Читать книгу Das Kind der Königin - R. S. Volant - Страница 3
1. Die Reise durch Austrien
ОглавлениеAmanoue saß wie ein Häufchen Elend auf dem Bett und blickte starr vor sich hin, als der König zu ihm trat und sich neben ihn setzte. Verstohlen sah sein Sklave kurz zu ihm auf, bevor er wieder betroffen den Blick senkte. „`err“, sagte er leise, „es ist nischd so, wie Ihr denkt“, erneut sah er schuldbewusst auf, „isch bin gerne, bei Eusch und mit Eusch susammen, wirklisch. Isch weiß selbst nischd, warum isch misch immer so dumm benehme und Eusch enttäusche, wahrscheinlisch, weil isch eben doch nur dumm bin, genau wie Ihr immer sagt. Isch…“
„Sch“, machte Henry sanft, beugte sich zu ihm hin und küsste ihn zärtlich. Dabei drückte er ihn zurück in die weichen Felle, wälzte sich auf ihn und begann ihn zu liebkosen. Voller Zärtlichkeit und Rücksicht liebte er ihn, doch so sehr er sich auch Mühe gab, Amanoue ließ alles nur still über sich ergehen, presste sein Gesicht in die Kissen, um ja keinen Laut von sich zu geben und krallte sich mit beiden Händen darin fest. Erst als Henry wohlig aufstöhnte, atmete er regelrecht erleichtert auf und lockerte langsam seinen Griff, während Henry ihm immer wieder sanfte Küsse in den Nacken hauchte.
„Was ist mit dir, was hast du?“, fragte er, noch immer etwas keuchend und außer Atem. „War es nicht schön, für dich? Oder habe ich dir wehgetan?“, flüsterte er, ihn streichelnd und glitt neben ihn.
Amanoue biss sich verlegen auf die Unterlippe. „Doch `err, es war sehr schön und Ihr `abt mir nischd wehgetan“, antwortete er vorsichtig und ohne ihn anzusehen.
„Du lügst schon wieder“, seufzte Henry. „Amanoue, wenn es schön gewesen wäre, hättest du dich anders verhalten, schließlich war es nicht unser erstes Mal und ich weiß sehr wohl, wenn du es genießt! Siehst du mich bitte mal an?!“, sagte er durchschnaufend, da Amanoue noch immer auf dem Bauch und mit abgewandtem Gesicht neben ihm lag.
„`err, isch“, stammelte der verzweifelt, ohne der Aufforderung nachzukommen, „isch weiß nischd, wie isch misch ver`alten soll“, schluchzte er auf, „bitte, isch `abe solsche Angst, dass isch wieder alles falsch mache und Eusch wieder enttäusche. Bitte, sagt mir, was isch tun soll, damit isch Eusch erfreue.“
Henry beugte sich zu ihm rüber und strich ihm über den Hinterkopf. „Du kleines Dummerchen, sei einfach wieder du, sei mein liebes, sanftes Kätzchen, so wie früher! Du weißt doch, dass ich es mag, wenn du stürmisch im Bett bist und wir uns leidenschaftlich lieben. Und ich genieße es sehr, wenn du unter mir kommst. Oder denkst du, dass es mir so wie eben, lieber ist? Wenn du nur still daliegst und wartest, bis ich endlich fertig bin? Ich mag es nur nicht, wenn du mir etwas vormachst und dich mir anbietest, als wäre ich einer deiner ehemaligen Freier! Verstehst du? Amanoue, wenn du dich so benimmst, dann verletzt du mich derart, dass ich meine, mein Herz müsste zerspringen, vor lauter Schmerz! Es ist in Ordnung, wenn du keine Lust empfindest, es macht mich zwar traurig, denn ich würde dir sehr gerne Lust bereiten und ich liebe es, wenn du es genauso genießt wie ich, wenn wir miteinander schlafen“, erwiderte er mitfühlend und küsste ihn aufs Ohr. „Siehst du mich jetzt an?“
Amanoue drehte sich auf den Rücken und wandte ihm auch das zarte Gesicht zu, doch sein Blick blieb weiterhin gesenkt. „Es tut mir so leid, dass isch nischd Eure Erwartungen erfüllen konnte, wo Ihr doch so viel Geld für misch besahlt `abt. Vielleischd `ättet Ihr doch lieber die nordische Junge nehmen sollen, den Ihr mir ja anfangs auch vorgesogen `abt. Er `atte auch viel schöneres `aar, blond, wie Ihr es bevorsugt und seine `aut war weiß wie frischgefallener Schnee und nischd so schmudsisch braun, wie die von eine Bauernjunge, nach die `euernte“, kam es leise über seine Lippen und Henry sah verdutzt auf ihn nieder.
„Wie kommst du denn darauf?“, fragte er, sich das Lachen verkneifend.
„Benny sagt, dass isch so aussehe, eben, wie eine Bauernjunge, der su oft in die Sonne war“, murmelte Amanoue frustriert und sah kurz zu ihm hoch, was Henry breit grinsen ließ.
Wieder beugte er sich hinab und küsste ihn zärtlich auf den Mund. „Um nichts in der Welt, würde ich dich eintauschen wollen, mit keinem noch so blonden, weißhäutigen Jungen der Welt! Ich liebe dich, hörst du?! Alles an dir und gerade dein wunderschönes, braunes Haar und deine zarte, bronzefarbene Haut! Das habe ich dir doch schon einmal gezeigt, dass ich einfach alles an dir liebe und total verrückt nach dir bin“, meinte er ernstgemeint und überzeugend nickend.
„Wirklisch?“, hauchte Amanoue tränenerstickt und als Henry erneut nickte, schlang er seine schlanken Arme um dessen Hals und drückte sich schluchzend an ihn.
„Mein dummer kleiner Liebling“, flüsterte Henry ihm ins Ohr, „alles wird wieder gut werden, ja? Beruhige dich, komm mein Kätzchen“, sagte er, sich zurücklegend und Amanoue an sich ziehend.
Amanoue konnte nur noch ergriffen nicken. Er schmiegte sich eng an ihn, legte wie früher ein Bein angewinkelt über Henrys Oberschenkel, während der beide Arme um ihn legte und ihn an sich drückte. Seit ewigen Zeiten schlief er endlich mal wieder mit einem kleinen, glücklichen Lächeln auf den sinnlichen Lippen, ein.
Sie frühstückten gemeinsam im Bett und währenddessen warf Amanoue seinem Herrn immer wieder verstohlene Blicke zu, bis der sich zurücklehnte und ihn fragend ansah. „Kätzchen?“
„`err?“
Henry seufzte und hob die Augenbrauen. „Was?“
„Nischds“, antwortete Amanoue, den Blick senkend, aber nur um gleich darauf wieder verstohlen zu ihm aufzusehen. Dabei legte er den Kopf auf seine süße, einschmeichelnde Art leicht schräg und ein unschuldiges Lächeln umspielte seinen schönen Mund.
„Amanoue! Wenn du so mit deinen Augen spielst und mich ansiehst, als könntest du kein Wässerchen trüben, willst du etwas von mir! Also, was?“, gab Henry leicht genervt zurück.
Amanoue nahm die Hand des Königs in seine, spielte kurz mit dessen Fingern, führte sie an seine Lippen und küsste jeden einzelnen zärtlich. „Isch“, begann er sich verlegen windend, „also isch, würde so gerne wieder bei Bracs Männern mitreiten. Bitte, `err“, flötete er honigsüß, drehte sich zu ihm um und schlug die Beine unter. Im Schneidersitz saß er nun vor Henry und schenkte ihm sein schönstes Lächeln, woraufhin der entnervt aufstöhnte.
„Ich habe dir doch gesagt, dass du bis auf weiteres bei Sebastian im Wagen mitfährst“, antwortete er und entzog ihm seine Hand, um seinen Becher zu ergreifen.
„Aber wieso?“, fragte Amanoue sofort auf seine kindlich trotzige Art und rutschte näher an ihn heran. „Die Jungs `aben gestern alle danach gefragt, warum isch nischd wieder bei ihnen `inten mitreite und isch reite doch so gerne! Oh bitte, `err! Meine Arm ist doch wieder gesund und isch werde auch nischds anstellen“, gurrte er, Henry mit einem unwiderstehlichen Wimpernschlag von unten herauf ansehend. „Hm?“
Henry seufzte erneut schwer. „Sieh mal, Kätzchen, ich sorge mich doch nur um dich! Du trägst noch immer den Verband und sollst den Arm in einer Schlinge tragen! Du hast also nur einen freien Arm und das ist mir eben zu gefährlich“, erwiderte er und schüttelte auch gleich noch energisch seinen Kopf.
„Bitte, bitte `err“, begann Amanoue sofort zu betteln und rutschte noch näher heran, so dass Henry gezwungen war gleichzeitig weiter nach hinten zu rücken, um ihm zu entgehen.
„Wenn du noch näherkommst, sitzt du gleich auf meinem Frühstückstablett“, sagte er, hob es an und sein Diener Sebastian nahm es ihm sogleich ab.
„Aber isch brauche die blöde Schiene doch gar nischd mehr!“, versuchte Amanoue es wieder und wedelte demonstrativ mit seinem Arm vor ihm herum. „Seht Ihr? Alles wieder gut, die Schlinge ist völlig überflüssig!“
„Amanoue, jetzt ist Schluss! Ich sagte, nein! Du wirst im Wagen mitfahren und aus!“, schimpfte Henry ihn, keinen Widerspruch mehr duldend und Amanoue ruckte augenblicklich mit einem wütenden Gesichtsausdruck von ihm fort.
„Jawohl, wie die `err befiehlt“, antwortete er schnippisch und verschränkte trotzig die Arme vor seiner aufgeplusterten Brust. Doch dann schien er regelrecht in sich zusammen zu sinken, stieß entmutigt die Luft dabei aus und ließ enttäuscht den Kopf hängen.
„Na gut, pass auf“, begann Henry nun doch davon erweicht und Amanoues Kopf schoss augenblicklich in die Höhe. „Hör zu“, bremste ihn Henry allerdings sofort ab und hob die Hände, „ich werde heute noch mit Gregorius reden und wenn er es gutheißt, darfst du morgen mitreiten! Einverstanden?“, fragte er versöhnlich und mit einem unweigerlichen Schmunzeln.
Amanoue verzog zwar etwas schmollend die Mundwinkel, nickte aber einsichtig. „Ja, `err“, murmelte er dabei mürrisch, was Henry herzlich auflachen ließ.
Er zog ihn an den Schultern zu sich heran und gab ihm einen spontanen Kuss, den Amanoue mit einem leisen Knurren quittierte, doch Henry sah einfach darüber hinweg. „So, mein Schatz und jetzt raus, aus den Federn!“, rief er fröhlich und stemmte sich hoch.
Zwangsläufig schob sich auch Amanoue hinter ihm aus dem Bett und beeilte sich, noch vor Henry fertig angezogen zu sein. Doch als er wie selbstverständlich mit dem zusammen das Zelt verlassen wollte, hielt ihn Sebastian auf. „Halt! Hiergeblieben, mein Lieber“, sagte er und fasste ihm ins Genick. „Du wirst schön brav mithelfen! Was siehst du mich so an? Na los!“, rief der alte Diener und scheuchte ihn wieder nach hinten. „Du kannst gleich mit dem Bettzeug anfangen und es zu den Wagen bringen“, befahl er unnachgiebig und Amanoue gehorchte murrend. Widerstandslos half er das Zelt leerzuräumen und fuhr anschließend brav in der Kutsche der Diener mit.
Auch am Abend half er ohne zu meckern all die Sachen wieder zurück ins königliche Zelt zu schaffen und wartete anschließend am Eingang auf Henry. Er kniete nieder, als der König eintrat, erhob sich auf dessen Wink hin wieder und folgte seinem Herrn bis zum Reisethron, der wie immer an der kurzen Stirnseite des Tisches stand.
Henry sah ihn kurz verwundert an, setzte sich und deutete auf den Stuhl neben sich. Amanoue ging mit gesenktem Blick um den Tisch herum und nahm Platz. „Und?“, fragte er etwas zittrig und knetete dabei seine zarten Finger.
„Was und?“, fragte Henry zurück und bedeutete Falco, der hinter ihm das Zelt betreten hatte, sich ebenfalls zu setzen.
„Gregorius! Was `at er gesagt?“, gab Amanoue ungeduldig zur Antwort.
Henry hob die Augenbrauen und lehnte sich mit einem erkennenden Gesichtsausdruck zurück. „Ach, das ist es! Ich habe mich schon gewundert, warum du schon da bist. Ich habe mir doch beinahe eingebildet, es wäre meinetwegen!“
Amanoue zog etwas beschämt den Kopf ein und lächelte verlegen. „Aber ja, verseiht mir, `err. Ähm, `attet Ihr eine schöne Tag?“
Henry lachte erst einmal kopfschüttelnd, nahm Amanoues Hand und küsste sie schmunzelnd. „Du!“, sagte er und drohte ihm mit dem Zeigefinger. Doch dann wandte er sich einfach zu Sebastian um. „Was gibt es zum Abendmahl? Ich habe einen Mordshunger und der Hauptmann sicher ebenfalls! Schenk uns doch schon mal Wein ein“, meinte er fröhlich, woraufhin sich der Diener leicht verbeugte.
„Eure Majestät, es gibt gefülltes Rebhuhn“, antwortete er, während Kai die Trinkbecher füllte.
„Mmh! Lecker“, grinste Henry und zwinkerte ihm verschmitzt zu. Es war ihm nicht entgangen, dass Amanoue währenddessen ungeduldig auf seinem Stuhl herumrutschte. „Ist irgendetwas mit deinem Stuhl nicht in Ordnung?“, fragte er erstaunt.
„Nein, `err“, antwortete Amanoue, vor und zurück wackelnd.
Der König bückte sich und warf einen Blick unter die Tischplatte. „Seltsam, der Stuhl scheint es nicht zu sein! Hauptmann, könnt Ihr mir vielleicht sagen, weshalb Amanoue so herumzappelt?“
Falco schüttelte schmunzelnd seinen Kopf. „Eure Majestät? Keine Ahnung!“, antwortete er achselzuckend.
„Tja, vielleicht kann uns ja Gregorius weiterhelfen?“, sinnierte Henry übertrieben nachdenklich, als der Heiler in diesem Moment das königliche Zelt betrat. Amanoue wollte schon aufspringen, doch ein strenger Blick von seinem Herrn genügte, um ihn zurück zu halten. „Mein guter Gregorius, Ihr kommt wie gerufen! Mit Amanoue scheint irgendetwas nicht zu stimmen! Seht nur, wie er herumzappelt“, rief er seinem Leibarzt entgegen, woraufhin seinem Sklaven ein klagend-ungeduldiger Laut entfuhr.
Endlich schien der König ein Einsehen zu haben und nickte leicht. Amanoue sprang sofort auf, stolperte um ihn herum und eilte dem verwunderten Heiler entgegen. „`ier!“, rief er, dem seinen geschienten Arm entgegenstreckend und riss sich bereits die Schlinge vom Hals. Henry und Falco lachten, als sie mit amüsierten Blicken verfolgten, wie Amanoue den Heiler einfach an der Hand nahm und mit sich zum Bett zog.
Gregorius versuchte noch, sich vor dem König zu verbeugen, doch Amanoue zerrte ihn ungeduldig weiter. „Halt, halt, mein junger Freund, nicht so ungestüm“, rief er noch, „in meinem Alter komme ich da nicht mehr mit!“
„Ach was!“, gab Amanoue zurück, „so alt, seid Ihr doch noch gar nischd und nun befreit misch endlisch von diese Ding!“, rief er, sich setzend und begann auch schon sich den Verband abzuwickeln.
Gregorius ließ sich neben ihm nieder und half ihm dabei, dann nahm er die Schiene fort und begutachtete kritisch Amanoues Unterarm. „Hm“, machte er, drehte ihn zaghaft ein wenig hin und her und tastete vorsichtig den Knochen ab. „Tut das weh?“
Amanoue schüttelte hastig seinen hübschen Kopf. „Gar nischd! Und?“
„Hm!“
„Was, `m? Ist doch wieder gut, oder? So redet doch endlich!“, entfuhr es Amanoue ungeduldig und ihn erwartungsvoll anblickend.
„Und?“, fragte schließlich auch Henry.
Gregorius, der immer noch Amanoues Arm hielt, strich daran auf und ab und nickte lächelnd. Er ließ ihn los, stand auf und Amanoue sprang mit einem Freudenschrei auf. „Dann darf isch mitreiten?“, rief er aufgeregt und mit glühenden Wangen.
„Langsam“, ermahnte ihn Henry grinsend, „warte erst einmal ab, was Gregorius dazu sagt und dann, ist da immer noch Hauptmann Falco“, meinte er, den ansehend und Amanoue riss geradezu seine Augen auf. „Also, Meister Gregorius, was sagt Ihr?“, wandte der König sich wieder dem Heiler zu, während Falco vor sich hin schmunzelte.
„Eure Majestät, nun, von mir aus, spricht nichts dagegen. Vielleicht sollte er den Arm noch ein wenig schonen, aber Amanoue ist ein guter Reiter und schafft das sicher schon…“
„Oh ja, gans sischer!“, rief Amanoue dazwischen und nickte schnell. Dabei sah er Henry so bittend an, dass der augenblicklich laut aufseufzte.
„Und, Hauptmann? Meint Ihr, dass Amanoue bei Euren Männern unterkommen kann? Habt Ihr ein Plätzchen für ihn in Euren Reihen?“, fragte er und Falco verzog kritisch seinen Mund.
„Nur, wenn er sich benimmt! In ordentlicher Kleidung erscheint und keinen Ärger macht“, erwiderte er streng. Er sah Amanoue ernst an und der schluckte unwillkürlich, was Henry wieder auflachen ließ.
„Kätzchen, wirst du dich benehmen und brav sein?“, fragte er und winkte ihn zu sich heran.
Amanoue kam zögernd näher und warf einen kurzen, fast ängstlichen Blick auf Falco, bevor er demütig die schönen Augen vor Henry senkte. Zu ihrer aller Überraschung zuckte er sehr hilflos wirkend mit den Schultern und all seine Fröhlichkeit schien mit einem Schlag verschwunden. „Isch weiß es nischd“, antwortete er leise und mit einem bitteren Unterton. „Ob isch die `auptmann gereschd werden kann, meine isch, wo isch doch weiß, dass er misch nischd mag und misch so sehr ablehnt und es ihm suwider ist, wenn isch bei Brac `inten mitreite. Aber isch verspresche, dass isch es ehrlisch versuchen werde und misch escht anstrenge, ihn nischd su verärgern, obwohl es eigentlisch völlig gleisch ist, was isch mache oder wie isch misch benehme, die `auptmann kann isch es eh nie reschd machen“, murmelte er traurig.
Falcos Herz verkrampfte sich dermaßen, dass er sich unwillkürlich an die Brust fasste. Keiner erwiderte ein Wort darauf und irgendwie traute sich keiner, den anderen anzusehen, bis sich der König schließlich befreiend räusperte. „Kätzchen, das ist doch Unsinn! Wenn du artig bist und gehorsam, ist sicher auch Hauptmann Falco mit dir zufrieden und wird nichts dagegen haben, wenn du wieder bei der Garde mitreitest“, sagte er sanft und wandte sich auffordernd zu Falco um. „Nicht wahr?“
„Er kann mitreiten“, antwortete der Hauptmann mit einem knappen Nicken. Seine Kehle schien wie zugeschnürt und er schluckte trocken. Ohne Aufzusehen nahm er seinen Becher und trank einen großen Schluck.
„Danke“, sagte Amanoue leise und auch Henry musste erst einmal trinken.
„Tja, da wäre allerdings noch was“, meinte er danach übertrieben nachdenklich, um die Anspannung etwas zu entschärfen und Amanoue nahm fragend den Kopf zurück.
„`err?“, kam es vorsichtig über seine Lippen und Henry drehte sich um.
„Sebastian! Er muss natürlich auch damit einverstanden sein, schließlich verliert er damit eine Hilfskraft! Wobei wir noch immer einen Diener zu wenig haben, seit Benedicto mein Knappe ist“, raunte er zu seinem Leibdiener hoch. „Und?“
Sebastian, der das Spiel natürlich durchschaut hatte, zwinkerte schelmisch zurück und strich sich nachdenklich über sein Kinn. „Hm“, machte er und sah schmunzelnd zu Kai. „Was meinst du, mein Lieber, werden wir es auch ohne Amanoues Hilfe schaffen?“
Amanoue schluckte zwangsläufig und der junge Diener konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Tja, ich denke“, sagte er überlegend, „das schaffen wir schon. Er ist uns eh keine große Hilfe! Viel zu langsam“, stöhnte er abwinkend und zum ersten Mal seit langem, lächelte Amanoue ihn wieder an.
