt als eine Kampagne, die dem Verbraucher zu jedem gekauften Produkt ein Gratisspielzeug schenkt.«
Denken Sie etwa daran, wie die Teilnahme an Social Initiatives die Eiscrememarke Ben & Jerry’s »beseelt« hat. Dank jahrelanger Aktivitäten und Kommunikationsanstrengungen rufen die Worte Ben & Jerry’s mittlerweile das Bild eines philanthropischen Unternehmens hervor, das positive gesellschaftliche Veränderungen fördert und unterstützt. Ein Beispiel ist das PartnerShops-Programm, das auf die üblichen Franchisegebühren verzichtet, damit gemeinnützige Organisationen bedürftigen Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten können; ein anderes die Lick-Global-Warming-Kampagne, die den Menschen zeigt, wie sie ihren Kohlendioxidausstoß verringern und den Kampf gegen die globale Erwärmung unterstützen können. Darüber hinaus kauft Ben & Jerry’s die für die Eiscremeproduktion benötigten Brownies bei der Greyston Bakery, einer gemeinnützigen Organisation, die ehemaligen Obdachlosen und anderen sozial Benachteiligten Arbeitsplätze anbietet und sie in ihrem Alltag unterstützt. Bei vielen Verbrauchern haben die zahlreichen sozialen Aktivitäten dazu geführt, dass sie die Phalanx der Ben-&-Jerry’s-Becher in den Kühlregalen mit besonderer Sympathie betrachten.
∎ Verbessertes Unternehmensimage und größere Schlagkraft
Es existieren zahlreiche Berichte und Rankings im Bereich der Corporate Social Responsibility. Um nur zwei zu nennen:
■ Fortune veröffentlicht eine Jahresliste der »meistbewunderten Unternehmen der Welt«, und die gesellschaftliche Verantwortung ist eines der acht Kriterien, nach denen Führungskräfte und Analysten in aller Welt befragt werden, um die Unternehmen zu bewerten. Spitzenplätze auf der Corporate-Social-Responsibility-Rangliste von 2011 belegten beispielsweise Statoil (Norwegen), Ferrovial (Spanien), Walt Disney (USA), ENI (Italien) und Whole Foods Market (USA).34
■ Das Corporate Responsibility Magazine veröffentlicht eine Liste der »100 besten Corporate Citizens«, die sich den Grundsatz zu eigen gemacht haben, dass die unternehmerische Verantwortung gegenüber den Stakeholdern die Umwelt und die Allgemeinheit mit einschließt. Im Jahr 2011 waren die fünf besten Corporate Citizens Johnson Controls, Campbell Soup Company, IBM, Bristol-Myers Squibb und Mattel.35
Abgesehen von der positiven Presse, die solche Rankings erzeugen, gilt laut Business for Social Responsibility, dass Unternehmen, die mehr Engagement zeigen, als gesetzlich vorgeschrieben ist, von den nationalen und lokalen Behörden weniger streng überwacht werden und mehr Freiheiten genießen.
Eine gute Reputation kann in Krisenzeiten von echtem Wert sein. Als ein dramatisches Beispiel beschreiben Hess, Rogovsky und Dunfee die Erfahrungen von McDonald’s während der Unruhen in South Central Los Angeles im Jahr 1992. »Mit seinen Ronald-McDonald’s-Häusern und seinem Engagement für die Schaffung von Arbeitsplätzen war es dem Unternehmen gelungen, seine Beziehungen zur Öffentlichkeit entscheidend zu verbessern und sich ein positives Image zuzulegen. McDonald’s-Führungskräfte wussten zu berichten, dass die Aufständischen sich scheuten, McDonald’s-Restaurants in Mitleidenschaft zu ziehen. Während der Vandalismus der Wirtschaft der Region immensen Schaden zufügte, blieben alle sechzig McDonald’s-Restaurants verschont.«36
∎ Größere Attraktivität als Arbeitgeber und bessere Mitarbeitermotivation
