Читать книгу Homo sapiens movere ~ geschehen - R. R. Alval - Страница 5

Begegnungen

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Eigentlich hätte ich – hätten wir – in weniger als zwei Stunden bei unserem ‚Bungalow‘ eintreffen müssen. Er lag nur etwa 150 Kilometer südlich der Stadt. Tja, eigentlich würde ich jetzt mit meiner Familie feiern, Geschenke bekommen, bescheuerte Witze hören, Kaffee trinken und Kuchen essen. Leider passierte im Moment das Gegenteil von allem, was mein menschlicher Verstand glauben wollte oder auch nur ansatzweise kapierte. Wir brauchten beinah zwei Stunden, um aus der Stadt herauszukommen. Roy hatte mir dabei ein, zwei hilfreiche Kommentare zugebrüllt. Er kannte ein paar Schleichwege, von denen ich nichts wusste. In den südlichen Stadtteilen kannte ich mich nämlich kaum aus. Leider brachte die Stadtgrenze nicht die erhoffte freie Fahrt. Ich stöhnte, stoppte das Motorrad und machte es aus. Vor uns verlief die Straße.

Theoretisch!

Praktisch war sie verschwunden. Ein Feld aus Asphalttrümmern, die hier und da wie Mahnmale aus dem Boden wuchsen. Ich nahm den Helm ab und drehte mich halb zu meinem Sozius um. „Und jetzt? Irgendeinen Plan?“ Zum Glück konnten wir hier einigermaßen sehen. Es war nicht ganz so dunkel wie in der Stadt. Vermutlich, weil hier keine Gebäude eingestürzt waren. Der Radweg schien noch befahrbar zu sein… soweit ich das sehen konnte. Roy war derselben Ansicht. Wir stiegen beide ab. Begutachteten den Schlamassel. Denn blöderweise lag zwischen der eigentlich vorhandenen Straße und dem Radweg eine Luftlinie von grob geschätzt zehn Metern. Und diese zehn Meter wiesen – neben der verbogenen Leitplanke – einen tiefen Straßengraben und einen knapp zwei Meter hohen Metallzaun auf. „Der Graben ist ein Problem.“, meinte Roy. Der Graben?

Was war mit der Leitplanke und dem Zaun? Wollte er das Motorrad drüber heben? Drüber werfen? Eine andere Möglichkeit gab es nämlich nicht.

Zum Anfang der Leitplanke zu laufen war irrsinnig. Undurchdringliches Gebüsch schmiegte sich dicht an das Metall. Und das Motorrad wog grob geschätzt etwas über hundert Kilo. Wenn er das anheben konnte, bekäme er von mir einen Orden. Und wahrscheinlich auch einen Hexenschuss. „Ich wünschte, Lucy wäre hier.“ Er schloss fest die Augen. Schluckte. Ballte seine Hände zu Fäusten. Schüttelte den Kopf. „Lucy? Die kann das Motorrad auch nicht anheben.“ Sein Blick verunsicherte mich.

Dann nickte er langsam.

Sehr langsam.

„Lucy hätte es Kraft ihrer Gedanken auf die andere Seite befördern können. Sie ist eine movere.“ Mein Mund klappte auf. Das musste eine Lüge sein. Lucy war keine movere. Das hätte sie mir gesagt. „Hätte sie das?“

Verblüfft schaute ich zu ihm auf.

Er stand plötzlich sehr dicht vor mir. Mit meinen 1,65 war ich nicht unbedingt die Größte. Ich reichte ihm kaum bis zur Schulter. Alles, was ich jedoch im Augenblick wahrnahm, waren seine blauen Augen. Ritterspornblau. „Ich kann keine Gedanken lesen, falls du dich das fragst. Aber dein Gesichtsausdruck spricht Bände.“ Ich nickte. Um beides zu bestätigen. Irgendwie. „Auch ich bin ein movere.“

Unwillkürlich trat ich einen Schritt zurück. Noch einen. Er lächelte schief. Schnaubte. „Angst?“ Sollte ich die nicht haben? Vermutlich hatte er Lucy nur aufgeführt, damit ich mich jetzt sicher fühlte. Pah! „Ich kenne dich schließlich kaum.“ Roy schnalzte mit der Zunge. „Immerhin gut genug, um mich aus der Stadt mitzunehmen.“ Da war etwas dran. Nur hatte ich zu dem Zeitpunkt noch geglaubt, er sei ein normaler Mensch. Keine… potentielle Bestie. „Warum bist du nicht in Gewahrsam?“ Sein Blick war vernichtend. „Gewahrsam? Bist du so naiv, Chantalle? Movere werden nicht verwahrt. Sie werden vernichtet.“ Stirnrunzelnd widersprach ich ihm. „Nur die Gefährlichen.“ Sein Lachen klang laut in der kargen Stille. „Und wer beurteilt das? Nach welchen Kriterien?“ Erneut schüttelte Roy den Kopf. „Nein Chantalle. Sie beseitigen alle. Ich habe es gesehen. Sie entledigen sich ganzer Familien, nur weil einer davon anders ist. Sogar Babys.“ Er schloss den Mund. Sein Blick glitt in die Ferne. Seinen Kiefer presste er fest aufeinander.

Mein Mund klappte auf und wieder zu. Mir fehlten die Argumente.

Möglich, dass er log. Aber was, wenn er die Wahrheit sagte? „Wir movere sind im Moment nicht das Problem. Hast du die Dinger gesehen? Manche unmenschlich schön, andere als wären sie halb Tier halb Mensch?“ Hatte ich. Und ich hatte keine Erklärung dafür. „Ich möchte fast behaupten es sind Werwölfe oder sowas.“ Roy fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und über die kurzen, blonden Haare. Dann sah er wieder zu mir. „Also: Irgendeinen Plan, wie wir das Gefährt den Graben hinunter und drüben wieder hinauf bekommen?“ Ich zuckte mit den Schultern und schob die Augenbrauen fragend über meine gesamte Stirn. Hätte mein Haaransatz sie nicht gebremst, wären sie bestimmt bis in mein Genick gerutscht. „Schieben?“ Roy sah auf das Motorrad. Zu mir. Dann stieg er über die Leitplanke und inspizierte den Graben genauer. Bückte sich. Studierte die Beschaffenheit. „Trocken. Könnte klappen. Könnte aber auch schief gehen. Ist aber alles ziemlich zugewachsen. Blockiert es, wenn der Motor aus ist?“ Ich verneinte. „Die Bremsen auch nicht?“ Ich verzog den Mund. „Weiß ich nicht.“

„Mist. Mit älteren Modellen und Crossmaschinen kenne ich mich aus. Diese neuartigen Dinger…“ Er holte tief Luft. „Äh… und die Leitplanken? Willst du das etwa drüber heben?“ Er lachte leise. „Ich fühle mich geehrt, dass du mir solche Kraft zutraust. Aber nein, dafür habe ich eine andere Lösung.“ Abwartend sah er mich an.

Fast, als verlange er Stillschweigen von mir.

Dann ging er zügig zur Leitplanke. Legte beide Hände darauf; in einem Abstand von geschätzt anderthalb Metern. Das Metall an seiner linken Hand lief weiß an. Das an seiner rechten begann rot zu glühen.

Mein Mund klappte schon wieder auf. Langsam wurde das zur Gewohnheit. Ich war doch kein Karpfen, verdammt! Obendrein entfuhr mir ein Laut des Erschreckens. Möglicherweise auch des Erstaunens.

Immerhin hatte er mich vorhin mit eben diesen Händen festgehalten.

Die Leitplanke zu seiner linken knackte. Die zur rechten begann zu tropfen. Und dann war sie weg. Abgefallen!

Mit den Füßen trat er das Stück Metall zur Seite. „Beeindruckend, hm?“ Ich äußerte mich nicht. „Ach komm schon. Gib es zu. Ein bisschen bist du neidisch.“ Vielleicht. Würde ich nie im Leben zugeben.

Also zuckte ich lediglich mit den Schultern.

Unsere Unterhaltung verlief leise. Wir wollten keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Nur aus diesem Grund vernahm ich das leise Knacken seitlich von mir. Roy hörte es auch. Ruckartig flogen unsere Köpfe herum. Ich sah nichts. Hörte auch nichts mehr. Roy deutete mit der Hand zum Motorrad. Mit dem Kopf nickte er zum Graben. „Ich halte es vorn. Sollte ich wegrutschen, versuch es von hinten zu stützen. Drüben wieder rauf müssen wir beide nach vorn und schieben.“ Ich nickte zustimmend. Das Risiko, dass einer von hinten schob und das Gewicht des Motorrads uns zurück zog, war extrem hoch. Derjenige hinter dem Krad hätte das Nachsehen. Sichtlich mühelos gelang es Roy das Motorrad den Graben hinunter zu bringen. Bei einer Tiefe von zwei Metern eine Meisterleistung. Besonders da die Böschung eine beachtliche Neigung aufwies. Unten stand das Krad leicht schräg. Die Idee, quer zum Graben auf der anderen Seite hinauf zu fahren, verwarf ich noch ehe ich sie aussprach. Genau wie der hinter uns liegende Abhang war sie zu überwuchert. Roy gab mir ein Zeichen, dass ich zu ihm an den Lenker kam. Auf drei schoben wir.

Verflixt!

Das Ding war scheiße schwer. Ich hatte das Gefühl mich gegen einen Baum zu stemmen. Dabei kamen wir ein paar winzige Zentimeter voran. „Ein Seil hast du zufällig keins dabei, oder?“ Zweifelnd zog ich meine Augenbrauen in die Höhe.

