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2. Zwischen Wahnsinn und Liebe
ОглавлениеDen ganzen nächsten Tag über, war Amanoue ziemlich kleinlaut. Er hatte kaum geschlafen, da er zuerst noch ziemlich durchgefroren gewesen war, bis er sich endlich, eng an Brac gekuschelt, einigermaßen wieder aufgewärmt hatte. Doch dann begann dieser laut zu schnarchen und Amanoue musste sich zudem auch nochmals erleichtern und damit wieder hinaus in die kalte Nachtluft. Schlotternd krabbelte er danach zurück unter seine Decke, doch es dauerte ewig, bis er endlich zur Ruhe kam. Tausend Dinge gingen ihm durch den Kopf und allein der Gedanke daran, dass Benny nun bei Henry lag, raubten ihm jeglichen Schlaf. Erst beim Morgengrauen, war er endlich eingeschlafen, doch Brac hatte ihn schon kurz darauf wieder geweckt.
Mittags rollte er sich gleich nach ihrem spärlichen Mahl zusammen und versuchte so etwas Schlaf nachzuholen, doch Matto und Lucius ärgerten ihn unentwegt. Sie kitzelten ihn mit Grashalmen, die sie ihm ins Ohr steckten und spritzten ihm sogar immer wieder Wasser ins Gesicht, bis ihnen Amanoue schließlich wütend und laut schimpfend hinterherlief. Als sie endlich am Abend ihr Nachtlager aufschlugen, traute er sich nicht zum Zelt des Königs zu gehen, da der ihn wieder nicht zu sich hatte rufen lassen und so verbrachte er wieder eine sehr schlaflose Nacht bei Brac. Folglich war er am nächsten Morgen so restlos erledigt, dass er den sogar darum bat, im Wagen der Diener mitfahren zu dürfen. Völlig übermüdet kroch er in das klobige Gefährt, rollte sich in seiner alten Ecke zusammen und schlief beinahe augenblicklich ein. Sebastian deckte ihn noch fürsorglich zu und seufzte nur kopfschüttelnd, bei seinem mitleiderregenden Anblick.
Da er den ganzen Tag, samt Mittagspause, verschlief, bekam er auch nicht mit, dass der Zug bereits am frühen Nachmittag wieder Halt machte und sie ihr Lager vor den Stadttoren Colonias aufbauten. Bis endlich Kai zu ihm kam und ihn weckte. „He, du Schlafmütze! Aufwachen!“, rief er laut und rüttelte solange an ihm, bis er jammernd die Augen aufschlug und sich aufsetzte.
„Was willst du? Lass mich doch bitte schlafen“, brummte er kläglich und Kai lachte kopfschüttelnd auf.
„Na entschuldige Mal, wir haben schon längst das Lager aufgeschlagen und ich wollte dich nur fragen, ob du nicht Hunger hast!“, antwortete der Diener verständnislos.
„Isch möschte eigentlisch nur schlafen, bitte, lass misch einfach `ier schlafen, noch eine Nacht bei Brac, `alte isch nischd durch“, jammerte Amanoue und sah ihn flehend an.
Kai hob beide Augenbrauen und grinste auf ihn hinab. „Echt? Dabei könntest du heute Nacht auch im Zelt pennen“, meinte er achselzuckend. „Seine Majestät ist nicht da! Der schläft heute Nacht in der Stadt, im Palast des Erzbischofs von Colonia und, er hat auch Benny mitgenommen, du Idiot!“
„Ph! Soll er doch“, grummelte Amanoue schnippisch, doch sofort spürte er wieder dieses merkwürdige Gefühl in seiner Magengrube.
„Kommst du jetzt mit?“, fragte Kai gelangweilt und drehte sich auch schon wieder um. Amanoue kroch auf allen Vieren aus dem Wagen und folgte ihm mürrisch bis ins königliche Zelt. „Haben wir ganz allein für uns, heute“, sagte Kai gutgelaunt. „Sebastian hat seine Majestät natürlich begleitet, so ein Scheiß, nur ich durfte mal wieder nicht mit und darf mir stattdessen jetzt deine saure Miene anschauen! Naja, wenigstens sprichst du mal mit mir, vielen Dank auch, der Herr!“
Amanoue seufzte nur dazu, marschierte an ihm vorbei und setzte sich eiskalt auf Henrys Thron. „Ist Wein da?“, fragte er und legte die Füße auf den Tisch.
„Jepp! Und auch was Leckeres zu essen! Hast du Hunger?“
Amanoue nickte nachdenklich. „Ja, irgendwie schon, bringst du uns was?“
„Ja, klar“, brummte Kai genervt, „im Anschaffen, bist du echt meisterhaft, weißt du das? Aber wenn du denkst, dass ich dich hier bediene, hast du falsch gedacht, mein Lieber! Wenn du etwas möchtest, dann hole es dir gefälligst selbst“, antwortete er überheblich und lehnte sich dabei provozierend lässig gegen die Tischkante.
Amanoue stand augenblicklich auf, warf ihm noch einen ebensolchen Blick zu und verließ das Zelt wieder. Er streunte den restlichen Tag durch das Lager, aß, was die Soldaten ihm anboten und schlief nachts im Wagen. Es war zwar kalt, doch wenigstens ruhig und zu Kai zurückzugehen, verbot ihm sein Stolz. Wenigstens hatte er ja noch die Decke und so verbrachte er eine einigermaßen erholsame Nacht. Auch der nächste Tag verlief ähnlich, da Henry weiterhin fortblieb und mit ihm Amanoues Freunde, die ihren König als Leibwache begleitet hatten.
Als Henry am dritten Tag spätnachmittags zurückkehrte, erwartete Amanoue ihn vor dem Zelt und kniete sofort nieder, doch der König ging ohne ihn zu beachten hinein. Falco und Benny folgten ihm ohne zu zögern und so stand Amanoue wieder auf. Er blickte betreten zu den Wachen hin, da er es ohne Erlaubnis nicht wagte, einfach einzutreten. Nach einer Weile trottete er seufzend davon, um wieder ziellos im Lager umher zu streunen, bis er schließlich Bracs Haufen fand und sich ehrlich erfreut zu ihnen gesellte. Allerdings schienen die kaum von ihm Kenntnis zu nehmen und von ihrer sonstigen Freundlichkeit ihm gegenüber, war nichts zu spüren. Verwirrt und sichtlich unbehaglich, stand er vor ihnen und beobachtete eine Zeitlang, wie sie ihren Aufgaben nachgingen.
„`allo, wie war es in die Stadt?“, fragte er schließlich freundlich und um auf sich aufmerksam zu machen. Auch, weil er sehr hungrig und durstig war und so hoffte er, dass sie ihn zum Essen einluden, dass sie gerade vorbereiteten.
„Sehr schön“, antwortete Brac knapp und rührte ohne aufzusehen weiter in seinem Eintopf herum. Doch plötzlich hielt er inne und schnupperte übertrieben in die Luft. „Was riecht `n hier, so streng? Riecht ihr das auch?“, fragte er, sich umschauend und seine Jungs blickten teils schmunzelnd, teils betreten zu Amanoue, der augenblicklich einen unsicheren Schritt zurücktrat. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie alle frisch rasiert waren und geradezu leuchteten, vor Sauberkeit.
„Ach, ist nur der kleine Barbar“, winkte Matto schmunzelnd ab, „er riecht `n bisschen, als hätte er sich längere Zeit nicht gewaschen und, er sieht auch so aus“, meinte er weiter und grinste breit, als er Amanoue von Kopf bis Fuß musterte.
„Tja, ist halt schon doof, wenn man keine Waschgelegenheit hat, hm?“, raunte Brac augenzwinkernd.
Amanoue trug noch immer das gleiche schmutzige Hemd, sein Haar war zerzaust und sein Gesicht und seine Hände strotzten vor Dreck. Nach diesem Wink konnte er nur noch traurig schlucken und er trat mit gesenktem Blick von einem Fuß auf den anderen. „Isch weiß selbst, dass isch eine Idiot war und es tut mir auch fürschterlisch leid“, gab er leise und inzwischen den Tränen nahe, betroffen zu. Als er keine Antwort erhielt, drehte er sich langsam wieder um und schlich sichtlich geknickt und mit hängenden Schultern und Kopf davon.
„Sollten wir ihn nicht doch besser aufhalten?“, fragte Alecto voller Mitgefühl. „Er tut mir so leid, wie er so vor uns stand und jetzt so geknickt wieder abgezogen ist. Er stand kurz davor, zu weinen, reicht das nicht?“, wandte er sich an seinen Vorgesetzten.
„Du kennst die Anweisungen seiner Majestät“, erwiderte Brac und sah dabei selbst ziemlich zerknirscht aus. „Wir dürfen ihm nicht helfen! Mir tut der Kleine auch leid, glaub mir, aber er soll seine Lektion lernen, sagte der Alte, also!“
„Trotzdem! Musste das sein? Er ist doch unser Freund! Habt ihr gesehen, wie er dastand?“, warf Alecto ihnen allen vor.
„Wie ein kleiner Dreckspatz, der auf ein paar Krümel wartet“, antwortete Matto seufzend. „Er hat mir doch auch so leidgetan, dass ich ihn am liebsten in meine Arme genommen hätte“, raunte er und alle um ihn herum nickten beipflichtend.
„Aber ihr kennt den Befehl und außerdem, darf er ja heute wieder ins Zelt seiner Majestät, also“, widersprach Brac ihnen erneut, doch auch er war drauf und dran, Amanoue hinterher zu laufen, der sich mittlerweile vor dem königlichen Zelt herumdrückte. Schließlich setzte der sich in unmittelbarer Sichtweite auf den Boden und gab damit einen wirklich jammervollen Anblick zum Besten. Sein Magen knurrte inzwischen so laut, dass es bis zu den Wachen hinüber zu hören war und beide sahen sich stirnrunzelnd an, als Kai endlich heraustrat.
Der junge Diener sah sich kurz suchend um und winkte Amanoue zu sich. „Da bist du! Du sollst hereinkommen, seine Majestät wünscht dich zu sehen“, rief er hinüber, woraufhin Amanoue aufstand und sich, mit beiden Händen den Hosenboden abwischend, zögerlich näherte. „Meine Güte, wie siehst du denn aus?“, fragte Kai ihn musternd, „wo hast du dich denn herumgetrieben, die letzten Tage? Warum bist du nicht zu mir gekommen?“, meinte er tadelnd, doch Amanoue zuckte nur schüchtern seine schmalen Schultern und folgte ihm wie ein geprügelter Hund ins Zelt.
Der König saß auf seinem edlen Reisethron, Falco auf seinem angestammten Platz hinter der Tafel und Benny stand eher lässig davor. Keiner beachtete Amanoue, der vor Henry niederkniete und demütig sein Haupt zu Boden senkte, während sie sich ungezwungen weiter über ihren Aufenthalt in der Stadt unterhielten. Sie plauderten über den Empfang beim Erzbischof, dem herrlichen Festgelage und die eigens für den König zelebrierte Messe, die sie noch am Vormittag besucht hatten.
Schließlich erhob sich Henry seelenruhig und damit auch Falco. Der König ging ein paar Schritte, verschränkte seine Hände hinter dem Rücken und drehte sich zu Amanoue um. „Hast du mir etwas zu sagen?“
„Es tut mir leid, `err und isch bitte um Vergebung“, nuschelte Amanoue kleinlaut.
„Richte dich gefälligst auf, wenn du mit mir sprichst! Man versteht ja kein Wort, von deinem Gemurmel!“
Amanoue setzte sich auf seine Fersen und wiederholte etwas lauter und mit gesenktem Blick seine Worte, während Henry ihn eingehend musterte. „Du siehst aus, als hättest du dich einige Tage nicht waschen können?“, sagte er triefend vor Spott darauf und einem hämischen Lächeln. „Tja, jetzt weißt du, was es heißt, ein Soldatenleben zu führen und keine Zeit oder niemanden zu haben, der einem morgens frisches, warmes Wasser zum Waschen bereitet“, meinte er maßregelnd und halb abwendend. „Du riechst etwas streng heute, obwohl doch der Fluss direkt neben unserem Lager fließt! Wieso hast du nicht ein Bad genommen?“, fragte er zynisch. „War dir das Wasser etwa zu kalt? Tz, tz, tz! Und wie deine Kleider aussehen! Völlig verdreckt und verschwitzt! Du hättest sie doch waschen können, oder nicht?“, meinte er weiter, mit einem gespielt entsetzten Blick auf Amanoues schmutzige Hände. „Sag bloß, du hast mit diesen dreckigen Fingern gegessen? Wie war das, mit dem Rosenwasser doch gleich? Schlecht heranzukommen, wenn man ständig unterwegs ist, hm?“
Amanoue nickte leise schluchzend. „Es tut mir leid, `err, bitte, verseiht mir“, bat er nochmals und endlich schien Henry ein Einsehen zu haben.
„Zieh diese dreckigen Sachen aus! Du stinkst ja fürchterlich, das ist kaum auszuhalten, neben dir, bevor mir noch der Appetit aufs Abendmahl vergeht“, setzte er trotzdem noch naserümpfend hinzu und deutete nach hinten. „Da steht ein Bottich für dich bereit! Wasch dich und dann lass uns essen“, brummte er und Amanoue erhob sich umgehend. Eine dicke Träne rann über seine Wange hinab und tropfte auf den Boden, als er sich abwandte und zu dem mit dampfendem Wasser bereitgestellten Waschzuber schlich. Ohne zu zögern zog er sich aus, stieg in das heiße Bad und setzte sich mit angezogenen Knien.
„Ich danke Euch, für die nette Unterhaltung, Kommandant Falco und dir natürlich, Benny“, richtete Henry währenddessen wieder sein Wort an die. „Ihr dürft euch nun zurückziehen“, entließ er die beiden knapp und ging zurück zu seinem Stuhl. Falco salutierte mit dem Kopf nickend in seine Richtung und während Benny sich mit einem zarten Lächeln tief verbeugte, warf der Hauptmann einen verstohlenen, aber durchaus mitfühlenden Blick auf Amanoue, der mit vor dem Gesicht gelegten Händen zu weinen schien. Erst nachdem beide das Zelt verlassen hatten, setzte sich der König und atmete schwer durch. „Kai, hilf ihm“, sagte er ruhig und spielte gedankenverloren mit seinem goldenen Pokal.
„Ich mache das!“, brummte da Sebastian und trat hinter dem Thron hervor. Dabei warf er Henry einen wütend-verständnislosen Blick zu und marschierte mit hocherhobenem Haupt hinüber zu Amanoue.
Henry kaute kurz an seiner Unterlippe, ließ aber nur einen missbilligenden Grunzer hören und blickte ihm hinterher. Er beobachtete, wie Sebastian Amanoue zuerst liebevoll tröstete, ihn dann gründlich einseifte und wieder abspülte. Danach half er ihm beim Rasieren, spülte ihn nochmals ab und wickelte ihn in ein vorgewärmtes Laken. Amanoue stand da wie ein Häufchen Elend, noch immer mit traurig gesenktem Kopf und ließ sich von dem alten Mann abrubbeln, als wäre er ein kleines Kind.
„Komm zu mir“, sagte Henry sanft und streckte seine Hand nach ihm aus.
Sebastian nahm seelenruhig das feuchte Tuch fort und zog Amanoue wie selbstverständlich Henrys Morgenmantel über. Erst dann wischte er ihm nochmals die letzten Tränen fort und gab ihm einen zärtlichen Klaps. „Geh, Liebes, sei artig und höre auf zu weinen. Jetzt ist doch alles wieder gut, mein kleiner Schatz“, raunte er beruhigend und aufmunternd lächelnd.
Amanoue schniefte unsicher, ging zu Henry und kniete nieder. „Es tut mir so leid, `err“, stammelte er mit zittriger Stimme.
„Komm her“, sagte Henry sehr sanft und zog ihn auf seinen Schoß. „Sebastian hat recht, jetzt ist alles wieder gut, du brauchst keine Angst zu haben. Ich bin dir nicht mehr böse, aber Strafe musste sein! Besonders, nachdem du dich so schlimm mir gegenüber verhalten hast“, meinte er tadelnd und mit erhobenem Zeigefinger. „Das war sehr frech und unartig, von dir! Ich hoffe, du hast jetzt begriffen, dass dein Handeln falsch war, nicht nur mir gegenüber, sondern auch meinen Soldaten!“
„Ja, `err“, erwiderte Amanoue schniefend und schielte kurz mit seinen großen, smaragdgrünen Augen zu ihm hoch.
Henrys Herz zerfloss beinahe, bei diesem herzigen Anblick und er drückte ihn zärtlich an sich. „Mein kleiner Liebling“, flüsterte er ihm ins Ohr, „ich habe dich so sehr vermisst, die letzten Tage und Nächte, besonders, die Nächte“, raunte er lustvoll und fuhr mit einer Hand unter den Morgenmantel. Streichelnd glitt er tiefer, über Amanoues flachen Bauch, bis hinunter zu dessen glattrasierter Scham, was Henry leise auf keuchen ließ, vor Lust. „Du fühlst dich so wundervoll an, mein Kätzchen, ich freue mich so sehr auf dich, heute Nacht“, kam es heiser über seine Lippen, während er nun mit beiden Händen über Amanoues seidenzarte Haut strich. Über die Seiten zum Rücken hin, hoch und runter, bis zu den kleinen, festen Pobacken. „Ich begehre dich so sehr, Amanoue, bitte, erhöre mich doch endlich wieder und weise mich nicht länger zurück, denn es ist wie eine Zurückweisung für mich, wenn du dich mir nicht hingibst, sondern nur daliegst und alles über dich ergehen lässt. Liebling, ich will dich doch nur glücklich machen und dich ebenfalls befriedigen, so wie früher“, flüsterte er lustverhangen und küsste ihn voller Leidenschaft.
