Читать книгу Mit dir allein bist du nie allein - Primin Lötscher - Страница 7
Оглавление»Allein sein« – Herausforderung unserer Zeit?
Oh ja, ich bewundere den Fortschritt, der in den letzten Jahrzehnten in den Bereichen Wissenschaft und Technik stattgefunden hat, vor allem, was wir mit dem Internet erschaffen haben. Diese irgendwie nicht reale Welt, die uns auf so vielen Wegen hilft, uns in der Realität zurechtzufinden, und die so gar nicht mehr aus unserer aktuellen Realität wegzudenken ist. Die Möglichkeiten sind beinahe grenzenlos, wir können uns im Netz auf verschiedensten Ebenen Hilfe holen, sei es nur, um die Lust nach einer Pizza zu stillen, verlorene Freunde rund um den Planten wiederzufinden oder einfach gerade Vergessenes zu googeln. Wem ist es nicht auch schon passiert, dass wir in einer Diskussion mit Freunden über einen Film den Namen einer der Darsteller nicht mehr wussten? Google weiß es, schon werden unsere Rätsel gelöst und wir fühlen uns besser, weil wir nicht so hilflos im Raum stehen. Die Worte »ich habe es vergessen« zählen in der heutigen Zeit nicht mehr so stark. Habe ich etwas vergessen, hole ich mir im Netz die Antwort und vergesse dabei, dass wir selbst immer mehr vergessen oder nicht mehr abspeichern, weil wir das Wissen viel lieber im Netz speichern und dann abrufen, wenn wir es brauchen. Vorbei ist es mit den dicken Lexika. Dank des genialen Internets bleibt beinahe keine Frage unbeantwortet, unser Wissen und unsere Erfahrungen verteilen sich in Sekundenschnelle rund um den Planeten. Wir können uns immer und überall mit unseren Mitmenschen verbinden, ihnen jeden letzten Schrei mitteilen und uns mehr Freunde sammeln, als wir je alle mit Namen auswendig kennen. Einfach fantastisch, oder?
Neben all den neuen Möglichkeiten, die für uns viele Vorteile mit sich bringen, dürfen wir die Kehrseite des Fortschritts nicht ganz außer acht lassen. Wer tausend Freunde auf Facebook hat, fühlt sich in Wirklichkeit oft einsam, und wer ununterbrochen in den Netzwerken kommuniziert, kann sich selbst irgendwann nicht mehr spüren. Zudem gibt uns das Internet die Möglichkeit zur beinahe grenzenlosen Selbstdarstellung. Ich kann mich wunderbar inszenieren, anhand meiner perfekt geschossenen Selfies, kann zeigen, wie schön meine Ferien sind, und was ich für ein tolles Leben habe. Das Ganze löst aber gleichzeitig Druck in einigen von uns aus, weil diese Selbstdarstellungen zu einem unterbewussten Konkurrenzkampf um mehr Likes (angeklickter Gefällt-mir-Button) anspornt. Die Gefahr, sich ständig mit seinen Freunden im Netz zu vergleichen, ist größer geworden als noch zu Zeiten, in denen man sich einfach mit dem Nachbar verglich, wer wohl die schöneren Blumen im Garten stehen hat. Dadurch, dass wir uns beinahe minütlich im Netz vergleichen können, steigt auch der mögliche Druck auf uns selbst. Durch das Internet wurden die Möglichkeiten der täglichen Selbstdarstellung und der damit eröffnete Konkurrenzkampf schneller und intensiver denn je.
Wie schon erwähnt, ich begrüße und liebe den technischen Fortschritt, der uns so viele neue Möglichkeiten eröffnet, aber ich erlaube mir im gleichen Zug die Frage, wie es mit dem Fortschritt im Bezug auf uns Menschen aussieht. Haben wir, ähnlich wie die Technik und Technologie, Fortschritte gemacht oder sind wir zum Sklaven des Internets, der mobilen Daten, der ständigen Erreichbarkeit geworden? Tun uns die vielen Freunde rund um den Erdball gut oder können die vielen Kontakte uns auch in zeitliche Engpässe bringen? Ist die Gefahr größer geworden, dass wir uns durch die vielen tollen Bilder unserer Freunde im Netz ständig vergleichen und mit ihnen messen, anstatt uns auf uns selbst zu konzentrieren? Warum haben wir bereits direkt nach dem Aufwachen das Bedürfnis, an unser Smartphone zu gehen und die neuen Nachrichten, Mails oder News zu lesen, bevor wir überhaupt den Tag mit einem Blick aus dem Fenster begrüßt haben? Sind wir hilflos, wenn wir kein Netz, keine mobile Vernetzung haben? Sind wir zu den Opfern unserer eigenen Erfindungen und des damit verbundenen Fortschritts geworden?