Woher hätte ich wissen sollen, dass die verfickte Straße weg war?

„Du sagst, du kennst dich mit alten Maschinen aus. Könntest du bei der hier mit ein wenig Fingerspitzengefühl ebenso gut agieren?“ Konnte er überhaupt fahren? Roys Stirnrunzeln war irgendwie… Nein! Es war nicht sexy.

Er war der Freund… der Exfreund meiner Freundin. Meiner… hoffentlich irgendwo sicheren Freundin.

Schnell stopfte ich den Gedanken in eine Schublade im hintersten Teil meines Gehirns. Damit musste ich mich später beschäftigen. „Erster Gang, Standgas. Da kackt sie bestimmt ab. Aber wenn du ein klein wenig Gas gibst…“ Roy nickte. „Ein Versuch kann nicht schaden. Wieviel PS hat das Teil?“ Ich sagte es ihm, was ihn anerkennend pfeifen ließ. „Ordentlich. Einen Tick zuviel Gas und die Lady geht auf die Hinterbeine.“ So sah es aus.

Roy startete.

Legte den Gang ein. Nickte mir zu, so dass ich den Lenker ebenfalls ergriff. Vorsichtig gab er Gas. Es funktionierte. Irgendwie. Trotzdem war es beschwerlich, denn der Untergrund bot nicht genügend Angriffsfläche für die Räder. Wir fluchten zeitgleich. Bissen die Zähne zusammen. Anerkennend musste ich feststellen, dass Roy das Gas selbst unter diesen Umständen genauestens unter Kontrolle hatte. Kein einziges Mal bockte die Maschine. Endlich standen wir wieder auf ebener Fläche. Beide keuchend. Allein hätte ich dieses Hindernis nie und nimmer überwältigen können.

Entschuldige Paps. Aber manchmal ist eine zweite Person durchaus hilfreich.

Trotz der Kälte standen uns Schweißperlen auf der Stirn. „Kannst du notfalls hier fahren?“ Mit ‚hier‘ meinte Roy den schmalen Streifen zwischen Zaun und Abgrund. „Wenn einer von uns die Knie riskieren möchte, klar.“ Ebenso gut hätten wir im Graben fahren können. Nur wurde der weiter hinten von einigen Betonröhren unterbrochen. Durch die passten wir auf keinen Fall hindurch; höchstens gefaltet und gebügelt. Ganz zu schweigen von den auch dort überall wuchernden Minibüschen und Ranken. „Warum?“ Roy nickte kaum wahrnehmbar mit dem Kopf zur Seite. „Wir haben Besuch.“ Ich sah in die Richtung, aus der wir vorhin das Geräusch gehört hatten. Tatsächlich stand dort ein Hund. Ein… sehr großer Hund. Zumindest hoffte ich, dass es einer war. „Sag mir bitte, dass das ein Hund ist.“, flüsterte ich. „Ein Wolf.“ Yippieieh! „Bei uns gibt es keine Wölfe.“ Roy verdrehte die Augen. „Sag mir was Neues, Klugscheißer. Bei uns gibt es auch keine Monster, richtig?“ Ich schluckte.

Für einen Hund war das Tier zu groß. Für einen Wolf… äh… auch. Sowohl zu groß, als auch zu muskulös. Wolf auf Steroiden? Wovon zum Geier ernährte der sich? Er war fast so groß wie ein Kalb!

Mein Herz raste augenblicklich auf Hochtouren. Glücklicherweise blieb der Hund… Wolf auf Abstand. Er schien uns lediglich zu beobachten. Interessiert. Hoffentlich war der nicht hungrig.

Während Roy sich um den Zaun kümmerte – mit derselben Methode wie vorhin – ließ ich das Vieh nicht aus den Augen. Das machte weiterhin keine Anstalten uns zu nahe zu kommen. Stattdessen legte es sich hin; den Kopf auf die riesigen Pfoten. Trotzdem tastete ich nach dem Messer, das ich an meinen linken Unterarm geschnallt hatte. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste.

Der Wolf knurrte. Blieb jedoch liegen. Wusste er, dass ich ein Messer trug? Das war irrsinnig. Andererseits: Wenn es kein echter Wolf war? Sondern ein… Werwolf?

Haha! Die Vorstellung war kein bisschen amüsant.

Wölfe jagten in Rudeln, falls ich mich recht entsann. Traf das auch auf Werwölfe zu? Wo war dann der Rest? Hinter uns? Vor uns? Ich schluckte. Wandt meinen Blick kurz zu Roy. Der war fast fertig. Die eine Hälfte des Zauns war von Weiß überzogen, die andere Seite von einem glühenden, tropfenden Rot. Einige der Tropfen trafen seine Haut. Er nahm das offensichtlich nicht wahr. Ein heißes Händchen und ein… nun ja… eiskaltes Händchen. Ich kicherte dümmlich. Wahrscheinlich gingen meine Nerven langsam mit mir durch. Kein Wunder nach den letzten Stunden, die wahnsinniger und blutrünstiger kaum sein konnten. Außerdem lag nur wenige Meter von mir entfernt ein riesiger Köter, der vermutlich nur nach einem Zahnstocher Ausschau hielt. Um damit später unsere Überreste aus seinen Zähnen zu puhlen.

Wieder glitt mein Blick zu dem Wolf.

Der gähnte. War ihm langweilig? Bitte, lass ihn müde sein. Ein kleines Nickerchen machen. Bis wir Kilometerweit weg sind. Das Scheppern des Metalls riss mich aus meinen Überlegungen. Der Wolf erhob sich. Lauernd. Abwartend. Würde er uns anspringen?

Jetzt?

Mein Herz klopfte noch einen Tick schneller. „Spring auf. Ich fahre.“ Normalerweise hätte ich Einwände. Niemand fuhr meine Maschine. Aber eine Diskussion würde Zeit kosten. Zeit, die uns das nette, kleine Hündchen möglicherweise nicht ließ. Also stieg ich auf, nahm den Helm, den Roy mir reichte, während er bereits den Motor startete und krallte mich an ihm fest. Den Wolf behielt ich im Auge.

Roy fuhr los.

Das Vieh kam ebenfalls auf die Beine und rannte neben uns her. Keinen Moment seinen Abstand verringernd oder vergrößernd. Ein zweifelhafter Weggefährte. Und verdammt viel schneller als ein normaler Wolf sein sollte. Ich konnte zwar nicht über Roys Schulter lugen, doch ich bezweifelte, dass er langsamer fuhr als achtzig.

Wir kamen zügig voran. Zumindest die zehn Kilometer bis zur nächsten Stadt. Die – theoretisch – vorhandene Straße führte um diese herum. Der Radweg leider nicht. Zu allem Übel sah die vor uns liegende Stadt kein bisschen besser aus als unsere. Oder wenigstens das, was wir von hier aus sahen. Der Himmel war dunkel von Asche und Rauch. Diverse Metallteile, die möglicherweise zu Helikoptern gehörten, lagen überall verstreut. Ausgebrannte, teilweise noch brennende Autowracks taten das Übrige, um das makabre Szenario zu vervollständigen. Roy hielt an. Der Wolf neben uns ebenfalls. Immer noch blieb er auf Abstand. Ich traute diesem Frieden ganz und gar nicht.

Was wollte das Vieh?

Schauen, ob wir in müdem Zustand besser schmeckten?

„Halt dich gut fest.“ Eine zweite Warnung bekam ich nicht. Roy fuhr los. Runter vom Radweg und über das größtenteils unversehrte Feld, dessen Boden glücklicherweise knochenhart war. Es glich trotzdem einem Hindernislauf. Die harten Erdbrocken erschwerten die Strecke. Himmel, Arsch und Zwirn! Mein Hinterteil und mein Motorrad waren für sowas ungeeignet. Eigentlich. Roy jedoch handhabte das schwere Gefährt beinah mühelos. Er nahm seine Beine zu Hilfe; hielt uns damit im Gleichgewicht. Hier erlebte ich einen Crossfahrer in Aktion.

Voll der Wahnsinn!

Anfangs ängstlich, sorgte das Adrenalin bald dafür, dass ich die waghalsige Fahrt lachend genoss. Sollte Roy mich doch für verrückt halten. Trotzdem klammerte ich mich fast schmerzhaft an ihm fest. Mich wunderte, dass er noch nicht ächzte. Waren seine Rippen noch heil? Andererseits – Roy war ziemlich gut gebaut. Muskulös. Nicht so sehr wie mein Paps, aber ausreichend. Genau richtig für Frauen mit schwacher Libido – zu denen ich nicht zählte.

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich den Wolf. Er hielt immer noch mit uns mit. Später, sagte ich mir, können wir uns Sorgen machen. Erstmal mussten wir ein Stück vorankommen. Solange uns keine Barrieren im Weg lagen oder unüberwindbare Löcher aufhielten – oder das Feld plötzlich verschwand – klappte das ganz gut.

Roy stoppte. Stirnrunzelnd sah ich an ihm vorbei. Und fluchte. Schöne Scheiße. An die Wesen, die sonst nur in Alpträumen existierten, seit ein paar Stunden jedoch zur Realität gehörten, hatte ich natürlich nicht gedacht. „Die sind nicht ganz so schnell wie die Schönen. Trotzdem werden sie in fünf Minuten hier sein. Was nun?“ Eine hervorragende Frage.

Ehrlich!

Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich sie sogar beantworten. Unter Druck schaltete mein Hirn jedoch auf Durchzug. „Na dann, festhalten.“ Roy änderte die Richtung und gab Gas. Unnötig zu sagen, dass wir beide hofften diese schauderhaften Wesen abzuhängen. Der riesige Wolf lief nun dichter bei uns. Allerdings – auffällig genug – zwischen uns und den Monstern.

Ich war mir unsicher, ob ich das als gutes Zeichen werten sollte. Im Moment war ich jedoch viel zu sehr damit beschäftigt den kürzer werden Abstand zwischen den Wesen und uns nicht zu beachten. Mich fester an Roy zu klammern. Mich so leicht wie möglich zu machen, damit er besser manövrieren konnte. Fakt war, die Viecher holten auf. Anfangs waren wir vor ihnen gefahren. Inzwischen fuhren wir quer zu ihnen.

Zumindest noch.

Eine Katastrophe wäre es, wenn es denen gelang uns einzukesseln. Allein daran zu denken kostete mich Jahre meines Lebens. Zu allem Übel wurde Roy nun wieder langsamer. Waren da noch mehr von den Viechern? „Fahr!“, wies ich ihn an. Roy stoppte, als der Motor zeitglich ein letztes Husten von sich gab. „Ich sag es nur ungern, Süße… aber wann hast du zuletzt getankt?“ So eine gequirlte Scheiße aber auch!

Jegliche Farbe lief mir aus dem Gesicht. Vielleicht war sie auch vorher schon verschwunden. Jetzt jedoch fühlte ich es. Noch immer waren uns die Monster auf den Fersen.

Wir stiegen hastig vom Motorrad. Roy packte mein Handgelenk. Zusammen rannten wir los.

Hah!

Als ob wir auf die Art eine Chance hatten.

Schon nach wenigen Metern keuchte ich. Das unebene Feld war nicht geeignet zum Wegrennen. Nur blieb uns kaum eine andere Wahl… es sei denn, wir wollten zerrissen, gefressen oder einfach überrannt werden.

Wir könnten uns eingraben…

Der Wolf war neben uns, knurrte in unsere Richtung. Dann fiel er langsam zurück. Mich umzudrehen kam nicht in Frage. Ich würde stolpern.

Als nächstes wäre ich tot.

Sowas passierte immer in Horrorfilmen. Ich wusste, was hinter mir war. Und es reichte, dass ich das Knurren hörte.

„Schneller!“, drängte Roy. Versuchte ich doch! Ich war kein Läufer. Besonders nicht auf diesen Dreckklumpen, die genau so hart waren wie Steine. Nur nicht so schön angeordnet. Im Laufen riss ich mir den Helm vom Kopf. Warf ihn beiseite. Er könnte mir von Diensten sein… scheiß drauf. Ich wusste, dass die Dinger sich nicht auf meinen Kopf stürzen würden. Ah… aber ich hätte sie damit schlagen können. Vielleicht. Verdammt!

Nur Roys beharrlichem Ziehen verdankte ich es, dass ich trotz meines Stolperns auf den Beinen blieb. Meine Lunge rasselte vor Anstrengung. Dabei war ich seit zwei Jahren Nichtraucher. Meine Seiten stachen. Meine Beine fühlten sich an wie Blei. Mit jedem Schritt wurden sie schwerer. Ein deutliches Zeichen meiner fehlenden Kondition. Schließlich bemerkte ich, dass das Knurren ein ganzes Stück hinter uns zurück geblieben war. Der Drang mich umzudrehen war überwältigend. Ich ignorierte ihn.

Mit Mühe.

Roy schlug einen Haken, raste mit mir direkt in das kleine, neben uns aufgetauchte Wäldchen. Ob uns das wirklich Schutz bot oder den Dingern hinter uns mehr nützte, blieb abzuwarten. Ich erwartete, dass Roy nun langsamer werden würde.

Irrtum.

Der Waldweg war zwar ausgetreten, aber um Meilen besser als das Feld. Roy legte an Tempo zu. Woher ich die Kraft nahm mitzuhalten? Vielleicht weil ich überleben wollte. Möglicherweise bekamen meine Turnschuhe auch Flügelchen und trugen mich ohne mein Zutun. An meinem Geburtstag den Löffel abzugeben kam nämlich überhaupt nicht Frage.

Roy blieb plötzlich so abrupt stehen und schleuderte mich hinter sich, dass ich gegen seinen Rücken krachte. Mein Kiefer pochte. Ebenso meine Nase. Ich verzog das Gesicht. Fühlte, ob alles heil war.

Anscheinend.

Roy selbst stand da wie ein Fels in der Brandung. Die Augen auf etwas vor uns gerichtet, was ich hinter seinem imposanten Rücken nicht ausmachen konnte. So angespannt wie er war, bedeutete es sicher keinen umgestürzten Baum. Aber etwas versperrte den Weg. Etwas, das sprechen konnte. Scheiß drauf, dass ich froh war kurz Atem zu schöpfen und meine verkrampften Muskeln zu schonen. Das Etwas vor uns behagte mir trotzdem nicht.

„Was haben wir denn da?“ Was für eine Stimme! Mir wurde ganz anders. Als könnte ich dieses Etwas sofort anspringen und ins nächste Bett zerren. Dabei war es die Stimme einer Frau. Und ich absolut hetero.

Was äh… auch auf Roy zutraf.

Ich krallte mich in seine Jacke. Nur für den Fall, dass er etwas wirklich Dummes machte. „Roy?“ Er nickte langsam. „Keine Bange. Ich hab zwar das dringende Bedürfnis sie zu vögeln, aber ich kann mich zurückhalten.“, sagte er und trat einen Schritt auf sie zu. „Roy!“

„Richtig. Abwarten. Nicht nageln. Böse.“, murmelte er. „Böse? Ich?“ Oh, das Miststück hörte gut. Ich lugte an Roy vorbei. Die Frau war eins dieser unglaublich schönen Wesen. Hm. Wie ein Werwolf sah sie nicht aus. Oder doch? Vielleicht waren Werwölfe verführerisch. Woher sollte ich das wissen? Sofern diese Wesen sich überhaupt als Werwölfe bezeichneten. Vielleicht waren sie auch etwas ganz anderes.

Roy bewegte sich nicht. Seine Anspannung war jedoch zu spüren. „Ich bin nett. Sogar sehr nett. Ansonsten wärt ihr schon tot. Sehe ich das falsch?“

Ich überließ die Unterhaltung Roy. Mochte feige von mir sein. Andererseits glaubte ich, dass er mich lieber hinter sich in Sicherheit wusste. Obwohl ich das vermutlich nicht war. Im Gegensatz zu mir schien Roy außerdem kein bisschen außer Atem zu sein. Mit pochendem Herzen drehte ich mich um. Keine Wölfe. Kein Knurren. Keine Geräusche von etwas, dass sich heranschlich. Geschweige denn heranstürmte. Ich schaute sogar nach oben. Keine Ahnung, ob es Weraffen gab. Man konnte nie vorsichtig genug sein.

Tja, da waren keine.

Ein gutes Zeichen.

Meine Hand nach wie vor in Roys Jacke vergraben, spürte ich, wie er sich bewegte. Um präzise zu sein, er trat zwei Schritte vor. Ich konnte ihn nicht aufhalten. „Bleib stehen!“ Er schüttelte den Kopf. „Sie bietet uns ihre Hilfe an.“ Na klar. Und ich bin Tiefseetaucher. „Bist du irre? Wir können ihr nicht trauen.“ Die Frau lächelte weise. „Stimmt, das könnt ihr nicht. Aber ihr könnt es versuchen. Was habt ihr zu verlieren?“ Unser Leben. Also keine Kleinigkeit. „Marielle! Was soll das?“ Die Stimme der Frau hatte mir schon zugesetzt. Aber die, die ich jetzt hörte, machte mich feucht.

Ich schüttelte den Kopf. Kniff die Beine zusammen. Biss die Zähne fest aufeinander. Roy wich ein Stück zurück, drehte kurz den Kopf und sah mich fragend an. Ich zuckte mit den Schultern, wobei ich mich wesentlich gelassener gab, als ich mich fühlte. Statt weiterhin seine Jacke festzuhalten, griff ich nach seiner Hand. Unsere Augen waren auf das Paar gerichtet, dass vom Cover eines Magazins entsprungen schien. Nur hatte ich derart schöne Leute noch nie in Natura gesehen. Nichts mit Photoshop – die waren echt!

Die Frau an sich war atemberaubend. Doch der Mann stand ihr in nichts nach. Auch ein Werwolf? Er erinnerte mich mit seinen langen, schwarzen Haaren, dem sorgsam modellierten, androgynen Gesicht und dem Körper eines griechischen Gottes, der selbst durch den edlen Zwirn zu erahnen war, eher an einen Todesengel. Ganz besonders was seine Augen betraf. Mich fröstelte. Könnte von der Kälte stammen. Aber ich war mir sicher, dass sein Blick dieses Frösteln verursachte.

Roy neigte seinen Kopf kaum merklich zur Seite.

Hieß, wir würden uns vom Acker machen. Nur kamen wir nicht dazu auch nur einen Schritt zu tun. „Was zum Teufel!“ Roy fluchte. Ich sah unsicher auf meine Füße. Zwar sah ich nichts, aber ich könnte schwören ich hatte Wurzeln geschlagen. Wortwörtlich!

Ok.

Sowas konnten Werwölfe in Legenden nicht.