Amanoue erwiderte den Kuss nur zögerlich, nickte dann aber artig. „Ja, `err, alles wird so wie früher“, antwortete er leise.
Henry streichelte ihn zärtlich weiter, küsste ihn immer wieder sanft und verspielt, bis Sebastian und Kai zurückkamen und das Abendmahl auftischten. Amanoue wollte sich erheben, doch Henry hielt ihn zurück. „Bleib sitzen, mein Liebling, heute speisen nur wir beide, ganz allein. Ich möchte dich verwöhnen“, hauchte er vielversprechend und gab ihm noch einen zärtlichen Kuss. „Ich habe ein paar Leckereien aus der Stadt mitgebracht, nur für dich, mein Kätzchen, Süßigkeiten und sogar Salat!“
Amanoue lehnte sich überrascht zurück und sah ihn beinahe ungläubig an. „Salat?“
Henry nickte schmunzelnd. „Und, in Honig eingelegte Früchte, doch vorher, mein Kätzchen, gibt es einen frischen Salat aus Feldkräutern mit Wildblüten und dazu gebratene Wachteln. Magst du Wachteln?“
„Isch weiß nischd, was das ist? Wachdeln?“, erwiderte Amanoue schüchtern und sah ihn verwirrt fragend dabei an.
„Das sind kleine Vögel, wie Rebhühner, nur noch kleiner und sie schmecken dir bestimmt“, antwortete Henry zuversichtlich.
Amanoue senkte wieder verstohlen lächelnd seinen Blick. „Ja, `err“, kam es fast liebevoll über seine vollen Lippen, was Henrys Herz zum Flattern brachte.
Sie aßen gemeinsam, wobei Henry Amanoue immer wieder fütterte und auch aus dessen Hand den einen oder anderen Bissen genoss. Amanoue entspannte sich zusehends und schließlich schien er es genauso zu genießen, wie Henry selbst. Er ließ Henry abbeißen, steckte sich den Rest des Hühnerfleisches, das in einer köstlichen Weißweinsoße gegart war, lustvoll in den Mund und lächelte verzückt. „Mm“, machte er mit geschlossenen Augen und als Henry ihm die Soße von den Fingern lutschte, lachte er sogar amüsiert auf.
Nach ihrem Mahl, trug Henry ihn zum Bett, zog sich aus und legte sich vorsichtig auf ihn. Ein geradezu betörender Duft stieg Amanoue in die Nase und er schnupperte genüsslich an Henrys glattrasiertem Hals. „Ihr riescht so gut, `err, tragt Ihr eine neue Parfum?“
„Ja, mein Schatz! Wir haben, bevor wir zurückkamen, noch das Badehaus besucht. Colonia ist bekannt, für seine Bäder im römischen Stil, die Stadt wurde einst von den Römern gegründet, weißt du?“, gurrte Henry zurück und knabberte sanft an Amanoues Augenbrauen.
Amanoue nickte leicht und streichelte ihm zärtlich über den Rücken, so dass Henry leicht erschauerte. „Ja, `err, und jesd weiß isch auch, wieso die Jungs so sauber und rasiert waren“, seufzte er verlegen zurück. Henry konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen und küsste ihn zärtlich. Auch er war frisch rasiert und das Haar wieder kurzgeschnitten. Amanoue strich ihm mit beiden Händen hindurch und legte ihm dann die Finger an die Wangen. „Wieso tragt Ihr eigendlisch keine Bart mehr?“, fragte er und Henry nahm überrascht den Kopf zurück.
„Warum fragst du? Gefalle ich dir nicht?“
„Doch, `err, aber Ihr seht so anders aus, irgendwie, so jung. Isch mochte Eure Bart und fand Euer `aar sehr schön, als es noch länger war. Es gab Eusch eine er`abene Ausse`en“, antwortete Amanoue mit einer Schulter zuckend. Dabei wuschelte er Henry durch das kurze braune Haar und der lachte amüsiert auf.
„So? Etwas Erhabenes? Ich fand, dass es mich einfach nur alt aussehen ließ! Schatz, eigentlich sehe ich immer so aus, der Bart und mein Haar, waren nur deshalb so lang, weil es bequemer war, als sich morgens ständig zu rasieren und unter uns“, grinste er verschmitzt, „Sebastian ist ein fürchterlicher Bader! Er schneidet mich ständig, beim Rasieren und Haare schneiden, kann er auch nicht! Das letzte Mal, war alles krumm und schief und hier, siehst du?“ Henry tippte auf eine kleine Narbe an seinem Kinn, „die ist von ihm!“
Amanoue grinste verstohlen, zog seinen Kopf zu sich herunter und küsste ihn sanft auf die Narbe. „Oooh, armer `err“, meinte er leicht spöttelnd und Henry zwickte ihn in den Oberschenkel. „Au!“
Henry lachte vergnügt auf und beide sahen sich für einen Moment tief in die Augen. „Biest“, raunte er heiser, „du bist ein süßes, kleines Biest“, flüsterte er nur noch und plötzlich küssten sie sich. Voller Leidenschaft und auch Amanoue hielt sich nun nicht mehr zurück.
Doch als Henry begann, ihr Liebesspiel zu vertiefen, versteifte Amanoue sich mehr und mehr. Er versuchte sich zu entspannen und schloss die Augen, aber es half alles nichts. Unwillkürlich biss er sich auf die Unterlippe und seine Finger krallten sich im Laken fest. Henry bemerkte seine Reaktion natürlich und hörte sofort damit auf, Amanoues wunderschönen Leib mit seinen Küssen zu bedecken. „Sch“, machte er beruhigend, „ganz ruhig, mein Liebling, wenn du es nicht möchtest, dann tue ich es auch nicht“, sagte er sanft, glitt wieder nach oben und streichelte ihn zärtlich.
„Aber isch möschte es ja“, schluchzte Amanoue verzweifelt auf und schlug sich die Hände vor sein hübsches Gesicht. „Isch verste`e misch ja selbst nischd! Vielleischd bin isch krank, da unten“, heulte er los und wandte sich weinend ab.
Henry setzte sich genervt seufzend auf. „Deine ständige Heulerei hilft uns dabei sicher nicht weiter!“, murrte er brummend und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. „Warum, Amanoue? Sag es mir doch einfach! Was mache ich falsch?“
„Nischds, `err“, schluchzte Amanoue erstickt.
Henry hätte aus der Haut fahren können. Genervt und mit seinem Latein am Ende, schnaufte er durch. „Bin ich es? Ich meine, liegt es daran, dass ich dich so sehr verletzt habe, oder hast du wieder einen anderen?“, raunte er ärgerlich.
„`err?“, fragte Amanoue verwirrt über seine Schulter.
„Einen Liebhaber!“
„Nein, `err!“, antwortete Amanoue schockiert. „Wieso sagt Ihr so etwas?“
„Wieso? Hallo?! Das ist doch wohl offensichtlich! Du liegst da, wie ein Brett, sobald ich mit dir schlafen will! Alles, war gerade noch so wunderschön und jetzt? Kannst du es kaum erwarten, dass ich mit dir fertig bin“, blaffte Henry wütend, was Amanoue nur noch heftiger aufschluchzen ließ.
„Bitte, `err, isch `abe keine Lieb`aber, es liegt nur an mir!“
„Na, vielleicht solltest du dir dann wieder einen suchen! Ich bringe es ja offensichtlich nicht mehr, bei dir“, keifte Henry wütend. Er sprang geradezu aus dem Bett, zog seinen Morgenmantel über, ging zum Tisch und schenkte sich Wein ein. Nachdem er den Becher geleert hatte, schnaufte er tief durch. „Ach verdammt! Gregorius soll kommen!“, brüllte er plötzlich. „Kai!“, rief er lautstark und der junge Diener steckte den Kopf zum Zelteingang herein. „Hol Gregorius, sofort!“
„Jawohl, Eure Majestät“, stotterte der, augenblicklich davoneilend, um nur kurz darauf mit dem Heiler im Schlepptau, zurückzukehren.
Henry saß auf seinem Thron und deutete mit seinem Pokal zum Bett, auf dem Amanoue schniefend saß. „Untersucht ihn! Und zwar gründlich! Ich will wissen, ob er mir fremdgegangen ist“, herrschte er Gregorius an, ohne den zu Wort kommen zu lassen.
„Eure Majestät? Aber wie kommt Ihr denn darauf?“, fragte der reichlich verwirrt.
„Tut es!“, befahl Henry wutentbrannt, „ich will es wissen! Ich halte diesen Zirkus nicht mehr aus! Sobald ich zärtlich bei ihm werde, blockt er sofort ab und benimmt sich, als hätte ich eine ansteckende Krankheit! Und dass, obwohl ich mich an Euren Rat gehalten habe!“, meinte er sehr zynisch. „Ich habe schon seit mindestens zehn Tagen, nicht mehr mit ihm geschlafen, also müsstet Ihr es ja feststellen, ob er sich von einem anderen hat besteigen lassen! Und wenn nicht, vielleicht ist es ja doch eine Krankheit! Also los und seht mich nicht so schockiert an, er ist es, nicht ich, der sich keine Mühe gibt“, fauchte er und der Heiler konnte nur noch mit dem Kopf schütteln.
Seufzend trat er zum Bett und setzte sich. Er begann Amanoue zu untersuchen, betastete die Lymphknoten an Hals und Achseln, überprüfte den Pulsschlag und die Atmung, tastete dann Bauch und Leistengegend ab und schließlich den Geschlechtsbereich. Danach setzte er sich aufrecht vor Amanoue hin. „Seht mir bitte in die Augen, Amanoue“, forderte er ihn auf. „Hm“, machte er stutzend, als er dessen seltsam kleine Pupillen erkannte. „Amanoue, geht Ihr fremd?“, fragte er frei heraus und der schüttelte schnell den Kopf. „Ich glaube Euch, aber darf ich nachsehen, damit ER, es auch glaubt?“, flüsterte er sanft, aber mit einem spitzen Unterton und Amanoue nickte einsichtig. Er legte sich zurück, stellte die Beine auf und spreizte sie ohne Gegenwehr.
„Versucht Euch zu entspannen“, raunte Gregorius und rutschte nah an ihn heran. Nach der Untersuchung lächelte er beruhigend, stand auf und wusch sich die Hände am Waschtisch. Mit einer unergründlichen Miene trat er vor Henry hin und der sah ungeduldig zu ihm auf.
„Und?“
„Eure Majestät, organisch, ist er kerngesund, wie ich auch angenommen hatte und“, Gregorius musste tief durchatmen um ruhig zu bleiben, „er ist unversehrt und hat Eure Majestät ganz sicher nicht betrogen! Es ist sicher so, wie ich es Euch bereits sagte, er kann sich nicht fallen lassen und hat schlichtweg Angst!“
„So ein Blödsinn!“, rief Henry wütend aus, „wovor denn? Ich bettle ihn ja geradezu an, wieder so zu sein, wie früher“, sagte er barsch und leerte seinen Pokal erneut, den er danach ziemlich geräuschvoll wieder auf die Tischplatte zurückstellte.
Gregorius schnaubte überfordert. „Dann weiß ich auch nicht weiter und rate Euch weiterhin zur Geduld, aber…“
„Was, aber?“, brummte Henry genervt.
„Da wäre noch etwas, das mir ein wenig Sorge bereitet“, flüsterte Gregorius plötzlich nur noch und Henry lehnte sich weiter zu ihm hin. „Seine Augen“, fuhr der Heiler fort und Henry sah ihn fragend an. „Die Pupillen gefallen mir gar nicht, ist Euch daran nichts aufgefallen?“
„Bitte? Was meint Ihr?“
„Sein Blick wirkt irgendwie verschleiert und die Pupillen sind Stecknadelkopf klein. Und dass, bei diesem dämmrigen Licht hier drinnen! Deshalb denke ich, dass es einen anderen Grund dafür hat. Nimmt er Opium?“, fragte der Heiler leise und Henry schien für einen Moment vollkommen perplex zu sein.
„Nein“, antwortete er erstaunt, „also nicht, dass ich wüsste und woher, sollte er es haben? Fehlt Euch denn etwas davon?“
„Nein, Eure Majestät, ich habe das letzte Fläschchen wieder an mich genommen, aber“, wieder zuckte er kopfschüttelnd die Achseln, „Eure Majestät sollten ihn beobachten und ihm öfter in die Augen sehen, nicht nur bei Tageslicht! Wenn seine Pupillen ungewöhnlich auf Dunkelheit reagieren sollten, weist dies daraufhin, dass etwas nicht stimmt! Ihr solltet mich dann umgehend rufen lassen“, meinte Gregorius und verbeugte sich kurz. „Und ansonsten Eure Majestät, wenn Ihr ihn liebt, habt Geduld“, riet er ihm nochmals sanft und wandte sich ans Gehen.
„Meister Gregorius?“, rief da Amanoue plötzlich und blickte verstohlen zu beiden hin.
„Ja?“, hielt der inne und drehte sich lächelnd zu ihm um.
„Bitte, `err, wenn ich etwas dasu sagen darf?“, fragte Amanoue mit schiefgelegtem Kopf, so wie er es oft tat. Henry nickte auffordernd und Amanoue rutschte zur Bettkante hin. Er knetete einen Moment lang nervös seine zarten Finger und holte tief Luft.
„Vielleischd, könntet Ihr misch doch verschneiden? Bald?“, fragte er, ohne aufzusehen und beide starrten ihn fassungslos an. „Dann wäre alles wieder gut“, fuhr Amanoue leiser fort und mit einem schüchternen Blick zu Henry hin. „Und die `err müsste sisch auch nischd mehr darüber ärgern, weil isch misch so dumm anstelle, weil isch dann doch nischds mehr fühlen könnte, da unten, oder? Alles, wäre wieder gut und die `err würde misch noch mehr lieb`aben, weil isch dann perfekt wäre“, sagte er seltsam ruhig.
Gregorius taumelte fast und hielt sich am Tisch fest, während Henry nur kopfschüttelnd seine Stirn hielt. „Eure Majestät, könnte ich etwas Wein haben?“, fragte er bestürzt und Henry nickte schluckend. Sebastian, der inzwischen ebenfalls wieder aufgestanden und hinzugetreten war, schenkte ihm, Gregorius und sich selbst ein und alle drei tranken einen langen Zug.
„Eure Majestät, es tut mir leid, dass ich dies nun sagen muss, aber ich befürchte, er ist nicht mehr ganz bei Sinnen“, murmelte der Heiler tief erschüttert. „Das ist mir schon einmal aufgefallen, noch auf der Burg des Herzogs!“, sagte er sehr besorgt. „Ich befürchte, dass sein Geisteszustand Schaden genommen hat!“
„Was wollt Ihr damit sagen, dass er verrückt ist?“, schnaubte Henry ungläubig.
„Nun, nicht direkt, aber eine Geisteskrankheit kann auch durch einen Schock ausgelöst werden und, Eure Majestät, denkt doch einmal über Amanoues bisheriges Leben nach! Bestand es nicht nur aus schockierenden Erlebnissen? Allein von dem, was wir über ihn wissen, würde jeder den Verstand verlieren!“, antwortete Gregorius und trank noch einmal. „Ich denke, dass er überhaupt nicht mehr weiß, wie er sich verhalten soll, geschweige denn, was er Euch gegenüber sagen soll! Er wurde als Knabe verschleppt, vergewaltigt und in die Prostitution gezwungen! Könnt Ihr Euch eigentlich vorstellen, was das bedeutet? Man hat ihm wahrscheinlich geradezu eingeprügelt, wie man sich als `gute´ Hure zu benehmen hat, jahrelang!“, betonte er zynisch. „Und jetzt kennt er es nicht anders, als sich genau so zu verhalten und plötzlich verlangt Ihr das genaue Gegenteil von ihm! Und noch mehr, sogar! Ihr, habt ihn da rausgeholt, er fängt an, Euch zu vertrauen und wird wieder bitter enttäuscht, schlimmer, verraten! Ihr klagt ihn der Hurerei an, lasst ihn an den Schandpfahl binden, nackt und bloß vor aller Augen und auspeitschen und als er endlich anfing, Euch erneut Vertrauen entgegen zu bringen, geschieht das Unfassbare, er wird von Euch verkauft und wieder zur Prostitution gezwungen! Und Ihr, Eure Majestät, versteht die Welt nicht mehr?“, lachte er sarkastisch auf. „Eure Majestät, mit Verlaub, aber ich glaube, da wäre jeder andere schon längst dem Wahnsinn verfallen, auch Ihr und ich!“
„Dann bin ich also wieder einmal schuld an allem“, raunte Henry aufgebracht. „Wie immer! In Euren Augen!“
„Seid still, alle beide!“, hörten sie plötzlich Amanoue jammern und sahen zu ihm hin. Er saß mit zusammen gepressten Augen auf der Bettkante und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu. Dann schnaufte er tief durch und sah sich geradezu ängstlich nach beiden Seiten um. „Geht weg“, flüsterte er, einige Male vor und zurückwippend.