„Na dann, wäre die Angelegenheit also geklärt“, meinte Henry nur achselzuckend dazu und deutete wieder neben sich. „Setz dich endlich und mach nicht so ein ernstes Gesicht, der Hauptmann wird dich schon nicht fressen, wenigstens nicht gleich heute! Allerdings bin ich mir fast sicher, dass du ihn in Kürze wieder so weit bringen wirst“, seufzte er und alle lachten kurz auf.
Amanoue schnaufte erleichtert durch, drückte sich um Henrys Stuhl herum und setzte sich etwas verspannt. „Isch werde misch wirklisch anstrengen und gans artig sein“, beteuerte er nochmals verlegen und traute sich den ganzen Abend lang nicht, Falco anzusehen.
***
Am nächsten Morgen beeilte sich Amanoue noch mehr. Er schlang regelrecht sein Frühstück hinunter, zog sich danach ohne auf Henry zu warten an und rief nur ein, „bis später“, über seine Schulter zu den anderen hin.
Der König räusperte sich laut und sah ihm vorwurfsvoll hinterher. „Na?!“
Amanoue, der bereits am Zelteingang angelangt war, blieb wie angewurzelt stehen und lugte vorsichtig zurück. „`err?“
„Hast du nicht etwas vergessen?“, brummte Henry und deutete unmissverständlich vor sich.
Amanoue biss sich auf die volle Unterlippe, machte kehrt und marschierte wieder zurück. Mit einem entzückenden Augenaufschlag blickte er verlegen zu Henry hoch und der lachte amüsiert auf, als er Amanoues peinlich berührtes Gesicht sah. Sanft legte er seine großen Hände an die zarten Wangen seines Sklaven und küsste ihn innig. „Na geh schon“, raunte er, ihm einen liebevollen Klaps auf den kleinen Hintern gebend und Amanoue grinste übers ganze Gesicht. „Du kannst es ja kaum noch erwarten!“
„Danke“, erwiderte Amanoue so zärtlich, dass Henrys Herz vor Freude einen kleinen Sprung machte, dann drehte sich sein kleiner Wirbelwind um und rannte hinaus.
Natürlich warteten die Soldaten der Garde allesamt bereits in Reih und Glied, als Amanoue schnurstracks auf Maid zuhielt, die für ihn gesattelt worden war. Er trat wie selbstverständlich neben sie, grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd und alle aus Bracs Truppe, außer Benny selbstverständlich, umringten ihn sogleich und hießen ihn freudig wieder in ihrer Mitte willkommen. Erst als Mati mit ernster Miene an der Reihe entlangritt, stellten sie sich wieder neben ihren Pferden auf und nahmen Haltung an. Falcos Stellvertreter gab den Befehl zum Aufsitzen, die Soldaten bestiegen recht lässig ihre Pferde und auch Amanoue schwang sich in seinen Sattel. Er wartete kurz, besah sich die Positionen, die die Soldaten daraufhin einnahmen und erst als Brac ihn zu sich winkte, ritt er freudig auf den großen Mann zu. „Auf was hast`n gewartet?“, fragte der Riese.
„Isch wusste doch nischd, neben wem isch reiten soll“, antwortete Amanoue stirnrunzelnd und blickte sich nochmals verwundert um. „Alles, ist anders“, meinte er grübelnd und sah fragend zu seinem großen Freund auf.
„Na klar“, gab der achselzuckend zurück, „irgendwie, musste ich sie ja neu aufteilen, jetzt, da die Reihen wieder aufgefüllt sind!“
Amanoue nickte verstehend. Hinter ihnen ritten nun Matto und Alecto, vor ihnen Benny und Finn, dann kamen die beiden Savoyer Bernard und Luc und davor bildeten zwei ihm fremde Soldaten ein Pärchen, was ihn erneut erstaunt den Kopf zurücknehmen ließ. „Da vorne“, sagte er und deutete in die Richtung der ihm unbekannten Männer, „die swei, kenne isch gar nischd und davor, sind das nischd swei von `erriks Leuten? Diese rodsfresche Lusius und Marcus?“
Brac nickte knapp. „Jepp! Hast `n gutes Gedächtnis! Die zwei neuen sind vom Herzog! Sie haben sich bei uns beworben und uns fehlten ja `n Haufen Leute, seit der Schlacht! Ich hab mir die Beiden natürlich genau angesehen, sind gute Männer und, was sehr wichtig ist, sie sind keine Frischlinge mehr sondern haben dem Herzog von Averna schon einige Jahre als Soldaten gedient! Das Gardemaß, haben sie auch“, meinte er erklärend und Amanoue hob die Augenbrauen. „Sind ganz lustig, die zwei und passen irgendwie zu uns, wirst schon sehen“, erzählte Brac weiter und grinste ihn augenzwinkernd an. „Und die anderen beiden, die von Hauptmann Herrik, wollten auch gerne zu unserem Haufen dazu, also hab ich mit ihm geredet und er hat sie mir überlassen. Herrik hat ja fast seine gesamte Truppe komplett und in Austra wird er dann `n paar Frischlinge rekrutieren, sozusagen als Ausgleich. Sonst würde ja unsere Abteilung zur Hälfte aus Rekruten bestehen und er hätte die ganzen alten Hasen, verstehst du?“
Amanoue nickte erneut. „Und wie heißen die swei Neuen?“
Brac deutete mit seiner riesigen Pranke nach vorne. „Der links, heißt Amadeus und der rechte Frowin! Wir haben sie auf der Burg kennengelernt und schon so manches Bierchen mit ihnen gebechert! Ich sag dir, die zwei können vielleicht `n Stiefel vertragen! Die saufen mich glatt unter den Tisch“, antwortete er vergnügt.
Amanoue zog seine glatte Stirn kraus und sah ihn zweifelnd an. „`aben die denn keine eigene? Isch dachte, Stiefel wären bei die Ausrüstung mit dabei?“
Alle um ihn herum, fingen augenblicklich an schallend zu lachen, sogar Benny, so dass Amanoue sich verdutzt zu allen Seiten umblickte.
„Oh Mann, Manou“, keuchte Matto hinter ihm, „der war wieder mal echt hammermäßig gut!“
Finn drehte sich noch immer grinsend zu ihnen um. „Manou, das bedeutet nicht, dass die armen Kerle keine Stiefel haben, sondern dass sie eben so viel Bier saufen können, wie eben in einen Stiefel passt“, erklärte er.
„Ja, ja, isch weiß schon, das sagt man eben bei eusch so“, winkte Amanoue genervt ab. „Ihr seid eine wirklisch komische Volk!“
„Der einzige, der hier komisch ist, bist wohl du“, gab Benny spöttisch über seine Schulter zurück.
Amanoue verdrehte seine Augen und warf Brac einen noch nervigeren Blick zu, doch der grinste ihn nur aufmunternd an. „Also ehrlisch, mit jedem könnte isch klarkommen, aber der, `at mir noch gefehlt! Konntest du den nischd auch eintauschen?“, brummte er, was Brac erneut auflachen ließ.
„Vielleicht beim nächsten Mal, hm? He, Benny! Willste nich lieber weiter vorne mitreiten? Da wärste auch viel näher bei seiner Majestät, wo du doch sein Knappe bist“, rief der riesige Mann scherzhaft nach vorne.
Benny drehte sich mit einem überheblichen Blick im Sattel um. „Ph! Das hätte unser asconisches Flittchen wohl gerne! Aber Pustekuchen, mir gefällt es hier außerordentlich gut und außerdem hat seine Majestät mich freigestellt! Er sagte, dass ich viel mehr lernen würde, wenn ich mit einem so erfahrenen Ritter“, er deutete auf Brac und verbeugte sich spöttisch, „wie Euch, reiten würde!“
„Pass bloß auf, du Rotzlöffel, sonst reiten wir wirklich mal `ne Runde!“, gab Brac empört lachend zurück. „Bengel!“, meinte er noch kopfschüttelnd, als Benny es nur mit einer lässigen Handbewegung abtat.
Amanoue sah Brac wieder zweifelnd von der Seite her an. „Brac?“
„Hm?“
„Isch denke, du bist su gutmütig! Wieso langst du ihm nischd eine paar?“
„He!“, schnauzte Benny zurück, „das habe ich gehört!“ Er drehte sich weit zu ihm um, „pass du bloß auf, sonst fängst du `n paar! Wäre nicht das erste Mal, dass du von mir Prügel beziehst“, meinte er schnippisch.
Jetzt stieß Amanoue nur ein arrogantes „Ph!“ aus und tat so, als würde es ihn nicht im Geringsten kümmern.
„Jetzt hört schon auf, alle beide! Sonst kann`s echt passieren, dass ihr beide eine von mir geknallt kriegt“, raunte Brac zwar kopfschüttelnd, aber auch grinsend.
Der restliche Tag verlief relativ ruhig und zur Mittagspause stellte Brac ihm die neuen Männer vor, die sich als recht sympathisch erwiesen. Lucius neckte daraufhin Amanoue sofort wieder und zog ihn bei jeder Gelegenheit an seinem langen Zopf, worüber sich Amanoue fürchterlich aufregte, was Lucius allerdings nur noch mehr anstachelte, ihn fortwährend zu ärgern.
„So eine Blödmann“, murrte Amanoue, als sie weiterritten und stopfte seinen zerrupften Zopf hinten in den Kragen. „Wieso musstest du ausgerechnet so eine Idiot bei dir aufnehmen?“
„Tja“, meinte Brac achselzuckend und breit grinsend, „ich sagte dir doch, die passen zu uns!“
Am Abend versorgte er selbst sein Pferd, dann verabschiedete er sich und marschierte zum königlichen Zelt. Gut gelaunt trat er ein und sah zu seinem Erstaunen Henry über einige Briefe brüten. Er näherte sich ihm zögerlich und wollte gerade vor ihm niederknien, doch Henry hielt ihn auf und zog ihn stattdessen auf seinen Schoß.
„So früh schon da, mein kleiner Schatz?“, fragte der König und gab ihm einen Kuss.
Amanoue lächelte zart und legte ihm seine Hände auf die breiten Schultern. „Isch wollte nischd wieder `erumstreunen“, antwortete er schmunzelnd, „und außerdem `abe isch eine Bären`unger! Und“, er sah ihn verschmitzt an, „die Jungs, `aben keine Birr mehr“, meinte er, mit einer Achsel zuckend, „`ier gibt es wenigstens Wein, wenn er auch sauer wie Essig ist“, sagte er noch und Henry lachte schnaubend auf.
„Du kleines Biest“, raunte er vorwurfsvoll, doch dann küsste er Amanoue liebevoll. „Warum bilde ich mir jedes Mal ein, dass du vielleicht doch Sehnsucht nach mir gehabt haben könntest?!“, brummte er, ihn von seinem Schoß schiebend und gab ihm einen Klaps. „Geh und wasche dich, du riechst nach Pferd!“, scheuchte er ihn fort und Amanoue schlenderte lachend nach hinten.
Er zog sich aus, wusch sich gründlich und zog sich wie selbstverständlich Henrys Morgenrock über. Danach stiefelte er wieder zurück zum Tisch und spähte neugierig über Henrys Schulter. „Von wem, sind diese Briefe?“, fragte er geradeheraus, „isch `offe, es sind gute Nachrischten?“
Der König rollte den Brief, den er gerade gelesen hatte, zusammen und legte ihn zu zwei weiteren Pergamentrollen dazu. Wie Amanoue erkennen konnte, trug eine der Botschaften das königliche Siegel und eine das Zeichen von Herzog Richard, Henrys Onkel. Das dritte Siegel war ihm allerdings unbekannt. „Ihr `abt eine Nachrischt von die Königin er`alten?“, hakte er nochmals wie nebenbei nach.
Henry sah ihn erstaunt an. „Woher weißt du das?“
„Es trägt die königlische Siegel und diese dort, ist doch die Siegel von Eure Onkel, nischd?“
Henry nickte lächelnd. „Ja, mein Schatz! Richard bittet mich um Verzeihung und möchte sich mit mir aussöhnen“, erwiderte er, wobei er nachdenklich die Briefrollen ansah.
„Aber das werdet Ihr doch, oder `err?“ Amanoue glitt wieder auf seinen Schoß und strich ihm mit beiden Händen über die Brust.
Henry lehnte sich zurück und sah ihn ernst an. „Weißt du, Kätzchen, das ist nicht so einfach, wie du denkst. Er hat mich im Stich gelassen! Und ist einfach ohne meine Erlaubnis abgezogen! Gut, wir hatten einen heftigen Streit und ich war ziemlich ungehalten, aber das rechtfertigt nicht sein Verhalten, mir gegenüber! Schließlich bin ich der König und auch wenn er mir ein lieber Verwandter ist, kann er nicht so handeln! Das hat mich tief verletzt“, sagte er betrübt.
Amanoue nickte verlegen. „`abt ihr wegen mir gestritten?“, fragte er vorsichtig.
Henry seufzte tief und zog ihn an sich. „Kätzchen, es ist letztlich völlig gleich, über was wir gestritten haben, ich bin der König und Richard hätte meine Entscheidung akzeptieren müssen!“
„Misch mitsunehmen“, seufzte Amanoue und schmiegte sich an Henrys breite Brust.
Der König strich ihm zärtlich über den Rücken, als Falco hereinkam und am Zelteingang salutierte. „Kätzchen, sei so lieb und setz dich auf deinen Stuhl, ja?“, flüsterte er Amanoue ins Ohr und schob ihn sanft von sich.
Amanoue blickte verwundert auf, folgte dann aber seinem Blick zum Eingang hin. „Oh“, machte er, als er den Hauptmann dort erkannte und stand sofort auf. Ohne zu zögern trat er um den Tisch herum und setzte sich auf den ersten freien Stuhl neben Henry.
„Hauptmann“, begrüßte der den wartenden lächelnd und lud ihn mit einer Handbewegung ein, ebenfalls Platz zu nehmen.
„Danke, Eure Majestät!“, erwiderte Falco wie immer schneidig, marschierte gleich von vorne hinter den Tisch und setzte sich neben Amanoue. Beide sahen sich nur kurz verstohlen an und nickten dabei kaum merklich, während der König ein Zeichen gab, damit Kai die Briefe fortnahm.
„Ähm, geht es der Königin gut?“, fragte Amanoue, Henry wieder ansehend, doch der nickte nur knapp, ohne auf dessen fragenden Blick einzugehen. Durchschnaufend senkte Amanoue sein Haupt und spielte etwas enttäuscht mit seinen eigenen Fingern, während die Diener das Abendmahl auftrugen. Auch als sie speisten, unterhielt sich Henry durchwegs nur mit seinem ersten Hauptmann, ohne Amanoue mit in ihre Gespräche einzubeziehen und so lehnte er sich bald gelangweilt zurück und gähnte herzhaft.
Henry sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihm hin. „Langweilen wir dich?“, fragte er und Amanoue zuckte ertappt zusammen.
„Nein, `err, nischd im Geringsten!“, antwortete er schnell und setzte sich wieder gerade hin.
„Kätzchen, du kannst ruhig schon ins Bett gehen. Ich kann verstehen, wenn dich die Unterhaltung zweier Erwachsener nicht interessiert“, meinte Henry dennoch und griff nach seiner Hand.
Amanoue sah ihn so überrascht an, dass es schon einer echten Empörung glich, doch dann räusperte er sich deswegen verlegen und senkte wieder schuldbewusst seinen Blick. „Versei`ung, `err“, stammelte er verlegen, „aber isch würde misch sehr gerne, mitunter`alten…“
Henry nahm skeptisch den Kopf zurück und ließ ihn los. „Kätzchen, über was denn? Du verstehst doch gar nichts davon! Und jetzt geh ins Bett! Ich mag es eh lieber, wenn es schon etwas angewärmt ist“, setzte er noch nach und grinste ausgerechnet Falco dabei verschmitzt an, der seinen Blick auch noch genauso spöttisch erwiderte.
Amanoue ruckte abrupt seinen Stuhl zurück und marschierte sofort nach hinten. Vor Wut und vor Trauer biss er die Zähne fest zusammen, um nicht loszuheulen und setzte sich frustriert auf die Bettkante.
„Ihre Majestät haben Eurer Majestät eine Nachricht geschickt?“, hörte er Falco fragen, woraufhin Henry freundlich nickte.
„Ja, Hauptmann!“, antwortete der Saukerl doch tatsächlich übererfreut, „sie möchte mir entgegenkommen und vielleicht schaffen wir es sogar noch, zusammen zum Osterfest, in Austra einzutreffen! Das wäre natürlich schon schön“, schwärmte Henry versonnen lächelnd und spielte mit seinem goldenen Pokal. „Ihr wisst doch, wie sehr ich ihre Majestät schätze und ich freue mich wirklich sehr darauf, sie endlich wiederzusehen“, sagte er zu Falco. „Was meint Ihr, könnten wir das schaffen?“, fragte er seinen Kommandanten und Amanoue hatte das Gefühl, gleich zu platzen.
Falco lächelte ebenso dämlich zurück. „Ich denke schon, Eure Majestät! Wenn das Wetter so traumhaft bleibt! Wir sind gut vorangekommen, die letzten Tage“, antwortete er zuversichtlich. „Und es wäre sicher ganz wundervoll, wenn Eure Majestäten gemeinsam nach Austra zurückkehren würden. Auch für das Volk, wäre es ein Zeichen der Verbundenheit, zwischen Eurer Majestät und der Königin“, schleimte er weiter.
Henry nickte höchst erfreut und prostete ihm zu. Danach unterhielten sie sich wieder über Pferde und natürlich das Jagen, was ihre Lieblingsthemen zu sein schienen. Amanoue legte sich genervt seufzend zurück, schälte sich aus dem Morgenmantel und schlüpfte unter die Decken. Da es die letzten Nächte sehr frisch gewesen war, hatte Sebastian zusätzlich noch die Fuchsfelldecke darübergelegt und Amanoue kuschelte sich darin ein. Er bibberte noch etwas, doch dann wurde ihm langsam wärmer und er vernahm die Stimmen immer leiser, bis er schließlich eingeschlafen war. „Komm zu mir…“, war das letzte, was er im Geiste hörte.
Falco erzählte seinem König gerade von dem tiranischen Pferd, das ihm zugelaufen war und schwärmte begeistert von dessen Gelehrigkeit, als Amanoue sich plötzlich erhob und sich kurz im Zelt umsah. Er ging bis zur Mitte hin, blieb scheinbar gedankenverloren stehen und blickte direkt zu ihnen hin, ohne sie jedoch wahrzunehmen.
Henry und Falco sahen erst ihn und dann sich, fragend an. „Liebling, was ist denn? Sind wir zu laut?“, fragte Henry verwirrt.
Amanoue reagierte nicht darauf, wandte sich wieder ab und ging zielsicher auf den Ausgang zu. „Kätzchen?“ Henry räusperte sich, „wo willst du denn hin?“ Er räusperte sich nochmals und wesentlich lauter, „Amanoue! Falls du es noch nicht mitbekommen hast, du bist nackt! Amanoue?!“
Amanoue marschierte ungerührt weiter und wollte tatsächlich gerade das Zelt verlassen, als Sebastian ihm mit einer Decke hinterher stürmte und ihn aufhielt. Er musste sich ihm in den Weg stellen und legte ihm dabei die Decke um. „Liebes, so kannst du doch nicht hinausgehen, es ist doch viel zu kalt“, sagte er, doch Amanoue schien geradewegs durch ihn hindurchzusehen und als er weitergehen wollte, warf Sebastian einen besorgten Blick zum Tisch. „Eure Majestät!“, rief er hilflos und Henry erhob sich sofort.
Auch Falco stand nun auf und beide gingen zum Zeltausgang. Verwundert beobachteten sie, wie der alte Diener sich inzwischen abmühte, Amanoue daran zu hindern, das Zelt zu verlassen. „Eure Majestät“, rief er, „ich glaube, dass er wieder schlafwandelt! Was soll ich tun?“
„Lasst ihn nicht durch!“, rief Henry den beiden Wachen zu, die sich mittlerweile umgedreht hatten und ebenfalls verdutzt die Szenerie beobachteten. Amanoue versuchte immer wieder, sich irgendwie an Sebastian vorbei zu schlängeln und die Decke lag längst auf dem Boden.