Ich persönlich glaube es nicht, denn ich bin Optimist und sehe das Ganze positiv, wie ein kleiner Bub, der zu seinem vierten Geburtstag ein ferngesteuertes Auto bekommt. Die ersten zwei Wochen ist das Auto sein Ein und Alles, er nimmt es überall mit hin, aber mit der Zeit lernt der Junge, dass ihn auch noch andere Dinge begeistern und inspirieren. Er liebt zwar noch immer sein ferngesteuertes Auto, aber er nimmt es nicht mehr mit ins Bett und kann es gut auch mal ein paar Tage aus den Augen lassen. Und genau das wird mit uns Menschen passieren. Wir haben uns neue Hilfsmittel fürs Leben erschaffen, loten die Grenzen aus, reizen sie förmlich aus und lernen mit der Zeit, wie wir in einem gesunden Rahmen damit umgehen können.
Ich erinnere mich noch an Artikel in den Zeitungen, da wurde der Fernseher verflucht, er würde unsere Jugend zerstören. Später waren es die Computerspiele und Gameboys. Heute schreiben die gleichen Zeitungen, dass es die Smartphones sind, die uns umbringen werden. Mal schauen, ob sie dieses Mal recht haben, ich glaube nicht. Zwar gibt es eine Statistik, die aussagt, dass 2014 insgesamt 49 Menschen starben bei dem Versuch, ein Selfie zu machen, oder sie wurden in einen Umfall verwickelt, während sie im Internet surften. Das waren im Jahr 2014 mehr Tote als durch Haiangriffe.
Surfen kann also auf verschiedene Arten zum Tod führen, obwohl ich beim realen Surfen nicht viel dafür kann, wenn mich ein Hai erwischt. Beim Surfen im Netz während ich über den Fußgängerstreifen laufe, liegt die Verantwortung schon eher bei mir, dass ich nicht überfahren werde.
Ich kann mich erinnern, und das ist noch gar nicht so lange her, da gab es Zeiten, da war es cool, wenn man immer und überall erreichbar war, und man war wichtig, wenn man ein Handy am Ohr hatte. Langsam aber kommen Zeiten, da wird es verdammt cool sein, nicht erreichbar zu sein, oder besser gesagt, wir werden wieder auf reale Vernetzungen setzen, auf echte Kontakte und echte Gespräche. Die Off-linezeit wird als neues Luxusgut dieses noch jungen Jahrtausends gelten, und das Schöne an dem Luxus ist, jeder wird ihn sich leisten können, ob arm oder reich, man muss es nur wollen.
Diese Zeit hat übrigens bereits begonnen, für alle, die es noch nicht bemerkt haben. Die ersten Zeichen sind in der Gesellschaft schon erkennbar, es gibt immer mehr Menschen, die an den Wochenenden oder in den Ferien ihren Mail-Account und ihr Mobiltelefon ausschalten. Es gibt sogar Unternehmen, die das für ihre Mitarbeiter machen, weil sie festgestellt haben, wie wichtig die Offlinezeit für die Erholung ihrer Mitarbeiter ist. In Frankreich könnte es schon bald ein »Recht auf Unerreichbarkeit« geben. In den Vorschlägen zur Reform der Arbeitsgesetze ist vorgesehen, dass Angestellte ein Recht haben sollen, berufliche E-Mails und andere Nachrichten außerhalb der Arbeitszeiten zu ignorieren. Damit überhaupt solche Vorschläge für Reformen aufkommen, muss vorher eine Überdosis festgestellt worden sein, und dass die Lebens- und Arbeitsqualität durch diese ständige Erreichbarkeit leidet. Weil der Mensch – wie schon gesagt – gern auslotet, wo die Grenzen sind, wenn ihm etwas Neues vor die Nase gestellt wurde, braucht er manchmal auch Hilfe, wie das Beispiel zeigt, eventuell durch neue Gesetze.
