Читать книгу Der ganz normale Wahnsinn Mann im Kilt - Pia Guttenson - Страница 7
Elternabend mit Hindernissen
ОглавлениеEhefrauschwein, schon alleine der Gedanke an diesen fürchterlichen Begriff und die damit verbundenen Gespräche trieben Louise den Angstschweiß aus allen Poren.
»Kannst du das nicht machen, Al? Och bitte, tu es für mich«, flehte Lou Alasdair an, als hinge ihr Leben davon ab.
»Was haben die beiden denn dieses Mal ausgefressen, mo cridhe?«, hakte ihr Schotte nach. Sie konnte den Argwohn in seiner Stimme ganz genau hören, kniff fest die Lippen zusammen, um ihm nicht ein ,Woher sie das wohl haben‘, an den Kopf zu werfen. Dummerweise genügte ein intensiver Blick aus seinen unverschämt blauen Augen, um ihr bereits die Knie weich werden zu lassen. Fast wäre ihr die Tasse mit Kaffee aus den Fingern geglitten. Vier Jahre war sie bereits mit ihrem Schotten verheiratet und trotzdem reichte bereits ein einziger Blick, für den er ihrer Meinung nach wirklich einen Waffenschein benötigte, um sie alles andere vergessen zu lassen. Am heutigen Abend war in der Vorschule der Zwillinge in Inverness ein Elternabend anberaumt worden, zu dem sie einfach nicht gehen konnte, nicht gehen wollte. Leider hatte sie keinen Schimmer, wie sie Alasdair beibringen sollte, dass sie diese jungen, superhippen Mütter mit ihren ach so superben Ratschlägen einfach nicht ertragen konnte. Mütter, die keine vierjährigen Satansbraten in doppelter Ausfertigung ihr eigen nannten. Den Rücken schwer an die gekachelte Wand der Bäckerei gelehnt, klammerte sie sich an ihrer Tasse flüssigem Glück fest und sah ihrem Ehemann zu, wie er geschickt Brezeln schlang, ein beliebter Verkaufsschlager, den sie aus Deutschland mit in die schottischen Highlands gebracht hatte. Mein Ehemann. Seltsam, als sie noch mit Alexander verheiratet gewesen war, hatte sie nie solchen Stolz beim Klang dieses Wortes empfunden. Warum war mit Alasdair Munro alles um so viel einfacher? Tag für Tag gelang es ihm aufs Neue sie zu überraschen. Lou wurde ganz warm ums Herz, während sie ihrem Schotten beim Arbeiten zusah. War tatsächlich nur so wenig Zeit vergangen, seit sich ihr komplettes Leben verändert hatte? Ein Telefonat mit ihrem Bruder Tobias kam ihr in den Sinn.
»Bist du wirklich glücklich, so alleine in Schottland, Schwesterherz?«, hatte er gefragt. Ihre Antwort war ohne großes Überlegen über ihre Lippen gerutscht: »Ich bin so glücklich wie man nur sein kann, Tobi!«
Nicht nur das Kribbeln der Verliebtheit hielt noch immer an. Auch die Liebe und die Vertrautheit, die sie und Alasdair füreinander empfanden, wuchs mit jedem Tag. Alexander hatte sich nie die Mühe gemacht, Lou zu verstehen oder aus ihren Gesichtszügen, ihrer Gestik zu lesen. Ganz anders wie ihr Schotte, der sie wortlos zu verstehen schien. Es war fast, als wäre ihr Leben vor Alasdair Munro wie ein Schwarzweißfilm abgelaufen, der sich nun auf einmal zum Farbfilm gemausert hatte. Die Zwillinge waren wie die Verzierung auf einer Torte. Sie machten etwas ganz Besonderes aus ihrem Leben, etwas das sie nicht mehr missen wollte, auch wenn die zwei sie wahrlich ihre letzten Nerven kosteten. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, dass Kinder einen so an seine Grenzen bringen konnten. Irrsinnigerweise war sie überzeugt gewesen, gegen alles gewappnet zu sein. Immerhin hatte sie zwei Söhne erzogen. Gut. Aus dem einen war ein fürchterlicher Snob geworden, wofür sie die Schuld ihrem Exmann und dessen Firmenimperium gab. Aus Philipp hingegen war ein wohlerzogener junger Mann geworden. Sie hatte sich wahrhaftig eingebildet, über eine gewisse Erfahrung, was die Kindererziehung betraf, zu verfügen. Das war allerdings, bevor sie mit vierzig Jahren unverhofft Mutter von Zwillingen geworden war, die ein ganz anderes Kaliber waren als ihre bereits erwachsenen Söhne.