„He, Manou, was ist los?“, fragte eine der Wachen, „is`n bisschen zu frisch draußen, für einen kleinen Spaziergang im Mondschein, so ohne alles!“, meinte er und grinste seinen Kameraden an, doch als Amanoue nicht reagierte, stellten sie sich ihm wie eine Wand entgegen.
„Was soll `n das?“, fragte nun auch der andere, „hast du nicht gehört? Seine Majestät hat befohlen, dich nicht durchzulassen, also mach `n Abgang! He! Verdammt, was soll denn das?“, rief er dann aufgebracht, als Amanoue trotzdem versuchte sich zwischen ihnen durchzuquetschen. Dann wollte er sie umgehen, doch die beiden Soldaten bewegten sich jedes Mal mit, einmal einige Schritte nach rechts, dann trippelten sie wieder nach links und so sah es fast aus, als würden sie mit ihm tanzen, während Henry und Falco ihnen mit wachsender Unruhe dabei zusahen.
„Verdammt!“, rief Henry schließlich genervt, „sie sollen ihn einfach wieder hereinbringen! Sofort! Das halbe Lager glotzt schon her!“
Falco trat augenblicklich energisch heran. „Was ist los mit euch?“, herrschte er seine Soldaten an, „seid ihr nicht in der Lage, mit so einer halben Portion fertig zu werden oder studiert ihr gerade einen neuen Tanz ein?“ Er packte Amanoue hart am Arm und riss ihn einfach herum. „Was soll das? Mach, dass du wieder ins Zelt kommst!“
Amanoue starrte ihn erschrocken an, griff sich blitzschnell Falcos Dolch und streckte ihm die Waffe drohend entgegen. Falco ließ ihn daraufhin sofort los, hob beschwichtigend die Hände und trat gleichzeitig etwas zurück. „Amanoue, um Himmelswillen, was machst du denn?“, raunte er so ruhig wie möglich.
Amanoue stand geduckt vor ihm und sah ihn lauernd, zum Angriff bereit, wie ein in die Enge getriebenes Tier, an. „Liebes, oh mein Liebes“, jammerte Sebastian, „bitte, gib dem Hauptmann den Dolch zurück! Es will dir doch niemand etwas tun“, rief er verzweifelt, da machte Amanoue einen Schritt rückwärts, weg von ihm und sah sich kurz gehetzt nach den beiden Gardisten um, die nun ihrerseits einen Schritt zurückwichen. Fragend sahen sie ihren Hauptmann an.
„Amanoue, erkennst du mich nicht?“, raunte der leise und Amanoue fuhr wieder zu ihm herum. „Ich bin es, Falco. Es ist alles in Ordnung! Niemand will dir etwas Böses!“ Er streckte vorsichtig die Hand aus, Amanoue blickte darauf, wich zurück und stach gleichzeitig nach ihm, so dass Falco entsetzt zurücksprang.
Henry, der fassungslos hinter ihnen stand, kam nun ebenfalls beherzt näher und schob sich vor Sebastian, dessen Hände an den runzligen Wangen wie festgeklebt schienen. „Eure Majestät“, jammerte er völlig aufgelöst, „nicht!“
Doch Henry ignorierte ihn und stellte sich neben Falco, da ließ Amanoue plötzlich den Dolch sinken und sah ihm direkt ins Gesicht. Er murmelte etwas auf asconisch zu ihm und es klang wie eine Frage in ihren Ohren. „Kätzchen, ich verstehe dich nicht“, entgegnete Henry bewundernswert ruhig und gelassen, „weißt du, wer ich bin?“
Amanoue zögerte kurz und legte leicht den Kopf schräg, so als müsste er darüber nachdenken, dann wandte er sich ungerührt von ihnen ab um seinen Weg fortzusetzen und die Wachen griffen zu. Sie stürzten sich auf ihn, begruben seinen nackten, zierlichen Körper geradezu unter sich und hielten ihn eisern fest. Amanoue wehrte sich zwar verzweifelt, doch gegen die großen Männer hatte er keine Chance. Schließlich versuchte er nur noch schreiend vor Angst freizukommen und strampelte wie ein Verrückter, bis Gregorius plötzlich auftauchte, neben ihnen niederkniete und Amanoues Gesicht festhielt. Er träufelte ihm etwas Opium in den gewaltsam geöffneten Mund und wenige Augenblicke später, erschlaffte Amanoues Körper.
„Lasst ihn los!“, schrie Henry sofort, „geht von ihm runter!“
Die Wachen zögerten noch einen Moment, doch als Falco nickte, ließen sie Amanoue endlich los und erhoben sich. Falco steckte seinen Dolch wieder zurück, hob Amanoue auf und trug ihn hinein, direkt zum Bett und legte ihn darauf. Sebastian, der nur noch hemmungslos schluchzte, stürzte ihm nach, deckte Amanoue zu und zog ihn in seine Arme. Der alte Mann streichelte ihn in seiner Bestürzung so heftig, dass Amanoues Kopf wie bei einer Puppe hin und her wackelte.
Henry ging zu seinem Reisethron und ließ sich darauf fallen. Kopfschüttelnd hielt er sich die Stirn. Falco trat zu ihm, schluckte trocken und sah fassungslos auf ihn nieder. „Was war denn das?“
Henry blickte auf. „Das hat er vor kurzem auch gemacht, natürlich nicht so schlimm und er hat uns nicht dabei bedroht, aber er ist neulich auch mitten in der Nacht aufgestanden und ist ruhelos im Zimmer herumgewandert. Er hat weder Sebastian noch mich dabei wahrgenommen und hat die ganze Zeit über asconisch gesprochen, so als würde er sich mit irgendjemandem unterhalten. Das war richtig unheimlich, fast wie gerade eben. Gregorius, was sagt Ihr dazu?“
Der Heiler sah zu ihm hin und nickte nachdenklich. „Ich denke, dass Amanoue tatsächlich geschlafwandelt hat, Eure Majestät. Mehr nicht. Sebastian hat mir von dem Vorfall berichtet und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht viel über dieses Phänomen. Ich selbst, habe so etwas noch nie gesehen, sondern nur darüber gelesen. Es kommt meistens nur bei Kindern vor und sehr selten bei Erwachsenen! Es scheint sich mit zunehmendem Alter zu verlieren, aber was man dagegen tun kann, naja, da scheiden sich die Geister und manche Methoden halte ich für nicht gerade angebracht! Einige Gelehrte behaupten, man solle die Schlafwandler wecken, indem man sie in eine Schüssel mit kaltem Wasser steigen lässt, die man vors Bett stellt und andere sind wieder strikt dagegen, sie zu wecken, weil sie meinen, der Schlafwandler könne dadurch einen schweren Schock erleiden, tja, das könnte vielleicht gerade passiert sein. Amanoue hat sich gewehrt, als würde es um sein Leben gehen!“ Gregorius blickte bedauernd zum Bett und Henry schnaufte entnervt durch.
„Setzt euch, beide! Kai, Wein!“, befahl er.
Falco und Gregorius setzten sich beklommen und alle drei leerten schweigend ihre Becher, doch plötzlich runzelte der Hauptmann seine Stirn und lehnte sich etwas vor. „Eure Majestät“, sagte er etwas betreten, „so etwas Ähnliches, habe ich auch schon mal bei ihm erlebt“, er räusperte sich verlegen, „als ich, mit ihm, alleine im alten Lager war.“ Er ruckte unsicher seinen Stuhl zurecht, doch Henry sah ihn weiterhin gelassen an. „Ja, also damals“, fuhr Falco fort, „war er plötzlich verschwunden, mitten in der Nacht. Ich habe es nicht mal mitbekommen, erst als er wiederkam und habe mich natürlich fürchterlich darüber aufgeregt und da sagte er, dass er sich nicht erinnern könnte und dass er lediglich spazieren gewesen wäre. Aber er machte einen völlig verwirrten Eindruck und hat wirres Zeug geredet, dabei sah er aus, als hätte er einen halben Acker umgegraben, und“, Falco holte tief Luft, „das war nicht das erste Mal gewesen. Er muss vorher schon einmal, nachts das Zelt verlassen haben, während ich schlief. Er war danach ebenfalls in einem schlimmen Zustand und ich habe ihn vor dem Zelt liegend, vorgefunden. Er stammelte immer wieder etwas davon, dass jemand ihn gerufen hätte…“
Henry sah ihn fassungslos entsetzt an. „So habt Ihr also auf ihn achtgegeben?“, fragte er vorwurfsvoll und trank zornig einen Schluck.
„Eure Majestät, ich wusste es doch nicht“, verteidigte sich Falco beschämt, doch Henry winkte ab.
„Erzählt weiter“, forderte er ihn barsch auf.
„Jawohl, Eure Majestät, also, ich fand ihn vor dem Zelt liegend. Er weinte und hustete ganz fürchterlich und als er sich endlich beruhigt hatte, da erzählte er mir eine ganz und gar unglaubliche Geschichte!“ Falco räusperte sich zwangsläufig bei der Erinnerung daran unwohl, „er sagte, dass er die Schlacht gesehen hätte und Ravios Tod! Und behauptete sogar noch, dass er mit dem gesprochen hätte“, raunte er beklommen, zuerst Henry und dann Gregorius ansehend. „Und, er klang völlig überzeugt!“
Henry lehnte sich ungläubig zurück und schüttelte sich fröstelnd. „Kai! Wieso ist es so kalt hier drin? Füll die Glutbecken!“, trug er dem jüngeren Diener mit einer fahrigen Handbewegung auf und Kai sah ihn betreten an.
„Eure Majestät, die Glutbecken sind randvoll“, meinte der kleinlaut.
Henry stutzte kurz, lehnte sich wieder vor und stützte sein Kinn auf seine Hände. „Und, weiter?“, richtete er sich erneut an seinen Hauptmann.
„Ich habe beruhigend auf ihn eingeredet und ihm gesagt, dass er wohl nur schlecht geträumt hätte, aber ehrlich? Ganz wohl, war mir nicht dabei“, meinte Falco und trank einen langen Zug. „Eure Majestät, wenn ich davon gewusst hätte, hätte ich sehr viel besser darauf geachtet und selbstverständlich mit allen Mitteln verhindert, dass er nachts das Zelt verlässt! Selbst, wenn ich ihn ins Bett hätte fesseln müssen, dass müsst Ihr mir glauben! Ansonsten, hatte ich eigentlich keine Probleme mit ihm, er war sehr gehorsam und gefügig und wir sind ganz gut miteinander klargekommen“, sagte er leichthin und Henry schnaubte verächtlich auf.
„Das glaube ich Euch, aufs Wort, Hauptmann Falco!“, brummte er zynisch, „besonders, was das Bett angeht!“
Falco lief so rot an, wie tiranischer Wein. „Eu, Eure Majestät“, stotterte er, „so meinte ich das nicht! Ich schwöre…“
„Seid still!“, fuhr Henry ihn an, „kein Wort mehr, bevor ich noch ausraste und meine gute Kinderstube vergesse!“ Er atmete tief durch und lehnte sich wieder zurück. „Was geschehen ist, ist nun mal geschehen! Und ich weiß sehr wohl, dass es nicht allein an Euch lag und Amanoue Eure damalige Lage auch ausgenutzt und Euch verführt hat! Er hat es mir erzählt und mir auch gesagt, dass es einzig und allein, zumindest anfangs, von ihm ausging und er auch nur mit Euch ins Bett ging, weil er sich rächen wollte und dass er einfach nur Angst davor hatte, dass Ihr ihn zurück ins Hurenhaus bringen könntet. Und mir ist durchaus bewusst, dass Amanoue sehr raffiniert mit seinen Reizen umgehen kann! Dabei dachte ich Narr wirklich, dass zumindest Ihr dagegen gefeit gewesen wäret! Ich hätte ihn niemals zurücklassen dürfen, also ist es in gewisser Weise auch meine Schuld, dass er mich mit Euch betrog!“
„Eure Majestät, bitte“, fiel ihm Falco flehend ins Wort und wollte voller Bedauern noch etwas hinzufügen, doch Henry verbat sich mit einer harschen Geste jedes weitere Wort.
„Genug!“ Erneut schnaufte er schwer durch, bevor er sich an seinen Heiler wandte. „Und, Meister Gregorius, was soll ich nun tun? Ihn wirklich, am Bett festbinden, bevor er noch jemanden in seinem Wahn verletzt? Immerhin hat er nach Hauptmann Falco gestochen, wenn es auch nur nach dessen ausgestreckter Hand war, aber immerhin! Ich möchte auf keinen Fall riskieren, dass er womöglich doch noch einen von uns absticht!“
Gregorius sah ihn beschwichtigend an. „Nun, vielleicht nicht gerade festbinden und ich kann nicht glauben, dass Amanoue wirklich zu einer Gefahr für Euch oder gar Sebastian werden könnte. Ich denke vielmehr, dass er sich in dem Moment einfach zu sehr in Bedrängnis fühlte, er hat Falco schlichtweg nicht erkannt…“
Henry schnaubte auf seine zynische Art. „Aber genau darin, liegt das Problem doch! Er weiß offensichtlich nicht, was oder wer ihm in diesen Momenten entgegentritt! Nein, dieses Risiko ist einfach zu groß! Er hat ganz offensichtlich nicht mal Sebastian erkannt und auch wenn er bei mir den Dolch sinken ließ, ich habe keine Lust, irgendwann doch von ihm aufgespießt zu werden“, brummte er spöttisch.
Gregorius kaute kurz nachdenklich an der Innenseite seiner Unterlippe. „Das Ganze erinnert mich an einen Fall, aus meiner Lehrzeit. Der Medicus, der damals mein Meister war, hat mir davon berichtet. Er wurde eines Tages zu einem Kind gerufen, das ebenfalls schlafwandelte und nachts des Öfteren sogar das Haus verließ, wobei es einmal beinahe erfroren wäre. Er riet also der Mutter, ein Band am Handgelenk des Kindes und an ihrem eigenen, zu befestigen. Und jedes Mal, wenn das Kind nachts das Bett verlassen wollte, erwachte sie so und legte es vorsichtig wieder zurück. Nach einigen vergeblichen Versuchen, hörte das Kind tatsächlich auf schlaf zu wandeln und schlief fortan wieder durch! Nun, ein Versuch wäre es wert, meint Ihr nicht, Eure Majestät?“, meinte er beinahe schmunzelnd.
Nun nagte Henry stirnrunzelnd an seiner Unterlippe herum, dann nickte er, stand kurzerhand auf und ging zum Waschtisch. Er nahm ein Laken, riss von der Längsseite ein schmales Band davon ab und marschierte damit zum Bett, wobei Sebastian ihm entsetzt entgegensah. „Das gute Laken“, murmelte der alte Diener vor sich hin, schlug aber auch die Bettdecke etwas zurück.
Henry beachtete ihn kaum, band ein Ende an Amanoues zartem Handgelenk fest und drehte sich zum Tisch um. Falco und Gregorius hatten sich natürlich sofort mit ihm erhoben und sahen erwartungsvoll zu ihm hinüber. „Gut, meine Herren, wir werden sehen“, sagte er achselzuckend und gab ihnen ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Die Beiden verbeugten sich, Falco vielleicht ein wenig zu tief, doch dann salutierte er schneidig wie immer und verließ hinter Gregorius das königliche Zelt.
Henry zog sich aus, legte sich zu Amanoue und befestigte das andere Ende des Bandes an seinem eigenen Handgelenk. „So, mein kleiner Schatz“, meinte er zärtlich, „jetzt sind wir wohl oder übel, tatsächlich fest miteinander verbunden.“ Er hauchte ihm noch einen sanften Kuss auf die Schläfe, nahm ihn seufzend in den Arm und beide schliefen friedlich bis zum nächsten Morgen.
Amanoue setzte sich gähnend auf, als Kai ihn vorsichtig an der Schulter schüttelte. Verschlafen rieb er sich beide Augen und blickte dabei verwundert auf das Band, das locker von seinem Handgelenk herabbaumelte. „Nanu? Was ist das denn?“, fragte er und zog daran.
Henry sah ihn schmunzelnd an und hob winkend seinen Arm, was Amanoue noch erstaunter den Kopf zurücknehmen ließ. „Liebling, kannst du dich daran erinnern, was du gestern getan hast?“, fragte der König und ein befürchtendes „Oje“, stand sofort unausgesprochen in Amanoues Augen, was Henry augenblicklich zum Lachen brachte.
„Was, denn?“, kam es vorsichtig über Amanoues Lippen, während er achselzuckend leicht den Kopf schüttelte.
„Du wolltest noch einmal das Zelt verlassen, splitterfasernackt und hast dich dabei noch mit zwei Wachen angelegt und“, Henry machte mit seinem kleinen Finger eine unterstreichende Bewegung, „davor hast du noch Hauptmann Falco mit seinem eigenen Dolch bedroht“, meinte Henry sachlich und als wäre es nichts Besonderes. „Kannst du dich denn an gar nichts erinnern?“
Amanoue schüttelte skeptisch seinen hübschen Kopf. „Ist das eine Wids?“, fragte er und sah zu Sebastian hoch, der allerdings nur mit hochgezogenen Augenbrauen seufzte.
„Leider nein, mein Schatz! Tja, und um dich daran zu hindern, falls du eventuell mal wieder einen nächtlichen Spaziergang unternehmen willst, kam Gregorius auf die grandiose Idee, mit diesem Band! Ist doch nett, so können wir uns im wahrsten Sinne des Wortes, miteinander verbunden fühlen“, antwortete Henry sarkastisch grinsend.
Wieder nahm Amanoue ungläubig den Kopf zurück. „Aber wieso, sollte isch das getan `aben?“
„Aber Liebes“, mischte sich nun Sebastian doch ein, „weißt du denn gar nichts mehr? Es war wirklich schlimm und ich hatte entsetzliche Angst um dich!“
„Um misch? Au!“, Amanoue verzog etwas gequält sein Gesicht und lehnte sich ächzend zurück. „Mir tut alles weh, `abt Ihr misch des`alb verprügelt, `err?“, fragte er stöhnend.
Henry lachte schnaubend. „Mitnichten! Das waren wohl die Wachen! Sie haben sich auf dich gestürzt und du hast dich gegen sie gewehrt, wie ein Besessener! Das wird wohl blaue Flecke geben, mein armer Schatz, aber es blieb ihnen leider keine andere Wahl“, meinte er seufzend.
Amanoues Blick ging nachdenklich ins Leere, dann nickte er langsam. „Isch glaube, isch erinnere misch“, murmelte er vor sich hin, „er `at misch gerufen und gesagt, dass isch fort müsste, jeds gleisch, sonst würde etwas Schlimmes passieren“, er sah auf und plötzlich weiteten sich seine Augen vor Entsetzen. „Und dann“, schluchzte er, „`aben sie misch überfallen! Sie wollten mir wieder wehtun“, schluchzte er so verzweifelt, dass Sebastian ihn sofort in seine Arme zog.
„Mein armes Kind“, beruhigte er ihn, „du hast wieder einen Albtraum gehabt, niemand, will dir hier etwas Böses!“
„Doch“, schniefte Amanoue über dessen Schulter hinweg, „da ist eine böse Mann, er kommt auf misch su und tut mir weh! Bald!“
„Liebling“, versuchte es jetzt auch Henry und strich ihm übers Haupt. „Nie wieder, wird ein böser Mann kommen, das verspreche ich dir! Und die Wachen passen doch auch auf uns auf, Tag und Nacht! Hm?“
Amanoue sah ihn dennoch zweifelnd an. „Er wird kommen“, sagte er leise, „und er sieht aus, wie Ihr, `err, nur böse.“
***
Den ganzen Tag über löcherten ihn die Soldaten und versuchten ihn über den gestrigen Vorfall auszufragen, doch Amanoue zuckte nur mit den Achseln und beteuerte ihnen immer wieder, dass er sich an nichts erinnern könnte. Allerdings war er auffallend ruhig, sogar als Lucius ihn mittags wieder ärgerte und Benny ihn mit seinen dummen Sprüchen provozierte, ging er nicht darauf ein. Schließlich gaben auch die es auf und so ritten sie nur noch still vor sich hin. Brac sang zwar ab und zu eines seiner schmutzigen Soldatenlieder und versuchte Amanoue damit etwas aufzuheitern, doch der schien gar nichts davon mitzubekommen, so als wäre er tief in seiner eigenen Gedankenwelt versunken.
Am Abend bat er Matto seine Stute Maid mitzuversorgen, weil ihm jeder Knochen im Leib schmerzte und machte sich sofort auf den Weg zum königlichen Zelt, das noch nicht einmal komplett aufgestellt war. Er half Kai und Sebastian, die Sachen hineinzuschaffen, bereitete selbst das Schlaflager und legte sich gleich danach völlig geschafft ins Bett.