„Haltet Ihr das, noch für `Normal´?“, zischte Gregorius sarkastisch, trank seinen Becher leer und deutete damit in Amanoues Richtung, als der plötzlich aufsprang.
„Nein, `err“, rief er hektisch, „Isch bin nischd verrückt! `ört nischd auf ihn, bitte! Isch bin schuld, isch allein!“, flehte er und warf sich vor Henry nieder. „Manou wird gans brav sein und wieder lieb, so wie die `err es wünscht! Manou kann nischds dafür, immer kommen sie und reden auf misch ein, so wie eben, aber jesd sind sie fort! Und dann kommt die böse Amanoue wieder in mir durch und sagt dummes Seug, aber nischd isch! Manou wird alles wiedergutmachen und Eusch wieder Freude bereiten, ja? Wenn diese eklische, widerlische Ding, da unten, was die `err so `ässlisch findet, erst weg ist, bin isch auch wieder rein und perfekt und die `err kann misch wieder schön finden und lieb`aben. Isch werde es auch selbst tun, wenn Gregorius es nischd machen möschte“, faselte er mit einem seltsam entrückten Gesichtsausdruck und wirr zwischen ihnen hin und hersehend.
Gregorius seufzte nur dazu, so als wolle er damit seine Meinung bestätigen, Sebastian war den Tränen nahe und Henry schloss bestürzt seine Augen. Dann zog er Amanoue sanft an den Oberarmen zu sich auf den Schoß.
„Alles, wird wieder gut, Manou versprischt es die `err“, sagte Amanoue ernst und sah ihn an, wie ein Kind, das seinem Vater versprach, sich zu bessern. Henry konnte ihn nur noch schluchzend an sich drücken.
„Oh Gott, Liebling, bitte, tu dir nichts an“, flehte er geradezu, „ich liebe dich so, wie du bist, hörst du?! Alles! Alles, an dir, ist doch schon perfekt! Wie konnte ich nur jemals sowas zu dir sagen?“, stammelte er aufgelöst und Amanoue immer wieder hastig über das Gesicht streichend, doch der sah ihn weiterhin nur verzückt lächelnd an und wirkte dabei so, als würde er überhaupt nicht verstehen, um was es eigentlich ging. „Liebling, bitte verzeih mir“, schluchzte Henry verzweifelt, „ich habe das doch nur gesagt, weil ich dich damals verletzen wollte, verstehst du? Nichts, an dir, ist widerlich oder hässlich! Und ich verstehe mich selbst nicht mehr, warum ich überhaupt jemals so einen verdammten Unsinn dahergeredet habe! Bitte, Liebling, du musst mir glauben“, flehte er bitterlich weinend.
„Arme `err“, sagte Amanoue monoton, „muss weinen, wegen böse Sklave Amanoue.“
„Großer Gott, Amanoue, hör doch auf“, beschwor Henry ihn und schüttelte ihn an den Schultern durch. „Du bist nicht böse! Ich, ich, hörst du, bin böse! Weil ich dir das alles angetan habe! Aber ich liebe dich, so sehr, dass ich einfach nur Angst hatte, dass du mich verlassen könntest, verstehst du?“
„Ja, `err“, antwortete Amanoue mit schiefgelegtem Kopf. Er streichelte Henry mitleidig über die Wange und schnaufte schwer durch. „Arme, arme `err, `ätte Amanoue niemals kaufen sollen, schmudsische `urenjunge. Amanoue war die schlimmste von allen, `at alles getan, was die Freier wollten, `at sisch von jedem besteigen lassen und noch viel Schlimmeres, das, was die gute `err noch nie von Manou verlangt `at, `at Amanoue getan“, murmelte er weiter und nur noch bitter zur Seite starrend.
„Liebling, bitte“, flüsterte Henry tränenerstickt, „das ist alles Vergangenheit, du musst es vergessen, ja? Ich helfe dir dabei, so gut ich kann, ja?“, versprach er inständig und Amanoue lehnte sich seufzend an ihn.
„Die `err, ist so gut su Manou und su böse, schleschte Amanoue…“, hauchte er nur noch und presste sein Gesicht gegen Henrys Brust.
„Ich denke, ich werde Euch allen beiden, etwas zur Beruhigung geben“, meinte Gregorius, wie zu sich selbst. Er holte ein Fläschchen aus seiner Tasche, träufelte etwas Opium in Henrys Pokal, goss etwas Wasser darauf und reichte es Henry. „Eure Majestät, hier, nehmt das zu Euch, Ihr müsst Euch beruhigen!“
„Nein“, lehnte Henry jedoch kopfschüttelnd ab und schob es von sich.
„Eure Majestät sind völlig neben sich“, raunte der Heiler mit einem beschwörenden Blick. „Nehmt es!“, sagte er streng und unnachgiebig. Der König nahm ihm den Pokal ab, trank ihn zögernd aus und Gregorius vermischte erneut etwas Wasser, mit dem starken Beruhigungsmittel. „Hier, Amanoue, trinkt das, dann wird es Euch besser gehen“, sagte er sanft. Amanoue nahm ihm sofort den Pokal ab und kippte den bitteren Inhalt mit einem Schluck hinunter. Danach schmiegte er sich wieder an Henrys Brust und der drückte ihn innig an sich.
Sebastian, der längst hemmungslos mitweinte, schluchzte laut auf und machte einen Schritt auf die beiden zu, doch Gregorius hielt ihn auf. „Lass sie“, sagte er mitfühlend, „manchmal bringt großes Leid, das man miteinander teilt, einander näher, als alle Freude der Welt. Wenn sie nun nicht zueinander finden, dann werden sie es nie mehr können!“
Sebastian schlug sich die Hände an die Wangen und betrachtete sie weinend. Er konnte nur noch betroffen nicken, während Henry sich mit Amanoue erhob, ihn zum Bett trug und sich mit ihm niederlegte.
Gregorius schnaufte geschafft durch. „Und du, alter Freund? Ich denke, du könntest auch einen Schluck vertragen, hm?“, meinte er. Er mischte nochmals etwas Opium mit Wasser und reichte es dem alten Mann. Der nickte nur schluchzend und trank geradezu erleichtert.
„Wirst du zurechtkommen, Kai?“, wandte der Heiler sich an den jungen Diener und der verzog betreten seinen Mund. „Sie werden sicher die ganze Nacht durchschlafen, du solltest also keine Probleme haben, mit ihnen, aber wenn es dir lieber ist, bleibe ich“, beruhigte er ihn sofort und Kai holte erst einmal tief Luft.
„Nein, Meister Gregorius, ich komme schon zurecht, geht nur“, erwiderte er bestimmt. „Ich werde im Zelt schlafen und falls ich Hilfe brauche, rufe ich die Wachen und lasse Euch holen, macht Euch keine Sorgen!“
Gregorius tätschelte ihm und Sebastian noch mitfühlend die Schultern und schlurfte schweren Schrittes hinaus. „Leg dich hin, Sebastian, ich mache das schon“, meinte Kai und der alte Mann warf sich in seine Arme.
„Bist ein guter Junge“, schluchzte er aufgewühlt und ließ sich von ihm zu seiner Pritsche führen.
***
In der Nacht, gab es das erste Frühlingsgewitter, doch weder Henry noch Amanoue, bekamen etwas davon mit. Es regnete heftig und am Morgen kam Falco und erkundigte sich nach Henrys Befinden. „Pst“, machte Kai und deutete über seine Schulter nach hinten. „Sie schlafen noch, alle beide und da dachte ich, ich lass sie einfach weiterschlafen, nach gestern Abend“, sagte er und verdrehte vielsagend die Augen. „Woher wisst Ihr es?“
„Gregorius war bei mir und hat mir berichtet, dass es seiner Majestät nicht gut geht, ist es sehr schlimm?“, erwiderte der Hauptmann besorgt.
Kai verzog sein Gesicht, als hätte er etwas Saures gegessen. „Das kann man wohl sagen! Es war schrecklich, das mit anzusehen, das kann ich Euch sagen! Der eine, ist schon völlig verrückt und der andere, auf dem besten Wege dahin“, antwortete er seufzend.
Falco sah ihn völlig perplex an. „Wie meinst du das? Gregorius sprach von einer Magenverstimmung!“
„Ja, sicher“, wiegelte Kai sofort ab, „seine Majestät hat eine Magenverstimmung“, bestätigte er zynisch und schob ihn zum Zelt hinaus.
Falco hob irritiert seine Augenbraue und versuchte noch einen Blick über dessen Schulter hinweg, zum Bett zu werfen. „Dann komme ich wohl besser später noch einmal“, sagte er verwundert, doch da ließ Kai schon die Klappe fallen und schlenderte zurück zum Tisch. Er räumte auf, holte danach das Frühstück herein und setzte sich schließlich gelangweilt.
Am späten Vormittag erwachte endlich Amanoue. Er setzte sich auf, sah sich verwundert nach allen Seiten um und auch auf Henry nieder, der immer noch tief schlafend, leise vor sich hin schnarchte. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, stand er auf, wusch sich und zog sich die frischen Kleider an, die Kai ihm hingelegt hatte. Danach schlenderte er zum Tisch, auf dem das üppige Frühstück bereitstand, setzte sich und begann mit großem Appetit zu essen.
„Geht’s dir gut?“, fragte Kai, der ihn die ganze Zeit über beobachtet hatte, vorsichtig.
„Hm?“, machte Amanoue mit vollem Mund und bedachte ihn mit einem überraschten Blick. „Wieso?“, fragte er mit vorgehaltener Hand und spülte mit einem Schluck Milch nach.
„Wieso?“, wiederholte Kai fassungslos, „da fragst du noch? Gestern? Hallo?“
Amanoue nahm auf seine typische Weise den Kopf zurück und sah ihn verwundert an. „Geht’s dir noch gut?“, fragte er schnippisch zurück und deutete erst zu Sebastians Ecke hin und dann zu Henry. „Und was ist eigentlisch `ier los? Wieso schlafen die beiden noch?“
Kai seufzte kopfschüttelnd. „Also echt, manchmal, könnte man schon glauben, dass du sie nicht mehr alle beieinanderhast“, sagte er und Amanoue legte empört den Kopf schräg.
Doch dann zuckte er nur die Achseln und aß seelenruhig weiter. Als er satt war, schlenderte er wieder zum Bett und setzte sich auf Henrys Seite. Er nahm eine Strähne seines langen Haares und strich Henry solange kitzelnd über Wangen und Nase, bis der sich endlich rekelte, ausgiebig streckte und die Augen aufschlug. „Liebling, geht es dir gut?“
„Ja, `err, sehr gut, wieso?“, fragte Amanoue zurück und sah ihn genauso an, wie er vorher Kai angesehen hatte, nämlich vollkommen ahnungslos. „Geht es Eusch auch gut, `err? `attet Ihr eine gute Nacht?“, hakte er etwas skeptisch nach und Henry nickte, den Tränen nahe.
Er hob seine Hand, strich ihm über die Wange und zwang sich zu einem Lächeln. Amanoue lächelte so zauberhaft und ungezwungen zurück, dass Henry ihn sofort in seine Arme zog und an sich drückte, wobei er nun immer wieder schlucken musste, um seine Fassung nicht zu verlieren. „Ja, mein Schatz, danke, es geht mir gut“, krächzte er mühsam.
„Fein! Dann wollt Ihr sischer Euer Frühstück“, meinte Amanoue, entwand sich der Umarmung, eilte zum Tisch und holte ein reichgedecktes Tablett, für ihn. „`ier, nur für Eusch, `err“, sagte er strahlend und stellte es auf Henrys Schoß ab. „Isch `abe schon gefrühstückt“, meinte er und grinste spitzbübisch. „Isch war schon laaange, vor Eusch wach, `err, sogar noch vor Sebastian!“, kicherte er vergnügt in seine Hand. „Er schläft immer noch! Wie sagt man? Wie eine Murmeltier?“
Henry konnte nur noch mühsam nicken und schluckte derart hart, dass es schon beim Zusehen wehtat. „Ja, mein Kätzchen, ich liebe dich so“, kam es ihm kaum noch verständlich über die Lippen.
Amanoue sah ihn erneut verwundert an. „Was `at die `err? Geht es Eusch nischd gut? Seid Ihr krank?“, fragte er besorgt und legte prüfend eine Hand an Henrys Stirn. „Aha“, machte er, „gans `eiß! Isch `ole Gregorius“, sagte er bestimmt, doch Henry hielt ihn fest.
Hilfesuchend blickte er kurz zu Kai hinüber und der zuckte die Achseln. „So benimmt er sich schon die ganze Zeit! Als wäre nichts gewesen“, sagte der nur.
„Wer? Isch?“, fragte Amanoue ahnungslos. „Was meint er?“
„Aber Liebling, gestern Abend, weißt du nicht mehr?“, erwiderte Henry sanft, aber auch besorgt.
„Gestern Abend? Was meint Ihr, `err?“, fragte Amanoue, etwas mulmig nach. Er schien einen Momentlang angestrengt darüber nachzudenken, dann schüttelte er seinen schönen Kopf. „Bin isch wieder `erumgewandert, im Schlaf? Oje, was `abe isch denn wieder angestellt?“, stammelte er befürchtend und nervös an seiner Unterlippe lutschend.
„Gar nichts, mein Liebling“, beruhigte ihn Henry sanft und hauchte einen zärtlichen Kuss auf dessen Handrücken. „Aber es ging dir nicht gut.“
„Aja“, machte Amanoue skeptisch. „Seltsam, isch kann misch an gar nischds erinnern! Aber, macht nischds, `eute geht es mir ja wieder gut“, meinte er locker grinsend. „Sehr gut, sogar! So, `err, nun frühstückt Ihr erst einmal, bevor die Milsch gans kalt wird und isch `ole Gregorius“, sagte er aufstehend und deutete lächelnd auf das Tablett.
„Ich bin nicht krank, Liebling“, sagte Henry matt. „Bitte, bleib einfach nur hier, bei mir, ja?“
„Wie Ihr wollt“, antwortete Amanoue achselzuckend und setzte sich wieder neben ihn.
Henry trank einen Schluck Milch und schnaufte gequält auf. „Ich habe gar keinen Hunger, bitte Schatz, vielleicht später, ja?“
„Ihr seid doch krank! Sonst schimpft Ihr immer, wenn Isch nischds essen mag“, hielt Amanoue streng dagegen. Er hob das Tablett hoch, stand auf und brachte es zurück zum Tisch. „Isch `ole jesd Gregorius!“, sagte er entschlossen und marschierte hinaus.
Es regnete noch immer und so spurtete er schnell hinüber, zum Zelt des Heilers. „`allo? Meister Gregorius?“, rief er laut und der Heiler trat heraus.
„Na, mein junger Freund, wie geht es Euch?“, fragte er freundlich.
„Gut, danke! Isch bin wegen meine `err `ier! Isch wollte Eusch bitten, nach ihm su se`en, isch glaube, er ist krank“, antwortete Amanoue besorgt. „Irgendwie, ist er gans verwirrt und Kai auch“, raunte er ihm zu.
„So?“, meinte Gregorius und musterte ihn dabei eingehend. „Aber Euch, geht es gut?“
„Aber ja! Was `abt ihr nur alle?“, antwortete Amanoue verständnislos, packte ihn einfach am Arm und zog ihn mit sich.
Als sie das Zelt betraten, saß Henry bereits angezogen am Tisch. „Aber `err“, rief Amanoue erschrocken, „Ihr solltet doch im Bett bleiben!“
Gregorius warf dem König einen fragenden Blick zu und deutete eine Verbeugung an. „Eure Majestät fühlen sich nicht wohl?“
„Doch“, antwortete Henry, mit einem seufzenden Seitenblick auf Amanoue. Er machte eine kurze, versteckt-deutende Handbewegung in dessen Richtung und Gregorius nickte verstehend. „Er sagt, dass er sich an nichts erinnern würde und benimmt sich auch so, eben, als wäre nichts gewesen“, raunte er leise und der Heiler atmete tief durch.
„Das habe ich fast befürchtet. Er hat es wieder einmal verdrängt, wie vieles andere auch, das er erlebt hat. Eure Majestät, wisst Ihr noch, als Ihr ihn mitgebracht hattet? Da wusste er gerade mal noch seinen Namen, sonst nichts. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wer er war und woher er kam, damals. Er scheint ein Meister darin zu sein, Unangenehmes zu verdrängen. Vielleicht ist das sein Schutz, sich davor zu bewahren, gänzlich wahnsinnig zu werden“, sagte er darauf und sah kurz und sehr betroffen wirkend, zu Boden. „Vielleicht, ist es aber bereits Wahnsinn.“
Henry verzog bestürzt sein Gesicht. „Und?“
„Am besten, Ihr macht gar nichts, Eure Majestät. Helfen, könnt Ihr ihm nicht! Es sei denn, mit Eurer Liebe und Eurer Geduld! Es kann sogar sein, dass er sich jetzt wieder so benimmt, wie früher! Keiner weiß, was und wieviel, er aus seinem Gedächtnis gestrichen hat. Das müsst Ihr selbst herausfinden, aber mit Vorsicht! Ich, würde nichts mehr, von gestern erwähnen, belasst es einfach dabei und erfreut Euch daran, wie gut es ihm geht“, meinte Gregorius, worauf beide schwer seufzend zu Amanoue hinsahen.
„Von wem redet ihr?“, fragte der, unschuldig lächelnd und legte auf seine zauberhafte Weise den Kopf schief.
„Es ist nichts, mein Liebling, mach dir keinen Kopf, alles ist gut“, antwortete Henry sanft.