Nur… Vampire. Ich runzelte die Stirn. Schluckte. War das möglich? Vampire, keine Werwölfe. Oder – noch schlimmer: Beides?

Keine Ahnung, ob Roy die gleichen Schlüsse zog. Er beobachtete das Paar vor uns. Mit Argwohn, aber auch voller Neugierde. Eine seltsame Mischung. Obendrein sprach das Pärchen nicht. Sie standen herum wie… Statuen. Atmeten sie überhaupt? Die Frau trat kurz darauf einen Schritt zurück. Fast sah es aus, als gäbe sie – hocherhobenen Hauptes und mit funkelnden Augen – ihre Niederlage bekannt.

Genau in dem Moment knurrte es hinter uns.

Ruckartig drehte ich mich um, vergaß dabei, dass meine Füße und Beine angeschraubt oder festgeklebt waren und ruderte wild mit den Armen. Roy packte mich. Ansonsten hätte ich einen unfeinen Stunt hingelegt: Mit Splitterbrüchen in beiden Beinen und ausgekugeltem Hüftgelenk.

Mein Herz klopfte wild. Wenn das so weiterging, würde ich heute vor Schreck sterben – nicht zerrupft von Bestien.

„Es ist der Wolf von vorhin. Nur ein bisschen zerzauster.“, raunte Roy mir ins Ohr. Tatsächlich bedurfte es dieser Erklärung nicht. Der Wolf drückte sich an meine freie Seite. Nur kurz, als wollte er mir etwas versichern. Was das war, entzog sich meiner Kenntnis.

Dann trabte er auf das Pärchen zu.

Die Frau sah ihn mit distanziertem Lächeln an, der Mann mit einem eisigen. Er grüßte den Wolf mit einem Nicken. Eine Sekunde lang sah der Mann zu uns; ein Versprechen in den Augen, dass mir ebenso schleierhaft war wie das kurze Streifen des Wolfes. Und dann – meine Augen mussten mir einen Streich spielen – verschwand er. Mit ihm die Frau.

Sie gingen nicht.

Sie flogen nicht.

Sie verpufften einfach. Eben noch waren sie da, im nächsten Moment weg. Aufgelöst.

Ich blinzelte, wobei ich jemanden hysterisch kichern hörte. Oh! Das bin ich selbst. Ich schwöre, dass der gigantische Wolf mir einen genervten Blick zuwarf. Roy knuffte mir lediglich in die Seite. „Bin ja schon still. Sorry…“ Ich starrte auf die Stelle, als könne das Starren die beiden wieder herbei zaubern. „Hast du das gesehen? Die sind einfach… wusch… und…“ Ich wedelte mit der Hand. Dabei war Roy die ganze Zeit neben mir gewesen. „Hab ich.“ Er schien das alles ziemlich gefasst aufzunehmen. Ich fand es einfach nur irre. Wahnwitzig. Seit wann gab es denn sowas?

Seit heute.

Offensichtlich.

„Kannst du das auch?“ Roy verneinte, dabei hatte ich den Wolf angesprochen. Sein Kopfschütteln sagte mir, dass er mich verstand. „Waren das Vampire?“ Sowohl der Wolf auch als Roy antworteten mir. Roy mit einem mürrischen: ‚Bin ich Jesus?‘, der Wolf mit einem Kopfschütteln, dass in ein Nicken wechselte. „Roy, stopp. Ich rede… mit ihm. Naja, irgendwie.“ Dann wandt ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Wolf zu, der langsam auf mich zukam. „Es sind keine richtigen Vampire?“ Der Wolf nickte. Aha. Also falsche Vampire. Haha. Sowas gab es auch? „Und du bist“, ich schluckte, „ein Werwolf?“ Bis dato wusste ich nicht, dass Wölfe lachen konnten. Tat er, und er nickte. Ich wollte ihn fragen, warum er in der Tierform blieb. Als Mensch würden wir reden können. Erfahren, was er vorhatte. Sofern er sich nicht in eines dieser Monster verwandelte. Doch er stellte seine Ohren auf, legte den Kopf schief und schnüffelte.

Vorsichtig schnappte er nach meiner Jacke. Zog mich in eine Richtung, die Roy und ich offenbar nehmen sollten. Dann rannte er los. „Sollen wir?“

„Schlimmer kann es kaum werden.“ Könnte es schon. Nur wollte ich daran nicht denken. Zur Not war ich immer noch bewaffnet. Jahaaa! Mit einem niedlichen, mittelgroßen Messerchen gegen riesige, gruselige, haarige Monster, deren Zähne länger waren als das Messer, dass nach wie vor an meinen Unterarm geschnallt war.

Also folgten wir dem Wolf, der uns tiefer in den Wald hineinführte. Ab und an blieb er stehen und drehte sich um. Vergewisserte sich, dass wir ihm folgten. Lauschte auf mögliche Verfolger. Einmal stieß er ein derart lautes Heulen aus, dass mir fast das Herz stehen blieb. War der bekloppt? Jeder konnte das hören! Besonders die Viecher von vorhin. War das seine Absicht oder bezweckte er etwas anderes?

Je tiefer wir in den Wald vordrangen, desto dichter standen die Bäume. Dabei war ich von einem kleinen Wäldchen ausgegangen. Wie man sich doch irren konnte.

Allmählich kam ich beim Laufen aus dem Takt. Wir rannten zwar nicht mehr in dem halsbrecherischen Tempo von vornhin, aber immer noch schnell genug. Nur Roys Griff um mein Handgelenk verdankte ich es überhaupt noch vorwärts zu kommen. Mehr als einmal strauchelte ich fluchend.

Nun ja, selbst zum Fluchen hatte ich kaum noch Atem.

Meine Beine fühlten sich heiß und kalt zu gleich an. Leicht und schwer. Meine Seiten stachen. Ich japste nach Luft. Schweiß rann mir übers Gesicht. Am liebsten hätte ich die Jacke ausgezogen, so heiß war mir inzwischen.

Der Wolf drehte sich ein letztes Mal um.

Dann standen wir plötzlich auf einer Lichtung.

In deren Mitte stand ein zweistöckiges Haus. Mit bunten Vorhängen, Gehwegplatten, Blumenbeeten, einem Pool, einer Terrasse, einer Hollywoodschaukel und einem weißen Gartenzaun.

Nach dem Labyrinth aus Bäumen glaubte ich erst an eine Halluzination. Nur war das Auftauchen des Hauses noch nicht das Verwunderlichste. Der Wolf gab ein leises, heiseres Geräusch von sich und setzte sich wie ein brav erzogener Wachhund neben das offene Gartentor. Im selben Moment schwang die Haustür auf und eine Frau trat heraus. Ein überschwängliches Funkeln in den Augen. Pure Freude auf einem Gesicht, das meinem erstaunlich ähnlich sah. Sogar die Haarfarbe stimmte.

„Du hast sie gefunden!“ Mit einem beherzten, kleinen Aufschrei, gefolgt von einem Quietschen und weit ausgebreiteten Armen kam sie stürmisch auf mich zugerannt. Sie riss mich in eine feste Umarmung, wuschelte mir durchs Haar und küsste mich auf die Wange. „Oh Gott. Er hat dich gefunden. In all dem Chaos hat er dich gefunden und sicher hierher gebracht. Ich bin so glücklich, dass es dir gut geht, Chantalle.“ Ich wäre fast aus den Socken gekippt. Beziehungsweise meinen Stiefeln.

Zur Salzsäule erstarrt blieb ich stehen und harrte ihrer stürmischen Begrüßung. Wer immer diese Frau – die mir äußerlich sehr auffallend ähnelte – auch sein mochte. Sie ging einen Schritt zurück, umfasste meine Oberarme und musterte mich. „Gut siehst du aus.“ Dann fiel ihr Blick zu Roy, dem sie anerkennend zunickte. „Schön, dass du endlich wieder jemanden hast nach deinem Verlust.“

Oooo-kay?

Zeit an meiner Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln.

Irritiert, mit weit aufgerissenen Augen, sah ich zu Roy, der mich ebenso fragend ansah. „Oh, entschuldige bitte. Du weißt ja gar nicht, wer ich bin. Ich Dummerchen.“ Sie lachte. „Ich bin Thea. Deine Tante.“ Meine Tante. Aha. Meine einzige, mir bekannte Tante hieß Yasmin. Ich runzelte die Stirn. „Rick Fraser war mein kleiner Bruder.“ Kleiner Bruder? Mein biologischer Vater? Unmöglich. Sie sah keinen Tag älter aus als dreißig. „Ich weiß, es ist alles ziemlich verworren für dich. Komm erstmal rein.“ Sie ließ mich los und drückte nun Roy. „Du auch. Wir reden drinnen.“ Mein gesunder Menschenverstand sagte mir, ich sollte die Beine in die Hand nehmen und abhauen.

Schnellstens.

Nur leider sagte mir mein gesunder Menschenverstand auch, dass es keine Monster gab. Doch genau die hatte ich heute zuhauf gesehen. Ausreichend für ein ganzes Leben. Also trottete ich ihr hinterher ins Haus. Gefolgt von Roy, der nicht mein Freund war.

Diese Kleinigkeit konnte ich später immer noch korrigieren.

Tja, meine Familie war augenscheinlich größer als eigentlich angenommen: Eine neue Tante, ein neuer Onkel und deren Kinder. Dafür musste mir erst die Welt um die Ohren fliegen. Gleichzeitig erfuhr ich, dass sie seit 33 Jahren von meiner Existenz wussten. Also seit etwa einem Jahr nach meiner Geburt. Meine Eltern wussten nichts davon, dass ein Teil der Familie meines leiblichen Vaters mich im Auge behielt. Die gesamte Zeit über, obwohl es – laut deren Aussage – nicht immer leicht gewesen war.