Selbst als Henry kam, stand er nicht auf und er aß auch nichts, so sehr Sebastian sich auch bemühte und drängte. „So lass ihn doch in Ruhe“, sagte der König endlich und verabschiedete Falco bald nach dem Essen.
Nachdem Henry sich frischgemacht und ausgezogen hatte, legte er sich zu Amanoue und begann ihn zärtlich zu liebkosen, doch der verkrampfte sich wieder zusehends, als Henrys Liebesspiel immer leidenschaftlicher wurde. Amanoues Körper reagierte auf keine seiner Liebkosungen und so gab Henry es schließlich frustriert seufzend auf. Als Amanoue sich dafür weinend entschuldigen wollte, nahm er ihn einfach in seine Arme und streichelte ihn nur noch eine Weile zärtlich, dann band er sich und ihm wieder das Band um die Handgelenke und beide schliefen bald darauf ein.
Tatsächlich versuchte Amanoue kurze Zeit später wieder aufzustehen und Henry erwachte augenblicklich, als er den heftigen Ruck an seinem Arm verspürte. Sein Sklave stand vor ihm und zerrte vergeblich an seiner „Fessel“, Henry stand vorsichtig auf, näherte sich ihm langsam und führte ihn behutsam zurück zum Bett. Mit beruhigenden Worten drückte er ihn sanft nieder, legte sich zu ihm und deckte sie wieder zu. Amanoue kuschelte sich an ihn und schien augenblicklich weiter zu schlafen.
An den nächsten Tagen war er wie ausgewechselt. Er frühstückte mit gutem Appetit und redete den ganzen Tag lang wie ein Wasserfall. Lachte und neckte sich mit den Soldaten, besonders mit Lucius, dem er einen Regenwurm in den Hemdkragen steckte und der sich daraufhin so gar nicht männlich stark verhielt. Kreischend und zappelnd fuhr der aus seiner Gewandung und riss sich fast das Hemd vom Leib, was seine Kameraden, die Amanoue zuvor dazu angestachelt hatten, grölend lachen ließ. Immer mehr Soldaten, schlossen sich nun mittags ihrer lustigen Runde an, deren Mittelpunkt meistens Amanoue war, was der auch in vollen Zügen genoss.
Nur nachts, wenn Henry mit ihm schlief, schaffte er es nicht, sich zu entspannen, sondern ließ alles nur verkrampft über sich ergehen, da Henry es mittlerweile aufgegeben hatte, sich abzumühen und sich nur noch an ihm befriedigte. Nach draußen, klang dabei nicht ein einziger Ton.
So vergingen die Tage, sie kamen weiterhin gut voran und die Sache mit dem Band klappte hervorragend. Amanoue hatte es noch einige Male versucht, nachts aufzustehen, doch Henry drückte ihn jedes Mal sanft wieder zurück in die Kissen und schließlich schlief Amanoue einfach wieder durch. Alles schien bestens zu laufen, bis auf eine einzige Sache, im Bett klappte es gar nicht mehr.
Sobald Henry zärtlich wurde, verkrampfte sich Amanoues Leib und er lag da wie ein Toter, bis Henry es schließlich endgültig aufgab und sich nur noch mürrisch zu ihm ins Bett legte. Er wünschte ihm eine gute Nacht und Amanoue schmiegte sich seufzend an ihn, so als wäre alles in bester Ordnung.
Zwei Wochen später, als sie wie gewöhnlich zur Mittagszeit anhielten, ließ Henry Gregorius zu sich rufen. Wie immer war für den König ein kleiner Tisch aufgestellt worden, an dem er gemeinsam mit Falco sein Mittagsmahl einnahm. Der Tisch stand im lichten Schatten einiger mit jungem Grün überzogener Bäume, die Sonne schien bereits ungewöhnlich warm für die Jahreszeit und nur an der nächtlichen Abkühlung merkte man, dass es eigentlich erst Anfang April war.
Das Wetter war gut, genau wie die Laune der Soldaten um sie herum, was auch daran lag, dass sie immer öfter an Siedlungen und kleineren Städten vorbeikamen und sie jedes Mal von deren Bevölkerungen jubelnd begrüßt wurden. Dabei geizten die Bewohner auch nicht und versorgten ihren geliebten König und seine Truppen großzügig mit Speis und Trank. Auch mit Bier, was die Stimmung der Gardisten noch zusätzlich steigerte, nur Henry saß mit grübelnder Miene still vor seinem Teller und stocherte griesgrämig darin herum, als sein Heiler besorgt auf ihn zukam.
„Eure Majestät, fehlt Euch etwas?“, fragte der sogleich und verbeugte sich erst danach.
Henry sah ihn mürrisch an. „Nein, macht Euch keine Sorgen! Es geht nicht, um mich“, raunte er. Er machte eine kleine Pause und holte plötzlich tief Luft, wobei er seltsam betreten wirkte. „Setzt Euch bitte, Gregorius, hier, neben mich“, sagte er und deutete auf einen freien, dritten Stuhl, der direkt neben ihm stand.
Gregorius trat verwundert näher und setzte sich mit besorgter Miene. „Eure Majestät?“
Jetzt runzelte auch Falco die Stirn und hielt bei seinem Mahl inne. „Seid Ihr hungrig?“, fragte Henry und zeigte mit seinem Speisemesser auf die Speisen vor ihnen.
„Danke sehr, Eure Majestät, aber ich habe schon etwas zu mir genommen“, lehnte Gregorius höflich ab und sah ihn abwartend an. „Was fehlt Euch?“, fragte er geradezu sanft.
„Nichts!“ Kam die prompte Antwort, doch der König schien alles andere als glücklich und schnaufte erneut schwer durch. „Es, naja, also“, raunte er, die Stimme senkend und lehnte sich zurück. „Es geht nicht, um mich“, er schluckte nervös, „wie ich schon sagte, also, es betrifft eher, Amanoue.“
Wieder entstand eine kleine Pause. „Ist er krank?“, hakte Gregorius nach, wobei er ziemlich überrascht wirkte. „Verzeiht, aber vorhin machte er nicht den Eindruck, als ich ihn auf dem Weg hierher sah. Ganz im Gegenteil sogar, er wirkte mir putzmunter, er sieht wieder sehr gut aus und scheint auch endlich etwas zugenommen zu haben! Das Soldatenleben, scheint ihm außerordentlich gut zu bekommen“, meinte er recht verwundert.
Henry nickte knapp und räusperte sich geradezu verlegen. „Ja, es ist alles wunderbar! Er hat einen guten Appetit und auch so, kann ich nicht klagen, alles läuft bestens, zwischen uns. Auch das mit dem Band, scheint zu funktionieren, denn seit einigen Nächten schläft er wieder friedlich wie ein Säugling an der Mutterbrust, durch. Aber…“
„Aber?“ Gregorius sah ihn gespannt an, genau wie Falco auf der anderen Seite.
„Naja, wie soll ich es sagen, es gibt da ein Problem, was unser, naja, Ihr wisst schon, nachts, es klappt irgendwie nicht mehr, egal, was ich auch mache“, stammelte Henry und schnaufte fast erleichtert durch, als es heraus war.
Falco zog ein verdutztes Gesicht und Gregorius nickte wohlweißlich. „Ah ja“, machte er, immer noch nickend, „Eure Majestät haben Potenzprobleme!“
Falco hätte sich beinahe verschluckt und Henry hob sofort abwehrend die Hände. „Aber nein! Nein!“, rief er beinahe laut aus, bevor er die Stimme fast wieder zum Flüsterton senkte. „Nicht ich, er!“
„Wer?“
„Na, er, Amanoue“, flüsterte Henry raunend.
Falco ließ sein Messer fallen, entschuldigte sich beklommen und hob es verlegen vom Boden auf, während Gregorius sich ungläubig zurücklehnte. „Ja“, sagte Henry gedehnt, „es geht irgendwie, gar nichts mehr!“ Wieder räusperte er sich und hob fragend die Hände. „Ich mache wirklich alles, was ich kann! Liebkose ihn, genau da, wo er es sonst immer gerne hatte, bin zärtlich und gebe mir alle Mühe und trotzdem, es funktioniert nicht! Gar nichts! Er kommt einfach nicht mehr! Manchmal, habe ich zwar das Gefühl, dass es ihm durchaus gefällt und dass er auch davon erregt ist und er wird auch hart, aber dann liegt er nur noch wie ein Brett unter mir und rührt sich überhaupt nicht mehr! Außer, dass er sich im Bett festkrallt und in die Kissen beißt, einmal, hat er sich sogar selbst in die Hand gebissen, dass es fast geblutet hat“, berichtete er und lehnte sich ebenfalls sehr genervt zurück.
Gregorius sah ihn weiterhin mit gehobenen Augenbrauen an und Falco wäre am liebsten im Erdboden versunken. Er wagte es nicht, sich zu rühren, obwohl im fürchterlich die Nase juckte, doch er starrte nur betreten vor sich hin.
„Und?“, fragte Henry nun ungeduldig.
„Aaaah“, machte Gregorius wissend.
„Was, aaah?“
„Aha! Ich habe mich schon gewundert, dass es nachts so ruhig ist“, erwiderte da Gregorius schmunzelnd, „und das ist nicht nur mir aufgefallen!“
„Was soll das heißen?“, brummte Henry empört.
„Verzeiht, Eure Majestät, aber wenn Ihr sonst mit Amanoue intim wart, hat das, das halbe Lager mitbekommen! Es war einfach nicht, zu überhören“, meinte der Heiler fast grinsend und blickte dabei zu Falco hinüber, der sich auf die Lippe biss und tatsächlich leicht nickte.
Der König erhob sich, ging um den Tisch herum und wandte sich wieder zu ihnen um. Er hatte die Arme hinter dem Rücken und hielt sich die Hände. „So laut?“
„Oh ja, Eure Majestät“, antwortete Gregorius frei heraus und wurde von Falcos Nicken noch unterstützt. Beide standen ebenfalls und während der Hauptmann eher sehr betreten wirkte, blickte der Heiler ihm offen entgegen.
„Wie lange, geht das schon so?“, wollte er wissen.
„Naja, ich weiß nicht genau, lange jedenfalls! Ich kann mich gar nicht genau erinnern, wann er das letzte Mal gekommen ist. Auf der Burg noch, fing es schon an, also, nachdem ich, ihn“, Henry senkte schluckend den Blick, „nachdem ich ihn so entsetzlich verprügelt hatte!“ Er fuhr sich mit beiden Händen über sein betroffenes Gesicht, „ich habe ihn angebrüllt und ihm schwere Vorwürfe gemacht, von wegen, dass er sich immerzu nur wie eine Hure benehmen würde“, sagte er kleinlaut und sah wie Gregorius erkennend nickte. „Meint Ihr, dass das, der Grund sein könnte?“, fragte er befürchtend und sein Leibarzt nickte erneut, zwar nur einmal, aber dafür mehr als deutlich.
„Verzeiht, Eure Majestät, aber das liegt doch wohl auf der Hand! Ich denke, dass er sich einfach nicht mehr fallen lassen kann, vor lauter Furcht, vor Euch als Hure zu gelten“, antwortete Gregorius geradezu verständnislos.
„Aber das stimmt doch gar nicht“, verteidigte sich Henry sogleich, „ich mag es ja, wenn er im Bett, naja, etwas wild ist!“
„Aber anscheinend weiß er das nicht“, erwiderte Gregorius besänftigender.
„Oh doch! Ich habe mit ihm darüber gesprochen und es ihm sogar bestätigt!“, konterte Henry wieder.
Gregorius räusperte sich. „Könnte ich etwas Wein haben?“, fragte er und Falco, der sich noch immer nicht rührte, fühlte sich beinahe erleichtert.
„Ja, sicher! Kai!“ Henry setzte sich wieder und bedeutete ihnen ebenfalls Platz zu nehmen. Kai schenkte die Becher voll und sie tranken einen langen Zug. „Was soll ich denn nun machen?“, fragte der König und sah sie beide hilflos an. Falco senkte umgehend den Blick und Gregorius legte väterlich seine Hand auf Henrys Arm.
„Eure Majestät, Amanoue ist sehr temperamentvoll und ich denke, es liegt schlichtweg in seiner Natur, etwas lauter, beim Liebesspiel zu sein! Das hat nichts, mit seiner Vergangenheit als Lustsklave zu tun und auch nichts mit Verdorbenheit! Es ist doch schön, wenn jemand mit allen Sinnen genießen kann und dies auch zeigt! Bringt ihn einfach zum Stöhnen und Ihr werdet sehen, das Problem wird sich von alleine lösen“, sagte er lachend. „Verzeiht, aber es ist zu komisch!“, meinte er kopfschüttelnd und trank seinen Becher aus.
„Ihr habt gut lachen“, murrte Henry, „und wie, bitte schön, soll ich das anstellen?“
„Nun, Eure Majestät, dies müsst Ihr schon selbst herausfinden! Aber so schwer, kann das doch nicht sein“, antwortete Gregorius schmunzelnd. „Ihr sagtet doch selbst, dass Ihr ihn genau da stimuliert, wo er es am liebsten hat“, sagte er, doch dann überlegte er kurz. „Nein, vielleicht solltet Ihr das gerade nicht tun! Vielleicht solltet Ihr Amanoue in nächster Zeit, gar nicht mehr an seinen intimsten Stellen berühren.“
„Na toll! Soll ich jetzt wieder enthaltsam leben, das hatten wir doch schon!“, grollte Henry.
„Und? Hat es etwa nichts gebracht?“, fragte Gregorius, „und das meinte ich ja auch gar nicht! Schlaft ruhig mit ihm, aber drängt ihn zu nichts!“
„Das klingt leichter, als Ihr es Euch vorstellt!“, brummte Henry mit verschränkten Armen, was Gregorius erneut auflachen ließ.
„Oh Eure Majestät! Etwas Feingefühl werdet Ihr schon aufbringen müssen und Phantasie! Habt Ihr es schon einmal mit einer entspannenden Massage bei ihm versucht?“
„Naja, eigentlich, massiert er immer mich“, gab Henry kleinlaut zu und der Heiler hob beide Hände zum Himmel.
„Na dann, wird es aber Zeit! Verwöhnt ihn, verbringt mehr Zeit mit ihm, geht mit ihm spazieren, zum Beispiel während der Mittagspause! Warum lasst Ihr nicht gleich hier, das Lager aufschlagen? Es ist so ein schönes Plätzchen hier und Ihr könntet den ganzen Nachmittag mit ihm verbringen. Spaziert händchenhaltend mit ihm am Waldrand entlang, lasst etwas mehr Romantik sprechen! Ich denke nämlich, dass Amanoue sogar sehr romantisch veranlagt ist und oft erreichen ein paar süß geflüsterte Worte mehr, als Taten! Oder Humor! Bringt ihn zum Lachen! Glaubt mir, gemeinsam zu lachen ist oft das beste Mittel, um an jemanden heranzukommen und später speist Ihr mit ihm zusammen. Aber allein! Ohne Eure Dienerschaft und vor allem, ohne den Hauptmann! Denn wie ich Euch kenne, besprecht Ihr Euch all Abendlich lieber mit dem, nichts für ungut, Hauptmann Falco“, sagte er schnell, als er dessen beleidigten Blick wahrnahm, „aber ich kann mir vorstellen, worüber es in diesen Gesprächen wohl hauptsächlich geht. Über die Jagd, nehme ich an? Und ganz nebenbei schläfert Ihr Amanoue dabei ein? Wie soll da Lust in ihm aufkommen, wenn Ihr Euch darüber voller Inbrunst mit Eurem Hauptmann austauscht, wie vortrefflich Ihr Euer letztes Wildschwein aufgespießt habt?“, fragte er und nun sahen sich Henry und Falco geradezu ertappt dabei an. „Ah ja, dachte ich mir, Männergespräche eben, nicht wahr? Nehmt Euch stattdessen lieber ein Tablett mit Leckereien mit ins Bett und füttert Amanoue mit kleinen Häppchen! Gemeinsam essen, kann sehr erotisch sein und nichts weckt die Lust aufeinander mehr, als sich gegenseitig die Soße vom nackten Leib zu lecken“, schloss er seinen Vortrag ab und jetzt starrten ihn wirklich alle an. Die Diener geradezu schockiert, aber bei Kai war auch ein wenig Faszination zu erkennen und den beiden anderen Zuhörern stand der Mund vor Verblüffung offen.
„Gregorius, das hätte ich nicht von Euch erwartet“, raunte Henry staunend, „Ihr seid heute so anders, Ihr, seid ganz anders, als ich immer dachte!“
„Eure Majestät“, erwiderte der Heiler verschmitzt, „auch ich habe ein Liebesleben und so alt und verstaubt, bin auch noch nicht! Ich bin gerademal Mitte dreißig und unter diesem züchtigen Gewand steckt durchaus noch ein begehrender Körper!“
Henry lachte jetzt erst einmal geradezu befreit auf. „So meinte ich das nicht“, sagte er grinsend, „aber es fällt mir ehrlich gesagt schon etwas schwer, mir Euch beim Liebesspiel vorzustellen! Ihr hattet eine Geliebte, auf der Burg? Kenne ich sie? Vielleicht diese junge Kräuterfrau?“, fragte er neckend, doch Gregorius schmunzelte nur in sich hinein, als der König sich zu Falco umwandte. „Na, Hauptmann, seid Ihr überhaupt noch da? Man hört gar nichts mehr von Euch oder hat Euch das sprachlos gemacht?“, sagte er flapsig zu ihm und schlug ihm kräftig auf den Rücken.
„Äh, Eure Majestät?“, kam es noch immer sehr durcheinander von dem zurück und Henry lachte kurz auf.
„Egal! Lasst das Lager aufschlagen und schickt mir Amanoue! Unser lieber Medicus hat doch recht und ist wohl trotz seines jungen Alters, schon ein weiser Mann und man soll doch stets einen weisen Ratschlag annehmen!“, meinte er und streckte sich wohlig, „aaah, es ist in der Tat, ein schönes Fleckchen Erde hier! Ideal, um einen kleinen Spaziergang zu machen!“
Falco erhob sich umgehend und salutierte. „Jawohl, Eure Majestät, ganz, wie Ihr wünscht! Ich werde sofort den Befehl dazu geben und einen Wachtrupp für Euch zusammenstellen!“, erwiderte er schneidig wie immer, doch der König schüttelte den Kopf.
„Nein, Hauptmann, keine Wachen, nur Amanoue und ich!“, betonte er nochmals.
„Aber Eure Majestät!“, legte Falco noch Einspruch ein, doch da winkte Henry ihn schon fort.
„Sehr gut, Eure Majestät“, sagte Gregorius lobend, „Ihr solltet mit Amanoue allein sein und haltet unbedingt seine Hand, ich bin davon überzeugt, dass ihm das gefallen wird“, raunte er augenzwinkernd, erhob sich und verbeugte sich anerkennend. „Mit Eurer Erlaubnis, ziehe ich mich nun ebenfalls zurück, um mein eigenes kleines Liebesnest aufzubauen“, schmunzelte er und lehnte sich ganz nah zu Henry hin. „Marius“, flüsterte er ihm ins Ohr und sah ihn dabei vielsagend an. Dann drehte er sich um und schlenderte beschwingt davon.
Henry ließ sich nach hinten fallen und starrte ihm mit offenem Mund hinterher.
***
Falco ritt nach hinten zu Bracs Abteilung und hörte schon von weitem das ausgelassene Lachen. Kopfschüttelnd hielt er an und es dauerte eine ganze Weile, bis die Soldaten ihn wahrnahmen. Erst als er sich mehrmals lautstark räusperte, drehte sich einer von Bracs „Jungs“ um und rief sofort laut das gewohnte „Achtung!“
Die Soldaten fuhren herum und so konnte Falco einen guten Blick in deren Mitte werfen. Amanoue lag rücklings auf dem Boden, während Lucius rittlings auf ihm drauf saß und ihn an den Handgelenken festhielt. Der Gardist ließ ihn umgehend los, stand auf und salutierte etwas betreten. „Was zum Teufel, geht hier vor sich?“, rief Falco aufgebracht.
„Ähm, gar nix“, meinte Brac und kratzte sich am Hinterkopf.
„Und warum wälzen sich dann zwei Eurer Leute im Dreck?“, verlangte Falco zu wissen.