„Ja, `err, alles, ist wieder gut, so, wie Manou es gesagt `at“, meinte Amanoue nickend und zart lächelnd. Wieder warfen Gregorius und Henry sich einen sehr betroffenen Blick zu, doch beide schwiegen. „Es regnet“, sagte Amanoue plaudernd und zeigte nach draußen. „Ist das gut?“
„Für die Bauern schon“, erwiderte Henry und zwang sich, ihn anzulächeln. „Aber für uns wohl nicht so. Bei Regen, kommen wir nicht so gut voran. Ich reise nicht gern, wenn es regnet und alles nass wird, besonders die Zelte. Nasse Zelte sind schwer und die Wagen könnten steckenbleiben“, meinte er seufzend.
Amanoue nickte verständnisvoll. „Es `ört bestimmt bald wieder auf, `err! Isch denke, es ist nur eine Frühlingsregenschauer und morgen scheint schon wieder die Sonne, Ihr werdet schon se`en“, sagte er unbekümmert und wandte sich zu Gregorius um. „So, was ist nun, mit ihm?“, fragte er fordernd und stemmte seine Hände gegen die Hüften.
„Nichts Ernstes“, antwortete Gregorius beruhigend, „nur eine kleine Magenverstimmung.“
„Aha! Natürlisch! Das kommt bestimmt, von die fette Essen! Das sage isch immer wieder, su ihm! Aber er `ört ja nischd, auf misch und stopft immer diese fette Sweinebraten, in sisch rein“, schimpfte er strafenden Blickes zu Henry hin. „Seht Ihr, `err, das bekommt Eusch nischd“, sagte er tadelnd und mit erhobenem Zeigefinger.
Zwangsläufig musste Henry lachen und auch Gregorius schmunzelte vor sich hin. „Ach, mein Liebling“, sagte er besänftigend, „du hast ja recht, aber ich esse ihn nun mal so gerne, besonders Bracs“, meinte er entschuldigend, doch Amanoue wedelte weiterhin mit seinem Zeigefinger vor ihm herum.
„Jawohl! Und dann noch reichlisch Birr dasu! Seht Ihr“, zeterte er wieder zu Gregorius hin, „wie er sugenommen `at, die ledsden Monate?“
„Wie bitte?“, rief Henry empört aus und blickte unwillkürlich auf seinen doch recht deutlichen Bauchansatz. „Wo denn?“, fragte er unschuldig und Amanoue pikste ihn in den Bauch.
„Da!“
Henry griff schnell nach ihm und zog ihn auf seinen Schoß. „Na warte, du!“, raunte er warnend, doch dann küsste er ihn liebevoll. Gregorius verbeugte sich schmunzelnd und verabschiedete sich noch, was sie allerdings gar nicht mitzubekommen schienen.
Amanoue hatte längst seine Arme um Henrys Hals geschlungen und beide vertieften ihren Kuss. Danach lehnte er sich zurück und strahlte ihn an, wie lange nicht. „Was machen wir `eute?“, fragte er erwartungsvoll und Henry zuckte die Achseln.
„Nichts“, meinte er lächelnd, „auf besseres Wetter warten!“
„Wie langweilisch! Wie wäre es, mit eine Würfelspielschen?“, erwiderte Amanoue herausfordernd und Henry sah ihn überrascht an.
„Du würfelst?“
„Aber ja! Oft, mit die Jungs! Finn und Matto, `aben es mir beigebracht!“, antwortete Amanoue überaus begeistert.
„Na, wenn das so ist“, meinte Henry gespielt beeindruckt und lachte auf. „Aber zuerst, muss ich etwas essen! Mir geht’s schon viel besser und jetzt, habe ich einen Mordshunger! Kai, was gibt es zu Mittag?“
Der Diener hob betreten die Augenbrauen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, Eure Majestät, darum kümmert sich immer Sebastian“, gab er kleinlaut zu.
„Schläft der immer noch?“, fragte Henry höchst verwundert.
„Nein, Eure Majestät“, antwortete der alte Diener selbst und kam aus seiner Ecke heraus. „Bitte, vergebt mir“, sagte er etwas verlegen und gab Kai gleich einen Klaps auf den Hinterkopf. „Warum hast du mich nicht geweckt?“, brummte er ärgerlich und der hob beide Schultern.
„Sebastian! Sei nicht so streng mit ihm, er hat es nur gutgemeint! Und außerdem habe ich auch ziemlich lange geschlafen! Das hatten wir wohl alle nötig, nach, naja“, raunte Henry abwinkend und seufzte schwer. „Also, was ist? Bekomme ich nun was zu essen?“
„Eure Majestät, ich werde mich sofort darum kümmern“, antwortete der alte Diener und eilte davon.
„Guter, alter Sebastian“, murmelte Henry und Amanoue nickte dazu, während beide dem alten Mann voller Liebe hinterher sahen.
***
Nach dem Essen, es gab eine Gemüsebrühe, gebratene Forellen und Hähnchen, denn das Schweinefleisch ließ Amanoue, sehr zu Henrys Bedauern, sofort wieder hinaustragen, meldete sich Falco nochmals an. Der Hauptmann trat zum Tisch und salutierte mit besorgter Miene vor dem König. „Eure Majestät sind krank?“
„Ach was! Es geht mir schon wieder gut“, wiegelte Henry ab, doch Amanoue räusperte sich tadelnd.
„Seiner Majestät, geht es nischd gut“, warf er resolut ein, „und braucht Ru`e! `abt Ihr verstanden, `auptmann? Also sorgt dafür und sagt den Soldaten, sie sollen gefälligst leise sein! Und rischtet Brac aus, dass es swar gut gemeint von ihm ist und seine Majestät ihm auch danken lässt, aber es gibt bis auf weiteres keine Sweinebraten mehr, für seine Majestät! Jedenfalls, fürs erste“, sagte er ungewohnt streng und keinen Wiederspruch duldend.
Falco blieb fast die Spucke weg, er starrte ihn einen Momentlang nur an, dann blickte er wieder höchst verwundert zu Henry hin, der nur schmunzelnd die Schultern hochzog. „Tja, mein lieber Hauptmann, was soll man da machen? Bei so viel Fürsorge, muss ich mich wohl beugen“, meinte er und Falco schien die Welt nicht mehr zu verstehen. Wieder irrte sein Blick zwischen den beiden hin und her. „Regnet es eigentlich noch?“, fragte Henry leichthin und Falco blinzelte kurz verwirrt.
„Äh, ein wenig, Eure Majestät! Aber es scheint langsam aufzuklaren“, antwortete er. „Wenn es der Zustand von Eurer Majestät zulassen, können wir morgen sicher weiterziehen!“
„Gut“, erwiderte Henry zufrieden. „Und, mein Zustand, ist hervorragend! Sagt das den Soldaten und Brac!“, sagte er, Amanoue einen vorwurfsvollen Blick zuwerfend, als der wieder seine Hände in die Hüften stemmte. „A-a, jetzt ist Schluss!“, verbat er sich jeden weiteren Kommentar von ihm und winkte lässig mit seiner Hand. „Ihr dürft gehen, Hauptmann“, entließ er Falco und der vergaß beinahe, sich zu verbeugen, bevor er das Zelt wieder verließ.
„Liebling, mir geht es wirklich gut“, meinte Henry leicht genervt, als er Amanoues schmollende Schnute sah. Er griff hinüber, nahm dessen Hand und küsste sie zärtlich. „Was ist nun, mit unserem Würfelspiel?“, fragte er ablenkend und Amanoues Miene hellte sich sofort wieder auf.
„Oh ja!“, rief er begeistert und holte auch gleich selbst den Würfelbecher aus einer der Kisten, die Henrys Privatsachen beinhalteten. Er ging wieder um den Tisch herum, stellte den Becher darauf und stutzte mit einem Male.
„Was ist denn, mein Kätzchen?“, fragte Henry ihn und Amanoue sah ihn enttäuscht an.
„Isch kann gar nischd, mit Eusch spielen. Die `err spielt doch immer um Geld, aber isch `abe gar keines. Um was, sollen wir sonst spielen?“, meinte er niedergeschlagen.
Henry legte voller Mitgefühl den Kopf schief und zog ihn zu sich heran. „Tja, so ein Pech, aber auch“, raunte er etwas spöttelnd, „was machen wir denn da?“
Amanoue zuckte enttäuscht die Schultern und Henry küsste ihn zärtlich. „Dann muss ich dir wohl etwas leihen, aber was ist, wenn du verlierst? Wie willst du mir dann, deine Schulden zurückzahlen?“, trieb Henry sein Spielchen weiter und Amanoue sank regelrecht in sich zusammen.
„Kann isch nischd, `err“, antwortete er leise und tieftraurig.
„Dann werden wir eben, um etwas anderes spielen, als um Geld“, schlug Henry vor. „Mein kleiner Liebling, sei nicht traurig“, sagte er sanft und hob Amanoues Kinn an. „Was hältst du davon?“, fragte er und strich ihm zärtlich mit den Fingerrücken, über die Wange.
„Um was denn? Isch `abe doch nischds, alles, was isch `abe, ge`ört doch Eusch. Selbst isch, bin Euer Eigentum, `err“, erwiderte Amanoue ratlos und tief betrübt.
Henry grinste ihn an. „Wir werden ein Pfänderspiel machen“, schlug er schmunzelnd vor. „Das habe ich früher, als ich noch sehr jung war, manchmal gespielt, wenn wir mit den Soldaten unterwegs waren“, er räusperte sich verlegen, „und naja, ein paar leichte Mädchen, sich zu uns ins Lager geschlichen hatten. Es hat immer, sehr viel Spaß gemacht!“, meinte er und Amanoue hob auf seine niedliche Art die Augenbrauen.
„Eine Fänderspiel?“, fragte er überrascht.
Henry musste erst einmal herzlich lachen. „Ein Pfänderspiel! Du weißt, was ein Pfand ist?“
Amanoue nickte. „Ja, `err!“
„Gut, also, jedes Mal, wenn einer verliert, muss er dem anderen ein Pfand geben, zum Beispiel ein Kleidungsstück oder auch einen Kuss? Deine Küsse, gehören dir und das, was du am Leib trägst, auch. Ich habe es dir geschenkt!“
Amanoue sah ihn mit großen Augen an. „Wirklisch? Es ge`ört alles, mir?“, rief er ganz aufgeregt und schlang seine Arme um Henrys Hals. „Danke, `err, Ihr seid so gut su mir“, stammelte er aufgewühlt und vor Glück strahlend.
„Wenn du mich so ansiehst“, raunte Henry, „machst du mich so unendlich glücklich, mein Kätzchen, du weißt gar nicht, wie sehr.“
Amanoue senkte verlegen, aber mit einem kleinen Lächeln auf den vollen Lippen, seinen Blick. „Spielen wir?“, fragte er zart und Henry nickte.
„Ja, mein Schatz! Setze dich hierhin, neben mich“, meinte er und deutete auf den Stuhl, der schräg zu ihm stand.
Amanoue setzte sich und holte tief Luft. Vor Aufregung waren seine Wangen ganz gerötet und er sah Henry erwartungsvoll an. „Wer fängt an?“
„Du, mein Schatz!“
Amanoue nahm den Würfelbecher und schüttete die Würfel aus. Eine Eins, eine Drei und eine Vier.
„Acht“, sagte Henry, nahm den Becher und warf. Eine Sechs, eine Fünf und eine Drei. „Vierzehn! Ich habe gewonnen, mein Schatz! Jetzt darfst du noch zweimal würfeln und ich auch, dann ist eine Runde vorbei“, erklärte er.
Amanoue nickte begeistert und warf. Dieses Mal gewann er und auch sein nächster Wurf war höher als Henrys. „Isch `abe gewonnen!“, rief er lachend und klatschte dabei vergnügt in die Hände. „Was bekomme isch?“, sagte er fordernd und streckte seine rechte Hand aus.
Henry schmunzelte, nahm seinen Gürtel ab und legte ihn auf den Tisch. Die nächste Runde, ging an ihn und Amanoue zog einen Stiefel aus, doch von da an, gewann er jede weitere Runde. Henry verlor seine Stiefel, seine Tunika, sein Hemd und saß schließlich nur noch, in seinen Reiterhosen vor ihm.
„Das gibt’s doch nicht“, knurrte er fassungslos, „aber warte nur, mein Schätzchen! Jetzt, bist du dran!“ Er schüttelte den Becher übertrieben lange, knallte ihn auf den Tisch und hob ihn langsam hoch. Drei Fünfen! „Ha!“, rief er siegessicher und reichte Amanoue die Würfel.
Amanoue knallte ohne Umschweife den Becher auf den Tisch, hob ihn schnell an und begann zu lachen, sein wundervolles, silberhelles Lachen. Er hatte drei Sechsen!
Henry lehnte sich stöhnend zurück und sah ihn flehend an. „Nicht die Hosen, mein Liebling, bitte, sei gnädig!“
„Nischds da! `er damit!“, rief Amanoue unnachgiebig und machte eine fordernde Handbewegung. Amüsiert beobachtete er Henry, wie dieser schwer seufzend aufstand, seine Hose öffnete, sie zögerlich auszog und ihm anschließend über den Tisch reichte. Amanoue feixte vor Vergnügen, als er den König nur noch mit seiner Bruoch bekleidet, vor sich stehen sah.
„Und jetzt?“, fragte Henry schmunzelnd.
„Noch `ne Runde?“, raunte Amanoue herausfordernd zurück. „Ihr könntet ja etwas surückgewinnen!“
Henry setzte sich kopfschüttelnd. „Du kleines Biest“, sagte er tadelnd, „und wenn ich wieder verliere?“
„Dann seid Ihr nackt! Und alles, ge`ört mir!“, jauchzte Amanoue lachend. „Das ist eine tolle Spiel!“
„Gib schon her“, maulte Henry und warf, doch er verlor wieder. Stöhnend lehnte er sich zurück und Amanoue hielt sich den Bauch, vor Lachen. „Liebling“, bettelte der König ihn an, als Amanoue auffordernd mit der Hand wedelte.
„`er damit!“, meinte er gnadenlos und Henry erhob sich. Er löste das Lendentuch, zog es langsam zwischen seinen Beinen hindurch und sah ihn dabei beinahe aufreizend an. Amanoue lehnte sich, die Luft zwischen den Zähnen einziehend, zurück und schluckte unwillkürlich, bei diesem Anblick. Er keuchte sogar leise auf, als Henry ihm den Stoff kokett über den Tisch reichte und nun splitternackt, vor ihm stand.
Henrys deutliche Erregung war nicht zu übersehen und auch er atmete plötzlich hörbar ein und aus. Er ließ das Tuch einfach fallen, als Amanoue nicht danach griff, dafür packte er nun ihn und zog ihn ruckartig hoch. Amanoue keuchte laut und fast erschrocken auf, seine Brust hob und senkte sich mit jedem Atemzug und ihre Blicke verhakten sich ineinander. Sie sahen sich direkt an und Henry verlor sich fast, als er in diese wunderschönen, leuchtendgrünen Augen blickte. Voller Lust riss er ihn an sich und küsste ihn hart und leidenschaftlich. Dann hob er ihn hoch, trug ihn zum Bett und warf sich mit ihm darauf. Sich immer wieder wild küssend, zog Henry ihn ebenfalls aus und wälzte sich auf ihn.
„Bitte, mein Liebling“, keuchte er, halb wahnsinnig vor Verlangen, „du hast gesagt, du würdest alles für mich tun, ja?“
„Ja“, hauchte Amanoue lustverhangen zurück und schlang seine Beine um ihn.
„Dann stöhne“, raunte Henry und küsste ihn derb. „Stöhne für mich, mein Liebling, ich will dich stöhnen hören!“
Amanoue keuchte voller Lust auf und erfüllte Henrys Wunsch. Er stöhnte laut und voller Leidenschaft, während ihres ausgiebigen Liebesspiels und seit langem wieder einmal grinsten sich die Wachen, die vor dem Zelt standen, vielsagend an.
„Scheint wieder alles, beim alten zu sein“, raunte Matto leise.
„Na, Gott sei Dank“, flüsterte Alecto zurück. „Ist mir ehrlich abgegangen, sein `Oh, `enry´, am Schluss!“
Sie warteten geradezu gespannt ab und als Amanoues letztes, lustvolles Stöhnen und sein inbrünstiges `Ooooh `enriiiie´, zu ihnen hinausdrang, schlossen sie verhalten kichernd ihre Augen, da sie es nicht wagten einander anzusehen, um nicht lauthals los zu lachen.
***
Am nächsten Morgen, bauten sie etwas später als sonst, das Lager ab und zogen bei strahlendem Sonnenschein weiter. Amanoue war wie selbstverständlich zu den Soldaten hinübergegangen und als die ihn alle merkwürdig grinsend entgegenblickten, nahm er fragend den Kopf zurück. „Was ist?“, fragte er und stieg auf Maids Rücken. „Seid ihr mir etwa immer noch böse?“
„Mm, mm“, machte Brac kopfschüttelnd und zog die Augenbrauen schmunzelnd hoch.
„Was dann?“, fragte Amanoue unschuldig in die Runde.