Aus Verbrauchererhebungen geht hervor, dass die Teilnahme eines Unternehmens an Social Initiatives einen positiven Einfluss auf potenzielle und gegenwärtige Mitarbeiter sowie auf Bürger und Führungskräfte haben kann. Laut der Cone Cause Evolution Study 2011 bekundeten 69 Prozent der befragten US-Amerikaner, dass der Einsatz eines Unternehmens für gesellschaftliche oder ökologische Anliegen einen Einfluss darauf habe, ob sie gern für das Unternehmen arbeiten würden oder nicht.37 Mitarbeiter, die an den Wohltätigkeitsprogrammen ihrer Unternehmen beteiligt waren, erklärten häufiger, dass sie auf ihr Unternehmen stolz seien und sich ihm treu verbunden fühlten, als Beschäftigte ohne eine solche Beteiligung.38 »Unternehmen, die ihre Mitarbeiter nicht umfassend beteiligen, müssen dies offenbar teuer bezahlen«, lesen wir bei Cone.39
Nach einer Erhebung des Aspen Institute aus dem Jahr 2011, die unter dem Titel Beyond Grey Pinstripes erschienen ist, reagieren die wirtschaftswissenschaftlichen Institute auf den zunehmenden Wunsch der Studenten nach Social Entrepreneurship und einer Beschäftigung bei einem verantwortungsbewussten Unternehmen mit einem verstärkten Angebot an Kursen, die die gesellschaftlichen, ökologischen und ethischen Konsequenzen wirtschaftlicher Entscheidungen unter die Lupe nehmen.40
∎ Betriebskosteneinsparungen
Sinkende Betriebskosten und steigende Einkünfte aus Zuwendungen und Anreizen infolge der Implementierung von Social Initiatives sind in verschiedenen Bereichen der Unternehmen möglich, insbesondere wenn damit eine Veränderung der Unternehmenspraktiken verbunden ist. Ein Bereich, bei dem dies unmittelbar einleuchtet, sind Umweltinitiativen zwecks Ausschussreduzierung, Materialwiederverwertung, Recycling sowie Wasser- und Stromeinsparung.
AT & T beispielsweise hat ein Programm, das die Kunden mit dem Versprechen, die Arbor Day Foundation zu unterstützen, dazu anregt, sich für die papierlose elektronische Rechnungsstellung zu registrieren. Diese Kampagne hat dem Unternehmen Einsparungen an Papier-, Druck- und Portokosten in Millionenhöhe beschert, Bäume vor der Säge bewahrt und die Anpflanzung von Hunderttausenden neuer Bäume ermöglicht.41
Ein anderes Feld für potenzielle Kostenreduzierungen ist der Werbeetat, insbesondere infolge vermehrter kostenloser Publicity.
Seit ihrer Gründung in den 1970er-Jahren ist die Boutiquekette The Body Shop für ihren Einsatz für Fair Trade, für den Umweltschutz und gegen Tierversuche im Kosmetikbereich bekannt. Laut einem Artikel im World Council of Sustainable Development »wurde The Body Shop als Geschäft mit fairen Preisen für fair hergestellte Kosmetika eingeführt. Gründerin Anita Roddick erzeugte so viel wohlwollende Publicity, dass das Unternehmen auf weitere Werbung verzichten konnte: eine Win-win-Situation an der Kosten-Nutzen-Front, ganz abgesehen vom Nutzen für Umwelt und Gesellschaft.«42
In jüngerer Zeit durften sich die Social Entrepreneurs von TOMS Shoes einer Welle der Sympathie seitens der Verbraucher und der Medien erfreuen. Sie starteten den Aufruf: Kaufen Sie ein Paar Schuhe, und ein weiteres Paar geht an ein bedürftiges Kind. Zufällig sah im Jahr 2008 der Leiter einer Werbeagentur einen Fernsehbericht über diese Aktion. Über eine Verkettung von Ereignissen führte dies dazu, dass das Unternehmen im Folgejahr in einem viel beachteten ATTWerbespot auftrat – eine geschäftsfördernde Gratiswerbung für TOMS Shoes von Millionenwert.43
∎ Größere Strahlkraft auf Investoren und Finanzanalysten
Manche behaupten, ein Engagement in Social Initiatives könne einen gesteigerten Börsenwert zur Folge haben.
■ In ihrem Buch Firms of Endearment präsentieren Rajendra Sisodia, David Wolfe und Jagdish Sheth Daten, denen zufolge Unternehmen, die sich bei allen Stakeholdern »beliebt« machen, in den Drei-, Fünf- und Zehnjahresperioden, die am 30. Juni 2006 endeten, auf dem breiten Aktienmarkt deutlich besser abschnitten.44 »Großartige Unternehmen halten ihr überragendes Leistungsniveau nicht nur für die Investoren, sondern, was aus unserer Sicht ebenso wichtig ist, auch für Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und die Allgemeinheit über längere Zeit aufrecht«, schreiben die Autoren.