„Ach Hauptmann, das war doch nur ein kleiner Spaß, die beiden haben doch nur ein wenig miteinander gebalgt, völlig harmlos“, versuchte Brac die Situation zu erklären, doch Falcos Blick sprach Bände. Amanoue hatte sich inzwischen auf seine Ellenbogen aufgestützt und sah noch immer keuchend vor Lachen zu ihm hoch.
„Gebt den Befehl weiter, das Lager errichten zu lassen und schickt den Asconier zu mir!“, befahl Falco, ohne darauf einzugehen und Brac sah sich verblüfft um.
„Was? Schon? Und hier?“, fragte er verdattert. „Wo sollen wir denn hier, die ganzen Zelte aufbauen?“, meinte er skeptisch. „Ist verdammt wenig Platz!“, sagte er zu seinem Hauptmann, während Amanoue endlich aufstand.
„Das wird schon gehen“, erwiderte Falco energisch, „seiner Majestät gefällt es hier! Wir teilen eben das Lager auf, ein Teil hier und die restlichen Zelte stellen wir auf der anderen Seite der Straße auf, am Feldrain entlang!“
„Wird `n verdammt langes Lager“, murmelte Brac und zuckte die Achseln. „Aber was solls, mir kanns egal sein! Na dann, ihr habt den Hauptmann gehört! Auf geht’s!“, rief er und winkte Amanoue zu sich. „Manou, der Hauptmann will dich sprechen!“
Amanoue warf seinen Freunden einen mulmigen Blick zu und bahnte sich einen Weg durch sie hindurch. „Was `abe isch denn nun wieder gemacht?“, fragte er leise, als er an Brac vorbeikam, doch der hob nur die Schultern. „`auptmann?“
„Steig auf, ich soll dich zu seiner Majestät bringen!“, antwortete Falco barsch, beugte sich ein wenig zu ihm hinunter und reichte ihm eine helfende Hand.
„Ist etwas passiert?“, fragte Amanoue etwas nervös und schielte zu ihm hoch.
„Nein! Seine Majestät möchte dich lediglich sehen und einen Spaziergang machen“, antwortete Falco, noch immer recht unfreundlich.
Amanoue verdrehte augenblicklich rollend die Augen und sah seufzend zu Brac hin. „Isch `asse spasierengehen“, stöhnte er genervt und der Riese lachte erheitert auf.
„Na, mach schon“, raunte Falco ungeduldig und wedelte mit der ihm gereichten Hand. „Ich hab nicht ewig Zeit und seine Majestät wartet! Oder habe ich dich etwa bei deinem neuen Techtelmechtel gestört?“
Amanoue schluckte erst einmal, dann räusperte er sich schnippisch. „Nein, danke! Isch laufe lieber!“, erwiderte er trotzig und marschierte einfach los.
Falco schnaufte ärgerlich durch und biss sich ärgerlich auf die Unterlippe. „Wie du meinst“, knurrte er, Ravios Schimmel wendend und trabte mit lässiger Miene an ihm vorbei.
„He, Manou!“, rief Benny spöttisch hinterher, „was es auch sei, ich geb` dir einen guten Rat! Dieses Mal würde ich den Köter nehmen!“
„Haha! Sehr widsisch!“, rief Amanoue über seine Schulter zurück und zog ihm eine zynische Grimasse, was alle nochmals auflachen ließ.
Seufzend lief er die staubige Straße entlang, bis er ganz vorne wieder auf Falco traf, der übertrieben gelangweilt wirkend, auf ihn wartete. „Auch schon da?“, fragte der hämisch und deutete in einen Feldweg hinein. Amanoue verzog nur schnippisch seinen hübschen Mund und folgte ihm den schmalen Weg entlang, bis zu der kleinen Sitzgruppe, die sich halb verborgen hinter einigen blühenden Haselnusssträuchern befand.
Amanoue kniete vor Henry nieder und beugte demütig sein Haupt zu Boden. „`err, Ihr `abt misch rufen lassen?“
„Ja, mein Kätzchen, komm hoch“, erwiderte Henry überaus freundlich und zog ihn gleich auf den Schoß. „Wie siehst du denn aus? Hast du mit jemandem gekämpft?“, fragte er amüsiert und strich ihm das zerrupfte Haar glatt.
Amanoue sah ihn höchst verwundert an. „Ähm, nein, `err, äh?“ Er blickte sich verwirrt nach allen Seiten um, „ist das in Ordnung? Was ist, wenn uns so jemand sieht?“, fragte er ausweichend und Henry lachte auf.
„Wer denn? Vielleicht ein Hase?“, fragte er zurück und gab ihm auch noch einen dicken Kuss. „Hier sieht uns doch niemand, der Haselstrauch verdeckt uns! Oder meinst du Sebastian und Kai?“, raunte er und warf denen einen spitzbübischen Blick zu. „Was ist, ihr zwei? Husch, husch! Ihr könnt gehen! Siehst du, nur noch wir beide“, meinte er neckend und umarmte ihn fest, doch Amanoue versteifte sich und warf einen verstohlenen Blick über seine Schulter auf Falco. „Ach ja, der Hauptmann! Tja, wie kriegen wir den wohl los“, grübelte Henry übertrieben nachdenklich und tippte sich ans Kinn.
Amanoue hob vorsichtig die Schultern. „Weiß nischd?“, antwortete er ratlos, was Henry erneut auflachen ließ.
„Soll ich ihn einfach wegschicken?“, fragte er schelmisch. „Ich kann das! Weißt du, ich bin nämlich sein König und er hat mir seinen unbedingten Gehorsam geschworen“, raunte er Amanoue verschwörerisch ins Ohr, woraufhin der nur wieder unsicher mit den schmalen Schultern zuckte. „Dann wären wir ganz allein, nur du und ich. Möchtest du das, mit mir ganz allein spazieren gehen?“, flüsterte Henry einladend und küsste ihn zart aufs Ohr.
Amanoue nahm völlig verdattert den Kopf zurück und sah ihn für einen Moment voller Unglauben an. „Gans allein? Nur wir swei?“
„Jawohl, mein Schatz, nur du und ich und, die Hasen, die wohl gerade Hochzeit feiern! Hier wimmelt es nur so davon!“, antwortete er grinsend. „Na? Was meinst du?“
„Isch weiß nischd, wenn Ihr es gerne möschtet, `err?“, kam es nur wieder über Amanoues Lippen.
„Ja!“, antwortete Henry, ihn von sich herunterhebend und aufstehend. „Und du? Möchtest du mit mir kommen?“, fragte er, bereits seine Hand ausstreckend, während Amanoue zögerlich und immer noch ungläubig wirkend, nickte. „Gut!“, sagte Henry zufrieden und ergriff dessen Hand, woraufhin der ihn beinahe argwöhnisch und äußerst verunsichert ansah. „Komm!“, rief Henry erfreut und zog ihn einfach hinter sich her. Sie liefen ein Stück den Feldweg entlang, doch dann blieb der König wieder stehen und drehte sich zu Falco um, der ihnen mit etwas Abstand gefolgt war.
„Hauptmann, habt Ihr mich nicht verstanden oder habt Ihr etwas nicht mitbekommen? Wir brauchen Euch nicht! Ihr habt doch bestimmt besseres zu tun, als uns wie ein Schatten zu folgen! Also fort mit Euch! Schießt ein paar Hasen, für heute Abend“, rief Henry lachend zurück und winkte ihn lässig fort. Falco seufzte zwar schwer, doch schließlich drehte er tatsächlich um und Henry schlenderte zufrieden mit Amanoue an seiner Hand weiter.
„Ist es nicht schön hier?“, fragte er, als sie schon eine ganze Weile Hand in Hand nebeneinander her gingen. Mittlerweile hatten sie den Rand eines lauschigen Wäldchens erreicht und Henry atmete tief durch. „Mhm! Wie das duftet! Nach, nach, Veilchen! Amanoue?“ Abrupt blieb er stehen und sah besorgt auf Amanoue nieder, der völlig überrumpelt den Kopf zurücknahm. „Liebling, geht es dir gut?“, fragte Henry sofort.
„Ja, `err, äh, wieso?“, gab Amanoue verdutzt zurück und blickte sich auch noch nach allen Seiten befürchtend um.
„Weil es nach Veilchen riecht!“, antwortete Henry alarmiert und schnupperte wieder, sich umsehend. „Ha!“, lachte er plötzlich erleichtert auf und zog ihn ruckartig weiter. „Sieh nur, mein Schatz! Hier haben wir den Übeltäter gefunden!“, rief er vergnügt und bückte sich über eine ganze Wolke der kleinen, blau-violetten Blümchen. Er zupfte eines davon ab und roch daran. „Aaaah“, stöhnte er verzückt und hielt es Amanoue unter die Nase. „Hier, schnupper mal“, sagte er zärtlich und Amanoue roch vorsichtig daran.
„Das, ist eine Veilschen?“, entkam es ihm nicht gerade begeistert und Henry nickte verzückt.
„Ja, mein Kätzchen, das ist ein Veilchen. So wunderbar, duftest du manchmal, aber eben nur, wenn es dir nicht gut geht. Darum, bin ich vorhin so erschrocken“, meinte er, ihm zärtlich über die Wange streichelnd. „Ich dachte, es würde dir nicht gutgehen, verstehst du?“
Amanoue sah ihn noch immer eher skeptisch an. „Mir geht es gut, `err, aber was ist mit Eusch? Geht es Eusch gut?“, fragte er vorsichtig.
Henry zwinkerte irritiert. „Sicher! Ganz hervorragend, warum fragst du?“
„Naja, ähm, Ihr ver`altet Eusch so seltsam, irgendwie anders“, antwortete Amanoue etwas betreten und biss sich auch gleich auf die Unterlippe.
„Seltsam? Wieso?“, kam es überrascht zurück.
„Vergebung, äh, naja, Ihr seid“, Amanoue drehte sich unwohl hin und her, „so nett und gans anders, als sonst“, murmelte er regelrecht beklommen.
„So, bin ich das“, grummelte Henry leise, „naja, also, Kätzchen, ist wohl wahr“, plötzlich nickte er und zog ihn wieder näher an sich heran. „Ja, du hast vollkommen recht, ich war wirklich nicht besonders nett zu dir, jedenfalls eine lange Zeit nicht, aber das möchte ich von nun an ändern! Und, ich möchte mehr Zeit mit dir verbringen. Komm, setzen wir uns ein wenig“, meinte er etwas betroffen wirkend und zog ihn mit sich zu Boden. „Es ist in der Tat schon ewig her, dass ich einfach so, auf einer Wiese saß“, seufzte er wie zu sich selbst und legte sich seufzend zurück.
Amanoue saß neben ihm im weichen Moos und lutschte nachdenklich an seiner Unterlippe. „Warum?“, fragte er plötzlich in die Stille hinein.
„Hm?“, machte Henry und blinzelte zu ihm hoch.
„Warum, riesche isch so? Ist es eine angenehme Duft?“
Henry sah ihn völlig verblüfft an und stützte sich auf seine Ellenbogen. „Ich weiß es nicht und ja, es duftet ganz wundervoll. Findest du nicht?“, fragte er lächelnd, doch Amanoue zuckte nur mit den Schultern. „Was ist denn mit dir? Gefällt es dir hier nicht?“, hakte Henry sogleich stirnrunzelnd nach.
„Doch, `err, es ist sehr schön `ier, aber isch `abe mir eine Veilschen gans anders vorgestellt, irgendwie, nischd so klein und unscheinbar“, antwortete Amanoue seltsam enttäuscht. „Jedsd weiß isch auch, wieso Benny darüber gelacht `at…“
„Liebling“, sagte Henry mitfühlend und zog ihn an sich. „Du darfst dich nicht immer über ihn ärgern! Du weißt doch, dass er nur eifersüchtig ist und wahrscheinlich auch ganz fürchterlich neidisch! Du bist so wunderschön und dein zarter Duft“, wie zur Bestätigung schloss er für einen Moment schwärmerisch die Augen, „übertrifft einfach alles! Ich liebe es, wie du riechst und ganz besonders, wenn du erregt bist! Wenn ich dich rieche, dann ist es geradezu berauschend, ich kann dir gar nicht sagen, wie wundervoll das ist“, versuchte er ihm etwas unbeholfen klar zu machen.
„Isch riesche nischd, wie eine Eber?“
„Was?“ Henry konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und Amanoue setzte sich sofort wieder auf. „Oh Liebling! Hat er das etwa gesagt? Schatz, du duftest wie das beste, wundervollste und wertvollste Parfum der Welt, sinnlich und süß, wie es tausend Blüten nicht vermögen!“, beteuerte Henry ihm und zog ihn erneut in seine Arme.
Amanoue schmiegte sich seufzend an ihn und zuckte leicht die Schultern. „Ja, wie faules Obst“, murrte er leise und Henry lachte schallend.
Er wälzte sich mit ihm herum, so dass Amanoue nun unter ihm lag und er ihn überschwänglich Küssen konnte. Dabei strich er ihm immer wieder das volle Haar zurück. „Ich liebe dich, Amanoue von Cartagena“, sagte er ernst, dann beugte er sich ganz nah an Amanoues Ohr heran. „Und weißt du was“, flüsterte er schmunzelnd, „irgendwie hatte ich schon immer eine Vorliebe für überreifes Obst!“
„Ah!“, machte Amanoue beleidigt und schubste ihn leicht, doch als Henry herzlich auflachte, stahl sich auch auf seine Lippen ein kleines Grinsen.
„Du bist so schön, wenn du lächelst“, entkam es Henry augenblicklich verzückt. „Weißt du das?“
Amanoue schüttelte zart seinen Kopf und sah ihm einen Momentlang direkt in die Augen, bevor er verlegen räuspernd wieder den Blick senkte. „Verseiht `err“, stammelte er leise und biss sich leicht auf die Unterlippe, die heute noch voller und sinnlicher als je zuvor zu sein schien. Seine Wangen erröteten dabei leicht und Henry entkam beim Anblick der langen, schwarzen Wimpern, die wie immer sanft nach oben gebogen waren, ein leises Seufzen. Er hob eine Hand an Amanues Wange und begann mit den Fingerspitzen die Konturen dieses wunderschönen Gesichtes nachzufahren, strich über die sanft gewölbten Augenbrauen, über die zierliche, gerade Nase und nur noch federleicht über den roten, sinnlichen Mund. Amanoue entkam dabei ein leises Stöhnen und er öffnete ganz automatisch leicht seine Lippen, was für Henry einer Einladung gleichzukommen schien. Langsam drangen seine Fingerspitzen in Amanoues Mund ein, berührten sanft die ebenmäßigen, schneeweißen Zähne, schoben sich dazwischen und als er Amanoues Zungenspitze berührte, keuchte der vor Lust verhangen auf. Seine Wangen schienen nun vor Erregung zu glühen und als Henrys Hand sich quälend langsam weiter nach unten über den Hals hinab bewegte, erzitterte er sogar leicht. Henry hielt kurz inne, dann strich er ihm über die Seite hinab, schob sie unter das lose Hemd und fuhr streichelnd wieder nach oben, bis er die kleine harte Brustwarze erreichte und zärtlich umrundete. Wieder stöhnte Amanoue leise unter der zaghaften Berührung auf und Henry konnte nicht länger widerstehen. Eingehüllt von dem lieblichen Duft der unzähligen Veilchen, beugte er sich zu ihm hinab und küsste ihn voller Leidenschaft.
Amanoue versteifte sich im ersten Moment, doch dann erwiderte er den Kuss ebenso wild und begehrend. Er griff in Henrys Haar, wuschelte kurz mit beiden Händen darin herum, bevor er ihn plötzlich hart daran packte. „Nimm misch“, raunte er vor Lust heiser und beide wälzten sich im Gras herum. Amanoue saß nun auf ihm und zerrte voller Ungeduld an Henrys Hemd, bis er es ihm förmlich über den Kopf gerissen hatte. Wieder küssten sie sich wild und ungestüm, doch dann war es plötzlich Henry, der mit einem Male wie versteinert war.
„Schämst du dich nicht“, brüllte jemand in Amanoues Rücken, „du elender Tagedieb und Soldatenstrolch! Dieses arme junge Ding zu verführen! Hier, am helllichten Tag!“, schrie der fremde Mann und ehe Henry überhaupt reagieren konnte, traf ihn eine schallende Ohrfeige.
Amanoue fuhr erschrocken herum, griff blitzschnell zu und packte den Angreifer am Kragen. Mit einem wilden Aufschrei stürzte er sich auf den viel größeren und kräftigen Mann und riss ihn zu Boden. Wie eine Furie kratzte er dem überraschten Mann über das Gesicht und fauchte dabei wie eine Wildkatze, während Henry noch immer ziemlich geschockt aufsprang. Er zerrte Amanoue von dem entsetzt schreienden Mann herunter, griff sich noch schnell sein Hemd und rannte, Amanoue hinter sich herziehend, einfach los. Der Fremde schimpfte und zeterte hinter ihnen her, was für ein liederliches Flittchen und verkommener Strolch sie doch wären, aber Henry rannte immer weiter, Amanoue nicht loslassend, bis sie nichts mehr von der aufgebrachten Stimme hörten. Völlig außer Atem, ließen sie sich lachend fallen und umarmten sich wie zwei übermütige Kinder, die man bei einem gelungenen Streich erwischt hatte. Mittlerweile waren sie mitten im Wald angelangt und verborgen vom dichten Gestrüpp, holten sie japsend Luft. „`at er Eusch sehr wehgetan, `err?“, fragte Amanoue keuchend und beugte sich über Henry, der auf dem Rücken liegend, nun doch fassungslos den Kopf schüttelte.
„Nein, aber, du liebe Zeit“, antwortete er und schnaufte tief durch, „ich glaube, ich bin noch nie in meinem ganzen Leben, so erschrocken! Der Kerl hat mich tatsächlich geschlagen“, japste er ungläubig und hielt sich eine Hand an die brennende Wange. Amanoue blickte mit weit geöffneten Augen auf ihn hinab und plötzlich hoben sich seine Mundwinkel zu einem verstohlenen Grinsen.
„Oh ja“, sagte er nickend und fuhr ihm zart über die gerötete Stelle. Beide sahen sich tief in die Augen, Henry strich ihm eine Haarsträhne hinters Ohr und wie von selbst fanden sich ihre Lippen zu einem sehr zärtlichen Kuss.
„Ich denke, dass bleibt besser unter uns, hm?“, meinte er dann und setzte sich auf. „Und, du liederliches Flittchen, kommst du mit einem verkommenen Strolch wie mir, zurück zum Lager?“, fragte er neckend und Amanoue nickte leicht.
„Ist wohl besser“, antwortete er mit schräg geneigtem Kopf und deutete auf das zerknüllte Hemd. „Das solltest du lieber wieder ansie`en, du Strolsch“, sagte er lächelnd und es klang so liebevoll, dass es Henry spontan die Tränen in die Augen trieb. Nickend wandte er sich ab und zog sich rasch das mit Grasflecken übersäte Hemd über den Kopf. Tief durchschnaufend, auch um sich wieder zu fassen, stand er auf und reichte ihm die rechte Hand.
„Komm“, raunte er noch etwas belegt, Amanoue dabei hochziehend und beide stopften sie sich ihre Hemden wieder in die Hosen. Schmunzelnd machten sie sich auf den Rückweg und dieses Mal ergriff Amanoue, ohne ihn anzusehen, Henrys Hand.
„Wieso denken die eigentlisch immer alle, dass isch eine Mädschen bin“, fragte er nach einer Weile. „Man sieht doch, dass isch eine Junge bin! Isch `abe doch gar keine Brüste, oder sind die alle blind?“, meinte er gereizt, woraufhin sich Henry amüsiert räusperte.
„Zum Glück, hast du keine Brüste“, betonte er und sah ihn schief an. „Und, naja, er hat dich nur von hinten gesehen und mit deinem langen Zopf und deiner zierlichen Figur, wirkst du schon sehr mädchenhaft“, sagte er und grinste achselzuckend. Beide blieben stehen und noch bevor Amanoue etwas erwidern konnte, zog Henry ihn wieder in eine zärtliche Umarmung. „Ich liebe dich, genauso, wie du bist“, flüsterte er ergriffen und Amanoue schluckte verlegen. Ohne zu antworten schälte er sich aus Henrys Arme und so setzten sie schweigend ihren Weg zurück ins Lager fort.
***
Falco marschierte ihnen bereits entgegen, als sie den Feldweg entlangkamen und salutierte schon von weitem. „Gott sei es gedankt!“, rief er erleichtert aus, „Eure Majestät! Wir haben uns schon die größten Sorgen gemacht!“
Henry sah ihn schief an und spazierte einfach an ihm vorbei. „Hauptmann, was könnte mir hier schon geschehen? Wir sind mitten in Austrien, also regt Euch ab“, meinte er nur, Falco machte auf dem Tritt kehrt und hatte ihn mit wenigen Schritten wieder eingeholt.