„Na was, wohl!“, keifte Benny ihn an, „du warst ja nicht zu überhören, letzte Nacht! Dass du dich nicht schämst, so laut zu sein!“
Amanoue zuckte nur ungerührt mit den Schultern und sah ihn überheblich an. „Na und? Was geht es disch an? Seine Majestät war eben sehr gut, vergangene Nacht!“, gab er kokett grinsend zurück. Er streckte sich wohlig und strahlte übers ganze Gesicht. „Aaah! Er war aber auch wirklisch gut! Er ist einfach, eine großartige Lieb`aber und `at es mir gleisch dreimal besorgt, wenn du es genau wissen willst!“
„Dreimal?“, fragte Matto grinsend, „ihr habt es dreimal, gemacht? Ich meine, ER, hat es dreimal gemacht? Hintereinander? In einer Nacht?“, hakte er nochmals äußerst beeindruckt nach.
„Jaa“, gab Amanoue schmunzelnd zurück und verdrehte schwärmerisch die Augen. „Isch sagte ja schon, er ist einfach eine tolle Lieb`aber! Aber eigentlisch, nischd direkt `intereinander. Die erste Mal, war noch vor dem Abendmahl, dann `aben wir susammen gegessen und uns direkt danach wieder geliebt und später, noch einmal, weil isch einfach nischd genug kriegen konnte, von ihm! Und ihm, schien es wohl ebenso su ergehen, er war geradesu unersättlisch“, gab er beinahe schnurrend zurück und Benny dabei überheblich ansehend.
„Du bist und bleibst, eine Hure“, giftete Benny ihn verächtlich an. „Wie kannst du nur so schamlos daherreden und auch noch, über ihn!“
„Pah!“, winkte Amanoue lässig ab und zog an den Zügeln. „Du bist doch nur neidisch“, meinte er herablassend und lenkte Maid neben Bracs Pferd.
Den ganzen Tag über, war Amanoue bestens gelaunt. Er sang mit Brac die schmutzigsten Lieder mit, extra laut und falsch, nur um Benny damit zu ärgern und amüsierte sich köstlich, über dessen giftige Kommentare. Sie kamen gut voran und obwohl es erst Nachmittag war, ließ Henry überraschend Halt machen, um das Lager wieder zu errichten.
„Was ist denn los?“, rief Brac nach vorne, als sie so unverhofft stoppten.
„Keine Ahnung“, kam es zurück, „seine Majestät hat befohlen, hier zu lagern!“
„Na vielleicht, hat er ja Sehnsucht, nach dir“, meinte Matto zu Amanoue hin und der grinste breit.
„Unter uns“, raunte er leise zurück, „er war siemlisch fertig, `eute Morgen.“
Matto grinste etwas verhalten und nickte augenzwinkernd. „Du bist mir ja so einer“, sagte er leicht tadelnd, „hattest wohl echt Nachholbedarf, was? Ehrlich gesagt, hab ich schon angefangen, an mir zu zweifeln! Dreimal, hab ich`s nämlich noch nie geschafft, in einer Nacht!“
„Oh, das stimmte schon!“, antwortete Amanoue wie selbstverständlich, „aber beim lesden Mal, `abe isch ihn wohl doch su sehr, gefordert. Du verstehst, su oft, die Stellung gewechselt“, meinte er trocken und unterstrich es noch, mit einer lässigen Geste.
Matto fiel glatt die Kinnlade herunter. „Benny hat recht, du bist und bleibst, `ne kleine Metze!“
Amanoue sah ihn empört an und schubste ihn hart. „Und du, bist und bleibst, eine böde Arsch!“, keifte er und stapfte wütend mit Maid im Schlepptau, davon.
Gleich nachdem er das Pferd versorgt hatte, verabschiedete er sich noch von Brac und schlenderte zum königlichen Zelt. Auf dem Weg dorthin begegnete er Falco, der das gleiche Ziel zu haben schien. Amanoue grüßte ihn freundlich, doch Falcos Gruß fiel wesentlich kühler aus. „Scheint ja wieder alles zum Besten zu stehen, zwischen dir und seiner Majestät“, meinte er bissig.
„In der Tat, er war sehr standhaft, gestern“, gab Amanoue zynisch zurück und Falco schüttelte angewidert seinen Kopf.
„Jetzt ist mir auch klar, warum er so müde war, den ganzen Tag über“, spottete er zurück. „Er machte einen echt ausgelaugten Eindruck, heute! Hast ihm mal wieder alles abverlangt, um auf deine Kosten zu kommen, was?“
„Oh, isch bin auf meine Kosten gekommen, macht Eusch keine Sorgen darüber“, konterte Amanoue überheblich, „und das werde isch `eute Nacht bestimmt, auch! Er ist so eine gute Lieb`aber und kennt keine Tabus, um misch glücklisch su machen, im Gegensads su Eusch“, sagte er hämisch.
Falco packte ihn am Arm und hielt ihn hart fest. „Du elendes Miststück!“
Amanoue sah gelassen auf seinen Arm. „Lass misch sofort los, oder isch serkradse dir deine Gesicht“, drohte er ihm wütend.
Falco riss ihn grob an sich und stieß ihn heftig wieder von sich, so dass Amanoue rücklings hinfiel. „Du bist ein widerliches Dreckstück, mehr nicht! Und dabei hatte ich noch fast Mitleid mit dir, als er dich neulich so erniedrigt hat!“, sagte Falco kopfschüttelnd. Einige Soldaten waren bereits auf sie aufmerksam geworden und starrten neugierig zu ihnen hinüber, darunter auch Mati. „Ist es das wenigstens wert? All die Demütigungen, denen er dich aussetzt? Für deine schönen Gewänder, die er dir schenkt und dich des Nächtens befriedigt? Du tust mir einfach nur leid“, zischte Falco kopfschüttelnd.
Amanoue rappelte sich auf und sah spöttisch zu ihm hoch. „Er befriedigt misch wenigstens und es macht ihm auch noch Spaß, genau wie mir! Du, warst ja dasu nischd fähig, oder `at die `err `auptmann es vielleischd auch mal wieder nötig? So eine Pech, aber auch, dass Ihr nischd die Gelegen`eit dasu `abt, Eusch `eimlisch an mir su vergreifen, so, wie Ihr es sonst immer getan `abt“, giftete er zurück und traf damit voll ins Schwarze. Falco taumelte regelrecht für einen Moment, doch dann machte er einen drohenden Schritt auf Amanoue zu. Er streckte bereits die Hand nach ihm aus, aber da war Mati schon zur Stelle und stellte sich zwischen sie.
Er hielt Falcos Arm fest und stemmte sich gegen ihn. „Nicht, Falco“, raunte er eindringlich, „sie schauen schon alle herüber! Der ist es doch gar nicht wert!“
Falco senkte kurz seinen Blick, schnaufte tief durch und nickte. „Du hast recht! Er ist es nicht wert“, erwiderte er, wandte sich ab und marschierte weiter, auf das königliche Zelt zu.
„Auf was, wartest du noch? Mach, dass du ins Zelt deines Herrn kommst!“, blaffte Mati Amanoue grob an, „und lass Falco endlich in Ruhe! Hast du nicht schon genug angerichtet? Wegen dir, ist er nicht mehr, er selbst! Er ist mein bester Freund, doch ich kenne ihn kaum wieder! Er leidet wegen dir, Höllenqualen, Tag und Nacht! Und jetzt verschwinde, du Miststück, bevor ich mich vergesse und dir den Hals umdrehe!“, sagte er beinahe hasserfüllt, spuckte aus und stampfte zurück zu seiner Truppe.
Amanoue war den Tränen nahe, vor Wut und auch, vor Trauer. Er erhob sich, strich sich die schöne Tunika glatt und marschierte in Richtung Zelt. Kurz davor machte er jedoch wieder kehrt und stapfte wütend zurück zu Bracs Lagerplatz. „Was war `n wieder los, da eben, zwischen dir und dem Hauptmann?“, fragte Finn neugierig. Außer ihm, waren nur noch Brac und Benny anwesend.
„Ach nischds!“, gab Amanoue unwirsch zurück und setzte sich neben ihn. „`abt ihr Birr?“
„Leider nicht“, antwortete Brac, „aber Wein, wenn du welchen möchtest?“
„Besser, als nischds“, erwiderte Amanoue, „kann isch eine Bescher `aben?“
Brac nickte nur und holte den Weinschlauch. Er schenkte zwei Becher voll und reichte einen davon Amanoue, der wütend vor sich hinstarrte. „So eine blöde Arschloch“, murmelte er und trank hastig, „was mischt der sich eigentlisch ein?“
„Wer?“, fragte Brac.
„Diese blöde Mati!“, zischte Amanoue zu ihm hoch.
„Naja“, meinte Finn, „sei doch froh, dass er sich eingemischt hat. Es sah fast so aus, als wollte dir der Hauptmann an den Kragen gehen! Mein lieber Freund, wenn der dich erwischt hätte! Von hier aus, sah es so aus, als wäre er verdammt wütend gewesen, auf dich!“
„Na und? Isch war auch wütend und mit dem wäre isch schon fertig geworden, wäre ja nischd die erste Mal gewesen, pah!“, prahlte Amanoue schnippisch und trank erneut einen Schluck. „Ist gar nischd so schlescht“, sagte er, den Becher anerkennend hochhebend. „Der schmeckt anders, als sonst!“
„Das ist auch ein anderer Wein“, bestätigte Brac und grinste ihn versöhnlich an. „Der ist aus dieser Gegend hier! Hier bauen sie guten Wein an, schon seit der Römerzeit! Das macht das milde Klima hier aus, am Rhenus, weißt du?“
Amanoue nickte kurz zu ihm hoch und blickte dann gleich wieder, nicht gerade begeistert wirkend, vor sich hin. „Isch, soll ihn, in Ru`e lassen, ph! Soll der misch doch, in Ru`e lassen“, maulte er eingeschnappt.
„Falco? Geh ihm doch einfach, aus dem Weg“, meinte Brac, legte seine große Pranke auf Amanoues Schulter und tätschelte ihn sanft tröstend.
„Ach! Und wie?“, fuhr Amanoue ihn an und der gutmütige Mann trat überrascht zurück.
„He! Ich meinte es nur gut“, sagte er leicht beleidigt.
„Ist ja rescht, entschuldige bitte“, erwiderte Amanoue wesentlich sanfter. „Aber isch war so wütend, auf sie beide! Falco be`andelt misch wie eine Aussädsige und beleidigt misch ständig! Isch `abe es so satt, mir von eusch immer eure Beleidigungen ansu`ören! Manschmal denke isch, dass isch in eure Augen immer noch nischds weiter bin, als `enrys `urensklave!“, brummte er, sie reihum ansehend.
„Das bist du doch auch“, gab Benny spöttisch zurück. „Oder meinst du tatsächlich, du könntest jemals, zu uns gehören? Du darfst doch nur mit uns mitreiten, weil seine Majestät es befohlen hat! Und außerdem sollen wir alle recht nett und freundlich, mit dir umgehen“, sagte er genüsslich, allerdings steckte er sich gleich danach einen Finger in den Hals und würgte gespielt.
Amanoue schluckte schockiert und stand sofort auf. „Was soll denn das?“, rief Brac dazwischen und hob beide Hände. „Setz dich wieder und du, Benny, hältst dein Maul!“
„Lass nur, Brac“, erwiderte Amanoue schnippisch. „Isch `abe schon verstanden!“
„So ein Blödsinn“, warf Finn genervt ein und zog ihn am Ärmel. „Niemand, von uns, denkt so über dich und das weißt du auch! Jedenfalls, die meisten“, brummte er vorwurfsvoll zu Benny hin. „Ich finde es echt zum Kotzen, wenn ihr dauernd streitet, ehrlich Mann!“
„Isch will es ja gar nischd“, sagte Amanoue gereizt, „aber er, fängt doch dauernd an! Ständisch, `ackt er auf mir `erum! Das, finde isch, ehrlisch, scheiße Mann!“
„Setz dich wieder und jetzt ist Schluss“, raunte Brac und drückte ihn zurück auf den Hocker. Er schenkte ihm nach und stieß versöhnlich mit ihm an.
„Immer, seid ihr auf seiner Seite“, heulte Benny da plötzlich los. „Egal, was ist oder was er tut oder sagt! Jedes Mal, bin ich dann schuld und der Böse! Das habe ich auch satt! Wenn er nicht da ist, ist alles in bester Ordnung, doch sobald er auftaucht, seid ihr alle komplett verändert! Alles, dreht sich dann nur noch, um ihn! Du verdammtes Miststück!“, schrie er Amanoue keifend an und rannte weinend davon.
„Ph“, machte Amanoue nur, allerdings sehr leise und kleinlaut.
Finn seufzte und gerade als Amanoue trinken wollte, nahm er ihm den Becher aus der Hand und leerte ihn auf einen Zug. „Weißt du, ich mag euch eigentlich beide recht gern, aber ihr seid einfach zwei richtige Nervensägen! Wisst ihr eigentlich, wie kindisch ihr euch benehmt? Oder, wie zwei zänkische, eifersüchtige Weiber! Oh Mann, scheiße, Mann!“, sagte er und verdrehte genervt die Augen.
Amanoue sah ihn zwar beleidigt an, sagte aber nichts dazu. Er nahm ihm den Becher wieder ab und hielt ihn Brac entgegen.
„He, sauf nicht so viel“, meckerte der, schenkte aber trotzdem nach.
„Das war isch gar nischd, er, `at ihn doch ausgetrunken!“, verteidigte sich Amanoue und nippte am Becher.
Eine Weile, sagte keiner mehr was und sie sahen sich auch nicht an, bis der Rest von den Jungs, Matto, Lucius, die beiden Savoyer, Amadeus und Frowin, zu ihnen stießen. „Was is`n hier los?“, fragte Lucius auch gleich, als er ihre sauren Mienen bemerkte.
„Du `ast mir gerade noch gefehlt“, murrte Amanoue genervt. „Rede misch bloß nischd blöde an!“
Lucius sah ihn überrascht an, doch dann grinste er breit. „Ist unser Sonnenschein etwa schlecht gelaunt? Was`n los?“
„Dicke Luft“, antwortete Finn. „Benny und er“, er stieß Amanoue mit dem Ellenbogen an, „haben mal wieder gestritten und jetzt ist Benny beleidigt und abgehauen!“
Lucius zuckte mit den Schultern. „Der fängt sich schon wieder, ist doch jeden Tag, das Gleiche! Sobald Manou weg ist, kommt er zurück und alles ist wieder in Ordnung!“
„Ach, ist das so, ja?“, keifte Amanoue ihn gereizt an, „wenn isch weg bin, ist also alles bei eusch in Ordnung?“ Wieder stand er auf und drückte Finn den Becher in die Hand. „`ier, lass ihn dir schmecken! Isch verschwinde wohl besser, damit isch eure Ordnung nischt länger störe“, zischte er und marschierte sofort, Lucius noch unsanft anrempelnd, davon.
„Du liebe Zeit, was hat`n der?“, fragte Lucius, etwas zur Seite wankend. „So war das doch gar nicht gemeint. He, Manou!“, rief er ihm noch nach, doch Amanoue stapfte wütend weiter.
Als er am Zelt angekommen war, standen Alec und Marcus davor. „Seit wann, seid ihr beiden denn zusammen?“, fragte er überrascht.
„Lucius, hat mit mir getauscht, er macht lieber Nachtwache“, gab Alecto knapp zurück. „Außerdem, wollte er wohl noch ein bisschen mit dir und Matto herumalbern“, meinte er achselzuckend.
„Ph!“, machte Amanoue trotzig und blickte verstohlen an ihnen vorbei. „Ist er noch da drinnen?“
„Wer?“
„Die `auptmann!“
„Ja!“
„Scheiße Mann!“ Amanoue stieß mit seinem Fuß heftig gegen einen der Stützpfosten, dass das ganze Vorzelt wackelte. „Wieso lagern wir eigentlisch schon?“, fragte er genervt.
„Wir sind zu gut dran“, antwortete Alec.
„Hm?“
„Wir waren zu schnell und jetzt müssen wir warten!“
„Warten? Worauf?“
Beide Wachen sahen ihn verblüfft an. „Auf die Königin!“, antwortete dieses Mal Marcus.
Amanoues Augen wurden riesig. „Was?“
„Die Königin“, wiederholte Alecto leise, „ihre Majestät, kommt uns doch entgegen!“
Amanoue nahm seinen Kopf verwirrt zurück. „Wieso weiß isch davon nischds?“
„Na hör mal! Du, sitzt doch direkt, an der Quelle“, mischte sich Marcus wieder ein, „du, müsstest doch am besten von uns, Bescheid wissen!“
„Tu isch aber anscheinend nischd! Mir sagt ja nie einer was“, gab Amanoue überaus gereizt zurück. „Er redet ja nie, mit mir! Dafür `at er ja seine blöde `auptmann!“
Alecto hob eine Augenbraue und Marcus zuckte ahnungslos mit den Schultern. „Ach verdammt“, brummte Amanoue vor sich hin und schlängelte sich zwischen ihnen hindurch.
Falco und Henry saßen wie immer am Tisch und unterhielten sich angeregt miteinander. Amanoue marschierte, ohne Falco auch nur eines Blickes zu würdigen, geradewegs zu Henry und kniete nieder.
„Schon da?“, fragte Henry freundlich und strich ihm einmal übers Haupt. „Steh doch auf, mein Kätzchen.“
Amanoue erhob sich und sein säuerlicher Blick sprach Bände.
„Ist was?“, fragte Henry überrascht nach.
„Nein, `err!“, fauchte Amanoue und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust.