Rick Fraser, mein leiblicher Vater, der nur einen Monat nach meiner Geburt tödlich verunglückt war, hatte zum Zeitpunkt meiner Zeugung und Geburt kaum bis keinen Kontakt zu seiner Familie gehabt. Kein Wunder also, dass meine Mutter niemals jemanden erwähnt hatte. Zumindest konnte ich mich nicht erinnern.

Doch das war noch nicht mal der Brüller der Enthüllungen.

Nein!

Der Wolf, der uns hierher geführt hatte, war – tadaaa – der Mann meiner Tante. Und deren Kinder hatten ebenfalls alle einen Wolf in sich. Die jüngste war 17. Der Älteste – Achtung festhalten – 49! Dabei sah er aus wie Mitte 20. Von jedem war ich herzlichst umarmt und beinah erdrückt worden. Sie lebten alle hier.

Unter einem Dach.

Ich wäre längst durchgedreht.

Still nahm ich die Erklärungen in mich auf. Ich war viel zu viel von allem, um irgendwelche Fragen zu stellen. Sprachlos. Entsetzt. Enttäuscht. Verwirrt. Und… ja, auch ein bisschen wütend. Erst nach einer heißen Dusche und in frischen Klamotten war mein Gehirn wieder in der Lage Fragen aufzuwerfen. Dutzende. Allen voran, warum sie nie zuvor Kontakt mit mir aufgenommen hatten. Meine Eltern hätten sicher nichts dagegen gehabt.

„Unser Alpha hat es nicht gestattet.“ Alpha? Beta, Gamma, Delta? Ich erfuhr, dass ein Alpha der Anführer eines Rudels war. Derjenige, der das Sagen hatte. Rudel… meine Güte. Sie waren doch Menschen! Also, irgendwie jedenfalls. Oder zumindest meine Tante. Mein neuer Onkel klärte mich auf. Einigermaßen. Wahrscheinlich gerade so viel, dass ich es verstand. Ich schnappte nach Luft als ich sein Alter erfuhr. Er lachte kehlig. Meine Tante schmunzelte. Auch sie war älter als sie aussah. Und dank der Rudelmagie würde sie weiterhin nur langsam altern. Somit war sie in der Lage länger zu leben als jeder andere Mensch.

Sobald ich einigermaßen zur Ruhe käme, würde ich sicher neidisch sein. Im Moment war ich zu aufgewühlt. „Wo ist Roy?“

„Mit den Jungs das Motorrad holen.“ Den Jungs. Also… Werwölfen. „Die uns vorhin verfolgt haben, gehören zu eurem Rudel?“ Eric bejahte. „Unser Alpha hat den Angriff nicht untersagt. Aber keine Sorge, ihr seid sicher. Ihr gehört zur Familie.“

Ich beschloss vorerst nicht zu erwähnen, dass Roy und ich uns kaum kannten. Glücklich machte mich die Aussage bei Weitem nicht. Wie konnte eine Respektperson nur solche Gewalt zulassen? Oder gar anordnen? Dumme Frage. Machten wir Menschen nicht dasselbe? „Und die zwei vorhin im Wald? Waren das wirklich Vampire?“

„Sie waren etwas mehr als das. Es wundert mich, dass sie überhaupt unterwegs waren.“ Wunderte mich auch. Eric schien meine Gedanken zu erraten. „Nicht, weil es noch hell war. Sondern weil sie sich eher selten unters Volk mischen und dabei gesehen werden.“

Also… äh… zu meiner Beruhigung trug das nicht bei.

„Wisst ihr, was da draußen vor sich geht?“ Bang wartete ich auf die Antwort. Thea sprach zuerst. „Krieg, meine Liebe. Revolution. Nenn es, wie du willst. Eine vollkommene Umwälzung. Dank des menschlichen Militärs und dessen radikalem Vorgehen haben sich die Andersweltler entschlossen aus der Deckung zu kommen. Mit einem riesigen Knall.“ Jepp. So konnte man es auch bezeichnen. „Warum jetzt? Warum mit Gewalt? Die meisten, die getötet werden sind Unschuldige.“ Eric antwortete, dass dies der Preis der Freiheit sei. „Wir haben lang genug im Verborgenen gelebt. Du weißt, wie das Militär reagiert. Wie die meisten Menschen reagieren. Sieh dir nur den Mist mit den movere an. Die löschen ganze Familien aus. Schlimmer noch, Leute die denen im Weg sind. Wir haben genug Selbstvertrauen, um uns zu wehren. Die movere hingegen kaum. Die meisten von ihnen haben Angst zu Mördern zu werden. Wir nicht. Allerdings ist es bedenklich, wie viele von uns und den Vampiren die absolute Macht wollen. Die Menschen können sich auf eine radikale Änderung ihres Lebens gefasst machen.“

„Das Militär hat keine Chance, oder?

„Nein. Dafür sind wir zu viele. Es sind nicht nur wir Werwesen und die Vampire, die sich outen, Chantalle.“ Ich schluckte. Mein Gesicht verriet meine Panik. „Ich muss meinen Bruder finden. Mom, Paps, meine Schwester. Wir haben einen Treffpunkt.“ Eric und Thea sahen sich an. „Das Sommerhaus?“ Wow, die waren wirklich gut informiert. „Lang wird der Umbruch nicht dauern. Eine Woche; maximal. Dann könnt ihr aufbrechen. Im Moment jedoch seid ihr bei uns am sichersten.“ Theas Worte klangen sanft. Deren Inhalt jedoch alles andere als das.

Umbruch? Ich schluckte unsicher. Was da draußen passierte, war eine Katastrophe!

Noch nie hatte ich so viel Gewalt erlebt. So viele Tote gesehen.

Im Grunde war ich nie nah am Wasser gebaut. Doch jetzt brachen der Kummer, die Angst und die Ungewissheit mit einem wahren Sturzbach an Tränen aus mir heraus.

Eric ließ uns allein.

Thea zog mich in ihre Arme, rieb mir sacht mit den Händen über den Rücken und ließ mich weinen. Nach einigen Minuten verebbten meine Tränen. Zurück blieben ein paar verhaltene Schluchzer. „Komm. Du bist sicher hungrig. Roy kann später mit den Jungs essen.“ Ich nickte, auch wenn mir kein bisschen nach Essen war. Allerdings war mein knurrender Magen anderer Meinung. Umso überraschter war ich über die Torte, die Kerzen, die Blumen und ein kleines Geschenkpaket. Mit offenem Mund blieb ich an der Küchentür stehen. „Happy Birthday, Chantalle.“ Sie hatten es gewusst! Hatten gehofft mich zu finden; in Sicherheit zu bringen. Erneut wollten meine Tränendrüsen ihre Arbeit aufnehmen. Ich zwang sie zurück. „Danke. Ich weiß gar nicht, was ich sagen…“ Thea winkte ab. „Nicht nötig. Es ist dein Geburtstag, auch wenn draußen gerade alles irgendwie den Bach runtergeht. Oh…“, sie räusperte sich, „… Sag Eric bloß nicht, dass ich das gesagt habe.“ Ich nickte, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht. „Komm. Ein Stück Torte? Du kannst auch gern was Herzhaftes bekommen. Ist ja eigentlich fast Abendbrotzeit.“

„Ein Stück Torte klingt hervorragend.“ Thea nickte, schnitt die Torte an und legte uns beiden je ein Stück auf einen Teller. „Mom, ich nehm auch eins.“, vernahm ich die Stimme der Jüngsten. „Oh, ich auch.“, folgte sofort die meiner anderen Cousine. Leise lachend schnitt Thea auch denen je ein Stück ab, legte sie auf Teller und stellte diese auf den Tisch. „Will irgendjemand Kaffee?“ Ein dreistimmiges Ja hallte durch die Küche. Alsbald standen vier dampfende Tassen auf dem Tisch. Das Geklapper der Kuchengabeln wurde von kurzweiligem Plaudern übertönt. Ich fühlte mich behaglich. Fast wie… nun ja, zu hause. Trotz der alles andere als glücklichen Umstände, die mich hierher geführt hatten.

Natürlich machte ich mir Sorgen um meine Familie. Doch so nett, wie ich hier aufgenommen wurde, konnte ich das für ein paar Augenblicke vergessen. Oder zumindest in den Hintergrund drängen.