Stell dir nur vor, wir hätten vor fast 200 Jahren, als gerade die ersten Telefone erfunden wurden, einem Menschen gesagt: »Hey, es wird mal cool sein, wenn wir nicht erreichbar sind, und es wird Gesetze geben, die diese Unerreichbarkeit regeln«, da hätte mancher vielleicht geantwortet: »Hast du einen an der Waffel, wir wünschen uns ja gerade nichts mehr, als Menschen auf der ganzen Welt zu erreichen und mit ihnen, wann immer wir wollen, reden zu können.« Schon verrückt, wie sich unsere Wünsche mit der Zeit ändern. Es gab ja auch Zeiten, da war es voll cool, ein Auto selber zu lenken und so richtig aufs Gas zu drücken. Am liebsten noch die Seitenfenster offen, den Arm angelehnt halb draußen, die Musik laut aufgedreht und die dunkle Sonnenbrille aufgesetzt. Nun sind wir gerade in der Zeit angekommen, wo es cool wird, ein Auto nicht mehr lenken zu müssen, sondern dass es von selber fährt und wir die Zeit anderweitig nutzen können. Die ersten Modelle, die das können, sind schon auf dem Markt, und vielleicht lachen uns die Menschen in 50 Jahren aus und sagen: »Wie dumm war das denn früher, da musste man noch selber Gas geben und lenken.« Dann werden uns vielleicht auch die schönen Fuchsschwänze und Doppelauspuffanlagen noch mehr verloren gehen, aber ich glaube, auf diese Zeitdokumente können wir schlimmstenfalls verzichten oder sie werden uns als Retro-Artikel wieder ins Leben gebracht.
Wenn ich mir also die Frage stelle: Ist das Alleinsein die Herausforderung unserer Zeit?, dann meine ich nicht nur wegen der ständigen Erreichbarkeit dank dem Internet, sondern auch, weil wir Menschen uns aus verschiedensten Gründen nicht mehr auf uns selbst verlassen, sondern uns oft lieber nach außen ausrichten als nach innen. Ich möchte also keinesfalls nur dem Internet die Schuld an unserem Ich-Verlust geben, denn wie gesagt, ich bewundere und liebe den Fortschritt. Und schließlich sind wir es selbst, die dieses geniale Netzwerk erschaffen haben und es täglich mit Inhalten füttern, damit es noch umfassender wird. Auch wenn nicht alles, was wir ins Netz stellen, wirklich sinnvoll ist. Auch da müssen wir noch lernen, was die Welt braucht und was nicht. Unser eigener Fortschritt bewegt sich auf ganz vielen verschiedenen Ebenen, in den letzten 100 Jahren hauptsächlich geprägt von der technischen Entwicklung, die uns das tägliche Leben auf so vielen Ebenen erleichtert. Allerdings liegt es immer an uns selbst, diesen Fortschritt sinnstiftend zu nutzen, die Grenzen auszuloten und zu unterscheiden lernen, was wir davon brauchen und was uns mehr schadet. Zu keiner Zeit gab es mehr Menschen, die an Erschöpfungszuständen und Burn-out litten, als heute. Das hat auch mit dem westlichen Wirtschaftssystem zu tun, das nur eine Richtung kennt: Linear nach oben! Mehr Wachstum, mehr Rendite, mehr Geld, mehr, mehr, mehr, schneller, höher, besser!
Aber das ist nicht die Realität des Lebens, es geht nicht immer nur nach oben, es kann auch mal nach unten gehen, mal wieder langsamer werden, was aber keineswegs negativ ist. Der natürliche Lebensweg verläuft nämlich wellenförmig. Was uns an unsere eigenen Grenzen bringt, ist, dass wir uns selbst einreden, unser Leben müsse wie die Wirtschaft linear ausgerichtet sein. Wir machen uns ständig Druck, noch besser, noch optimierter und noch organisierter das Leben zu planen, anstatt das Leben zu leben. Wir überoptimieren und überorganisieren uns, sodass fast kein Raum mehr für uns selbst übrig bleibt und wir nur mit Mühe Stille, Muße oder kreative Schaffensmomente zulassen.