Henry sah ihn schief an. „Kätzchen! Ich kenne diesen Blick! Was ist passiert?“
„Nischts, `err!“
Henry lehnte sich seufzend zurück, blickte hinüber zu Falco und bemerkte, wie der seltsam betreten, auf seine Hände starrte. „Hauptmann?“
„Eure Majestät?“, schreckte der auf.
„War etwas?“, hakte Henry nun bei dem nach.
„Nein, Eure Majestät, nicht das ich wüsste“, antwortete der Hauptmann kühl.
Henry blickte zwischen beiden hin und her und seufzte erneut. „Wollt ihr mich für dumm verkaufen?“
Amanoue atmete tief durch. „Na gut! Isch `abe misch mit Benny gestritten und dann auch noch mit einige von die Jungs! Sufrieden? Was die `auptmann `at, weiß isch nischt!“, presste er ärgerlich hervor.
Henry sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und schmunzelte. „Puh, du bist noch immer ziemlich wütend, was?“, fragte er amüsiert und zog ihn zu sich heran. Amanoue blickte nur genervt zur Seite und machte sich steif, um nicht auf Henrys Schoß sitzen zu müssen und so ließ der ihn wieder los. „Dann lasse ich dich wohl lieber in Ruhe, bis dein Zorn verraucht ist, hm?“, meinte er verständnisvoll lächelnd.
„Und? Was soll isch nun machen? Die ganse Nachmittag `ier drinnen blöd `erumsidsen und mir euer Palaver an`ören?“, fauchte Amanoue ihn an, dabei trat er einige Schritte zurück und wedelte mit seinen Armen, quer durchs Zelt.
Henry sah ihn wie vom Donner gerührt an und holte tief Luft. „Amanoue, es reicht! Lass deine Wut nicht an mir aus“, sagte er warnend.
„Ph! Alle wissen Bescheid, alle!“, fuhr der ihn giftig an. „Nur isch nischd! Aber das ist ja gans normal! Mit mir, unter`ält sisch die `err ja nischd, außer im Bett“, fauchte er und Henry lehnte sich erneut baff zurück.
„Sag mal, jetzt reicht es aber wirklich! Was fällt dir ein, mich so anzuschreien?! Wenn du streiten möchtest, werfe ich dich wieder hinaus! Dann kannst du dir jemanden suchen, an dem du deine schlechte Laune auslassen kannst! Hast du verstanden?“
„Ja, `err“, gab Amanoue noch immer gereizt, aber auch wesentlich ruhiger, zurück. „Aber“, er zog eine Schnute und sah ihn beleidigt an, „es ist nur so, dass anscheinend alle wussten, dass die Königin kommt! Nur isch, wusste mal wieder gar nischds! Wieso, `abt Ihr mir nischds gesagt, `err?“, warf er ihm gekränkt vor.
Henry strich mit seiner Fingerspitze über die Tischplatte und klopfte dann einige Male darauf. „Weil es dich nichts angeht und es dich nicht zu interessieren hat“, antwortete er zwar ruhig, aber auch kalt.
Amanoue zwinkerte einige Male verstört, drehte sich abrupt um, rannte zum Bett und warf sich darauf. Er versuchte sich noch zurückzuhalten, doch dann schluchzte er laut auf und heulte vor Wut und Enttäuschung los. Henry seufzte schwer und massierte sich die Schläfen. „Oh Gott, im Himmel, wie ich das hasse“, murmelte er, „das kann ja wieder heiter werden.“
Falco blickte ihn betreten an. „Eure Majestät?“
„Nichts“, winkte Henry kopfschüttelnd ab und strich erneut mit seinem Zeigefinger über den glatten Tisch. „Was hast du erwartet?“, rief er plötzlich in Amanoues Richtung, „dass ich dich ihr vorstelle? Als was denn? Soll ich vielleicht sagen, und übrigens, meine Liebe, das ist mein Lustsklave Amanoue, den ich mir als Souvenir aus Tiranien mitgebracht habe! Oder, was sonst? Du wirst sie nicht zu Gesicht bekommen und sie dich nicht! Jedenfalls nicht hier und jetzt!“
Amanoue setzte sich schluchzend auf. „Und wie `abt Ihr Eusch das vorgestellt? Wollt Ihr misch für die Rest von meine Leben wegsperren, damit isch vor ihre Augen verborgen bleibe?“, schrie er zurück.
Der König starrte entnervt vor sich hin. „Ich weiß es nicht!“, erwiderte er barsch. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht!“, sagte er und stützte seufzend seinen Kopf in seine Hand. „Amanoue, ich liebe dich, aber ich kann dich nicht einfach so, mit an den Hof nehmen! Nicht, als meinen Geliebten! Denkst du im Ernst, dass sie dich akzeptieren würden? Und sie? Die Königin?“, schnaubte er verächtlich. „Glaube mir, mein Liebling, ich trage diese Last schon sehr lange, mit mir herum! Seit dem Tag, an dem ihre Nachricht kam, dass sie mir entgegen zu kommen wünscht! Da ist mir klar geworden, wie blauäugig und naiv ich war und ich habe seitdem, schreckliche Angst, dich zu verlieren! Wenn ich darüber nachdenke, wird mir schlecht und mein Herz rast, vor Sorge um dich“, sagte er sehr sanft.
Amanoue wischte sich übers Gesicht, stand auf und eilte zu ihm. Er setzte sich auf Henrys Schoß und lehnte sich ergriffen an ihn. „Verseiht mir, `err, isch war dumm und `abe nischd darüber nachgedacht, wie sehr Ihr Eusch sorgt. Isch werde tun, was immer Ihr von mir verlangt und wenn Ihr misch verstecken und wegsperren müsst, dann warte isch eben auf Eusch, bis Ihr su mir kommt“, hauchte er einsichtig.
Henry drückte ihn fest an sich und streichelte ihm zärtlich über den Rücken. „Mein Liebling, ich werde eine Lösung finden, ganz gewiss! In Austra, ja? Aber nicht hier. Wenn wir erst in Austra sind, wird uns schon was einfallen, ja?“, raunte er zuversichtlich und Amanoue nickte zart.
„Ja, `err“, erwiderte er bekümmert, „wenn Ihr misch nur nischd fortschickt, bitte `err, schickt misch nischd fort“, flehte er inständig und Henry presste ihn regelrecht, an sein Herz.
„Niemals, mein Kätzchen, niemals“, antwortete er und küsste ihn auf den Scheitel.
Falco saß da und es zerriss ihm schier das Herz, vor Kummer und Eifersucht. `Alles aus und vorbei, ich habe keine Chance mehr´, dachte er und schloss die Augen.
***
Nach dem Abendessen, das sie alle sehr schweigsam zu sich genommen hatten, verabschiedete der König seinen Hauptmann und legte sich bald darauf zu Amanoue ins Bett. Sie lagen eng umschlungen beieinander und streichelten sich gegenseitig sanft, bis Henry sich plötzlich aufsetzte. „Ich liebe dich, mein Kätzchen, Gott allein weiß, wie sehr“, sagte er ergriffen. Mit beiden Händen strich er über Amanoues wunderschönen Leib und presste sein Gesicht gegen Amanoues Bauch. „Ich liebe dich, so sehr“, keuchte er lustvoll und küsste ihn immer wieder verlangend darauf.
Amanoue rekelte sich stöhnend dabei und krallte sich erwartungsvoll in Henrys Haar. „Oh `enry, isch will disch, jesd!“, raunte er voller Lust und Henrys Küsse wanderten tiefer.
„Wenn du doch nur ein Kind von mir, empfangen könntest, ich wünsche mir so sehr, ein Kind“, murmelte er dabei, küssend und leckend.
Amanoue sog die Luft ein und hielt für einen Moment den Atem an. Dann stieß er ihn regelrecht von sich, entwand sich ihm und ruckte ein ganzes Stück von ihm fort. „Ihr wisst, dass das unmöglich ist?“, fragte er, ihn wie einen Verrückten ansehend. „Isch kann Eusch keine Kind schenken“, sagte er ernst und schnaubte fassungslos. „Das kann nur, eine Frau!“
„Das weiß ich selbst!“, erwiderte Henry barsch. „Ich meinte ja nur, weißt du, ich wünsche mir schon so lange, einen Erben und ich schätze die Königin auch sehr, aber ich liebe sie nicht, jedenfalls nicht auf diese Art“, fuhr er wesentlich sanfter fort, doch Amanoues skeptische Miene blieb. „Ich habe ihr, am Anfang unserer Ehe, regelmäßig beigelegen, aber sie wurde einfach nicht schwanger. Gott allein, weiß warum!“ Er machte eine kleine Pause und fuhr sich verlegen durchs Haar, „ich habe mich dem Herzogspaar von Averna verbunden gefühlt, weil es ihnen ebenso erging, verstehst du? Aber dann, als ich erfuhr, dass die Herzogin ein Kind erwartet, da war ich maßlos enttäuscht und auch gekränkt, weil du es auch noch warst, der es mir sagte! Vielleicht habe ich auch deshalb so hart reagiert und dich bestrafen lassen, weil ich so enttäuscht über meine eigene Unfähigkeit war, selbst ein Kind zu zeugen“, versuchte er sich zu rechtfertigen und Amanoue um Verständnis bittend ansehend.
Doch der wirkte alles andere, als verständnisvoll und wandte sich sogar noch halb ab. „Was `atte das mit mir su tun?“, fragte er ärgerlich und straffte sich. „Nun, wie sagtet Ihr einmal su mir? Ihr würdet Nacht für Nacht, eine tote Acker pflügen? Isch bin eine tote unfruchtbare Acker und Euer Samen, wird nie in mir aufge`en!“
„Warum sagst du so etwas?“, fragte Henry bitter und rutschte an ihn heran. „Ich habe das damals im Zorn gesagt und es längst bereut, wie alles, was ich dir angetan habe. Bitte, Amanoue, verstehe mich doch! Ich liebe dich und werde dich immer lieben, egal, was auch geschieht“, flehte er, ihn umarmend und presste sich an ihn.
„Und dennoch, Ihr braucht eine Erbe, wie Euer Onkel schon sagte. Ihr müsst Eurer Königin beiliegen, auch wenn mir das nischd gefällt“, brummte Amanoue ärgerlich.
Henry lehnte sich etwas zurück und sah ihn fragend an. „Bist du etwa eifersüchtig?“
Amanoue schnaubte wütend und schüttelte ihn ab. „Natürlisch, bin isch eifersüchtig! Und wenn ich daran denke, dass Ihr bald wieder mit ihr susammen sein werdet, könnte isch Eusch die Augen auskrassen!“, antwortete er giftig, doch es trieb ein Lächeln, auf Henrys Lippen.
„Du bist wirklich eifersüchtig?“, fragte er voller Unglauben, „dann empfindest du doch etwas, für mich?“
Amanoue verschränkte brummend seine Arme vor der Brust und drehte seinen Kopf schnippisch von ihm weg. „Ph!“
„Oh, Liebling“, lachte Henry, den Tränen nahe, „das ist der schönste Moment, in meinem Leben! Du liebst mich, auch wenn du es nicht zugibst! Du empfindest etwas für mich, nach allem, was ich dir angetan habe! Und ich dachte schon, du hättest nur Angst, dass ich dich wieder weggeben könnte“, rief er ganz verzückt.
„Ph!“
Henry lachte von Herzen, zog ihn erneut in seine Arme und küsste ihn überschwänglich. „Ich liebe dich, so sehr!“, rief er befreit und küsste ihn wieder und wieder. Anfangs sträubte sich Amanoue noch dagegen, doch dann gab er mehr und mehr nach und erwiderte ebenso zärtlich, Henrys Liebkosungen.
„`err?“, fragte er und schmiegte sich an ihn.
„Hm?“, machte Henry, trunken vor Glück.
„Schlaft nischd mehr, mit ihm! Es macht misch krank, vor Eifersucht, wenn Ihr bei Benny liegt und isch `abe Angst, dass isch dann einmal die Kontrolle verliere und wieder etwas Böses tun könnte“, sagte Amanoue ernst.
„So? Was denn?“, fragte Henry schmunzelnd.
Amanoue warf sich grob auf ihn und Henry schnaufte keuchend auf. „Isch krasse Eusch und ihm, die Augen aus, oder“, er packte hart Henrys Gemächt und griff ziemlich unsanft dabei zu.
„Au!“, schrie Henry erschrocken auf, hielt ihn an den Hüften fest und wälzte sich mit ihm herum, so dass er nun auf ihm lag. „Das liegt nur bei dir, du süßes kleines Biest! Wenn du mich zufrieden stellst, wieso sollte ich ihn dann noch brauchen?“, keuchte er verlangend.
„Ihr werdet ihn nischd mehr brauchen“, hauchte Amanoue lüstern, „dafür werde isch schon sorgen!“ Er spreizte seine Beine, schlang sie um Henrys Leib und drängte sich ihm entgegen. „Nimm misch!“, keuchte er fordernd und Henry kam seiner Forderung nur zu gerne nach.
Am nächsten Morgen schliefen sie aus und frühstückten gemeinsam im Bett. „Übrigens“, meinte Henry gelassen, „was ich dir noch sagen wollte, ich habe gar nicht mit ihm geschlafen!“
Amanoue sah ihn fragend an. „Hm?“, machte er mit vollem Mund.
„Benny! Ich habe nicht mit ihm das Bett geteilt, als ich dich kürzlich rauswarf! Ich wollte dich einfach ein wenig ärgern und habe lediglich mit ihm gesprochen, dass er netter zu dir sein sollte…“, weiter kam er nicht, denn Amanoues Kissen traf ihn mitten im Gesicht.
„Du elender Schuft!“, rief er und stürzte sich ungeachtet der Frühstückstabletts, auf ihn.
„Liebes!“, rief Sebastian erschrocken und mit den Händen an den Wangen, „das Frühstück! Oh sieh nur, die Milch!“, jammerte der Diener los, doch Henry lachte nur. Er packte Amanoue seinerseits und beide rangelten miteinander, bis er endlich die Oberhand erlangt hatte.
„Gibst du auf?“, fragte er keuchend.
Amanoue schüttelte den Kopf. „Niemals!“
Henry küsste ihn hart und presste seine Lippen solange auf Amanoues Mund, bis der atemlos zu zappeln anfing. „Gibst du auf?“
„Ja, du Spinner!“, rief Amanoue lachend und nach Luft japsend.
„Gut!“, sagte Henry zufrieden und gab ihm noch einen zärtlichen Kuss.
„Ich liebe dich“, sagte Amanoue auf asconisch und Henry nahm verdutzt den Kopf zurück.
„Was heißt das?“, fragte er lächelnd.
„Du gemeine Schuft“, log Amanoue, mit einem sehr liebevollen Lächeln und Henry lachte herzlich.
Er sprang aus dem Bett und gerade als er angezogen war, meldete sich Falco an. Henry ließ ihn hereinbitten und warf einen tadelnden Blick auf Amanoue, der sich noch immer genüsslich im Bett rekelte. „Bedecke dich, du schamloses Biest“, sagte er befehlend und drohte ihm mit dem Zeigefinger. Amanoue seufzte genervt und zog die Decke über sich.
Der König schüttelte schmunzelnd den Kopf, gab den Dienern ein Zeichen mit dem Bettzeug noch zu warten und stolzierte hinüber zu seinem Thron. Er setzte sich und Falco kam raschen Schrittes näher.
Er salutierte schneidig wie immer und verbeugte sich knapp. „Ein Bote ihrer Majestät, war da, Eure Majestät!“, sagte er laut und deutlich erfreut. Die Aufregung, über die baldige Ankunft der Königin, war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
Henry nickte seufzend, lächelte dann aber. „Und? Was sagte er?“
„Ihre Majestät und Euer Onkel, Herzog Richard, sind auf dem Weg hierher und werden wohl noch am Nachmittag hier eintreffen! Eure Majestät!“, antwortete Falco strahlend.
„Wie mir scheint, seid Ihr mehr darüber erfreut, als ich es eigentlich sein sollte“, brummte Henry gelassen, doch innerlich tobte er vor Nervosität. Er klopfte mit seinem Zeigefinger trommelnd auf die Tischplatte und schnaufte durch. „Gut, nein, eigentlich nicht, gut“, sagte er nachdenklich und Falco war die Verwirrung in seiner Miene abzulesen. „Hört zu, Hauptmann! Ich möchte, dass Ihr mit einer Abordnung die Königin abfangt und ihr sagt, dass sie unmöglich hier lagern könne! Es wäre zu wenig Platz!“, wedelte er mit seiner Hand fahrig in der Luft herum.
„Aber Eure Majestät, es ist genügend Platz! Die Wiese ist groß genug, deswegen haben wir doch hier, unser Lager errichtet!“, widersprach Falco uneinsichtig.
„Hauptmann!“, herrschte Henry ihn an, „es ist zu wenig Platz! Es ist mir gleich, wie Ihr es anstellt, aber Ihr müsst die Königin davon überzeugen! Sie soll, von mir aus, zwei, drei Meilen, weiter flussabwärts lagern, aber um Himmelswillen, nicht direkt hier!“, verdeutlichte er ihm eindringlich und deutete mit einer energischen Kopfbewegung Richtung Bett.
„Oh! Ja, sicher“, antwortete Falco verlegen nickend, als er endlich verstanden hatte. „Ganz, wie Eure Majestät wünschen!“
„Sagt ihrer Majestät, dass ich sie selbstverständlich noch heute Abend aufsuchen werde, so dies ihr Wunsch ist und bestellt ihr die besten Grüße“, sagte Henry wieder etwas ruhiger.
