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Kapitel 2

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Die meisten Leute erinnern sich gerne zurück an ihre Schulzeit. Ben hörte immer von allen, wie einfach das Leben damals doch noch war und dass man sich um nichts Sorgen machen musste. Jedes Mal dachte Ben, dass das alles doch nur totaler Schwachsinn sei.

Mitten auf der Straße stehend versank er in seinen Erinnerungen und dachte zurück an die Zeit, in der er auf die Realschule seiner Stadt gekommen war. Er war damals elf Jahre alt gewesen, nervös und unsicher. Der erste Tag war ganz neu für alle und diejenigen, die sich bereits kannten, stellten sich in kleinen Rudeln auf und machten es einem nicht einfach sich dazu zu stellen.

Nach der Grundschule gingen die meisten seiner Freunde auf andere Schulen. Doch als er die Gänge der Realschule langlief und den gelben Fußabdrücken auf dem Boden folgte, die ihn zu seinem Klassenzimmer führten, hatte Ben das Gefühl, dass die anderen neuen Schüler sich alle schon kannten. Und trotzdem brauchte es nicht lange, bis Ben seinen ersten Freund fand.

Als er in die Klasse stolzierte, schaute er sich um, um zu sehen, ob er vielleicht irgendjemanden aus seiner neuen Klasse kannte. Rechts vorne am Fenster saß ein Mädchen, das er von seiner ehemaligen Schule kannte.

Ben zögerte und wusste nicht, ob er sich zu ihr setzten sollte. Er hatte damals nicht so viel mit ihr zu tun gehabt. Außerdem dachte er sich, dass es blöd rüber käme, sich an seinem ersten Tag direkt neben ein Mädchen zu setzen. Dann sah Ben einen Jungen in der Mitte des Raumes sitzen. Der Junge las in einem Comicheft der Avengers. Sofort war er Ben sympathisch, mochte er Comics doch selber gerne.

»Sitzt hier vielleicht schon jemand oder kann ich mich hier hinsetzen?«, fragte Ben schüchtern, der annahm, dass der Junge sowieso nein sagen würde.

»Klar, setz' dich ruhig!«, entgegnete der Junge und grinste ihn an.

»Ich bin übrigens Noah, und du?«

Ben setzte sich und hielt Noah seine Hand hin, der sie bereitwillig schüttelte.

»Ich bin Ben«. Noah, der etwas kleine Junge mit den dunkelblonden Haaren, machte immer gerne Späße, die nicht bei jedem Anklang fanden. Ben konnte allerdings immer darüber lachen und freute sich jedes Mal, wenn Noah wieder etwas Neues eingefallen war.

Wenn Ben mit Noah lachte, dann war das kein Lachen aus Höflichkeit, Mitleid oder einfach, um dazu zu gehören. Es war ein Lachen, das wehtat und tief im Bauch anfing – ein ehrliches Lachen. Jeder einzelne Muskel zuckte krampfhaft und verursachte einen schmerzhaften Muskelkater. Das waren die Erinnerungen, die Ben geblieben waren. Jene, an die er sich oft versuchte zu erinnern in späteren Jahren.

Ben wachte aus seinem Tagtraum auf und bemerkte, dass er, in Gedanken versunken, fast den falschen Weg genommen hätte. Er bog die Straße nach links ab und folgte einem kurzen Waldweg. Die dichten Baumkronen ließen nur vereinzelt das warme Sonnenlicht hindurch.

Ben dachte daran, wie froh er zu jener Zeit am Anfang seiner Schulzeit noch war. Voller Zorn drückte er den Blumenstrauß seiner Mutter immer fester zusammen – so fest, dass seine Hand anfing zu zittern. Doch als ihm das bewusst wurde, lockerte Ben seinen Griff und fiel zurück in seine Gedanken.

Er erinnerte sich noch genau daran, wie sie beide von dem Sportlehrer zur Schulmannschaft berufen worden waren. Für Ben war das eines der schönsten Erlebnisse seiner Schulzeit gewesen. Doch ein fader Beigeschmack blieb ihm immer bei dem Gedanken an diese vergangene Zeit.