„Eure Majestät, verzeiht mir, sind zu leichtsinnig! Es könnten Strauchdiebe im Dickicht lauern und Euch überfallen! Und außerdem, war ein völlig außer sich geratener Mann hier, ein Forstaufseher dieser Grafschaft, und der hat sich über einen unserer Soldaten beschwert, der es angeblich mit irgend so einem Zigeunerflittchen am Waldrand getrieben haben soll! Na den, wenn ich erwische“, schimpfte er empört, „der wird seine Strafe bekommen, das garantiere ich Eurer Majestät! So etwas, dulde ich nicht, bei den königlichen Trup…pen“, ereiferte er sich weiter, doch dann sah er sie dermaßen entsetzt an, dass beide zwangsläufig verlegen grinsten. Noch immer hielten sie sich an den Händen und Falco ließ seinen Blick über sie schweifen. Über Henrys zerwühltes Haar, ihre mit Grasflecken übersäten Hemden und zuletzt über ihre verschwitzten Gesichter. „Eu- Eure, Majestät“, war alles, was er noch herausbekam, bevor er sich erschrocken eine Hand vor den Mund schlug.
„Hauptmann?“ Henry hob fragend die Augenbrauen, „ich weiß nicht, was Ihr meint, aber ich kann Euch beruhigen, was die Tugendhaftigkeit der Truppen angeht, es handelte sich ganz gewiss nicht um einen von Euren Soldaten“, meinte er, verlegen zu Boden sehend. Zwangsläufig stahl sich erneut ein Grinsen in sein Gesicht und irgendwie kam er sich so vor, wie ein Kind, das man beim Stehlen in Nachbars Garten erwischt hatte.
„Eure Majestät, ich, oh ich, bitte vergebt mir meinen harschen Tonfall, von vorhin“, stotterte Falco hilflos herum und verzweifelt die Hände hebend, bevor er sich tief verbeugte.
„Ist schon gut, Hauptmann“, beruhigte ihn Henry schmunzelnd. „Ihr konntet es ja nicht ahnen und ich finde es sehr lobenswert, dass Ihr bei meiner Garde für Zucht und Ordnung sorgt. Tja, welche Strafe hattet Ihr denn für so einen Strolch vorgesehen?“, fragte er höchst amüsiert, was Amanoue ein leises Kichern entlockte.
„Eure Majestät, ich bitte nochmals untertänigst um Vergebung, wenn ich gewusst hätte, dass Ihr… Oh Gott!“ Falco wandte sich kurz entsetzt ab und sah dann seinen König regelrecht flehend an. „Das ist es, was ich meinte, Eure Majestät, als ich Euch warnte, allein spazieren zu gehen. Was für ein Leichtsinn! Wenn man Euch nun, etwas angetan hätte!“, ereiferte er sich erneut.
„Seid unbesorgt, Hauptmann, der gute Mann, hat mir zwar eine geknallt, dass mir jetzt noch das Ohr dröhnt, aber ich hatte einen hervorragenden Leibwächter dabei“, grinste Henry ihn an und blickte zärtlich auf Amanoue hinab. „Mein Kätzchen war doch bei mir und hat sich auf den dreisten Kerl gestürzt, wie ein Löwe! Seid versichert, diese Begegnung wird der Arme sicher nicht so schnell vergessen“, meinte er achselzuckend und Falco entkam unwillkürlich ein Schnauben.
„Das war nicht zu übersehen, sein Gesicht war völlig zerkratzt“, raunte er, Amanoue einen vorwurfsvollen Blick zuwerfend, woraufhin der unschuldig die Schultern hob und sich leise räusperte. Doch als er sah, dass Falco sich ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte, grinste er breit.
„Dem, `abe isch es geseigt!“, sagte er mit einem stolzen Nicken und Henry lachte kurz auf.
„Oh ja, mein Kätzchen! Und ehrlich, wenn ich jetzt darüber nachdenke, bin ich nun doch fassungslos“, sagte er dazu und wirkte wirklich so. „Du hast den Kerl tatsächlich umgerissen! Und ich bin mir fast sicher, dass er nicht die geringste Chance gehabt hätte, wenn du ein Messer gehabt hättest!“ Zwangsläufig schüttelte er sich bei dem Gedanken daran, auch weil er nun wieder das Bild vor Augen hatte, wie Amanoue sich einst auf Prinz Baijan gestürzt hatte, um dem die Kehle durchzuschneiden.
„Wisst Ihr nischd mehr, was isch Eusch versprochen `abe, `err?“, erwiderte der völlig ruhig und gelassen, „dass isch jeden töten würde, der Eusch etwas antun möschte?“, meinte er so ernstgemeint, dass sich Henry wieder unbehaglich schüttelte.
„Überlass das lieber meinen Wachen, ja? Du bist mir lieber, wenn du mein sanftes Kätzchen bist und kein wilder Löwe“, entgegnete er schluckend, doch dann strich er ihm sehr liebevoll über die Wange. „Danke, trotzdem“, raunte er zärtlich auf Amanoue hinab und der quittierte es mit seinem unwiderstehlich süßen Lächeln.
Falco unterbrach ihr Süßholzraspeln mit einem verhaltenen Räuspern. „Der Mann hat Eure Majestät tatsächlich geschlagen?“, fragte er, jetzt wieder voll der besorgte Hauptmann und sein König wandte sich ihm wieder nickend zu.
„Er stand auf einem Male wie aus dem Nichts vor uns und ehe ich mich versah, hatte er auch schon zugeschlagen! Aber sicher nur mit den besten Absichten, dieses arme Ding davor zu bewahren, der Sünde zu verfallen“, meinte er grinsend. Dabei strich er Amanoue erneut sehr zärtlich über die Wange, was Falco jedoch ignorierte.
„Soll ich einen Trupp Soldaten hinter ihm herschicken und ihn gefangen nehmen lassen, Eure Majestät?“, fragte er energisch.
„Gott bewahre!“, rief Henry daraufhin erschrocken, „bloß nicht! Es ist doch nichts Ernstliches passiert und eine Ohrfeige kann selbst ich verkraften! Für den guten Mann waren wir nichts weiter, als ein einfacher, nun ja, geiler Soldat und ein unzüchtiges Weibsbild und es ist wahrlich besser, wenn das auch so bleibt! Oder wie wollt Ihr eine Gefangennahme erklären?“, hielt er seinem Hauptmann vor, während Amanoue sich äußerst empört räusperte und mit in die Hüfte gestemmten Händen zu ihm aufsah. Henry konnte nun wirklich nicht mehr an sich halten und zog ihn herzlich lachend in seine Arme. „Oh Kätzchen! So war das doch nicht gemeint“, sagte er entschuldigend und drückte ihn fest an sich.
Dieses Mal konnte Falco nicht mehr darüber hinwegsehen und er schloss angesichts ihrer unübersehbaren Vertrautheit verbittert die Augen, als Amanoue auch noch seine Hände äußerst gefühlvoll über Henrys Brust gleiten ließ und sie auf dessen Schultern legte. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte etwas in Henrys Ohr, woraufhin der geradezu lüstern nickte. „Ja, mein Kätzchen, ich bin genauso hungrig, komm, lass uns mal nachsehen, wie weit sie mit dem Abendessen schon sind und ich verspreche dir, dass wir heute Abend nur zu zweit speisen werden“, raunte er zurück, als Amanoue ihn auch schon ungeduldig mit sich ziehen wollte.
„Isch bin noch auf etwas gans anderes `ungrisch“, hauchte er leise und seine Augen blitzten dabei derart wollüstig auf, dass Henry ihn spontan und alle Vorsicht außer Acht lassend, wieder an sich zog und zärtlich küsste.
Der Stich, der Falco nun ins Herz fuhr, ließ ihn beinahe wanken und er schloss erneut tief durchatmend die Augen, um sich zusammen zu nehmen. Am liebsten hätte er die beiden auseinandergerissen und zwar wortwörtlich, doch dann räusperte er sich laut und warnend. „Eure Majestät!“, sagte er fast barsch und Henry blickte verlegen auf.
„Ist ja gut, Hauptmann“, gab er beschwichtigend zurück, „ich werde versuchen, mich noch ein wenig zusammen zu reißen“, sagte er schmunzelnd, Amanoue loslassend und der trat artig einen Schritt zurück. „Komm, mein Kätzchen, lass uns jetzt wirklich besser zum Zelt gehen“, raunte Henry augenzwinkernd und sah sich suchend um. „Äh, wo?“, fragte er ratlos zu seinem Hauptmann hin.
„Das Zelt Eurer Majestät steht etwas weiter oberhalb der Straße! Wir wollten es nicht mitten im Acker aufstellen“, antwortete Falco geradezu zynisch, was Henry verdutzt die Augenbrauen heben ließ.
„Ja, sicher, gut gemacht! Hauptmann, äh ja“, erwiderte er und ging auch gleich in die ihm angezeigte Richtung los. Falco marschierte neben ihm her, während ihnen Amanoue in angemessenem Abstand folgte und als der König endlich sein Zelt erblickte, blieb er nochmals stehen.
„Doch kein so guter Lagerplatz“, brummte er, sich am Hinterkopf kratzend. Das große Zelt stand halb auf der Straße. „Na hoffentlich kommt kein Fuhrwerk, denn dann fährt es mir glatt durch mein Vorzelt“, murmelte er weiter, was Falco nun doch leicht hämisch grinsen ließ.
„Keine Angst, Eure Majestät, ich habe selbstverständlich die Straße in beide Richtungen großräumig absperren lassen und genügend Wachen aufgestellt, da kommt keine Maus mehr durch“, antwortete er dennoch.
„Tja, Hauptmann, so ist es eben, wenn man einem Heiler, den Lagerplatz aussuchen lässt“, meinte Henry nur seufzend und beide lächelten sich an. „Danke, Hauptmann Falco, ich brauche Euch heute sicher nicht mehr und wünsche Euch eine geruhsame Nacht“, verabschiedete er ihn dann höflich aber bestimmt, als sie vor dem Zelt angelangt waren und ohne noch weiter auf seinen Hauptmann zu achten, trat er ohne Umschweife ein. Amanoue stahl sich schnell an Falco, der es sich trotzdem nicht nehmen ließ, seinem König noch hinterher zu salutieren, vorbei und blieb erst einmal wie gewohnt am Eingang stehen.
Henry ließ sich erleichtert aufstöhnend auf seinen Thron fallen und lächelte zu ihm hin. „Komm doch her, mein Kätzchen“, sagte er und streckte ihm seine Hand entgegen.
Amanoue ging wiegenden Schrittes auf ihn zu, setzte sich rittlings auf seinen Schoß und legte ihm beide Hände auf die Brust. „Es war sehr schön, mit Eusch, `eute“, sagte er schüchtern und sah ihn kurz dabei an. Ein sanftes Lächeln umspielte seine lieblichen Lippen, dann senkte er wieder den Blick. „Isch, äh“, er blickte verlegen zur Seite, während seine Hände vorsichtig höher glitten und auf Henrys breite Schultern zum Liegen kamen. „Isch danke Eusch, für die schöne Tag, `err“, hauchte er etwas kratzig und musste prompt schlucken. „Ja, ähm, also, Ihr ward so anders, `eute“, stammelte er weiter und wagte es erneut, Henry kurz anzusehen. „Isch glaube, isch `abe misch Eusch noch nie so nahe gefühlt, wie `eute, `err, dass wollte isch Eusch nur sagen“, flüsterte er fast nur noch und Henry schloss ihn fest an sich drückend, in die Arme.
„Du weißt nicht, was mir das bedeutet“, raunte er erstickt und fast wieder den Tränen nahe. „Ich liebe dich so sehr, Amanoue, dass es manchmal schon wehtut und du ahnst gar nicht, wie glücklich du mich damit machst“, konnte Henry nun nur noch vor Rührung flüstern und als Amanoue sich tief seufzend an ihn schmiegte, musste er sich wirklich stark zusammenreißen, um nicht doch noch laut los zu schluchzen.
Eine ganze Weile, saßen sie so da, mit geschlossenen Augen und Henry genoss es einfach nur, Amanoues Nähe zu spüren. Sebastian trat langsam an sie heran und erst sein leises Räuspern ließ ihn wieder die Augen öffnen. „Eure Majestät, darf ich stören?“, fragte der Diener vorsichtig und Henry blinzelte ihn an. „Soll ich das Abendmahl auftragen lassen?“
Henry nickte leicht. „Was gibt es denn?“, fragte er leise zurück.
„Die Soldaten haben ein Schwein am Spieß gebraten und Brac lässt fragen, ob Eure Majestät vielleicht ein schönes Stück Braten davon abhaben möchten? Außerdem, habe ich noch ein paar gebratene Hühner, für Eure Majestät zubereiten lassen“, antwortete Sebastian ebenso leise, allerdings fiel sein Blick dabei auf Amanoue, der sich noch immer nicht rührte.
„Wo bekommt Brac nur immer wieder sowas her?“, murmelte Henry kopfschüttelnd und nickte gleich darauf. „Sag ihm meinen Dank und dass ich das Angebot sehr gerne annehme! Lass die Hühner doch für Amanoue auftragen, ja? Und Sebastian, haben wir irgendwelche Süßigkeiten?“
„Eure Majestät?“, kam es äußerst überrascht von Sebastian zurück und Henry deutete vorsichtig auf Amanoue, der an seiner Brust lehnte. Der Diener verzog verlegen sein Gesicht und schüttelte bedauernd sein ergrautes Haupt. „Ich fürchte, außer Honig, leider nein, Eure Majestät. Schläft er?“
„Liebling? Hallo, mein Kätzchen, schläfst du?“ Henry strich Amanoue zärtlich über den Rücken, doch der schnaufte nur tief durch, änderte etwas seinen Sitz und schmiegte sein Gesicht in Henrys Halsbeuge. „Ähm, Kätzchen, aufwachen mein kleiner Schatz“, flüsterte er sanft, „es gibt gleich was Feines zu essen.“
„Mh“, machte Amanoue nur und rekelte sich wieder. Dadurch rutschte er höher und schmiegte sich nun so eng an Henry, dass er jetzt direkt auf dessen bestes Stück saß, was Henry kurz erstarren ließ. Allein der Druck darauf, reichte aus um ihn hart werden zu lassen und er spürte, wie ihn eine heiße Welle der Erregung durchflutete.
„Schätzchen“, keuchte er fast, „bitte, wach auf!“
„Soll ich ihn von Eurer Majestät herunternehmen?“, fragte Sebastian gutgemeint und streckte schon beide Hände nach ihnen aus.
„Nein!“, schrie Henry ihn beinahe an, „ähm, nein, es geht schon, er ist ja nicht schwer“, wiederholte er dann nochmals und wesentlich sanfter. „Lass doch schonmal den Tisch decken, ich werde ihn schon wachbekommen“, meinte er lächelnd zu seinem verdutzten Leibdiener und winkte ihn fort. „Schatz?“
„Mh?“
„Aufwachen! Komm schon, mach die Augen auf! So müde, kannst du doch nicht sein!“
„Mh!“, schnurrte Amanoue und rutschte auf ihm hin und her, um erneut seine Position zu ändern.
„Amanoue!“, sagte Henry laut und ziemlich energisch, doch der hing weiterhin wie ein nasser Sack auf ihm drauf.
„Das gibt’s doch nicht!“, brummte Henry enttäuscht, rutschte zur Stuhlkante vor und stand auf. Amanoue hielt sich scheinbar instinktiv an seinem Nacken fest und umklammerte wie ein Kleinkind mit seinen Beinen Henrys Hüfte, als der ihn seufzend zum Bett hinübertrug. „So viel, zu unserem gemeinsamen Essen“, murrte er und legte ihn sachte darauf. Doch kaum, dass er sich wieder aufrichten wollte, packte Amanoue ihn am Kragen und zog ihn ruckartig auf sich. Dabei lachte er so herzlich und hellwach, dass Henry ihn im ersten Moment nur sprachlos anstarrten konnte.
„Du Biest“, entkam es ihm dann, was Amanoue mit einem Funkeln in seinen grünen Pantheraugen quittierte. Henry legt sich auf ihn und küsste ihn immer wieder, als ob er ihn am liebsten auffressen wollte und auch Amanoue schien nicht genug von ihm zu bekommen. Beinahe knurrend riss er an Henrys Kleidung und erwiderte jede von dessen Zärtlichkeiten voller Leidenschaft. Gerade als Henry sich aufsetzte, um sich nun selbst von seinem Hemd zu befreien, erscholl Bracs kräftige Stimme vor dem Zelt und er hielt abrupt inne, während Amanoues Finger weiterhin ungeduldig an der Schnürung seiner Hose herum nestelten.
„Was ist?“, keuchte er verlangend, doch Henry richtete sich auf und befreite sich aus Amanoues Griff, indem er dessen Hände festhielt.
„Ich glaube, wir müssen noch ein wenig warten, da kommt wohl unser Abendessen“, antwortete er und stieg auch schon von ihm runter.
„Ich will jetzt nichts essen, komm, machen wir weiter“, drängte Amanoue dennoch und langte wieder nach ihm, doch Henry entzog sich ihm erneut.
„Gleich, mein Kätzchen, hab ein wenig Geduld“, raunte er zurück und stand auf. Er richtete so gut es ging seine Kleidung und strich sich schnell noch das wirre Haar einigermaßen glatt, als bereits die Zeltklappe aufschwang und Sebastian eintrat. Der Diener trug ein Tablett mit mehreren gebratenen Hühnern, die er auf dem Tisch abstellte und hinter ihm stampfte der riesige Soldat herein.
„Guten Abend, Eure Majestät“, dröhnte es von dem herüber, dass das ganze Zelt zu wackeln schien. Er trug ebenfalls eine gewaltige Platte, auf der ein halbes Schwein portioniert lag, was ihm allerdings keine Mühe bereitete. „Vorsicht!“, rief er laut und vergnügt, „heiß und fettig! Halt genauso, wie ein richtiger Schweinebraten sein sollte!“, meinte er lachend und wuchtete den Fleischberg in die Mitte des Tisches. „Ich komme doch nicht ungelegen?“, fragte er dann stutzend, als er Henrys etwas verwirrte Miene erkannte.
„Äh, naja, also, ist vielleicht ein wenig viel…“, kam es von dem zurück, doch der Riese winkte gleich ab.
„Nee, Majestät, das schaffen wir schon! Ich bin nicht allein, die Jungs stehen draußen und wären bereit uns tatkräftig dabei zu unterstützen! Sie haben mir geholfen, den Braten rüber zu schleppen und das Bier…“
„Birr?“, rief Amanoue sofort äußerst erfreut, sprang mit einem Satz aus dem Bett und stürzte regelrecht zum Tisch. „Mmm! Wie das riescht“, gurrte er schnuppernd, während Henry völlig verdutzt dastand und regelrecht fassungslos wirkte.
„Ja, Kleiner! Sowas Leckeres kriegst du in ganz Austrien nicht!“, antwortete Brac und schlug ihm lachend auf die Schulter. „Ein ordentliches Stück Fleisch und einen Krug frisches Bier, mehr braucht es nicht, um zu feiern! Hab ich recht?“
Amanoue nickte begeistert dazu und wandte sich freudestrahlend zu Henry um. „Oh `enry! `ast du ge`ört? Sie `aben Birr mitgebracht! Ja! Lass uns feiern!“, rief er vollkommen aus dem Häuschen, wobei er Henry dermaßen anstrahlte, dass der nur noch seufzend nicken konnte. Mit einem gequälten Lächeln nahm er seine Tunika, zog sie über und schlurfte hinüber zu seinem Reisethron. „Na los, `ol sie rein“, drängte Amanoue weiter zu Brac hinauf, rannte dann allerdings selbst zum Eingang und winkte die Meute herein, die auch gleich lautstark hereinpolterte. Matto und Alecto hatten ein Fass Bier zwischen sich, Bernard trug ein Tablett mit frischem Brot, Luc hielt mehrere Krüge in seinen Händen, Finn eine Platte mit verschiedenen Kuchen und den Schluss bildete Benny, der eine Laute bei sich hatte.
Henry betrachtete sie reihum, wobei er etwas unglücklich wirkte und ließ sich leise seufzend auf seinen Thron fallen. „Tja, das wars dann wohl, mit dem romantischen Abend zu zweit“, murmelte er gequält und Brac sah ihn verdutzt an.