Plötzlich drehten die jungen Frauen alarmiert den Kopf zur Seite und sprangen auf. Ich sah Thea an, die wohl ebenso wenig hörte wie ich. Allerdings wesentlich schneller reagierte. Bei ihrem Ton zuckte sogar ich zusammen. „Audrey Teresa Lucia Weißhaupt, du bleibst hier!“

„Moooom!“

„Nichts da. Du bist noch keine 18. Punkt und aus. Und du…“, Thea wandt sich ihrer anderen Tochter zu, „…sei vorsichtig!“

Schmollend und mit rollenden Augen plumpste Audrey wieder auf ihren Stuhl. Marlene, die ältere meiner Großcousinen, raste aus der Küche. „Papa kommt doch auch mit.“ Thea presste fest die Lippen zusammen. „Dein Vater, die Jungs und deine große Schwester sind erfahrener als du. Ich weiß, das hörst du nicht gern. Aber wie wirst du dich fühlen, wenn einer von ihnen verletzt wird, weil sie dich schützen?“ Ich sah, wie der Teenager die Hände zu Fäusten ballte. Allerdings nickte sie. Offensichtlich gefiel ihr diese Vorstellung noch weniger. „Was ist da draußen los?“ Nach wie vor hörte ich nichts. Thea seufzte, Audrey antwortete. „Ärger.“ Sie schien immer noch wütend zu sein. Immerhin war sie zur Tatenlosigkeit verdonnert. „Ich bin froh, dass du hier bist.“, sagte ich deshalb diplomatisch. „Du bist quasi unsere letzte Verteidigungslinie. Deine Mutter und ich könnten natürlich auch mit Pfannen und Tiegeln um uns schlagen. Aber ich bezweifle, dass das ernsthaften Schaden anrichtet.“ Audrey lachte leise. „Sähe bestimmt lustig aus.“ Theas Lippen zuckten verräterisch. „Na gut. Du kannst vor die Tür gehen, wenn dir das lieber ist. Aber bleib bitte in der Nähe.“ Audrey nickte. Wie ein Blitz eilte sie hinaus. Thea atmete geräuschvoll aus. Ihr Gesicht voller Sorgen. „Es ist schwer, anders zu sein. Meistens stört es mich nicht. In solchen Situationen jedoch…“ Sie schluckte.

Trotz der fühlbaren Anspannung ließ ich mir die Torte schmecken. Ich war hungrig. Außerdem war mein Geburtstag!

„Welche Art Ärger meinst du, ist da draußen?“ Thea zuckte mit den Achseln und schob sich ein Stück Torte in den Mund. „Keine Ahnung. Sicher ein paar vom Rudel, die noch nicht wissen, dass Roy und du zur Familie gehören.“ Jetzt war ich diejenige, die zusammenzuckte. „Das spricht sich wohl nicht so schnell rum, hm?“ Thea lächelte. „Theoretisch schon. Aber es gibt immer ein paar Klugscheißer. Kennst du doch. Teenager vermutlich.“ Ah ja… eine Gang. Sowas kam also auch bei Werwölfen vor? Wenig beruhigend. Gleichsam kam mir ein anderer verstörender Gedanke. „Wenn Roy sich verteidigt und einer aus dem Rudel stirbt, was dann?“ Meine Tante runzelte die Stirn. „Nimm’s mir nicht übel, Chantalle. Aber ein Mensch gegen Werwölfe? Da muss er schon sehr viel Glück haben. Die sind verflixt schnell. Ganz zu schweigen von deren Kraft.“

„Abgesehen von Kraft und Geschwindigkeit… äh… sind sie feuerfest? Immun gegen Eiseskälte? Und ich meine solche Kälte, die Metall brüchig macht.“ Thea lächelte verschmitzt. „Roy ist ein movere? Nun, dann könnte er tatsächlich Glück haben. Es ist Notwehr. Die gilt auch im Rudel als solche. Beantwortet das deine Frage?“ Hm. Immerhin eine gute Nachricht. Dennoch machte ich mir Sorgen um Roy. Den Exfreund meiner Freundin. Mit dem mich sonst überhaupt nichts verband. Thea mochte meine Tante sein. Doch inwiefern konnte ich ihr diesbezüglich trauen? Was, wenn Roys Schutz aufgehoben wurde, weil wir zwei nicht liiert waren? Ich entschied mich darüber Stillschweigen zu bewahren. Schadete keinem.

Umso perplexer war ich, als sie meine Zweifel aussprach. „Wir sind ganz gut über dich informiert, Chantalle. Bis vorgestern hattest du keinen Freund. Allerdings scheinst du ihn zu kennen.“ Ich atmete hörbar aus. So schnell war die Katze aus dem Sack. Schön. Also konnte ich Thea ebenso gut aufklären. „Magst du ihn?“ Ihn mögen? Dafür kannte ich ihn zu wenig. Obendrein war er ein movere. Möglicherweise – nein – ganz bestimmt gefährlich. Aber auch für mich? „Äh… mögen… naja, er ist der Freund“, ich korrigierte mich, „Exfreund meiner Freundin.“ Thea nickte. „Und? Gefällt er dir oder nicht?“ Das war eine verzwickte Frage. Eine, mit der ich mich im Moment nicht auseiander setzen wollte. Also zuckte ich nur mit den Achseln. Thea starrte mich an. Um eine Antwort kam ich wohl nicht herum. „Geht so.“, sagte ich leise, was sie glucksend lachen ließ. Warum kam ich mir wie ein ertappter Teenager vor? Als steckte hinter Theas Frage etwas anderes als das allgemein Ersichtliche.

Ein lautes Krachen der Haustür vertrieb dieses Gefühl. Unmittelbar vor dem Küchentisch kam ein riesiger Wolf zum Stehen. Mein Herz klopfte in meinen Ohren. Aus reinem Reflex sprang ich auf und versuchte mich in Sicherheit zu bringen. Erst da bemerkte ich, dass um den Wolf ein wahrer Funkenregen ausbrach. Wunderschön. Ehrfurchtgebietend. Mystisch.

Und dann stand dort meine Cousine.

Nackt.

Thea warf mir einen kurzen Blick zu, der besagte, dass ich mich daran gewöhnen würde. Ich bezweifelte das. Im selben Augenblick sah sie jedoch irritiert zu Audrey, die uns mit leiser Stimme sagte, das besprochene Notfallszenario wäre eingetroffen. Thea und auch ihre Tochter schienen erstaunlich ruhig. Ich jedoch hatte Hummeln im Hintern und stand kurz vor einem Herzkasper.

Worüber auch immer sie jetzt sprachen, ich verstand gar nichts. Vor allem erinnerte ich mich an kein besprochenes Szenario. Gleich recht keins mit dem nervenaufreibenden Zusatz ‚Notfall‘. „Glücklicherweise haben wir eine Frau hier, die hervorragend mit Waffen umgehen kann.“ Thea sah wissend in meine Richtung. Ich blinzelte. Nickte. Kam es mir nur so vor oder war die Luft im Haus plötzlich dünner. „Ruhig, Chantalle. Atmen. Wir passen schon auf dich auf.“ Es behagte mir gar nicht, dass ich mich außen vor fühlte. Ich musste mich schleunigst zusammenreißen. Herr Gott nochmal, ich war 34! „Von welchem Notfall sprecht ihr?“ Thea und Marlene wechselten einen stummen Blick. Dann sprach meine Nichte. „Genau weiß ich es nicht. Aber Papa hat das Rudel gerufen.“ Funktionierten denn hier draußen Handys?

Oder gar das Telefon?

Thea musste meine Überlegungen bemerkt haben. „Als Wölfe kommunizieren sie anders.“ Ich schluckte. Wenn Eric Verstärkung rief, waren er, drei weitere Wölfe und Roy in Bedrängnis. Richtig? Aber welcher Art? „Was könnte der schlimmste Fall sein?“ Thea holte tief Luft. „Alle denkbaren Möglichkeiten sind kein Zuckerschlecken: Das Militär. Andere Raubwesen. Wobei wir das Militär hören müssten.“ Falls sie nah genug dran waren. „Hörst du etwas?“ Thea sah ihre Tochter fragend an. Die neigte den Kopf, schloss die Augen. „Nein. Aber ich habe deutlich Papas Warnung gehört und seinen Ruf nach dem Rudel.“ So musste man sich im Krieg fühlen.

Waren wir im Krieg?

Eric hatte es vorhin angedeutet. Ich wollte ihm nicht glauben. Die Ungewissheit nagte an mir. Und da war noch etwas anderes, was mir Sorgen bereitete: Raubwesen. Ich wollte gar nicht so genau wissen, was Audrey damit meinte. Um ehrlich zu sein legte ich auch keinen gesteigerten Wert darauf es leibhaftig zu erfahren. „Und jetzt? Bleiben wir hier sitzen oder gehen wir in den Keller?“

„Wir haben keinen Keller.“

„Bunker?“

„Auch nicht.“ Scheiße! „ Wie ist euer Plan?“ Audrey war bereits aufgesprungen und mit unglaublicher Geschwindigkeit aus der Küche gerast. Innerhalb weniger Sekunden war sie wieder da. In den Händen mehrere Handfeuerwaffen sowie zwei Gewehre. Das eine sah aus wie das eines Scharfschützen. Wer sowas nicht kannte, glaubte vermutlich der Schütze hätte vergessen das Visier zu öffnen. Dabei war lediglich ein kleiner Schlitz darin zu finden. Wer von den beiden Frauen war dazu in der Lage einen Scharfschützen abzugeben? Audrey befand ich dafür als zu jung. Allerdings hatte ich Thea bisher nur die Rolle der Mutter und Hausfrau zugetraut. Oder wussten sie, dass ich dazu in der Lage war?

Natürlich!

Darum hatte Thea diese Äußerung von sich gegeben. Wie war es ihnen nur gelungen das herauszufinden? Paps hatte mich inoffiziell an der Waffe ausgebildet. Noch inoffizieller war nur, dass ich die Position eines Snipers einnehmen konnte. Im Gegensatz zu einer professionellen Ausbildung, in der auch das psychologische Profil eine entscheidende Rolle spielte, hatte ich allerdings nur gelernt, wie ich mein Ziel traf. Mir blieb keine Zeit darüber nachzudenken, wie sie das herausgefunden hatten.