Die beiden Jungen, die ein Jahr vorher schon angefangen hatten in den gleichen Fußballverein zu wechseln, hatten nun auch für ihre Schule gespielt. Ohne Zweifel war wohl ein Grund für die Freude, dass sie schulfrei bekamen, wenn Spiele anstanden. Als Ben an jenem Tag nach Hause kam, erzählte er es seinem alten Herrn. Sein Vater, ein grimmig dreinschauender Mann mit Schnauzbart und vollem dunklen Haar, das an den Seiten schon grau wurde, saß in seinem abgetragenen Sessel und las Zeitung. Sein Vater hatte ihn nur kurz angeschaut.

»Ah, gut.«, entgegnete ihm sein Vater, ohne dabei zu zucken.

Ben starrte seinen Vater weiter an, in der Hoffnung wenigstens ein bisschen Aufmerksamkeit zu bekommen.

»Wie, das war's!? Immerhin ist die Mannschaft jedes Mal bei Turnieren oben mit dabei.«, protestierte Ben verärgert.

»Hör mal zu, Junge. Das ist nur die Schulmannschaft. Da geht es weder um viel noch wirst du da viel lernen bei diesem alten, ausrangierten Sportlehrer. Ich freue mich, na klar, aber du kannst jetzt keine Luftsprünge von mir erwarten.«, machte sein Vater deutlich, der nur leicht über den Rand seiner Zeitung zu Ben schaute.

Ben hatte gewusst, dass sein Vater nicht gerade ein Fan von Fußball war; vielmehr liebte er das Sportschießen.

»Danke, finde ich echt super von dir.«

Ben war zwar klar, dass die Schulmannschaft nicht das große Los war, doch immerhin war er einer von wenigen, die von der ganzen Schule ausgesucht worden waren. Das, was sein Vater an Zuneigung versäumte, versuchte seine Mutter wieder aufzufangen. Aber durch die Ansprache seines Vaters schien jetzt jedes Kompliment nur noch lächerlich und überzogen zu sein. Noah jedoch konnte Ben immer wieder aufrichten. Beim ersten Spiel, das sie für die Schulmannschaft spielten, ließ Noah nicht locker und versuchte Ben aufzumuntern.

»Heute zeigen wir deinem Alten mal, was wir hier leisten können; dann ändert der seine Meinung ganz schnell. Und wenn nicht, dann rasiere ich ihm seinen Pornobalken unter der Nase weg, alles klar!?«

Ben versuchte sich vorzustellen, wie sein Vater wohl ohne Schnauzbart aussehen würde. Als er das Bild vor Augen hatte, prustete er das Wasser aus, das er vorher getrunken hatte.

»Oh, bitte nicht! Wenn mein Vater nicht mehr wie Magnum aussieht, könnten die Leute ihn noch für voll nehmen.«, antworte Ben hustend.

Durch Noah hörte Ben auf den Kopf hängen zu lassen und rappelte sich auf. Er wischte sich das Wasser von seinem Kinn und klopfte Noah auf die Schulter. Das Spiel ging jeden Moment los und beide rannten zum Trainer, um die letzten Anweisungen entgegen zu nehmen.

Adrian, der auch in der Schulmannschaft spielte, stand ihnen gegenüber. Die drei Jungen mochten sich nicht wirklich und das versuchte Adrian nicht gerade zu verbergen. Adrian hatte ständig den Drang Ben und Noah aus dem Team zu drängen und wenn er schlecht über sie redete, konnte man noch sagen, dass er nett zu ihnen war. Ben war an einem Punkt angekommen, an dem er nicht mehr wusste, was er tun sollte, damit Adrian ihn endlich in Ruhe ließ. Noah jedoch schwankte immer zwischen totaler Ignoranz und gegenseitiger Provokation hin und her. Ben versuchte Noah abzulenken und wechselte immer das Thema, auf das sich Noah auch recht schnell einließ. Beiden war klar, dass es nicht angenehm sein würde mit Adrian in einem Team zu spielen. Dann rannten alle auf das Spielfeld und warteten auf den Pfiff des Schiedsrichters. Ben war dank Noah hochmotiviert sein Bestes zu geben. Der Pfiff ertönte und das Spiel ging los.

Es war ein sehr umkämpftes Spiel und die Jungen waren nicht gerade zimperlich dabei die Zweikämpfe zu gewinnen. Jedes Mal, wenn sich Noah den Ball erkämpfte und zu Ben spielte, schrie Adrian wie besessen auf ihn ein. Ben versuchte ihn zu ignorieren, so wie es Noah ihm immer riet.