„Wie meinen Eure Majestät?“, fragte er lächelnd, doch der König schüttelte nur mit einer fahrigen Handbewegung den Kopf. „Ja, also, wir hoffen, Ihr verzeiht uns den kleinen Überfall, aber wir dachten, da heute ja der achte April ist und…“
Henry blickte müde auf. „Ach! Und?“, fragte er nicht gerade interessiert nach und Benny schob sich schüchtern nach vorne.
„Eure Majestät müssen mir vergeben“, flötete er mit einem verzückten Augenaufschlag, „es war eigentlich meine Idee. Heute ist doch mein achtzehnter Geburtstag und da Ihr mir noch vor kurzem gesagt habt, dass Ihr Euch freuen würdet, den mit mir zu feiern, dachte ich, wenn es nicht zu vermessen ist, dass Eure Majestät vielleicht deswegen schon so früh das Lager hat errichten lassen?“, kam es weiter so honigsüß über seine Lippen, dass Henry nur erneut aufseufzte und leicht nickte.
„Ach ja?“, erwiderte er jedoch eher nachdenklich und Brac grinste ihn an.
„Naja, eigentlich haben wir ihn dazu überredet! Der Zwerg hier hatte zwar die Idee, aber nicht den richtigen Mumm dazu Euch zu fragen! So `n Quatsch, hm? Dabei wärt Ihr doch der Letzte, der dazu nein sagen würde!“, meinte der große Mann gutgläubig.
„Ja, ähm, also, ach ja?“, sagte Henry nicht gerade überzeugt dazu und blickte verwirrt hinter den Tisch. „Ich denke, uns fehlen noch einige Sitzgelegenheiten“, meinte er und hob seine Augenbrauen.
„Da haben wir schon mitgedacht, Eure Majestät! Die ham wir schon mitgebracht, keine Sorge und das sind ja auch noch nicht alle! Draußen wartet noch der Rest von meinen Jungs, hab ja Zuwachs bekommen, wie Ihr sicher wisst“, meinte Brac nur und stieß einen lauten Pfiff aus. Sofort teilte sich wieder der Zelteingang und die restlichen vier Gardisten kamen herein, wobei sie zwei Bänke mit sich trugen. „Darf ich vorstellen, das sind Lucius und Marcus und die zwei Figuren hier sind Frowin und Amadeus“, stellte Brac die Neuen lautstark vor und Henrys Augenbrauen wanderten immer weiter gen Haaransatz. „Was`n los? Geht’s Euch nicht gut?“, fragte Brac sogleich, doch dann wandte er sich einfach wieder an seine Männer. „Na los, worauf wartet ihr noch? Tja, wird wohl doch `n bissel eng werden“, er kratzte sich kurz am Hinterkopf, „die Bänke am besten gleich hier vorne, vor den Tisch, nee, besser eine davor und eine dahinter und ihr stellt das Fass, ja, wohin? Ah!“, machte Brac, drehte sich kurzentschlossen um, marschierte zum Waschtisch und holte den Hocker, der dort immer als Kleiderablage diente. „So! Hier drauf“, meinte er grinsend und bedeutete Matto und Alec das Fass dort abzustellen. „Klasse!“, sagte er zufrieden und sah grinsend zu Henry. „Wird vielleicht `n bisschen eng, aber dafür gemütlich! Is`n Jammer, dass wir Euren großen Tisch zurücklassen mussten, hm? Eure Majestät? Naja, wird schon gehen! Also Jungs, nun begrüßt ihn schon endlich“, rief er ohne eine Reaktion abzuwarten und alle salutierten lautstark in Henrys Richtung.
„So, na los, setzt euch, bevor alles kalt wird!“, wies er die Jungs danach an und beobachtete grübelnd, wie die meisten sich nun hinter den Tisch drängten, da hier ja neben der mitgebrachten Bank auch die üblichen Gästestühle standen. „Wenn vielleicht noch zwei, drei, von euch, nach vorne kommen, sitzt ihr da drüben nicht so eng“, meinte er stirnrunzelnd und Benny spurtete sofort los.
Er griff sich einen der schweren Sitzgelegenheiten, schleppte sie auf die andere Seite und stellte den Stuhl direkt neben Henrys, der wie immer, an der kurzen Stirnseite saß. „Eure Majestät, wenn es Euch recht ist?“, flötete er schmachtend und Henry nickte matt. Mit einer recht resignierten Geste bedeutete er auch den anderen sich zu setzen und schließlich fanden alle einen Platz. Amanoue setzte sich allerdings recht zögerlich neben ihn, gegenüber von Benny und warf dem dabei einen seltsam nachdenklichen Blick zu, während Matto und Alecto das Fass anstachen und die gefüllten Krüge verteilten.
„Na dann, Prost“, kam es etwas gequält über Henrys Lippen und er rang sich mühsam ein leichtes Lächeln ab, das von Benny überglücklich quittiert wurde. „Also, auf dein Wohl, Benedicto“, sagte er daraufhin schon etwas gelöster und stieß mit ihm an.
„Auf Benny!“, erwiderten sogleich die Jungs johlend, „auf seine Majestät!“, setzten sie fröhlich hinterher und alle tranken einen langen Zug.
Außer Amanoue. Er hatte nur halbherzig seinen Krug gehoben und eher leise den Trinkspruch mitgesprochen und nippte lediglich an seinem Bier. „`err, darf isch misch noch einmal er`eben und kurs nach draußen ge`en?“, fragte er, zu Henry hin gebeugt und der sah ihn verwundert an.
„Was hast du?“, fragte er verdutzt zurück, als er Amanoues plötzlich tränenfeuchte Augen bemerkte.
„Nischds, `err, isch muss nur noch schnell mal“, antwortete der rasch und eilte auch gleich davon, nachdem Henry leicht nickte.
Draußen, vor dem Zelt, lehnte er sich gegen einen der Stützpfosten und atmete einige Male tief durch, bis er sich wieder einigermaßen gefasst hatte. Doch als er Sebastian auf sich zukommen sah, der ihm instinktiv nachgegangen war, biss er sich geradezu verzweifelt auf die Unterlippe und presste fest seine Augen zusammen, um nicht doch noch los zu heulen. „Was ist denn, Liebes?“, fragte der alte Mann sanft und legte ihm besorgt seine knochige Hand auf die Schulter.
„Nischds“, schluchzte Amanoue nun schon fast.
„Liebes?“, drängte Sebastian besorgt und Amanoue sah ihn tieftraurig an.
„Es ist nur, isch `ätte auch so gerne, eine Feier gemacht, su meine Geburtstag…“, antwortete er bebend, fiel Sebastian um den Hals und schluchzte laut auf.
„Aber Liebes, wieso hast du denn nichts gesagt? Wann war denn dein Geburtstag?“, fragte der überrascht nach, woraufhin Amanoue nur noch gequälter schluchzte.
„An diese Tag, an die misch die `err, auf die Markt mitgenommen, `atte“, stammelte er erstickt, „isch war so glücklisch, an diese Tag und wollte danach noch mit ihm und die Jungs feiern, doch dann“, ein schrecklicher Schluchzer entrang sich seiner Kehle und Sebastian presste ihn nun förmlich an sich.
„Oh mein Gott“, entfuhr es ihm entsetzt, „mein liebes Kind, es tut mir so leid“, flüsterte er bestürzt und ihn tröstend streichelnd. „Warum hast du es ihm nicht gesagt?“
Amanoue trat einen Schritt zurück und sah ihn regelrecht erschrocken an. „Nein!“, abtwortete er kopfschüttelnd. „Nein, niemals, isch kann das nischd, er würde sich nur noch mehr grämen, als ohnehin schon, außerdem `abe isch doch gar keine rescht darauf, als seine Sklave und“, meinte er mit trauriger Miene, zog schniefend die Nase hoch und wischte sich mit dem Ärmel das tränenfeuchte Gesicht ab.
„Ja?“, fragte Sebastian voller Mitgefühl.
„Er `at ja auch noch nie danach gefragt, auch nischd, als sie einmal über die Geburtstage von Falco und Finn geredet `aben. Oder die von Alec und Benny. Isch dachte, er würde misch auch fragen, aber“, Amanoue schüttelte enttäuscht seinen Kopf, „es `atte ihn gar nischd interessiert.“
„Oh mein liebes Kind“, sagte Sebastian und küsste ihm zart die Stirn. „Es hat sich doch so vieles geändert, inzwischen. Du solltest es ihm sagen, hm?“, meinte er, doch Amanoue schüttelte entschieden den Kopf.
„Nein! Und schon gar nischd `eute! Versprisch mir, dass du nischds sagst, Sebastian! Bitte! Isch will nischd ihre gute Stimmung serstören, bitte, sage ihm nischds, ja?“, flehte er inständig.
Sebastian nickte seufzend und sehr mitfühlend. „Wird es denn gehen?“
„Ja, sischer“, gab Amanoue tief durchatmend zurück. „Sieht man es mir an?“
„Ein wenig schon, mein Liebes, deine Augen sind ganz rot“, antwortete Sebastian zweifelnd.
„Macht nischds, isch sage, dass isch Rauch in die Augen bekommen `abe! Außerdem `alte isch doch eh meine Blick vor ihm gesenkt, das wird schon ge`en, `auptsache, er bemerkt es nischd“, erwiderte Amanoue und atmete nochmals tief durch. „Geh wieder `inein, ja? Isch komme gleisch nach“, wies er den alten Mann tapfer lächelnd an. Sebastian nickte nur, strich ihm noch einmal tröstend über den Oberarm und wandte sich ab um wieder ins Zelt zu gehen, aus dem inzwischen fröhliches Gelächter herausdrang.
Der Diener nahm ohne Umschweife seinen Platz hinter Henrys Thron ein und der König blickte argwöhnisch zu ihm hoch. „Wo ist er?“
Sebastian hob lediglich etwas pikiert die Augenbrauen und räusperte sich verhalten.
„Ach so“, meinte Henry nur und drehte sich wieder um.
„Na hoffentlich ist er bald fertig“, rief Brac, der Sebastians Wink auch mitbekommen hatte, „bevor wir alles aufgefressen haben!“, lachte er derb und alle prosteten sich johlend zu.
„Das ist mal wieder typisch“, sagte Benny schnippisch dazu, „das macht er sicher nur, wegen mir! Ist euch nicht aufgefallen, wie sauer er geguckt hat, als er hörte, dass ich heute Geburtstag habe?“
„Benny“, erwiderte Henry vorwurfsvoll, „das ist doch Unsinn!“
„Eure Majestät mögen mir verzeihen, aber es ist so! Der ist nur wieder beleidigt, weil er heute mal nicht im Mittelpunkt steht!“, widersprach Benny so bestimmt, dass Henry gar nicht anders konnte, als schwer zu seufzen. „Dabei gebe ich mir doch alle Mühe, um mit ihm auszukommen, Eure Majestät, wirklich“, setzte Benny noch hinzu. Er sah Henry dabei so erwartungsvoll an, dass der sich nun regelrecht dazu gezwungen fühlte, ihm lächelnd zu zunicken und nochmals mit ihm anzustoßen.
„Du solltest dir deswegen nicht länger den Kopf zerbrechen, nicht heute. Ich wünsche dir jedenfalls alles Gute zu deinem Geburtstag, mein kleiner Knappe“, sagte er freundlich und Benny strahlte übers ganze Gesicht, als Amanoue sich wieder hinter den Thron herumstahl und zögerlich stehenblieb.
„`err“, kam es entschuldigend über seine Lippen und er verbeugte sich demütig.
„Da bist du ja endlich! Wo warst du so lange?“, fragte Henry ihn leicht genervt. „Nun setz dich schon!“
„Isch, ähm“, Amanoue räusperte sich verlegen und mit gesenktem Blick und rutschte schnell auf seinen Platz.
„Ach Eure Majestät, das war noch gar nichts“, rief Brac dazwischen, „wenn er bei uns hinten, einen Platz zum Schei…, äh, Kacken, sucht, dann ist er noch wesentlich länger verschwunden! Er sucht sich immer ein verstecktes Plätzchen, damit ihm auch ja keiner was wegschaut!“, grölte er lachend und die Jungs pflichteten ihm johlend bei.
Amanoue warf ihm einen vernichtenden Blick zu und schüttelte pikiert seinen schönen Kopf. „Brac!“, sagte er sehr vorwurfsvoll und der Riese wuschelte ihm grinsend durch das volle Haar.
„Macht doch nix, Kleiner! Wir sind`s doch schon gewöhnt, auf dich zu warten“, meinte er grinsend und Amanoue zog ihm eine schnippische Grimasse. Er nahm seinen Krug, prostete überheblich in Bracs Richtung und trank einen langen Zug. Dann atmete er tief durch und setzte sein hübsches Lächeln auf, woraufhin Brac ihm lachend auf die Schulter schlug.
„Bist du gar nicht hungrig?“, fragte Henry nun doch schon wesentlich amüsierter. „Hier, versuche `mal, es schmeckt wirklich köstlich!“, meinte er gutgemeint und hielt ihm prompt ein Stückchen seines Schweinebratens hin.
Amanoue schluckte unwillkürlich, öffnete aber vorsichtig seinen Mund und Henry schob das Stück hinein. Amanoue kaute etwas skeptisch darauf herum, doch das Fleisch schmeckte in der Tat köstlich, war saftig und zart und die Kruste war herrlich knusprig. Trotzdem spülte er schnell mit einem großen Schluck Bier nach, während ihn alle regelrecht gespannt ansahen.
„Und?“, fragte Brac schließlich erwartungsvoll, „ist das der beste Schweinebraten, den du je gegessen hast?“
Amanoue nickte lächelnd. „Ja, Brac, wirklisch sehr gut, der allerbeste, escht!“, heuchelte er gekonnt und der Riese grinste zufrieden.
„Dann lang zu, Kleiner, damit was aus dir wird!“, meinte er gutgelaunt und Amanoue nickte erneut.
Allerdings griff er nach dem letzten halben Brathuhn, doch Benny war schneller und schnappte es ihm vor der Nase weg. „Oh, wolltest du das?“, fragte er schleimig und zuckersüß.
Amanoue blinzelte kurz, schüttelte dann aber verneinend den Kopf, als er Henrys fragenden Blick auf sich spürte. „Nein, Benny, lass nur, isch bin eh nischd so `ungrisch“, erwiderte er betont freundlich und versuchte sogar ihn offen anzulächeln, was jedoch sehr gezwungen wirkte. „Alles Gute, su deinem Geburtstag“, hängte er noch dran, was allerdings eher wie ein, erstick dran, rüberkam.
„Oh, danke, nett von dir“, kam es dennoch überaus erstaunt von Benny zurück. Er riss geradezu provozierend die Keule des Hähnchens ab und biss genüsslich hinein, während Henry zwischen den beiden hin und hersah.
„Wenn man zwischen euch beiden sitzt, könnte man glauben, jeden Moment bricht ein Gewitter los, so aufgeladen ist die Luft!“, meinte er kopfschüttelnd, aber auch leicht schmunzelnd. „Hier, mein Schatz, du kannst noch ein Stück von mir haben, das tut dir gut“, sagte er gutgemeint und lud eine fette Scheibe des Bratens auf Amanoues Teller.
Amanoue schloss kurz seine Augen, nickte Henry dann aber dankbar zu und begann umgehend zu essen. Jeden Bissen spülte er mit reichlich Bier nach, was auch bald seine Wirkung zeigte und so grölte er lautstark mit, als Brac nach dem Essen eines seiner nicht ganz jungendfreien Soldatenlieder zum Besten gab.
Henry, der sich mittlerweile mit der Situation abgefunden zu haben schien, lachte lautstark mit, wenn auch oft kopfschüttelnd. „Meine Güte, Brac“, meinte er, als der gerade eine Pause einlegte, „musst du ihm solche, höchst unanständigen Lieder beibringen?“
„Ach Henry, ist doch ein Riesenspaß und es klingt noch viel lustiger, wenn er sie singt, mit seinem niedlichen Akzent. Wir können uns gar nicht daran satthören und eine hübsche Stimme, hat er doch allemal“, antwortete Brac lachend.
„Ja, schon, aber es würde wesentlich hübscher klingen, wenn es auch schöne, anständige Lieder wären! Kannst du ihm nicht ein paar hoffähige Minnelieder beibringen?“, bat der König dennoch.
„Minnelieder? Ach du liebe Zeit! Die kann ich schon längst nich mehr! Sowas, hab ich zuletzt als junger Knappe gesungen, wenn ich eine hübsche Maid beeindrucken und flachlegen wollte!“, erwiderte Brac abwinkend, was ihm wieder einen tadelnden Blick einbrachte.
„Also, ich, könnte welche“, mischte sich Benny nun ein, „wenn Eure Majestät es wünschen? Früher durfte ich oft, für Eure Majestät singen, wisst Ihr noch? Wenn Ihr erlaubt, würde ich gerne eines Eurer Lieblingslieder zum Besten geben?“, fragte er zuckersüß lächelnd.
„Ja, Benny, ich kann mich sehr wohl daran erinnern und du hast immer schön gesungen. Ich würde mich sogar sehr darüber freuen“, antwortete Henry lächelnd, was Benny geschmeichelt kichern ließ. Er klimperte dabei regelrecht mit seinen hellen, beinahe durchsichtig erscheinenden Wimpern und Amanoue sah ihn verdutzt an.
„Du kannst singen?“, fragte er leicht lallend und stopfte sich einen großen Bissen Kuchen in den Mund. „Wusschte isch gar nischd“, nuschelte er mit vollem Mund, was ihm einen vorwurfsvoll-kritischen Blick von Henry einbrachte.
„Ja, schon!“, gab Benny überaus schnippisch zurück, „jedenfalls besser, als sich dein `Gesang´, oder wie du das nennst, anhört!“
Amanoue lehnte sich lässig zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann lass doch mal hören!“, schnappte er überheblich zurück.
Henry seufzte nur wieder und lächelte Benny beschwichtigend zu. „Ja, Benny, singe doch ein hübsches Lied für uns“, versuchte er freundlich die Wogen zu glätten.
Benny lächelte überglücklich zurück, setzte sich zurecht und nahm seine Laute auf den Schoß. Er fing zu spielen an und sang dazu auch mit einer wirklich hübschen, hellen Stimme. Es war ein eher ruhiges Liebeslied, das von einem jungen Knappen handelte, der zum ersten Male zu Felde zog und seiner Angebeteten zum Abschied seine ewige Liebe und Treue beteuerte. Als das Liedchen zu Ende war, lehnte er sich verzückt zurück und lächelte mit hochroten Wangen schüchtern in Henrys Richtung.
„Das war in der Tat, sehr schön“, schmeichelte der anerkennend und applaudierte erhaben, worin die anderen sogleich lautstark mit einfielen.
„Du `ast wirklisch eine `übsche Stimme“, musste Amanoue nun doch beeindruckt zugeben und ehrlich nickend. „Wenngleich die Lied auch etwas langweilig war! Trossdem, echt `übsch und die Instrument, klingt auch sehr `übsch, isch wusste gar nischd, dass du eine Instrument spielen kannst?“
„Das lernt doch jeder Knappe, der bei Hofe lebt und einmal ein Ritter werden will! Aber das kannst du ja nicht wissen“, gab Benny überheblich zurück. „Ich“, er betonte es spitz, „spiele und singe schon, seit meiner frühesten Kindheit! Zu einer ritterlichen Ausbildung gehört eben mehr, als nur zu kämpfen! Auch das höfische Zeremoniell, wie tanzen und ein tadelloses Benehmen, gehören dazu, was du ja nicht gerade besitzt!“
Amanoue lehnte sich wieder nach vorn. „Isch kann auch singen!“, giftete er zurück, „und benehmen, kann isch misch auch! Und tansen!“
„Singen? Du?“, spöttelte Benny nasal, „du nennst dieses Gegröle von vorhin, singen? Das ich nicht lache“, winkte er ab. Wie zur Bestätigung lachte er gekünstelt auf und Henry fiel tatsächlich mit ein.
„Also nu mal ganz langsam!“, warf Brac ein, „das kannst du doch nicht vergleichen! Das war ja vorhin nur so zum Spaß und ich muss jetzt schon mal sagen, dass Manou eine ganz wundervolle Stimme hat und singen kann, wie ein Engel! Natürlich, wenn es das richtige Lied ist, da gebe ich seiner Majestät schon recht und ich bin der Meinung, dass er mindestens so schön singt, wie du!“
„Ach ja?“, keifte Benny über den Tisch, „dann soll er doch singen! Bin gespannt, was für schweinische Lieder du ihm noch beigebracht hast!“
Henry nahm völlig verdutzt den Kopf zurück und hob einhaltgebietend die Hände. „Ich denke, davon haben wir schon reichlich genug gehört, heute Abend“, versuchte er abzuwiegeln. „Spiel uns doch noch lieber etwas Heiteres auf deiner Laute, ja? Bevor hier die Wogen noch höherschlagen“, meinte er betont flapsig, was allerdings nicht die erhoffte Wirkung zu haben schien. Er lächelte dabei auch noch Benny aufmunternd an und der strahlte wieder wie ein Honigkuchenpferd, was Brac empört auf schnauben ließ.