Keine Minute später war Audrey das zweite Mal zurück. Beladen mit Munition. „Ok, Mädels, zuhören!“ Thea klatschte in die Hände. „Audrey, du kennst das theoretische Prozedere. Trotzdem zuhören. Chantalle?“ Ich nickte, Thea sprach weiter. „Bewaffnetes, angriffsbereites Militär handlungsunfähig machen. Notfalls ausschalten. Ein anderes Rudel – für dich und mich wird es schwierig. Für dich jedoch noch schwieriger als für mich. Du kennst die Wölfe nicht. Vampire – dann sind wir im Arsch. Die sind noch einen Tick schneller, können sich außerdem teleportieren. Dämonen – hoffen wir, dass es keine sind. Dann würde uns selbst ein Flammenwerfer nichts nützen.“ Flammenwerfer klang ausgezeichnet. „Habt ihr einen?“ Audrey unterdrückte ein Kichern. Thea rollte mit den Augen. „Sollte man meinen, nicht? So mitten im Wald.“ Ach ja, Bäume… und Feuer… vertrug sich schlecht.

Es war eine Weile her, seit ich das letzte Mal eine Waffe in der Hand gehalten hatte. Zumindest, um damit zu schießen.

Beinah acht Jahre, um genau zu sein.

Mehr als dass ich danebenschoss, konnte also nicht passieren. Naja, und dass ich den Löffel abgab.

„Beeilt euch!“, drängte Audrey, die ihren Kopf leicht schräg legte. Was immer sie hörte, musste sie ängstigen. Falls ich ihren Gesichtsausdruck richtig deutete. Thea zog sich rasch an. Ich ebenfalls. Als ich jedoch meinen Rucksack holen wollte, schüttelte sie den Kopf. Packte mich am Ärmel. „Keine Zeit mehr. Los!“ Na toll. Schon wieder rennen!

Aber wenn ich am Leben bleiben wollte, blieb mir keine andere Wahl. Ich folgte Thea. Hinter uns lief Audrey. Sicher konnte sie schneller laufen, aber wir mussten zusammen bleiben. Kurz vor einem dichten Gebüsch überholte sie uns, riss den linken Arm in die Höhe. Abrupt blieben Thea und ich stehen. „Sucht euch Deckung.“, flüsterte sie.

Dann reichte sie uns die Waffen und wurde zu einem Wolf. Dicht an ihre Mutter gedrängt, bugsierte sie diese hinter eine Hecke. Thea nickte. Legte sich flach auf den kalten Boden. Ich legte mich etwa zwei Meter neben sie. Thea hatte eine Pistole in der Hand. Eine andere als Ersatz neben sich liegen. Ich schnappte mir das Scharfschützengewehr, was mir ein aufmunterndes Lächeln meiner Tante einbrachte. Dann nickte sie. Ich ging in Stellung. Wir hatten genug Waffen – falls eine versagte. Plus ausreichend Munition, um ein Dorf zu vernichten. Das einzige, was mich hindern könnte zu treffen, war das zunehmend schwächer werdende Licht.

Dann hörten wir sie: Wölfe. Menschen. Schüsse. Schreie. Sie kamen näher.

Schnell.

Außerdem Hubschrauber. Panik überfiel mich, die ich rasch versuchte abzuschütteln. Einen Heli mit dem Scharfschützengewehr zu treffen, durch die Bäume hindurch war schlichtweg unmöglich. Vielleicht konnte ein im Dienst stehender das bewerkstelligen, ich jedoch nicht. Am liebsten waren mir unbewegliche Ziele. Oder zumindest solche, die die Flugbahn einer Kugel nicht allzu sehr ablenkten. Die Rotorblätter eines Helikopters waren für mich eine solche Ablenkung. Wirbelten die Luft durcheinander. Unmöglich für eine exakte Berechnung. Da bräuchte ich schon einen Raketenwerfer für zufriedenstellende Ergebnisse. Hier unten hingegen herrschte größtenteils Windstille. Es sei denn, der Hubschrauber würde anfangen über unseren Köpfen zu kreisen. Ich holte tief Luft, schloss die Augen, stieß die Luft wieder aus und schlug die Augen auf.

Die ersten brachen durch die Bäume. Anhand ihrer Tarnfarben waren sie gut als Militär auszumachen. Normalerweise müssten sie meine Verbündeten sein. Aber da sie meine neue Familie angriffen, deklarierte ich sie als Feinde. Das Gewehr war entsichert. Der erste Kopf in meinem Visier. Ich spannte den Abzug, drückte ab. Ein glatter Kopfschuss. Einer tot. Ich hatte gelernt, wie man Menschen am Effektivsten ausschaltete. Freilich hätte ich ihm auch nur ins Knie schießen können. Doch das hätte ihn eventuell weiterhin gefährlich für uns sein lassen.

Weitere rückten nach.

Dank der Wölfe, die ebenfalls zwischen den Bäumen hervor brachen, flog unsere Deckung vorerst nicht auf.

Und dann brach das richtige Chaos los. Wesen – so schön, dass sie unmöglich echt sein konnten – schlossen sich dem Kampf an. Manche als Verbündete, andere wiederum nicht. Verdammt! Da ich bei denen nicht unterscheiden konnte, wer Freund oder Feind war, hielt ich mich an die Uniformierten. Ausgestattet mit Nachtsichtgeräten waren die mir gegenüber im Vorteil. Aber noch war es hell genug. Vielleicht waren es keine Nachtsichtgeräte, sondern Wärmebildsensoren? Konnte gut möglich sein. Würde jedoch meine und Theas Deckung auffliegen lassen.

Die Wölfe waren riesig. Die meisten. Ein paar wenige schienen normalgroß zu sein. Junge? Ich hatte keine Zeit, um Übelkeit aufkommen zu lassen. Ich musste funktionieren. Feinde ausschalten. Denken und fühlen konnte ich später. Falls es ein Später gab.

Die Helikopter schlossen auf. Glücklicherweise hielt sich der Wind am Boden in Grenzen. Dennoch musste ich diese Veränderung beachten, wenn ich weiterhin exakte Treffer landen wollte. Hinter mir knackte es.

Oh Gott!

Ich spürte heißen Atem an meinem Nacken. Fell an meiner Wange. Eine raue Zunge, die darüber leckte. Ich schluckte. Unfähig mich zu bewegen. Thea machte ein Geräusch, das mich ein wenig beruhigte. Anscheinend war das die Verstärkung, und ich wurde lediglich begrüßt.

Vielleicht war es auch nur ein Vorkosten. Woher sollte ich das wissen?

Der Boden vibrierte, als das Tier sich neben mir abstieß und über das Gebüsch sprang. Der riesige Wolf heulte. Ein kurzer, eindringlicher Ton, der mir sämtliche Nackenhaare aufstellte. Ich hatte geglaubt, bereits mitten im Chaos zu sein. Doch was nun begann, erschien mir wie ein Alptraum. Nur dass die Monster auf meiner Seite standen.

Ich… Glückliche.

Die Wölfe richteten sich im Bruchteil einer Sekunde auf. Stellten sich auf die Hinterbeine und… transformierten sich. Anders ließ sich das, was ich sah, nicht beschreiben. Ganz ohne das glitzernde Funkeln, das Audrey vorhin an sich gehabt hatte. Die Beine wurden länger und muskulöser, der Brustkorb um ein Vielfaches breiter. Die Arme und Vorderpfoten kräftiger; mit langen, scharfen Krallen. Das Maul stülpte sich schubweise nach vorn. Die Zähne wuchsen und schienen im Vergleich zu denen der normalen Wölfe gigantisch. Ein wenig sah es so aus, als würden sich das Wesen des Wolfes und das des Menschen zu einem monströseren Wesen addieren. Die Soldaten waren ebenso von dem Anblick gefesselt wie ich. Ein Vorteil für die nun alptraumhaften Wesen – teils Bestie, teils Mensch. Nur dass sie alle gut zweieinhalb Meter groß waren. Na gut, nicht alle. Die kleineren Wölfe blieben, was sie offensichtlich waren: Wölfe.

Die Soldaten hatten keine Chance. Schnappen, Beißen, Knurren. Das Reißen von Haut. Brechende Knochen. Hin und wieder Laute aus den Mündern der sterbenden Menschen.

Ein lautes Krachen, gefolgt von Explosionen, kostete mich beinah einen Herzinfarkt. Ich verriss das Gewehr. Die Kugel streifte mein Ziel nicht einmal. Im selben Moment ging mir auf, dass die Hubschrauber verschwunden waren. Waren sie die Ursache der Explosionen?

Es dauerte nicht lang, da zog beißender Qualm in unsere Richtung. Ich glaubte, über den Lärm des Kampfes sogar das Knistern der Flammen zu hören. Ein kurzer Blick in die Richtung zeigte mir jedoch nichts.

Ich richtete meine Augen wieder auf das Schlachtfeld. Genau rechtzeitig. Ein Soldat lief prompt in meine Richtung. Ein Wolf-Mensch-Monster folgte ihm. Packte ihn an den Beinen, riss ihn hoch… und in der Mitte entzwei. Der Oberkörper flog auf mich zu. Blieb im Gebüsch vor mir hängen. Ich starrte auf das tropfende Blut, die noch kurz ungläubig, blinzelnden Augen. Der Mund blieb in einem stummen Schrei geöffnet.

Mein Magen hob sich.