Wichtig ist aber nur, dass wir nicht zu einem Stillstand kommen, denn Stillstand bedeutet Tod. Selbst in schwierigen Momenten oder im Moment der Ruhe, erschaffen wir Lösungen und Stille, die nicht Stillstand bedeutet. Alles ist immer in Bewegung, es ist ein ständiges Kommen und Gehen, aber anstatt anhand unserer Überorganisation und Kontrollwut alles immer im Griff haben zu wollen, dürfen wir uns auch mal wieder den Wellen des Lebens hingeben. Es gibt Kulturen, da wird das Leben dem Symbol des Kreises untergeordnet, sprich, alles dreht sich immer, ist in ständiger Bewegung, mit dem Unterschied zu unserer westlichen linearen Ausrichtung, dass die Bewegung weder nach oben noch nach unten zeigt, sondern immer wieder in die Richtung ihrer selbst, zum Anfang und Ursprung zurück.
Ob das Internet, Vereinstätigkeiten, unser Job, Familie oder Freunde – niemand anderes als du selbst kannst ausloten, was dir davon guttut, was dein Leben erleichtert und was es belastet. Vor allem kann das Internet nicht fühlen, oder zumindest zum Glück noch nicht, nur du selbst kannst deinen eigenen Gefühlen nachgehen, wenn du sie noch fühlst. Und es gab schon weiß Gott wie viele Erfindungen, die zwar fortschrittlich waren und uns als wichtiger Teil der Zukunft und als Lebenshilfe angepriesen wurden, jedoch bald schon wieder vom Mark verschwunden sind, weil wir Menschen es doch nicht so zwingend als Beitrag zum Fortschritt anschauten. Es gäbe da einige Beispiele, die wir aufzählen könnten, wie etwa die Taschenkettensäge oder die Teebeutelpresse. Das Internet ist eine geniale Erfindung und es wird bleiben und es werden täglich neue Funktionen und tolle Apps auf den Mark kommen. Auch wie wir in der Gesellschaft mit den Möglichkeiten im Internet umgehen, wird sich stetig verändern, und das liegt in unserer Verantwortung. Nur wir können für uns selbst entscheiden, wo die persönlichen Grenzen von Nutzen und Belastung liegen. Du kannst niemandem die Verantwortung dafür übertragen, es liegt nur an dir selbst.
Es gibt Dinge, die dir im täglichen Leben helfen, und andere, die dich daran hindern, dein eigenes Leben zu leben. Aber die Entscheidungen fällst allein du! Nur du bist Herr und Meister über die Art und Weise, wie du mit dem Fortschritt umgehen möchtest. Durch das Alleinsein, dich aushalten können, dich folglich selbst wahrnehmen, kannst du deine eigenen Entscheidungen und Handlungen besser wahrnehmen und umsetzen, dich von Mustern lösen und dich auch von der ständigen mobilen Erreichbarkeit befreien. Du siehst also, du allein bist deine einzige Chance!
Aber versteh mich nicht falsch, trotz des vielen »Alleinsein-Geredes« bin ich das absolute Gegenteil eines Einsiedlers und lebe nicht in einer Holzhütte im Wald. Ich habe mit diesem Buch auch auf keinen Fall den Plan, dich in die Einsamkeit zu verbannen. Allein sein hat nicht viel mit Einsamkeit zu tun, denn wenn ich mit mir allein sein kann, kann ich mich erst wahrhaftig mit den Menschen um mich herum verbinden. Dann macht das Treffen mit Menschen erst wirklich Spaß, da ich keine Erwartungen in sie habe, dass sie mir die Zeit vertreiben oder sie mich als funktionierenden Menschen in der Gesellschaft bestätigen müssen. Kannst du nicht allein sein, dann hast du die ständige Erwartung, dass dich jemand unterhalten oder zumindest aushalten soll. Und wenn du das gerade nicht mit realen Menschen erleben kannst, dann dient dir der Kontakt mit dem Internet als passende Kompensation.
Ich liebe die Menschen, das Zusammensein mit anderen und den Austausch mit ihnen. Aber nicht pausenlos, ob real oder im Netz. Ich liebe es nämlich genauso, einfach mit mir selbst zu sein und oder auch für mich selbst zu sein, auch wenn ich von anderen Menschen umgeben bin. Wenn ich mich nämlich aushalten kann, dann kann ich auch die Gesellschaft um mich herum aushalten, ohne dass ich einen direkten Kontakt benötige. Ich bin sehr gern allein unter Menschen, sitze einfach in einem Café am Straßenrand und genieße das Treiben um mich herum. Einfach meinen eigenen Gedanken und Eindrücken freien Lauf lassen und mich dem Lauf des Lebens hingeben. Mal einfach nicht alles durchgeplant und vororganisiert zu unternehmen. Diese Art des Alleinseins ist für mich genauso erholsam, wie an einem einsamen Strand zu sitzen. In meinen Beruf als Kulturmanager liebe ich es, Menschen zusammenzuführen, sie gemeinsam lachen zu sehen, aber auch da genieße ich es, wenn der Anlass vorbei ist, und alle mit einer guten Erinnerung oder Erfahrung heimgegangen sind, wieder allein zu sein.