■ In »Corporate Social Responsibility and Shareholder Value – The Environmental Consciousness of Investors« untersucht Caroline Flammer von der MIT School of Management die Beziehung zwischen Unternehmensverlautbarungen zu positiven und negativen Umweltnachrichten und dem Aktienkursverlauf von 1980 bis 2009. »Wir stellen fest, dass Unternehmen, von denen berichtet wird, dass sie sich verantwortungsbewusst gegenüber der Umwelt verhalten, einen signifikanten Kursanstieg verzeichneten, während Unternehmen, die sich unverantwortlich verhalten, einen signifikanten Kursverfall hinnehmen mussten.«45
■ Laut dem 2010 Report on Socially Responsible Investing Trends in the United States der Social Investment Forum Foundation »nehmen die nachhaltigen und gesellschaftlich verantwortungsbewussten Investitionen (Socially Responsible Investments, SRI) in den Vereinigten Staaten schneller zu als das breitere Spektrum der konventionellen Anlagen unter professionellem Management. Anfang 2010 standen professionell nach SRI-Strategien gemanagte Anlagen bei 3,07 Billionen US-Dollar, was gegenüber einem Wert von 639 Milliarden US-Dollar im Jahr 1995 einen Anstieg von mehr als 380 Prozent bedeutet … Im selben Zeitraum nahm das breitere Spektrum der Anlagen unter professionellem Management nur um 260 Prozent von 7 auf 25,2 Billionen US-Dollar zu.«46
∎ Die wichtigsten Herausforderungen für diejenigen, die Gutes tun wollen
Sämtliche in diesem Buch identifizierten fundamentalen Entscheidungspunkte – Auswahl eines zu unterstützenden gesellschaftlichen Anliegens, Wahl einer Initiative zur Unterstützung dieses Anliegens, Entwicklung und Implementierung des Projekts und Bewertung der Resultate – stellen die Verantwortlichen in den Unternehmen vor beträchtliche Herausforderungen. Auf den nächsten Seiten wollen wir diese Punkte näher betrachten. Sie spielen aber auch in den folgenden Kapiteln eine wichtige Rolle.
∎ Auswahl eines gesellschaftlichen Anliegens
Bei diesem ersten Schritt der Auswahl eines Anliegens haben wir es möglicherweise mit der größten Herausforderung zu tun, hat doch die Erfahrung gezeigt, dass nicht alle Anliegen für alle Unternehmen in gleicher Weise geeignet sind. Diese erste Entscheidung bestimmt zudem maßgeblich über alle weiteren Schritte. Diejenigen, die die Empfehlungen ausarbeiten, müssen also konkurrierende Prioritäten und Interessen sorgfältig gegeneinander abwägen. Sie müssen sich unter anderem folgende Fragen stellen:
■ Inwiefern unterstützt dieses Projekt unsere Geschäftsziele?
■ Wie groß ist das gesellschaftliche Problem? Welche Relevanz hat es?
■ Beschäftigen sich damit bereits staatliche oder andere Stellen?
■ Was werden unsere Aktionäre davon halten, wenn wir uns hier engagieren?
■ Handelt es sich um ein Thema, für das sich unsere Mitarbeiter begeistern können?
■ Ermuntern wir mit unserem Engagement nicht andere potenzielle Bittsteller, bei uns Mittel einzuwerben?
■ Wie stellen wir sicher, dass wir ein langfristig aktuelles Thema aufgreifen?
■ Kann diese Thematik negativ auf uns zurückfallen oder gar einen Skandal auslösen?
■ Handelt es sich möglicherweise um ein Thema, für das sich bereits unsere Wettbewerber einsetzen, mit der Folge, dass es ihnen quasi gehört?
∎ Wahl einer Initiative zur Unterstützung dieses Anliegens
Sobald ein Thema ausgewählt wurde, stehen die Manager vor der schwierigen Aufgabe, Empfehlungen abzugeben, mit welcher oder welchen der in Kapitel 2 identifizierten sechs Social Initiatives das gesellschaftliche Anliegen unterstützt werden soll. Und wieder müssen sie sich einige Fragen stellen:
■ Wie können wir uns hier engagieren, ohne unser Kerngeschäft zu vernachlässigen?
■ Inwiefern wird diese Initiative die Sichtbarkeit des Unternehmens fördern?
■ Werden diese Programme wirklich funktionieren? Wer wird ihnen Beachtung schenken?
■ Was ist, wenn die Verbraucher den Eindruck gewinnen, der für die gute Sache eingesetzte Betrag sei zu gering?
■ Haben wir die Kosten einer Freistellung von Mitarbeitern für die Arbeit in dem sozialen Projekt durchkalkuliert?
■ Ist es sinnvoll, diesem Anliegen in unseren Läden Sichtbarkeit und insbesondere Regalfläche zu geben? Oder sollten wir lieber einen Scheck ausstellen bzw. einen Zuschuss gewähren?