»Sagst du mir, was sie angestellt haben oder soll ich raten«, riss Alasdair sie aus ihren Gedanken, wobei er die Hände an seiner Schürze säubernd auf sie zu kam und ihr ungefragt die Tasse aus den Händen nahm. Missmutig beobachtete sie, wie er mit sinnlichen Lippen aus der angeschlagenen Porzellantasse einen großen Schluck nahm.
»Sie haben „Fang das Schwein“ gespielt. Allem Anschein nach wollte aber niemand das fiese, dreckige Schwein sein und … «, holte sie aus, wobei sie ganz genau sehen konnte, wie er sich angestrengt das Lachen verkniff.
»… Wenn du anfängst zu lachen, erwürge ich dich mit bloßen Händen. Auf alle Fälle hat Jamie beschlossen, dieses Schwein zu spielen. Was wiederum Diana dazu veranlasste, ihren Bruder anzustiften, sich in einer großen Schlammpfütze zu wälzen, weil Schweine das nun einmal zu tun pflegen und nur ein richtig dreckiges Schwein ein echt fieses Schwein sein kann.«
»O Dhia! Ich kann nicht mehr … ha ha ha«, lachte Alasdair und schlug sich dabei auf die Oberschenkel.
»Hör auf zu lachen!«, brüskierte Lou sich. »Ich bin längst nicht fertig mit dem Erzählen. Leider kam dein Sohn auf die unsägliche Idee, ausgerechnet das Büro des Lehrpersonals als Schweinestall zu nutzen. Das sah wohl danach aus wie nach dem Schlammcatchen«, erzählte sie weiter und es gelang ihr nun selbst nicht mehr, dabei ernst zu bleiben.
»War das schon alles oder wird es noch schlimmer«, prustete Alasdair und zog sie näher an sich. Lachend vergrub sie das Gesicht in seinem offenen Hemd.
»Ich wünschte wirklich, das wäre alles gewesen«, bekundete sie und schmiegte sich frustriert an den Mann, der es immer wieder irgendwie fertig brachte, sie zu besänftigen.
»Du erinnerst dich doch sicher an die kleine Lydia Hamish? Du weißt schon, die Tochter der blonden Grazie«, hob sie fragend an.
»Aye. Warum kriege ich gerade Panik, Lass? Ich nehme nicht an, dass sie in dem Alter schon Doktor miteinander spielen …«
Es gab sie noch immer, diese Momente, in denen ihr Schotte es fertigbrachte, sie zum Erröten zu bringen. Nie hätte sie es für möglich gehalten, einem so verrückten Mann derart verfallen zu können. Mit gespieltem Ernst verpasste sie ihm eine Kopfnuss. »Aua! Für was habe ich die denn verdient?«, spielte er den Unschuldigen.
»Für deine unzüchtigen Gedanken! Darf ich jetzt zu Ende erzählen?« Seine Antwort bestand lediglich aus einem typischen Unmutslaut sowie Händen, die sich auf ihren Pobacken niederließen, um fest zuzupacken.
»Also dein Sohn …«
»Moment, weshalb ist Jamie plötzlich immer mein Sohn und nicht mehr ‚unser Sohn‘, wenn er etwas ausgefressen hat?«, unterbrach sie Alasdair erneut.