Als Ben kurz seinen Blick über die Zuschauerränge schweifen ließ, sah er ein Mädchen – Sophie Bellier. Sie waren zusammen in einer Klasse, saßen in den Stunden immer nah beieinander, und doch hatten sie am Tag vor dem Spiel zum ersten Mal richtig miteinander geredet.

Ben mochte sie und obwohl er nicht genau wusste, was er denken sollte, da er vorher noch nie wirklich viel mit Mädchen zu tun hatte, hatte er das Gefühl, dass sie ihn auch mochte. In seinem Augenwinkel sah er, dass sie ihm zuwinkte.

Ben lächelte sie an und wollte ihr gerade zuwinken, als ein schneller Schatten an ihm vorbei raste und er nur noch seinen Trainer rufen hörte: »Man, Ben, spinnst du? Bist du am Schlafen, oder was?«

Ben merkte, dass ein Gegenspieler an ihm vorbeigelaufen war. Sofort löste er den Blick von Sophie und rannte hinterher. Kurz vor dem Tor wehrte er den Ball noch ab. Adrian schien das wenig zu kümmern. Ihm riss der Geduldsfaden und er fing an auf Ben loszugehen. Er brüllte ihn schnaufend an und schubste ihn zu Boden.

»Bleib doch mal locker, ist doch noch gut ausgegangen, man!«, rief Noah, der Ben zur Hilfe kam.

Ben stand auf und spielte einfach weiter. Nach der ersten Halbzeit waren noch keine Tore gefallen. Die verdreckten und erschöpften Jungs kamen vom Spielfeld und trotteten zu den Kabinen. Noah reichte Ben die Wasserflasche und setzte sich neben ihn auf die Bank, als der Trainer reinkam und seine obligatorische Rede hielt, um die Jungen anzutreiben. Auf einmal sprang Adrian auf und zeigte mit den Finger auf Noah.

»Wenn der Penner auch mal zu mir spielen würde, anstatt zu seinem schwulen Freund, dann würden wir schon längst führen. Aber nein, die beiden denken ja sie wären hier Ronaldo und Messi, dabei kann jeder Krüppel besser spielen.«

Noah schnellte empor und versetzte Adrian einen Stoß, der dadurch gegen den Spind prallte.

»Du Wurst, wenigstens spielen wir ab. Du machst doch immer nur alles alleine, du Zampano.«

Noah war nicht gerade zimperlich, wenn ihn etwas aufregte.

Vor Wut kochend setzte er sich wieder hin, um sich zu beruhigen.

»So, hier wird sich jetzt erst einmal wieder beruhigt .Noah, noch so ein Ding und du sitzt auf der Bank. Ihr sollt euch weder anschreien, beschuldigen noch gegenseitig die Schädel einschlagen. Ihr sollt das, was ihr falsch gemacht habt, gleich auf dem Feld besser machen.« , sagte der Trainer mit ernster, bestimmender Stimme.

Adrian setzte sich auch wieder, biss sich auf die Lippen, guckte auf den Boden und schmollte. Die zweite Hälfte des Spiels verlief nicht weniger verbissen und Ben versuchte nun öfter Adrian anzuspielen. Der meckerte jedoch weiterhin nur und war mit jeder Aktion von Ben unzufrieden. Ben war es inzwischen egal, wie das Spiel ausging. Es war ihm nur noch wichtig, das Spiel endlich hinter sich zu bringen, um das Wochenende genießen zu können. Völlig abwesend rannte Ben dem Ball hinterher und wirkte dabei wie ein lebloser Statist vor der Kamera.

Er dachte an seinen Vater und fragte sich, ob das, was sein Vater sagte, vielleicht stimmte. Vielleicht hatte er ja einen zu großen Wind um diese Mannschaft gemacht, da es ihm ja mittlerweile nicht einmal mehr Spaß machte. Ben richtete seinen Blick stur auf den Boden und bemerkte, dass das eintönige grasgrüne Muster unter seinen Füßen plötzlich von einer weißen Linie geteilt wurde. Ben schaute auf und sah, dass er zusammen mit Noah und Adrian im anderen Strafraum war, und bevor Ben wieder klar dachte, passte Noah zu ihm.