Nach einem Event sind die Stunden danach allein für mich absolute Pflicht und ich nehme sie mir wie einen Verdienst. Das Gleiche gilt nach einem Meeting oder Coaching. Ich setze mich danach gern allein in mein Auto oder in den Zug und genieße einfach mich selbst. Anstatt direkt wieder aufs Smartphone zu schauen, ob ich wohl etwas verpasst habe, was auf der Welt gerade passiert ist, oder mich direkt wieder auf die E-Mails stürze, die in der Zeit reingerasselt sind. Mit dieser kurzen »schöpferischen Pause« gebe ich mir selbst einen Moment, um ganz bei mir zu sein und um so wieder Schwung für den Rest des Tages zu tanken. Der Austausch bei einem Meeting oder Coaching kann sehr positiv für mich sein, aber trotzdem oder gerade deshalb sind diese kleinen interaktiven Pausen doppelt wirksam, weil ich dann diesen Austausch positiv in mir aufnehme, es in mir setzen lasse, bevor ich mich den weiteren Aufgaben des Tages stelle. So bleibe ich in der Balance.
Alles, was ich schreibe, sind persönliche Erfahrungen und Ansichten, die ich mit dir teilen möchte und die dir vielleicht paar einfache Wege zeigen können, wie du dich wieder mehr auf dich selbst verlassen kannst, und damit du selbst es bist, der die Entscheidung für deine eigene Balance triffst. Du kannst natürlich auch unter Menschen sein und dich einsam fühlen, weil du vielleicht nicht du selbst sein kannst, du dich nicht als Teil der Gruppe wahrnimmst. Wenn du aber mit dir selbst sein kannst, Selbstvertrauen hast und deine eigenen Entscheidungen triffst, wird es schwieriger, dich aus der Balance zu bringen, und du wirst dich nicht einsam fühlen, wenn du in einer Gruppe bist. Selbst wenn die Gruppe vielleicht nicht gerade mit deinen Lieblingsmenschen bestückt ist. Du bist dir dann trotzdem genug, um dich und die Gruppe auszuhalten.
Darum ist ein Punkt ganz wichtig und zum hinter die Ohren schreiben: Wenn du dich selbst nicht aushalten kannst, wie sollen dich dann die Menschen um dich herum aushalten! Wenn du dich selbst nicht aushältst, du ständig außerhalb von dir Verbindungen suchst, wirst du zudem die Verbindung zu dir selbst nicht herstellen können. Und das ist jammerschade, denn in dir steckt so vieles, was dir für dein eigenes Leben und deinen Weg hilfreich sein kann. Nicht nur das, denn mit dem, was in dir steckt, kannst du andere Menschen inspirieren, und das erfüllt um einiges mehr, als wenn du dich nur von deinem Umfeld inspirieren lässt. Sich mehrheitlich nach außen zu orientieren und sich ständig mit der ganzen Welt zu verbinden, bevor du dich mit dir selbst verbindest, ist langfristig ungesund, weil du dann nicht dein Leben, sondern das Leben deines Umfeldes lebst. Studien zeigen, dass ältere Menschen im Altersheim auf die Frage, was sie am meisten bereuen, antworten: »Ich wünschte, ich hätte mehr Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.« Also, fangen wir an, unser eigenes Leben zu leben, mit uns und durch uns.
»Allein sein« – ist das nun die Herausforderung unserer Zeit? Aus meiner Sicht schon, es ist sicher nicht die einzige, aber eine der aktuellen Top-5-Herausforderungen für uns Menschen. Und weil uns ja Herausforderungen weiterbringen, nehmen wir sie an und legen nun los!
»Wenn man die Ruhe nicht in sich selbst findet, ist es vergeblich, sie anderswo zu suchen.«
FRANÇOIS VI. DUC DE LA ROCHEFOUCAULD