Zitternd holte ich Luft und robbte ein paar Meter zur Seite. Schwache Leistung, Chantalle. Ganz schwach. Er war ein Mensch. Genau wie du. Möglicherweise bist du die Nächste? Meine Gedanken liefen im Kreis. Doch irgendwie schaffte ich es, sie binnen Sekunden wieder in ihre Bahnen zu lenken. Der Kampf war immer noch in vollem Gange. Ohne Soldaten. Aber die Vampire waren noch am Leben.

Im nächsten Augenblick ließ ich das Gewehr fallen und bedeckte meine Ohren. Der riesige Wolf – der nun ein riesiges Mischwesen war – brüllte. Die anderen Wolfswesen hielten inne. Die Vampire ebenfalls. Sowohl die, die auf unserer Seite standen als auch die gegnerischen. Mit drohender Geste schritt der – ich nenne ihn jetzt einfach Wolf – zu einem der Vampire. Der senkte rasch den Kopf. Trat einen Schritt zurück. Der Wolf schnappte nach dessen Hals. Knurrte. Der Vampir trat einen weiteren Schritt zurück. Hob den Blick und seine rechte Hand. Im nächsten Moment sah er zu mir. Ich schwöre: Er sah mir direkt in die Augen. Mein Herz setzte eine Sekunde lang aus, ehe es im wilden Galopp weiterklopfte. „Du hast deine Meinung geändert. Schützt Menschen. Warum?“ Der Wolf… verwandelte sich. Wurde zu einem Mann mit dunklen Haaren. „Sie gehören zu einem von uns. Familie. Du kennst unsere Sitten.“ Der Vampir nickte, gab ein Zeichen. Augenblicklich verschwanden die anderen. Bis auf ihn und die, die mit uns gekämpft hatten. „Verstehe. Aber Derek, du kennst die Menschen. Sie werden dir in den Rücken fallen.“ Der dunkelhaarige Mann nickte kaum merklich. „Wenn es so weit ist, werden wir uns darum kümmern, mein Freund.“ Dabei wandt er seinen Kopf und sah nun mir in die Augen. Noch nie hatte ich derart grüne, intensive Augen gesehen. Der Vampir schnaubte. „So sei es. Deine Menschen, deine Probleme.“

Dann war er weg.

Und ich kapierte erst jetzt, dass er von Menschen sprach. Meinte er Thea und mich? Oder Roy und mich? Ich konnte Roy nirgends sehen. Scheiße! Hatte es ihn erwischt? Allein die Vorstellung war schrecklich. Er war lediglich ein Bekannter, aber… tot?

Ich schluckte, richtete mich langsam auf die Knie und stand schließlich auf. Etwas zittrig zwar, aber ich stand. In der rechten hielt ich das Gewehr. „Thea, komm her. Bring deine Nichte mit.“ Thea, die schon neben mir stand, nahm meine linke Hand. Zusammen liefen wir um das Gebüsch herum zu dem dunkelhaarigen Mann.

Wow, er war riesig!

Selbst in seiner menschlichen Erscheinung. Locker zwei Meter groß. Und attraktiv. Mit offenem Mund starrte ich ihn an. Himmel, was für Augen. So… „Chantalle, senke deinen Kopf.“ Theas Flüstern erreichte mein Gehirn nicht. „Was?“ Ich sah dem Kerl weiter in die Augen. War er amüsiert oder sauer, war er Single…hm. „Chantalle, den Blick senken!“

„Warum? Oh…“ Schnell sah ich auf meine dreckigen Schuhe. Er war offensichtlich der Alpha. Kein Wunder, das seine Ausstrahlung so… so… gänsehautmäßig-und-zwischen-den-Beinen-kribbelnd-intensiv war.

Fest umklammerte ich das Gewehr. Theas Hand wäre auch hilfreich gewesen, doch sie hatte mich bereits losgelassen. „Thea, geh zu deinem Mann.“ Ich sah aus den Augenwinkeln, wie sie ihren Mund aufklappte. Ihn aber sofort wieder schloss und mit einem ermutigendem Nicken in meine Richtung zu ihrem Mann lief. Dann richtete sich die Aufmerksamkeit des Alphas – und vermutlich aller anderen Anwesenden – auf mich.

Es fühlte sich an, als würde ein Panzer auf mir parken. Zwei Panzer, korrigierte ich mich, als er seine riesigen Hände auf meine Schultern legte. „Gute Trefferquote.“ Ich nickte langsam. Unsicher, ob ich sprechen sollte. „Für einen Menschen, der nicht zum Militär gehört.“ Ah, daher wehte der Wind. Hielt er mich für einen Verräter? „Ich bin auf verschiedenen Stützpunkten aufgewachsen. Mein Vater war Soldat.“ Er drückte meine Schultern. Kurz. Fest. „Verstehe. Haben Sie Angst vor mir?“ Hatte ich. Würde ich niemals zugeben. „Nein.“ Er lachte leise. „Lügnerin.“ Ich runzelte die Stirn. Er stellte mir die nächste Frage. „Vertrauen Sie mir?“ So sehr mich seine Nähe auch ängstigste, fühlte ich mich bei ihm doch sicher. Aber das konnte ich ihm unmöglich sagen. „Nein.“

„Sie lügen schon wieder. Das werden wir ändern müssen. Später.“ Er nahm die Hände von meinen Schultern, drehte sich um, gab ein Handzeichen und wurde zum Wolf.

Zu einem gigantischen Wolf! Ob man auf dem Reiten kann? Also… äh… wie auf einem Pferd?

Ohne sich umzudrehen trabte er los. An den anderen vorbei. Nahm Geschwindigkeit auf und verschwand. Die restlichen Wölfe – nun wieder in Tiergestalt – folgten ihm. Er war in seiner menschlichen Erscheinung bekleidet gewesen. Im Gegensatz zu Audrey, die vorhin nackt in der Küche gestanden hatte. Lag das am Alter? Konnten sie entscheiden? Oder lag es daran, dass er ein Alpha war?

Zitternd blieb ich, wo ich war.

Mit den Augen suchte ich jedoch den Wald ab. Ich sah Thea. Mit ihrem Mann, ihren Söhnen und ihren Töchtern. Und endlich auch Roy. Offenbar waren alle unverletzt. Bis auf ein paar kleine Kratzer.

Nun… was die Verletzungen betraf, irrte ich mich.

Im Haus erkannte ich die wahren Ausmaße der Auseinandersetzungen. Rhett – mein jüngerer Cousin – hatte einen gebrochenen Arm. John – der ältere – eine ziemlich tiefe Fleischwunde auf dem Rücken. Audreys Oberschenkel war ebenfalls von einer tiefen Fleischwunde entstellt. Roy jedoch hatte es am schlimmsten erwischt. Vorhin hatte ich lediglich geglaubt, er wäre ausgelaugt und würde sich deshalb auf Eric stützen. Dem war nicht so. Inzwischen war er sogar bewusstlos. Eine Kugel hatte seine Schulter durchschlagen. Mindestens eine weitere war in den Bauch eingedrungen. Er blutete heftig, obwohl ein Großteil der Blutungen bereits gestillt war. Bauchwunden waren die schlimmsten. Besonders ohne angemessene, medizinische Versorgung. Zudem zog sich eine lange, blutige Furche über sein Gesicht. Ein Unfall – wie ich erfuhr. Einer der Wölfe war über ihn gesprungen. Sein Hinterlauf hatte Roy im Fallen erwischt. „Mach dir keine Sorgen, Süße. Er wird wieder. Derek hat euch beide als zugehörig erklärt.“

Zugehörig?

In meinem Kopf ratterte es. Wir gehörten jetzt zum Rudel? Meinte Thea das? Sie bestätigte es. Doch wie sollte das Roy helfen gesund zu werden? Weit und breit sah ich keinen Arzt. Von einer nicht vorhandenen sterilen Umgebung einmal abgesehen, auch keinen OP. „Magie. Spürst du sie?“ Ich runzelte die Stirn. Schloss die Augen. Tatsächlich. Kribbelnd und leise summend, zupfte etwas an mir. Hände. Finger vielleicht. Wenn ich mich konzentrierte, konnte ich sogar eine leise, irritierend schöne Melodie vernehmen. Und Worte, die keinen Sinn ergaben. Eine Sprache, die ich nicht verstand. Dabei sprach ich viele Sprachen. Doch die war mir fremd. „Er wird wieder, Chantalle. Die Magie des Rudels ist stark.“ Ich verstand es nicht. Doch ich wollte daran glauben. Glauben, dass es möglich war. Glauben, dass es Magie gab. Glauben, dass diese Magie Roy heilte. Glauben, dass es keines blutigen Rituals bedurfte, um zu einem Rudel zu gehören.

„Komm. Die Magie kann einen anfangs etwas schwächen. Wir setzen uns besser.“ Eine gute Idee. Ich fühlte mich tatsächlich etwas wackelig auf den Beinen. „Geht vorüber. Je älter man ist oder je länger man dazugehört, umso einfacher ist es. Du und Roy, ihr gehört jetzt dazu. Als Teil meiner Familie. Ohne Dereks Einverständnis wäre das nicht möglich.“ Ich nickte, obwohl ich eigentlich gar nichts verstand. Andererseits war das im Moment auch unnötig. Solange es nur funktionierte. Thea bereitete das Abendbrot. Ich schaffte es eine Scheibe Brot zu verzehren. Doch zusehends wurde ich müder. Ihr Vorschlag mich hinzulegen, kam wie gerufen. Eine blendende Idee! Ich folgte ihr in eins der oberen Zimmer, zog mich bis auf die Unterwäsche aus und fiel ins Bett. Ich schlief sofort ein.

Homo sapiens movere ~ geschehen

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