»Oh mein Gott, doch nicht zu dem Vollhorst – man ey.«

Ben erkannte die weinerliche Stimme sofort und wusste, wer schon wieder unzufrieden war. Ohne zu überlegen schoss er den Ball so fest er nur konnte, voller Wut und Frustration. Der Ball traf den Innenpfosten des Tores wie einen Hammer und sprang hinter die Linie. Das erste was Ben spürte, das wusste er heute noch, waren Noahs Arme, die ihn zu Boden warfen und voller Freude umschlossen.

Ben schaute sofort rüber zu Sophie und sah, wie sie ihm jubelnd zuwinkte. Er erinnerte sich, wie sein Herz schneller geklopft hatte, getrieben wie von einer Lokomotive. Das Spiel war zu Ende und die ganze Anspannung fiel von ihm. Er ließ sich auf den Rasen fallen und schnappte nach Luft. Als Noah Ben aufhalf, sah er wie Bens Blicke weiterhin Sophie galten. Beide marschierten zu den Kabinen, in der sie Adrian bereits vollständig umgezogen vorfanden.

»Warum so schnell, kleiner Mann«, rief ihm Noah zu, der den beleidigten und schmollenden Gesichtsausdruck in Adrians Gesicht erkannte.

»Ist beschissen, wenn man selbst nichts für den Sieg getan hat, nicht wahr?!«

Adrian sagte dazu nichts und stürmte aus der Kabine. Als alle anderen schon aus der Kabine gegangen waren, kamen Ben und Noah aus der Dusche und zogen sich an. Ben merkte erst jetzt, dass sein Fuß etwas schmerzte. Vorsichtig stülpte er die Socke über seinen Knöchel.

»Meinst du, Adrian wird irgendwann mal die Klappe halten?« fragte Ben, der sich umgedrehte und sich auf die Bank setzte, um seine Schuhe anzuziehen.

»Ist mir egal, Ben. Weißt du, was dieser kleine Penner sagt, geht mir sowas von am Arsch vorbei, alter. Du kannst dir nicht immer wegen diesem Typen Gedanken machen. Was kratzt es dich denn, was er denkt. Ist doch eigentlich viel wichtiger, was Sophie denkt, oder nicht?!«

Ben schaute überrascht zu ihm rüber. War das alles so offensichtlich gewesen?

»Gehst du gleich zu ihr und redest mit ihr?«

Noah guckte Ben erwartungsvoll an und trat ihm gegen sein Bein.

»Aua, man – ja mach ich ja noch. Tritt mich nicht, du Wurm!«

Ben holte weit aus, trat Noah fest gegen das Schienbein und rannte sofort humpelnd aus der Kabine. Noah griff nach seinen Sachen und rannte lachend hinterher. Als beide aus der Kabine gespurtet kamen, stellte Ben fest, wie Adrian und seine Freunde auf dem Parkplatz standen. Adrian und die anderen starrten sie an und fingen an, mit den Fingern auf sie zeigend, zu lachen.

»Was will der denn jetzt schon wieder?«, ächzte Ben, der Noah fragend ansah, der aber keinen erkennbaren Gesichtsausdruck zeigte und ihm so zu verstehen gab, dass es ihm egal war.

»Naja, kann uns ja total egal sein!«, fügte Ben schnell hinzu, um zu zeigen, dass ihm das genauso egal sein konnte wie Noah.

Weiter hinten auf dem Parkplatz stand Sophie, die rüber zu Ben schaute, der dies natürlich bemerkte und sich von Noah verabschiedete, um zu ihr zu laufen. Ben versuchte zu lächeln und schaute Sophie direkt in ihre eisblauen Augen, die sich je nach Licht mit grünen Tönen vermischten. Sophie, die ihre strohblonden Haare zu einen Zopf zusammengebunden hatte, zupfte noch schnell die letzten Falten aus ihren Klamotten und richtete ihr Haar. Ben konnte sich noch gut an ihr wunderschönes Lächeln erinnern.

»Hey, Sophie!«, brachte Ben gerade noch souverän über seine Lippen.

»Hi, Du hast echt gut gespielt heute.«, lächelte sie ihm entgegen.

»Danke. War heute wohl ein guter Tag, um zu gewinnen!«

Ben und Sophie gingen zusammen den Parkplatz entlang zur Straße.