„Eure Majestät!“ Falco schlug sich die Faust auf die Brust, „ich werde mich sofort auf den Weg machen und mich nach einem geeigneten Lagerplatz für die Königin und ihr Gefolge umsehen!“, sagte er, salutierte erneut und eilte hinaus, nachdem Henry ihm das Zeichen dazu gegeben hatte.
Der König lehnte sich seufzend zurück und schloss geschafft die Augen. „Gott im Himmel, steh mir bei“, stöhnte er leise. „Was wird das noch werden?“
Amanoue rutschte aus dem Bett und kam auf ihn zu geschlendert. „`err?“
Henry zog ihn auf seinen Schoß und drückte ihn zärtlich. „Nichts, mein Liebling“, meinte er und lächelte ihn liebevoll an. „Ziehst du dich heute denn gar nicht mehr an?“, fragte er schmunzelnd und tätschelte ihm den Po.
„Doch `err, jedsd gleisch“, antwortete Amanoue, von ihm runterspringend und hüpfte zum Waschtisch. Henry beobachtete ihn versonnen, wie er sich wusch und anschließend ankleidete. „Was machen wir `eute?“, fragte Amanoue danach mit schiefgelegtem Kopf.
„Ich weiß es nicht?“, antwortete Henry und lächelte ihn verliebt an.
„Spasieren ge`en?“
Henry verzog skeptisch den Mund. „Besser nicht, wer weiß, wem wir dieses Mal begegnen, die letzte Ohrfeige hat mir gereicht!“
Amanoue kicherte vergnügt und setzte sich wieder auf seinen Schoß. „Würfeln?“, fragte er schelmisch.
„Auf gar keinen Fall, du kleines Biest! Damit du mich wieder bloßstellst?“, antwortete Henry vorwurfsvoll.
Amanoue lachte laut. „Oh `err, Ihr `ättet Eure Gesicht se`en sollen!“
„Biest“, brummte Henry. Er hielt ihn am Kinn fest und küsste ihn sanft. „Wieso gehst du nicht ein wenig hinaus, zu den Jungs?“
Amanoue rutschte verlegen auf seinem Schoß herum. „Isch mag nischd“, zierte er sich. „Isch würde viel lieber, bei Eusch bleiben!“
„Unsinn! Geh ein bisschen hinaus, ja? Ich muss ein wenig allein sein, mein Kätzchen, so viele Gedanken, gehen mir im Kopf herum. Verstehst du mich?“
Amanoue seufzte schwer. „Ja, `err, aber vielleischt könnte isch Eusch `elfen und trösten?“
„Bitte, Liebling, lass mich allein! Ich muss mich allein auf das Wiedersehen, mit Sybilla vorbereiten“, sagte Henry sanft, aber keinen Wiederspruch mehr duldend.
Amanoue seufzte erneut und erhob sich. „Gut, dann ge`e isch eben“, maulte er etwas beleidigt und schlurfte hinaus. Er schlenderte zu Bracs Truppe und blieb unschlüssig stehen. „`allo“, sagte er kleinlaut und Brac blickte von seiner improvisierten Kochstelle auf.
„Na Kleiner, wieder besser drauf, heute?“, grinste der große Soldat ihn an.
„Ja, schon“, meinte Amanoue und bohrte drehend seine Fußspitze in den Boden. „Er `at misch rausgeschickt und jedsd weiß isch nischd, was isch tun soll…“
Brac lachte. „Na dann, komm her! Du kannst mir beim Kochen helfen!“
„Oh ja, wirklisch?“, rief Amanoue erfreut und eilte sofort zu ihm. „Was soll isch machen?“
„Hier“, Brac deutete mit dem Messer auf einen Berg Karotten, „die kannst du schälen! Aber pass auf, dass du dich nicht schneidest! Sie sind alt und schon ein bissel weich“, meinte er und reichte ihm das Schälmesser.
Amanoue nahm es strahlend, setzte sich neben ihn auf einen Hocker und griff sich die erste Karotte. „Ähm, wie?“, fragte er etwas ratlos.
„So, siehst du?“, meinte Brac und raspelte mit seinem Messer über die Oberfläche einer der Rüben. „Dann schneidest du noch die Enden ab und wirfst sie in den Topf.“
„Ja!“, rief Amanoue begeistert und schnitzte los. Er half Brac beim Kochen eines kräftigen Eintopfes und unterhielt sich dabei angeregt mit ihm, während er voller Inbrunst die Suppe umrührte.
„Mm, was riecht hier denn so gut“, rief ihnen Matto entgegen und trat schnuppernd heran. Nach und nach gesellte sich auch der Rest der Truppe zu ihnen und Brac verschränkte die Arme vor seiner massigen Brust.
„Mal wieder typisch“, murrte er vorwurfsvoll, „sobald alles fertig ist, kommt die Bande angetrabt! Ihr Nichtsnutze! Wo habt ihr euch wieder rumgetrieben?“
Alle seine Jungs sahen ihn treuselig an und grinsten verschmitzt, als sie sich, jeder mit einer Schüssel und einem Holzlöffel bewaffnet, in einer Reihe aufstellten. Amanoue schaufelte mit einer großen Kelle ihre Schüsseln voll und strahlte dabei übers ganze Gesicht. „`abe isch gemacht“, sagte er stolz.
„Duuu?“, kam es prompt von Benny, „na toll, das kann ja schmecken!“
„Du brauchst es ja nischd su essen, wenn es dir nischd schmeckt!“, giftete Amanoue sofort zurück.
„Ruhe! Sofort!“, rief Brac streng dazwischen, „und, er hat recht! Wenn es dir nicht gut genug ist, dann lass es! Ansonsten, guten Appetit“, herrschte er Benny an. Der verzog zwar säuerlich sein Gesicht, suchte sich aber umgehend einen Platz neben Finn und kostete erst einmal sehr skeptisch, von der Suppe.
Auch Amanoue nahm sich, als alle anderen versorgt waren, eine Schüssel voll und setzte sich damit im Schneidersitz neben Matto, auf den Boden. „Schmeckt klasse“, meinte der augenzwinkernd und löffelte begeistert weiter. Seine Kameraden nickten bestätigend und selbst Benny aß, wenn auch still, seine ganze Schüssel leer.
„Jetzt bist du also unser neuer Koch, le Chef de Cuisine?“, fragte Bernard amüsiert und Brac räusperte sich geräuschvoll.
„Sagen wir Küchengehilfe, ja?!“, raunte er etwas pikiert, Amanoue grinste verschmitzt und sie lachten. „Allerdings, muss ich sagen, er stellt sich gar nicht dumm an und hatte gleich den Bogen raus“, fügte der große Mann lobend hinzu. „Im Gegensatz zu euch fauler Bande! Und, er hat sich nicht ein einziges Mal, geschnitten!“, meinte er, mit einem kritischen Blick auf Finn.
„Zum Glück“, murmelte Matto schmunzelnd. „Ich hab ja nichts gegen Fleischeinlage, aber wisst ihr noch? Als Finny hier bei uns angefangen hatte, hat er sich beim Küchendienst gleich mal den halben Finger abgeschnitten! Woah, Blutsuppe, gab`s dann“, raunte er, sich schüttelnd und alle lachten herzlich.
„Gewürzt, hat der Kleine den Eintopf auch“, lobte Brac Amanoue weiter.
„Ach, ich wusste doch gleich, dass da was anders schmeckt, als sonst“, sagte Benny überheblich und alle sahen ihn genervt an. Benny zuckte gelassen die Achseln. „Ich meine ja nur, irgendwie besser und würziger“, meinte er und nun starrten ihn alle überaus überrascht an.
„Wirklisch?“, fragte Amanoue ungläubig, „es `at dir geschmeckt?“
„Hm, ja, war nicht schlecht“, antwortete Benny verhalten, „kannste öfter machen.“
„Na also“, brummte Brac zufrieden, „geht doch!“
Amanoue grinste verschmitzt zu ihm hin und auch um Bennys Lippen, lag ein kleines Schmunzeln.
Nachdem sie zusammen den Abwasch erledigt hatten, saßen sie alle zusammen und unterhielten sich angeregt miteinander. Selbst Benny hörte Amanoue interessiert dabei zu, als der ihnen erzählte, wie er von seinem Onkel das Bogenschießen beigebracht bekommen hatte und als er sagte, dass er sehr gerne mal wieder mit einem Bogen schießen würde, stand Matto auf und forderte ihn zu einem kleinen Wettschießen heraus. Amanoue nahm begeistert an und so gingen sie zu einem Platz hinüber, an der sie zum Üben eine Bogenscheibe aus Stroh aufgestellt hatten.
„Na dann, zeig uns doch mal, was du kannst“, meinte Matto und reichte ihm Bogen und Köcher.
„Ein bisschen groß“, murmelte Amanoue abschätzend, legte einen Pfeil an, zielte kurz und schoss. Er traf die Scheibe, aber nur am Rand.
„Ha, du Angeber!“, rief Benny kichernd, „ist wohl doch nicht so viel her, mit deinen Bogenkünsten!“
Amanoue hob die Augenbrauen und zuckte nur lässig mit den Schultern. „Keine besonders gute Bogen und auf eine unbeweglische Siel su schießen, da war isch nie besonders gut! Eine Reiterbogen, liegt mir mehr…“
„Oh Mann“, stöhnte Finn dazwischen. „Hör schon auf, du Angeber! Lass mich mal!“ Er nahm ihm den Bogen ab, legte an und schoss. Ziemlich weit daneben.
„Du `ast nischd mal die Scheibe getroffen“, lachte Amanoue los und schlug ihm auf die Schulter.
„Hast recht, schlechter Bogen“, sagte Finn grinsend und reichte den an Matto zurück.
„Das ist ein erstklassiger Bogen“, rief der überzeugt, „nur ihr, seid schlechte Schützen! Jetzt seht her und lasst mal `nen echten Könner ran“, meinte er selbstbewusst, zielte und traf tatsächlich fast in die Mitte der Scheibe. „Jepp!“, raunte er grinsend und seine Kameraden klatschten johlend Beifall. „Frischlinge, halt“, sagte er zu ihnen und lächelte milde.
„Los, Benny, jedsd du! Seig`s ihm!“, forderte Amanoue den auf und stieß ihn an.
Benny trat vor und schoss, knapp neben Mattos Pfeil. „Nicht schlecht, für `nen Anfänger“, meinte der nur.
„Das nennt man Anfängerglück!“, spottete Bernard herüber und die älteren Soldaten lachten wieder.
„Wo ist Alec eigentlisch?“, fragte Amanoue, sich noch kurz umsehend, bevor er erneut antrat.
„Keine Ahnung, macht sich zurzeit recht rar“, antwortete Matto achselzuckend, „und ist noch stiller, als sonst!“
Amanoue sah ihn stirnrunzelnd an, zielte dann aber konzentriert und schoss. Der Pfeil landete voll in der Mitte und alle starrten mit offenen Mündern zur Scheibe. „Tja, musste misch wohl erst einschießen“, meinte Amanoue wie selbstverständlich und reichte den Bogen an Finn weiter, doch der verfehlte wieder die Scheibe. Resigniert gab er auf und sah den drei anderen lieber dabei zu, wie die noch einige Runden weitermachten, doch Amanoues Schuss, blieb sowohl für Benny als auch für Matto, unerreicht.
„Warst gar nicht übel“, meinte Benny, als sie zurück zu ihrem Lagerplatz gingen, „für einen Barbaren!“
Amanoue sah ihn zwar schief an, erwiderte aber nichts darauf und grinste nur still, vor sich hin. Gerade, als sie sich hingesetzt hatten, wurde es unruhig im Lager. Immer mehr Soldaten verließen ihre Plätze rund um die Lagerfeuer und liefen aufgeregt quasselnd, in Richtung des königlichen Zeltes.
„Was`n los?“, rief Brac einem vorbeieilenden Mann zu.
„Herzog Richard, ist eben eingetroffen!“, rief der zurück und rannte seinen Kameraden hinterher.
Brac runzelte sichtlich überrascht seine Stirn. „Na sowas! Der traut sich noch hierher, nachdem er seine Majestät so schändlich im Stich gelassen hat?“, brummte er vor sich hin und stand auf. „Na kommt, wollen doch mal sehen, was da los ist!“
„Und, wie seine Majestät reagiert“, meinte Matto verhalten, woraufhin sie sich alle wieder erhoben. Sie folgten ihren Kameraden nach, die sich bereits alle neugierig nach vorne drängten und sich schließlich einigermaßen geordnet aufstellten, als Herrik es lautstark befahl.
„Seht ihr was?“, fragte Amanoue aufgeregt und hopste hinter ihnen auf und ab, da er kleiner als alle anderen war und so gut wie nichts sehen konnte.
„Er ist es tatsächlich“, raunte Brac, der natürlich über alle hinwegblickte. „Falco ist bei ihm! Und jetzt kommt tatsächlich, seine Majestät!“, sagte er überrascht, als Henry aus seinem Zelt trat.
Der König blieb stehen, während der Herzog vom Pferd stieg und mit ihm sein Geleitschutz, Falco und dessen Männer. Einen Momentlang sahen sich beide nur an, der Herzog bedauernd und Henry wie erstarrt, dann trat Richard vor und verbeugte sich tief. Henry zögerte noch kurz, doch dann eilte er rasch auf seinen Onkel zu und beide fielen sich in die Arme. Ein mittelgroßer Hund stand halb hinter dem Herzog verborgen und beäugte alles um sich herum argwöhnisch.
„Ist das etwa Sirrah?“, fragte Brac erstaunt.
„Keine Ahnung, ist ziemlich groß!“, antwortete Finn schulterzuckend. „Doch Mann, das ist sie! He, Manou, da ist Sirrah“, sagte er ganz aufgeregt und Amanoue versuchte einen Blick nach vorne zu erhaschen. Er hielt sich an Finns Schulter fest und sprang aufgeregt an ihm hoch. „Isch kann nischds se`en!“, sagte er frustriert.
„Es ist dein Köter“, sagte Benny bestätigend, „ich rieche ihren Gestank, bis hierher!“
„Komm doch mal her, Kleiner“, sagte da Brac, hob Amanoue hoch, als wäre er nicht mehr als ein Kind und setzte ihn auf seinen breiten Schultern ab. „Und, besser?“
Amanoue nickte begeistert und blickte gespannt über die Köpfe aller hinweg. Er sah, wie Henry und Richard miteinander sprachen, wobei sie sich noch immer gegenseitig an ihren Unterarmen festhielten und beide schienen gleichermaßen gerührt über ihr Wiedersehen, zu sein. Dicht neben dem Herzog stand ein falben-farbiger Hund, der nicht gerade vertrauenswürdig aussah und Henry äußerst misstrauisch beobachtete.
„Ist sie das?“, fragte Amanoue aufgeregt, doch dann schüttelte er gleich wieder den Kopf. „Nein, das kann sie nischd sein! Diese `und, ist viel su groß und sieht auch gans anders aus, als meine Sirrah“, meinte er skeptisch.
„Doch, Mann, das ist sie, ich erkenne sie wieder“, sagte Finn zu ihm hoch. „Während du nicht da warst, ist sie schon ein ganzes Stück gewachsen und jetzt ist sie ja immerhin schon ein dreiviertel Jahr alt“, meinte er überzeugt.
„Aber sie sieht gans anders aus, ihre Farbe und ihre Ohren auch! Sie `ängen gar nischt mehr, sondern ste`en aufrescht, wie bei eine Wolf“, widersprach Amanoue erneut.
„Das hatte sie schon, als der Herzog noch auf der Burg von Averna war, erst hat sich das linke Ohr aufgestellt und dann auch das andere, sie sah so putzig aus, mit dem einen Kippohr“, erwiderte Finn grinsend. „Bin gespannt, ob sie uns und vor allem dich, wiedererkennt?!“
„Isch glaube kaum“, meinte Amanoue ein wenig enttäuscht. „Lässt du misch bitte runter?“, bat er Brac und der setzte ihn federleicht wieder ab.
„Das kann man nicht sagen, Kleiner, Hunde haben ein gutes Gedächtnis“, sprach der Riese ihm aufmunternd zu und tätschelte ihm sanft die Schulter.
„Aber sie war doch noch viel su klein“, seufzte Amanoue traurig, „und erinnert sisch bestimmt nischd mehr, an misch.“
„He, Manou“, rief eine Stimme, von weiter vorn, „du sollst zu seiner Majestät kommen!“
Amanoue verzog etwas eingeschüchtert seinen hübschen Mund und blickte hilfesuchend zu Brac auf. „Kommst du mit?“, fragte er fast ängstlich.
„Nee, Kleiner, das geht nicht! Nach mir, hat keiner gerufen und nun geh schon, seine Gnaden mochte dich doch, hm?“, antwortete der und stieß ihn aufmunternd an.
Amanoue bahnte sich seufzend einen Weg durch die Soldaten und trat verlegen vor die Reihen. Der Herzog lächelte ihm zu und Henry winkte ihn freundlich zu ihnen heran. „Da bist du ja“, sagte er und hielt ihn am Ellenbogen fest, als er niederknien wollte. „Du darfst ruhig stehenbleiben“, meinte Henry lächelnd.
„Danke, `err“, erwiderte Amanoue mit demütig gesenktem Blick. Er verbeugte sich artig vor Henry und dann auch vor dem Herzog. „Eure Gnaden“, begrüßte er den Onkel des Königs schüchtern und der zog ihn spontan in seine Arme.