„Tut mir leid, Henry, aber ich verstehe dich nicht! Jetzt sag halt auch mal was und wiegle nicht immer nur ab! Hast du vergessen, wie wunderschön Amanoue vor den tiranischen Prinzen gesungen hat? Also ganz ehrlich, ich habe noch nie, etwas Schöneres gehört! Nicht mal, in der Kirche! Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich daran denke!“, sagte er regelrecht ergriffen. Er fuhr sich dabei über seinen muskulösen Unterarm und seine Jungs nickten bestätigend dazu.
„So schrecklich, war es?“, kicherte Benny hämisch und Brac fuhr zu ihm herum.
„Nein, weil es so ergreifend war, obwohl ich nicht mal den Text verstanden habe! Stell dir vor, du Giftzwerg!“, antwortete er energisch, wobei Amanoue dankbar lächelnd über den Tisch langte und ihm beschwichtigend die Hand auf den Arm legte.
Jetzt lehnte sich Henry zurück. „Ich denke, das reicht jetzt! Aber ganz ehrlich? Also bitte, Brac, du willst diese tiranische Katzenmusik doch nicht ernsthaft, mit unserer Musik vergleichen?! Gut, Amanoue hat eine recht schöne Stimme, aber die würde sicher viel besser zur Geltung kommen, wenn er ein austrisches Lied singen würde und nicht dieses Katzengejammer!“
„Kassengejammer?!“ Amanoue sprang empört auf und funkelte ihn wütend an, doch Henry sah ihn recht gelassen an.
„Setz dich wieder“, sagte er noch ruhig.
Amanoue zwinkerte zwar einige Male unsicher, blieb aber mit trotziger Miene stehen. „Wenn die `err es erlaubt, sie`e isch misch lieber surück, dann könntet Ihr Bennys Gesang ungetrübt weiter lauschen und außerdem könnte isch dann schon mal Eure Bett vorwärmen“, erwiderte er schnippisch.
Henry bis sich zornig auf die Unterlippe und schnaufte tief durch. Er hob kurz warnend seine rechte Hand, senkte sie dann aber wieder und legte seine Fingerspitzen aneinander. „Du sollst dich setzen! Augenblicklich! Und nun ist Schluss, mit diesem Gezeter!“, raunte er gefährlich ruhig, während Amanoue ihn weiterhin herausfordernd ansah.
„He“, machte Matto leise, sanft aber bestimmt an Amanoues Hemdsärmel ziehend und dieser setzte sich tatsächlich, wenn auch nur zögernd. Tief durchschnaufend ergriff er seinen Krug, trank den auf einen Zug leer und knallte ihn zurück auf den Tisch.
Alle, außer Henry und Benny, blickten recht betreten zu ihm hin, während Benny übertrieben schockiert und empört den Kopf schüttelnd, zu ihm rüber sah. Der König zwang sich weiterhin zur Ruhe und wandte sich halb zu ihm um. „Bitte, Benny, wenn du so nett wärst und uns etwas Fröhliches spielen würdest, damit wir uns wieder etwas entspannen könnten? Bist du so lieb?“, fragte er liebenswürdig und so ruhig wie möglich.
„Wenn Eure Majestät es wünschen, sehr gerne“, säuselte Benny zurück und setzte sich schon in Position.
Da erhob sich plötzlich Alecto, trat um den Tisch herum und streckte seine Hand aus. „Entschuldige, Benny, aber wenn du erlaubst? Würdest du mir das Ding mal borgen?“
Alle Blicke ruhten nun auf ihm, mehr oder weniger angespannt und Matto entkam sogar ein ziemlich besorgter Seufzer, als er Alectos unergründliche Miene sah. Benny blickte überaus überrascht auf und sah dann fragend zu Henry hin, der ebenfalls teils erstaunt und teils befürchtend wirkte.
„Wenn Eure Majestät erlauben?“, richtete Alecto nun das Wort an ihn und verbeugte sich mit vollendeter Grazie, was Henry nur noch mehr zu überraschen schien.
„Ihr könnt spielen?“, fragte er vorsichtig.
„Ja, Eure Majestät und sogar nicht einmal schlecht und meine stimmliche Ausbildung kann sich auch hören lassen, obwohl ich kein edler Ritter bin“, antwortete er höflich, aber auch mit einem zynischen Seitenhieb an Benny gerichtet. Der jüngere Mann schluckte zwar, gab ihm aber bereitwillig die Laute und Alecto nickte dankend.
Er stellte einen Fuß neben Brac auf die Bank, stimmte die Saiten nach und begann gleich darauf prüfend zu spielen. Völlig perfekt und nach dem Vorspiel fing er mit einer angenehm kräftigen Stimme zu singen an, zuerst sanft rauchig und eher leise, doch dann, beim Refrain, tief und immer lauter werdend. Dabei sah er besonders Henry immer wieder lächelnd an und forderte bald ihn und die anderen dazu auf, ihn beim Refrain zu unterstützen.
Henry lehnte zuerst sanft lächelnd ab, doch als die nächste, wiederkehrende Stelle kam, sang auch er fröhlich mit. Alecto schlenderte dabei hinten an ihm vorbei, wobei Henrys Blick ihn verfolgte und er lehnte sich singend zwischen den König und Amanoue, der als einziger nicht mitsang. Alecto stieß ihn versöhnlich mit der Schulter an, doch Amanoue senkte nur seinen Blick.
Dafür sang Benny umso lauter und immerzu in Henrys Richtung mit, der bald schon auf sein Spiel einging und ihn ebenfalls ansingend, sogar noch einen Arm um ihn legte. An den pikanten Anspielungen des Liedes, zwinkerte er dem jungen Mann schmunzelnd zu und Benny errötete sichtlich. Als das Lied zu Ende war, applaudierten sie alle johlend, auch Amanoue, wenngleich doch recht verhaltener. „Das war in der Tat, sehr gut“, sagte Henry ehrlich begeistert und grinste zu dem Gardisten hoch. „Wo habt Ihr so zu spielen gelernt?“
„Bei uns zu Hause, Eure Majestät“, antwortete Alecto mit einem geschmeichelten Lächeln. „Mein Onkel leitete den Kirchenchor und so blieb mir nichts anderes übrig, als dort zu singen, ebenfalls, seit meiner frühesten Kindheit“, fügte er noch hinzu, dabei Benny einen belustigten Seitenblick zuwerfend.
„Ja, war nicht schlecht, für einen Bauernjungen“, gab der spitz zurück, „allerdings hätte ich eine höhere Stimmlage gewählt!“
„Tja, wenn ich so kleine Eier hätte, wie du, mein kleiner Benny, dann hätte ich das auch gekonnt. Aber vielleicht wachsen sie dir ja noch, wenn du zu einem Mann wirst“, konterte Alecto trocken und alle johlten bestätigend auf. Auch Henry und Amanoue lachten herzlich mit, während Benny so rosarot wie ein neugeborenes Ferkel anlief.
Alecto reichte ihm die Laute über den Tisch und der riss sie ihm fast aus den Händen, was natürlich dazu führte, dass sie wieder grölend auflachten. „Mach dir nix draus“, meinte Brac durchschnaufend, „hast ja noch `n paar Jahre, bis du ein vollendeter Ritter bist“, feixte er und schlug ihm derb auf die Schulter.
„Wieso hast du nicht mitgesungen?“, fragte Alecto, der immer noch zwischen Henry und Amanoue stand, leise zu dem hinab. „Hat dir das Lied nicht gefallen?“
Amanoue sah zu ihm hoch. „Doch, sehr sogar, aber isch wollte es mit meine Kassengejammer nischd kaputt machen und die Ohren meines `erren damit beleidigen“, antwortete er zwar freundlich lächelnd, aber auch etwas schnippisch.
Alecto hob kurz seine Augenbrauen, verbeugte sich knapp in Henrys Richtung und ging wieder zu seinem Platz neben Matto zurück, während Henry, der Amanoues Antwort natürlich gehört hatte, den äußerst genervt ansah. „Das habe ich nie gesagt“, raunte er, den Zeigefinger dabei hebend. „Ich habe stets betont, dass du eine sehr schöne Stimme hast, aber ich mag eben einfach diese barbarische Musik nicht! Sie klingt in meinen Ohren völlig unharmonisch, eben, wie das Gezanke sich streitender Katzen!“
„Ja, es ist ja alles barbarisch, was nischd aus Austrien kommt“, knallte Amanoue ihm an den Kopf. „Isch `asse die Tiraner, aber wenn isch surückdenke, muss isch sagen, dass isch mir `ier sehr oft `äufiger wie unter Barbaren vorkomme, als in Magiyar! Ihr wascht eusch ja nischt einmal rischtig, pudsd eusch nie die Sähne, verrischtet eure Notdurft, wo ihr gerade geht und steht und wischt eusch dann die `ände am Tischtuch ab!“, schrie er nun beinahe und jetzt war es der König, der rot anlief.
Allerdings vor Zorn. „Raus!“, brüllte er, „bevor ich mich vergesse! Wie kannst du es wagen, so mit mir zu sprechen?! Verlasse sofort mein Zelt! Du wirst draußen warten und wage es ja nicht, dich fortzubewegen!“, schrie er Amanoue an, der ziemlich gelassen darauf reagierte.
Er ruckte seinen Stuhl zurück und stand auf. „Danke, `err“, sagte er überfreundlich, „isch wollte misch eh schon längst surücksiehen, miau!“
Henry, der sich mühsam bis jetzt am Tisch festgehalten hatte, um vor Wut nicht überzukochen, fuhr von seinem Stuhl hoch und machte eine drohende Bewegung auf ihn zu. Einen Momentlang stand er mit geballten Fäusten da und beide starrten sich an, doch dann schnaufte er tief durch und setzte sich wieder. Alle anderen waren vor Schreck wie gelähmt sitzen geblieben und keiner wagte es, sich zu rühren. „Raus“, raunte Henry gefährlich leise und Amanoue wandte sich schnippisch um.
Er marschierte um den Tisch herum und ging seelenruhig auf den Ausgang zu. „Wir Barbaren“, sagte er über seine Schulter hinweg, „baden täglisch, oder waschen uns sumindest gründlisch von Kopf bis Fuß, pflegen unsere Sähne und waschen unsere `ände mit Rosenwasser, nachdem wir unsere Notdurft erledigt `aben und wir uns su Tisch begeben!“ Damit stolzierte er hinaus.
Henry lehnte sich wutschnaubend zurück. Alle warfen sich mulmige Blicke zu, bis Brac sich verhalten räusperte. Der König sah ihn drohend an. „Ich warne dich, Brac, wenn jetzt auch nur ein einziger, wohlgemeinter Rat kommt, raste ich aus!“
„Ist gut, Eure Majestät, werde ich nicht“, erwiderte Brac betreten, nahm seinen Krug und trank ihn aus. „Äh, Eure Majestät, wenn ich vielleicht doch anmerken dürfte…“
„Nein!“, herrschte Henry ihn energisch an und der große Mann hob die Augenbrauen. „Dieses Verhalten, ist durch nichts zu entschuldigen! Durch gar nichts! So eine Frechheit!“, regte er sich weiter auf, doch Brac begann zu schmunzeln.
„Naja, irgendwie hat er doch recht“, meinte er achselzuckend. „Wir scheißen, wo wir grad gehen und stehn und richtig gewaschen, hab ich mich auch nicht mehr, seit wir unterwegs sind, geschweige denn, wann ich das letzte Mal ein Bad genommen habe! Ich glaub, das war noch vor der Schlacht, zu Hause in Austra, im Badehaus“, sagte er kleinlaut und Alecto hob einen Zeigefinger.
„Du vergisst das Bad im Fluss“, warf er gelassen ein, „an dem Tag, an dem Manou beinahe abgesoffen wäre.“
„Ach ja, genau! Aber, das ist auch schon etliche Monate her“, sagte Brac daraufhin schulterzuckend.
Henry blickte zwischen beiden hin und her. „Habt ihr ein Glück, dass ich euch beide so sehr schätze, sonst würde ich euch jetzt gleich mit hinauswerfen“, raunte er bissig, woraufhin ihn die beiden mit einem treuen Hundeblick bedachten. „Ihr braucht mich gar nicht so treudoof angucken! Was soll ich also eurer Meinung nach, tun? Ihm das durchgehen lassen?“
„Natürlich nicht! Eure Majestät haben selbstverständlich recht“, warf Benny empört ein, „so eine Unverschämtheit, darf nicht ungestraft bleiben!“
„Oh Benny, lass es!“, erwiderte Brac genervt. „Du bist daran nicht gerade unschuldig! Du hast ihn doch regelrecht provoziert, den ganzen Abend und, Henry bitte entschuldige, du hättest schon mal zu Manou halten können und den Burschen hier zurechtweisen müssen!“, sagte er ärgerlich und nun hob Henry etwas ertappt die Brauen.
„Ja, vielleicht“, brummte er vor sich hin und atmete tief aus, was aber eher wie ein gefrustetes Seufzen klang. „Und trotzdem, er ist zu weit gegangen! Man muss auch mal zurückstecken können! Heute wollten wir Benedictos Geburtstag feiern und so hätte er auch einfach mal kleinbeigeben können!“, meinte er weiter, was Brac die Augen verdrehen ließ.
„Danke vielmals, Eure Majestät“, gurrte Benny zurück, doch Henry ging gar nicht darauf ein. Er blickte weiterhin fragend in die Runde und Alecto räusperte sich leise.
„Wie wäre es, wenn Eure Majestät es mit Humor nehmen“, sagte der ruhige Gardist vorsichtig. „Also uns, wirft er jeden Tag an den Kopf, dass wir stinken! Er lässt sich sogar theatralisch umfallen, wenn wir unsere Stiefel ausziehen, na und, dann lachen wir halt drüber“, meinte er achselzuckend. „Und ehrlich, wenn ich an Finns Füße denke, mein lieber Mann, da könnte es einen schon umhauen, bei dem Gestank und deine Fürze, Brac, sind echt der Hammer“, raunte er, vor dem Gesicht herumwedelnd. Alle lachten, wenn auch verhalten, nur Finn warf ihm einen beleidigten Blick zu.
„Also ich wasche mich auch täglich“, verteidigte sich der König brüskiert und sah zu Sebastian, wie um Unterstützung ersuchend, auf.
„Aber ja, Eure Majestät“, antwortete der fast ein wenig zu schnell. „Eure Majestät stinken nie“, sagte er beipflichtend, doch irgendwie klang es anders, als er es eigentlich wollte und so mussten alle wieder verschmitzt grinsen, selbst Henry.
„Na vielen Dank, auch“, murrte er etwas vorwurfsvoll und mit vor der Brust verschränkten Armen.
Brac roch an sich selbst und verzog die Nase rümpfend, als er seinen eigenen Achselschweiß wahrnahm. „Vielleicht sollten wir uns echt häufiger waschen, aber ehrlich gesagt, manchmal haben wir halt auch keine Gelegenheit dazu, wenn da nicht gerade ein Bach oder See ist, in den wir springen können.“
„Du hast die heiße Quelle vergessen“, mischte sich nun auch Bernard ein, „damit hättest du dann immerhin schon mindestens dreimal gebadet, im letzten Jahr!“
Selbst Henry konnte sich jetzt ein Schmunzeln nicht mehr verkneifen. „Trotzdem, so geht das einfach nicht“, lehnte er mit beiden Händen ab. „Wie stehe ich denn jetzt da? Als Barbarenkönig, einer Horde stinkender Soldaten?“
Alecto lachte als erster, er versuchte sich noch zurück zu halten, doch dann grölte ausgerechnet er, der sonst immer der Stillste war, hemmungslos los. Erst sahen sie ihn verblüfft an, doch als er sich die Nase zuhielt, gab es kein Halten mehr und schließlich lagen sie sich sogar in den Armen oder schlugen mit den Fäusten auf die Tischplatte, vor Lachen.
Nur Sebastian stand kopfschüttelnd hinter Henry und betrachtete sie, wie einen Haufen Verrückter. „Naja“, brüllte Brac, „vielleicht können wir damit ja eine völlig neue Verteidigungsstrategie aufbauen! Wir können die Tiraner einfach mit unserem Gestank in die Flucht schlagen! Finn muss nur die Stiefel ausziehen und sie ihnen entgegenwerfen, das haut die alle um“, japste er und sie lachten dermaßen, dass ihnen die Bäuche wehtaten.
Endlich beruhigten sie sich wieder einigermaßen und als Henry sich keuchend zurücksetzte, beugte sich Sebastian etwas vor. „Eure Majestät, steht er jetzt nicht schon lange genug, da draußen?“, fragte er vorsichtig. „Es ist doch noch ziemlich frisch, bei Nacht…“
„Na und? Wenigstens stinkts da draußen nicht, es sei denn, eine der Wachen hat die Stiefel ausgezogen“, gab der König bissig zurück. „Und heute Nacht, will ich ihn eh nicht mehr sehen! Er soll ruhig wissen, dass er so nicht mit mir reden kann“, murrte er beleidigt. „Verdammt, dabei hatte der Tag so gut angefangen“, seufzte er dann aber und leerte seinen Krug. Alle Blicke ruhten auf ihn und Sebastian stieß ein höchst unzufriedenes Schnauben aus. „Ich werde ihn schon nicht die ganze Nacht dort stehen lassen, Herrgott nochmal!“, zischte Henry nach oben und sah zu Brac hin. „Brac, ich möchte, dass du ihn mit zu dir nimmst! Du schläfst doch allein, in deinem Zelt?“
„Ja, Eure Majestät, wenn Ihr es wünscht? Aber, ist das nicht, ein wenig hart?“, erwiderte der nun wieder sehr ernst.
„Das finde ich nicht! Er soll ruhig erfahren, was es heißt, ein einfacher Soldat zu sein und sich nicht jeden Morgen und Abend mit warmem Wasser waschen zu können“, antwortete Henry bestimmt. „Vielleicht denkt er dann einmal darüber nach, bevor er das nächste Mal wieder vorschnell seinen Mund aufmacht! Aber eigentlich, tut er das sowieso nie! Immer plappert er nur irgendwelchen Unsinn, ohne vorher nachzudenken! Wenn ich mich doch nur, ein einziges Mal, vernünftig mit ihm unterhalten könnte, ohne dass es in einen Streit ausartet“, seufzte er derart genervt und wieder starrten ihn alle an. Dieses Mal allerdings geradezu ungläubig und auch fassungslos, nur Benny nickte verständnisvoll vor sich hin.
„Nun, meine Herren, ich denke, es ist eh schon spät genug. Zeit zum Schlafen, damit wir morgen rechtzeitig weiterkommen! Wir müssten doch bald Colonia erreichen?“, meinte Henry wesentlich freundlicher in die Runde.
„Jawohl, Eure Majestät, Hauptmann Falco meinte, in ein, zwei Tagen schon“, bestätigte Brac lächelnd und alle erhoben sich mit ihm. „Eure Majestät“, verabschiedete er sich respektvoll und seine Jungs salutierten dazu. Bevor sie das Zelt verließen, räumten sie noch den Tisch ab und Sebastian eilte Brac mit einer warmen Decke hinterher.
„Für meinen kleinen Engel“, raunte er und beide blickten sich nochmals zu Henry um, der jedoch noch mit Benny sprach. Der große Soldat nickte verständnisvoll, klemmte sich rasch die Decke unter den Arm und spazierte lässig hinaus.
Draußen warteten sie noch eine Weile auf ihren jüngsten Kameraden, doch Benny folgte ihnen nicht nach. Stattdessen hörten sie ihn wieder singen, ein süßes Liebeslied und Brac kratzte sich etwas verlegen am Hinterkopf. „Tja, Manou“, meinte er und legte dem einen seiner mächtigen Arme um, „dann komm mal mit, heute Nacht schläfst du bei mir und wie es aussieht, wohl Benny in deinem warmen Bett.“
Amanoue grunzte nur schnippisch und zuckte lediglich die Schultern, so als ob es ihm gleich wäre, doch innerlich kochte er vor Wut und Eifersucht.