»Du wohnst nicht weit weg von hier, oder? Ich bring dich nach Hause, wenn du willst.«

Sophie nickte ihm lächelnd zu und drehte Bens Oberkörper in die andere Richtung der Straße.

»Da geht es aber entlang, wenn ich nach Hause soll!« Du sollst aber noch etwas bei mir bleiben, dachte sich Ben im Stillen.

Als die beiden die Straße entlang spazierten, fing es an leicht zu regnen. Sie stellten sich an der nächsten Bushaltestelle unter und warteten bis es wieder klarer wurde. Leise prasselte der Regen auf den Asphalt. Kleine Pfützen bildeten sich, deren Wasser von den vorbeifahrenden Autos verteilt wurde.

Ben war wohl alles andere als selbstbewusst, weshalb er versuchte unauffällig zu Sophie zu schauen. Ob sie mich wohl anschaut?

»Geht es dir nicht gut? Du hältst den Kopf so komisch.«, fragte Sophie neugierig.

Ben richtete seinen Kopf blitzschnell wieder richtig auf.

»Ach nichts, mein Nacken hat nur kurz wehgetan. Hab wohl einen kleinen Schlag beim Spiel abbekommen.«

Ben brüllte sich selber in Gedanken an, weil doch niemand so dumm sein und sich so zum Affen machen konnte. Bevor er anfing noch mehr Schwachsinn zu vollbringen, entschied er sich dazu Sophie einfach zu fragen. Doch als Ben den Mund aufmachte, kam Sophie ihm bereits zuvor.

»Hast du vielleicht Lust morgen was zusammen zu machen?«, fragte sie erwartungsvoll.

Sein Herz pochte wie verrückt, als sie ihm die Frage stellte. Ben strich sich mit seiner Hand die Haare nervös aus dem Gesicht.

»Ähm, I... Ich? Ja klar, sicher. Was willst du denn machen?«

»Ach, weiß ich noch nicht. Morgen soll es ja ganz schön warm werden. Hast du Lust zusammen mit dem Fahrrad irgendwo hin zu fahren?«, fragte sie hoffnungsvoll.

»Klar, auf jeden Fall. Ich hoffe bloß, dass das Wetter dann auch mitspielt.«, antwortete Ben, der die Hand aus dem Unterstand reckte.

Sophie jedoch verließ das Dach und stellte sich demonstrativ in den Regen, die beiden Arme weit von sich gestreckt.

»Ist doch gar nicht so schlimm.«, entgegnete sie. »Und außerdem hört es auch schon wieder auf, siehst du?!«

Und in der Tat bemerkte Ben, wie der Regen nachließ und die Wolken am Horizont links von ihnen weniger wurden. Ben schnappte sich seine Sachen und folgte Sophie, die bereits die ersten Schritte weiterging.

»Meinst du denn, du kannst mit mir mithalten?«, erwiderte Ben mit einem leichten Lächeln.

Sophie schaute Ben von der Seite an und schubste ihn leicht, sodass er ohne Vorwarnung in die Böschung am Rande des Fußweges fiel. Sie lachte laut auf, als Ben beim Hinfallen seinen linken Schuh verlor.

»Oh Gott, es tut mir so Leid. Ist mit dir alles in Ordnung? Hast wohl nicht damit gerechnet, oder?!«

Sophie lachte immer noch leicht, da Ben versuchte seinen Schuh von all dem Unrat zu befreien, der sich in ihm angesammelt hatte.

»Also, ob ich mit dieser eleganten Einlage mithalten kann, weiß ich leider nicht.«, war ihre Antwort auf Bens Frage.

»Na gut, dann machen wir das morgen!«, erwiderte Ben.

»Hier wohne ich. Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast, Ben.«

»Ja, hätte ich es mal lieber nicht gemacht, dann wären meine Schuhe jetzt noch sauber.«

»Ooh!“ Sophie hatte sich zu Ben gebeugt und hatte ihm auf die Wange geküsst. »Dann bis morgen, okay?!«

»Ja, wir sehen uns morgen, Sophie!« Ben hatte sich ein, zwei Mal zu ihr umgedreht, war nach Hause gegangen und hatte sich auf den nächsten Tag gefreut.

Ja, an diesen Tag erinnerte sich Ben noch gut – Segen und Fluch zugleich, wie so vieles im Leben.

Im Schatten der Anderen

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