»Weil ich immer anständig war. Was man, wenn man den Geschichten deiner Eltern Glauben schenkt, von dir nicht gerade behaupten kann. Also, unser Sohn hat es jedenfalls mit seinem unwiderstehlichen Charme …«
»Eindeutig vom Vater!«
»...geschafft, diese kleine Prinzessin dazu zu bringen, sein fieses Ehefrauschwein …« »Was zum Teufel ist ein Ehefrauschwein?«, hakte Alasdair unter erneutem Lachen nach, was dafür sorgte, dass sie nun ebenfalls einen Lachanfall bekam, der sich gewaschen hatte. Vermutlich war ihrer beider Lachen in ganz Kildermorie zu hören, da die Räume der Bäckerei allem einen dumpfen Hall verpassten. Die Begeisterung über die Reinigungsrechnung des Schulbüros und der Schuluniformen fand ihr Schotte dann allerdings nur bedingt lustig. Wenigstens zeigte er nun Verständnis für ihren Widerwillen, was den Elternabend anbelangte.
»Eigentlich ist es ganz einfach, mo ghràidh. Wir zwei machen einen Deal. Ich begleite dich zu diesem Elternabend und beschütze dich vor der Grazie und der Meute aufgebrachter Pädagogen, wenn du mich dafür auf der Outlander-Lassies-Tour begleitest, die ich ja letztendlich dir und deinen Einfällen zu verdanken habe.«
»Wie stellst du dir das vor, Al? Wir sind ausgebucht. Wer soll sich um die Zimmer, das Essen und die Zwillinge kümmern? Wer soll sich um die Renovierungen und die Abwicklung der gekauften Lodges kümmern?«, prostestierte sie lahm.
»Och, dir fällt da sicherlich etwas ein. Flipp wäre eine Möglichkeit. Hauptsache, ich muss nicht alleine mit einem Bus voller kreischender Weiber durch die Landschaft fahren. Willst du mich flehen hören, Lou? Ich meine, das sind dreizehn Frauen und ein einziger mir völlig unbekannter Mann, der seine Entscheidung mit uns zu reisen unter Garantie noch bereuen wird. Spätestens wenn er in unseren Bus steigt«, grummelte ihr Schotte, wobei er seine Lass mit einem Blick ansah, der sie an einen Hundewelpen erinnerte. Verflucht, sie wurde bereits schwach.
»Der Mann hat ja dich zur Unterstützung. Außerdem bin ich überzeugt, dass du, wenn du deinen Charme spielen lässt, mit all den Lassies bestens klar kommen wirst«, versuchte sie es mit gutem Zureden. Leider machte Alasdairs Gesichtsausdruck ihre Bemühungen zunichte. »Ernsthaft? Du willst wirklich zulassen, dass ich diesen Bus voller Touristen vergraule? Bist du dir da ganz sicher?«, fragte er mit hochgeschobenen Augenbrauen, die seinen Gesichtszügen mit dem Dreitagebart jetzt in der Tat ein gefährliches Aussehen verliehen. Im Moment zumindest würde er so einen wunderbaren Piraten abgeben. Nein. Wenn sie ihn so ansah, war sie sich bei weitem nicht mehr sicher, ob es klug war, ihren Schotten mit all den aus Deutschland stammenden Frauen alleine zu lassen. Es half alles nichts. Sie würde Flipp, Marge und ihren Schwiegervater anheuern müssen, um den Ausflugstag, die Lodges und die Zwillinge irgendwie unter einen Hut zu bekommen. Ein breites, siegessicheres Grinsen im Gesicht drückte Alasdair ihr die leere Tasse in die Hand. Verflixt, warum sah er ihr bereits wieder an, dass er gewonnen hatte?
»Aye. Ich sehe bereits, wie es in deinem Köpfchen rattert, Lass. Habe ich dir je gesagt, wie sehr ich dich für all das Terminplanen und Organisieren liebe, Louise?«
»Ha. Terminpläne, die du beständig zu sabotieren weißt, Lad. Warum kriegst du mich immer wieder rum, Alasdair Munro?«
»Liebe und mein Charme. Der gleiche Charme, der bei unserem Jamie Roger dazu führt, dass er alle um den kleinen Finger wickelt. Im Übrigen werde ich diese Geheimwaffe heute Abend auch einsetzen, um dir den hübschen Hintern zu retten«, erwiderte er trocken, drehte sich auf dem Absatz um und widmete sich erneut fröhlich pfeifend einem weiteren Blech Brezeln.