∎ Entwicklung und Implementierung des Projekts
Zu den zentralen Entscheidungen an dieser Stelle gehören die über potenzielle Partner, über die grundsätzliche Ausrichtung der Strategie (inklusive Kommunikation und Vertriebskanäle), über Aufgaben und Verantwortlichkeiten, über Zeitpläne, über die Budgetaufteilung und die Ressourcennutzung. Auch hier sind einige grundlegende Fragen zu klären, insbesondere mit Blick auf die einzusetzenden Ressourcen Zeit und Geld:
■ Wie können wir dieses Anliegen fördern, wenn das vorhandene Geld für Performancesteigerungen benötigt wird?
■ Wie erklären wir dieses Engagement den Anteilseignern, die das Geld als das ihrige betrachten?
■ Warum sollte unsere Abteilung hier Mittel investieren?
■ Werden Partnerschaften den Entscheidungsprozess verlangsamen und infolgedessen mehr Mitarbeiterzeit in Anspruch nehmen?
■ Kommt das, was wir investieren, wirklich dort an, wo es gebraucht wird?
■ Handelt es sich nicht lediglich um eine verkappte Werbekampagne?
■ Wie sieht unsere Ausstiegsstrategie aus?
■ Wie vermeiden wir den Eindruck der Scheinheiligkeit?
∎ Bewertung
Eine fortwährende Evaluation von Marketingaktivitäten und Finanzinvestitionen hat bei Unternehmen eine lange Geschichte, mit jahrzehntelangen Erfahrungen im Aufbau ausgeklügelter Systeme und Datenbanken, die es ermöglichen, Investitionsrenditen zu analysieren und gegenwärtige Aktivitäten anhand von Benchmarks und Goldstandards zu bewerten. Die Messung von Investitionsrenditen im Bereich von Social Initiatives hingegen hat eine sehr viel jüngere Tradition, insofern gibt es keine langjährigen Erfahrungen, auf die zurückgegriffen werden könnte. Sowohl die Marketingexperten als auch die Wissenschaftler sehen dieses Problem:
■ Curt Weeden, ehemaliger CEO der Association of Corporate Contributions Professionals und einst bei Johnson & Johnson für Corporate Philanthropy zuständiger Vice President, formuliert es so: »Umfassende Bewertungen sind für 99 Prozent der Beiträge, für die sich die Unternehmen entscheiden, schlicht nicht praktikabel oder finanzierbar.«47
■ Sinha, Dev und Salas schreiben: »Weil der Nutzen von CSRMaßnahmen nicht direkt messbar ist und die meisten Unternehmen ihre Aufwendungen für solche Aktivitäten nicht offenlegen, fällt es schwer, den ROI von CSR-Investitionen direkt zu bestimmen.«48
■ McDonald’s etwa berichtet, dass selbst die Messung größerer Events eine Herausforderung darstellt: »Die meisten unserer gegenwärtigen Ziele und Messverfahren beziehen sich auf Prozesse, Systementwicklung und Standardsetzung … wir arbeiten mit über die Welt verteilten Franchisenehmern. Gegenwärtig haben wir nicht die Systeme, mit denen wir die Daten von rund 5500 unabhängigen Betreibern sammeln und verarbeiten könnten, um dann zu erkennen, was sie auf lokaler Ebene für die Gemeinschaft, für die Gesellschaft insgesamt und für die Umwelt tun.«49
■ Gourville und Rangan beschreiben dieses Problem ebenfalls: »Nur selten bewerten Unternehmen ihre Cause-Marketing-Partnerschaften mit gemeinnützigen Organisationen und den Nutzen, den beide Seiten davon haben. Zwar gibt es einige schillernde Erfolgsstorys … aber die meisten Unternehmen in der freien Wirtschaft hätten ihre liebe Not damit, die langfristigen Wirkungen ihrer Cause-Marketing-Kampagnen auf ihr Geschäft zu dokumentieren, und die meisten Non-Profit-Organisationen täten sich schwer damit, den Wert, den sie in die Partnerschaft einbringen, beim Namen zu nennen.«50
Erfreulicherweise gibt es zu zahlreichen der Fallbeispiele dieses Bandes gesicherte Daten über die Auswirkungen der CSR-Initiativen. Wirtschaft und Gesellschaft haben aufs Ganze gesehen sehr viel zu gewinnen aus gut geplanten und ausgeführten Social Initiatives. Machen Sie sich auf den folgenden Seiten mit dem praktischen Wissen von Dutzenden von Pionieren vertraut, die ihre Erfahrungen bereitwillig weiterreichen, damit zukünftige Manager in der Lage sind, bekannte Klippen zu umschiffen und erfolgreiche Programme zu entwerfen, die uns alle weiterbringen.