„Amanoue! Ich freue mich, dich gesund wieder zu sehen! Retter von Austrien“, raunte er augenzwinkernd und mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht.
„Eure Gnaden?“, erwiderte Amanoue etwas überfordert und ohne den Blick zu heben, „isch freue misch auch, Eusch wieder su se`en. Wie geht es Eusch?“
„Danke, gut“, antwortete der Herzog schmunzelnd. „Wie habe ich deinen erfrischenden Akzent vermisst“, sagte er überaus freundlich und drückte ihn nochmals kurz. „Sieh mal, wen ich dir mitgebracht habe“, raunte er leise, ließ ihn los und stieß einen leisen Pfiff aus. Der Hund, der sich argwöhnisch wieder einige Meter von ihnen entfernt hatte, näherte sich vorsichtig und blieb neben dem Herzog stehen.
„Ist sie das?“, fragte Amanoue beklommen und sofort schossen ihm die Tränen in die schönen Augen. „Ist das Sirrah?“
Der Herzog nickte bestätigend. „Jawohl, das ist sie! Groß geworden, hm?“, meinte er und tätschelte beruhigend den Hund, der schon wieder im Begriff war, sich zurückzuziehen.
Amanoue schluckte einige Male und streckte langsam seine Hand aus. „`allo `und, erkennst du misch noch?“, sagte er voller Hoffnung, doch der Hund wich sofort zurück.
„Sie ist ziemlich scheu und zurückhaltend geworden, in letzter Zeit, seit sie etwa ein halbes Jahr alt war. Liegt wohl am Wolfsblut, das in ihr fließt“, entschuldigte sich der Herzog für das Verhalten der Hündin. „He, meine Gute, schau doch mal, wer da ist! Dein Herrchen“, versuchte er es erneut. Er ging sogar in die Hocke und streichelte sie wieder besänftigend. „Komm ruhig näher, sie tut nichts“, sagte er dabei zu Amanoue hoch und Henry trat unwillkürlich, Amanoue mit sich ziehend, einen Schritt zurück.
„Lieber nicht“, meinte der König besorgt, „sie sieht ziemlich gefährlich aus! Und, sie ist riesig geworden!“, sagte er mit einem mulmigen Blick auf den wolfsähnlichen Hund.
Richard lachte auf und erhob sich wieder. „Eure Majestät brauchen sich wirklich nicht zu sorgen, sie ist lammfromm und sehr lieb, genau wie früher! Und so groß, ist sie doch noch gar nicht! Na komm, Amanoue“, winkte er den erneut zu sich.
„Sie erkennt misch nischd“, erwiderte Amanoue traurig. „Ist ja auch schon lange `er, seit sie misch sum lesden Mal gese`en `at“, sagte er enttäuscht und Henry drückte ihm tröstend die Hand, als Sirrah plötzlich leicht mit dem Schwanz zu wedeln begann. Sie sah Amanoue misstrauisch an, reckte den Kopf vorsichtig vor und schnupperte leise winselnd, in die Luft. Eine Träne lief Amanoue über die Wange und er biss sich verzweifelt auf die Unterlippe, um nicht gänzlich die Fassung zu verlieren.
„Sirrah?“, kam es leise über seine Lippen. Er legte den Kopf leicht schräg, so, wie er es oft machte und die Hündin winselte erbärmlich auf. Sie duckte sich nieder und ihr Schwanz begann so heftig zu wedeln, dass ihr ganzes Hinterteil hin und her wackelte. War es der Klang seiner Stimme oder die Weise, wie er das Wort ausgesprochen hatte, der Hund sprang urplötzlich laut jaulend auf ihn zu und versuchte, immer wieder an ihm hochspringend, an sein Gesicht zu kommen.
„Amanoue!“, kreischte Henry regelrecht auf und wich erschrocken zurück, doch Amanoue ließ sich auf die Knie fallen und umarmte die Hündin. Er streichelte sie überschwänglich und nun schien es kein Halten mehr für Sirrah zu geben. Laut jaulend und wie ein Welpe fiepend, sprang und hüpfte sie um ihn herum und warf ihn letztendlich sogar ganz um. „Meine Süße“, stammelte Amanoue völlig aufgelöst weinend, mit dem Hund auf sich draufliegend und nicht nur der Herzog lachte amüsiert auf. Auch durch die Reihen der Soldaten ging ein freudiges Raunen und selbst auf Henrys Gesicht, zeigte sich ein kleines, wenn auch noch immer ein etwas verhaltenes, Lächeln.
„Na also“, brummte Brac seinen Jungs zu, „freut mich echt riesig für unseren Kleinen, dass er auch mal ein Erfolgserlebnis hat! Hm?“, machte er und stieß Finn in die Rippen.
„Mich auch, ehrlich Mann“, raunte der sichtlich gerührt zurück und die anderen nickten dazu.
„Heulst du etwa?“, fragte Benny beinahe angewidert und sah den schlaksigen jungen Mann verständnislos an.
„Quatsch!“, antwortete Finn und wischte sich schnell verstohlen über die Augen. Allerdings zerriss es ihn innerlich fast, als er zwangsläufig an seine Erlebnisse mit Amanoue und Sirrah zurückdachte. Er schnaufte tief durch und grinste unwillkürlich breit, bei der Erinnerung an ihren gemeinsamen Tag in Baijans Zelt. Wie sie beide betrunken von den Zwillingen geträumt und geschwärmt hatten und, an Amanoues Kuss. Seufzend lächelte er in sich hinein und dachte voller Zärtlichkeit an die Zeit zurück, die er mit seinem einstmals besten Freund, verbracht hatte. Mit einem Male, schämte er sich und bereute es zugleich auch zutiefst, dass er sich in letzter Zeit so von Amanoue zurückgezogen hatte, als er erneut Bennys keifende Stimme neben sich vernahm.
„So ein Trubel, wegen einem Köter! Na so ein Glück, dass ich den Gestank im Zelt nicht mehr ertragen muss“, zeterte er schnippisch.
Amanoue war inzwischen wieder aufgestanden und strahlte übers ganze Gesicht, als er Henry und dessen Onkel ins königliche Zelt folgte. Sirrah wich nicht von seiner Seite und ging, regelrecht gegen ihn gepresst, neben ihm her, ganz so, als hätte es nie eine Trennung zwischen ihnen gegeben.
***
Im Zelt umarmte Henry seinen Onkel nochmals, allerdings viel ungezwungener und herzlicher. „Gott, wie habe ich Euch vermisst“, sagte er aufgewühlt und schluckte gerührt.
„Mein lieber Neffe“, erwiderte Richard und strich ihm liebevoll über die Wange, „es tut mir so leid, bitte, entschuldige mein Verhalten, ich war so ein Narr!“
Henry schüttelte widersprechend den Kopf. „Nein, das wart Ihr nicht! Ihr habt Euch nur Sorgen gemacht und es ehrlich gemeint, mit mir, dies ist mir inzwischen bewusst geworden“, gab er ehrlich zu und biss sich kurz auf die Unterlippe, um seine Fassung wieder zu erlangen. „Setzt Euch, Onkel! Sebastian, bringe uns Wein“, sagte er gutgelaunt und der Diener schenkte, den Herzog freudig begrüßend, beiden ein, während Amanoue auf dem Boden sitzend mit dem Hund herumtollte.
„Er hat sich nicht verändert“, stellte Richard lächelnd fest, „immer noch, als wäre er ein großes Kind! Wie war euer Wiedersehen?“, fragte er leichthin und sofort verschwand jegliche Freude aus Henrys Gesicht.
Gedankenverloren, blickte er in seinen Pokal. „Entsetzlich“, antwortete er leise. „Ich habe ihn auspeitschen lassen und beinahe getötet“, sagte er, seinen Onkel bitter ansehend. „Aber das erzähle ich Euch ein andermal, nicht heute und jetzt, da ich gerade so glücklich bin, Euch wohlauf wiederzusehen!“
Richard war dermaßen verblüfft, dass er Henry für einen Moment nur anstarren konnte und erst als er dessen Hand auf seiner spürte, nickte er blinzelnd. „Sagt, wie geht es der Königin?“, fragte Henry deshalb ablenkend nach, „war sie sehr ungehalten, als ich ihr meinen Hauptmann auf den Hals schickte?“
Richard lachte schnaubend auf. „Das kann man wohl sagen, du kennst ihr Temperament! Sie war mehr, als ungehalten und auch ziemlich enttäuscht, aber ich soll dir die besten und liebsten Grüße ausrichten! Und, Henry, sie erwartet dich natürlich! Noch heute!“, erwiderte er eindringlich.
Henry seufzte schwer. „Natürlich! Wir werden auch sogleich aufbrechen“, pflichtete er seinem Onkel bei. „Ich freue mich ehrlich, sie wiederzusehen! Aber was blieb mir anderes übrig?“, sagte er und deutete mit einer Kopfbewegung zu Amanoue hin. „Wieviel, weiß sie über ihn?“
„So gut wie nichts, Eure Majestät“, erwiderte Richard. „Ich habe ihr nur erzählt, was sie ohnehin schon aus Euren Briefen wusste. Dass er ein asconischer Sklave sei, den Ihr aus Mitleid von tiranischen Sklavenhändlern freigekauft habt und der Euch seither, als Sekretär dient. Von unserem kleinen Ausflug nach Magiyar und dem Bordell, habe ich lieber nichts erwähnt! Ihr wisst, wie eifersüchtig sie ist“, grinste er augenzwinkernd und Henry nickte erleichtert.
„Ich danke Euch! Früher oder später, wird sie ihn eh zu Gesicht bekommen und dann muss ich mir wohl eine bessere Geschichte über ihn ausdenken! Gott, wie mir davor graust“, sagte Henry und schüttelte sich zwangsläufig.
„Tja, Eure Majestät, das hättet Ihr Euch wohl besser früher überlegen sollen! Ihr wusstet, dass es Wahnsinn und purer Leichtsinn war, ihn überhaupt bis hierher mitzunehmen“, seufzte Richard und sah ihn mit einem stillen Vorwurf an, doch Henry winkte ab.
„Nun ist es, wie es ist! Ich kann mich nicht, von ihm trennen und sie wird ihn wohl oder übel, akzeptieren müssen! Ich, bin der König und Könige hatten schon immer Mätressen!“, sagte er gereizt dazu und trank einen Schluck.
„Mätressen?“, rief der Herzog plötzlich aufgebracht aus, „Henry, er ist ein Junge! Eine andere Frau, an deiner Seite, würde man vielleicht noch tolerieren, aber einen Lustknaben? Nie und nimmer!“
„Fangt Ihr schon wieder an?!“, gab Henry ebenso aufgebracht zurück und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Richard hob schnell beschwichtigend beide Hände und schüttelte den Kopf. „Nein, Eure Majestät, gewiss nicht! Ich verspreche Euch, zu Euch zu halten, komme, was wolle! Aber eines, kann ich Euch ebenfalls versprechen, Euer Bruder, weiß bedeutend mehr, als Sybilla und er, wird es gewiss nicht akzeptieren! Henry, Wilhelm hatte Spione, hier im Lager“, sagte er eindringlich und ihn sehr ernst ansehend.
„Spione?“, wiederholte Henry verächtlich, „dass ich nicht lache! Wilhelm würde mich nie hintergehen!“
Sein Onkel lehnte sich schwer durchatmend zurück. „Auch wenn du große Stücke auf ihn hältst und ihm das nicht zutraust, aber er wusste alles! Jeden Schritt, den du unternommen hast! Und, er weiß, was Amanoue wirklich, für dich ist! Henry, bitte, ich habe doch nur Angst um dich und mache mir Sorgen! Er, hat bereits einen Erben und eine Tochter und, seine Frau, ist schon wieder in guter Hoffnung! Während du in der Weltgeschichte herumreist und Krieg führst, setzt er wirklich alles in Bewegung, um seine Stellung als Thronfolger zu festigen! Und glaube mir, einige Herzöge und Grafen, stehen bereits hinter ihm!“
„Niemals!“, rief der König erzürnt und schlug erneut auf den Tisch, das alles wackelte. „Wilhelm liebt mich und würde mich niemals verraten! Und nun will ich nichts mehr, von Euren Verschwörungstheorien hören! Schweigt gefälligst, ein für alle Mal“, herrschte er ihn an.
Richard schloss kurz seufzend seine Augen, bevor er seinen Neffen mitfühlend ansah. „Ich liebe Euch ebenfalls, über alle Maßen, Eure Majestät!“
„Das weiß ich doch“, brummte Henry versöhnlicher, „aber glaubt mir, Ihr täuscht Euch in Wilhelm! Er würde niemals etwas tun, das mir schaden könnte!“, setzte überzeugt hinzu und stieß mit seinem Pokal gegen Richards Becher. „Lasst uns darauf trinken, ja? Darauf und auf meine, hoffentlich glückliche, Heimkehr“, sagte er milde lächelnd.
Beide prosteten sich zu und leerten ihre Trinkgefäße auf einen Zug, wobei ihnen Amanoue mit einem bekümmerten Blick zusah. „Na, kleiner Prinz“, sagte der Herzog freundlich, „warum dieses traurige Gesicht?“
„Es betrübt misch, dass Eure Gnaden und meine `err, wegen mir streiten“, antwortete Amanoue schüchtern.
„Nennt ihn nicht so“, raunte Henry seinem Onkel mürrisch zu, „ich will das nicht!“
„Aber genau das, ist er doch, ein Prinz“, erwiderte der erstaunt. „Ich habe das nicht vergessen!“
Henry schnaufte gereizt durch. „Seit Ihr hier seid, versucht Ihr mich zu provozieren! Er ist kein Prinz, nicht hier! Er ist mein Sklave und damit ist Schluss! Ich wünsche nicht, dass Ihr ihn weiterhin so ansprecht und auch kein anderer!“, zischte er trotzig.
„Jawohl, Eure Majestät“, erwiderte Richard und deutete mit einem kleinen Schmunzeln eine Verbeugung an. „Ganz, wie Ihr wünscht!“
Henry sah ihn lauernd an, lehnte sich genervt zurück und begann mit seinem Zeigefinger auf die Tischplatte zu klopfen, was Richards Schmunzeln noch bekräftigte. „Die `err `at rescht, es gibt keine Prins mehr“, sagte da Amanoue leise und tief betrübt. „Bitte, Eure Gnaden, nennt misch nischd mehr so“, bat er unterwürfig und beide sahen überrascht zu ihm hin.
„Naja, wie dem auch sei“, murmelte Henry etwas betreten und räusperte sich verhalten. „Ich denke, es wird Zeit, den Stier bei den Hörnern zu packen! Lasst uns aufbrechen, Euer Gnaden“, sagte er und sofort richtete Amanoue sich straff auf.
„Welsche Stier? Verlangt man das `ier, von Eusch, `err? Ihr sollt mit eine Stier kämpfen?“, fragte er erschrocken und mit einem derart besorgten Blick, dass beide augenblicklich auflachten.
„Nein, mein Liebling, mache dir keine Sorgen! Das ist nur ein Sprichwort, mehr nicht“, meinte Henry beruhigend, „und dieser Stier, ist wohl eher eine Kuh, wenn auch eine sehr temperamentvolle!“
Amanoue nahm den Kopf zurück und sah noch verdatterter aus. „Eine Kuh? Das klingt trossdem gefährlisch! Ihr werdet doch auf meine `err aufpassen, Eure Gnaden?“, sagte er skeptisch zu dem, als der ein wenig empört auflachte.
„Eure Majestät! Wie könnt Ihr nur“, schallte er Henry vorwurfsvoll, „wenn ihre Majestät diesen Vergleich gehört hätte!“
„Sie würde mir den Kopf waschen und zwar gehörig!“, antwortete Henry bestätigend, aber auch amüsiert.
„Eure Königin, wäscht Eusch die Kopf, sur Begrüßung? Eine seltsame Sitte“, meinte Amanoue derart fassungslos, dass dieses Mal nicht nur Henry und Richard lachten, sondern sogar Kai mit kicherte.
„Sei jetzt still, du dummes Ding“, brummte Sebastian, der sich ebenfalls nur mühsam beherrschen konnte, zu Amanoue hin.
„Oh Liebling“, lachte Henry immer noch, „mache dir einfach keine Sorgen, ja? Mir wird ganz bestimmt nichts Böses widerfahren“, sagte er, zu ihm tretend und zog ihn hoch. Als er ihn sanft auf den Mund küsste, räusperte sich Richard verlegen und kam ebenfalls um den Tisch herum.
„Daran, werde ich mich wohl nie gewöhnen“, grummelte er kopfschüttelnd und beugte sich zu Sirrah hinab. „Na Kleine, was machst du? Gehst du mit mir mit?“, fragte er und die Hündin sprang schwanzwedelnd an ihm hoch. Dabei blickte sie zwischen ihm und Amanoue hin und her, ganz so, als ob sie verstanden hätte. „Soll ich sie hier, bei dir lassen?“, richtete der Herzog sich nun an den.
„Sie ge`ört Eusch, Eure Gnaden und ge`ört su Eusch, nischd su mir“, antwortete Amanoue leise und mit demütig gesenktem Blick.
„Aber ich denke, dass sie lieber bei dir bleiben möchte“, erwiderte Richard achselzuckend und Henry einen auffordernden Blick zuwerfend.
Henry sah ihn zwar etwas überrumpelt an, doch dann seufzte er geschlagen. „Gut, sie darf hierbleiben“, raunte er. „Aber erst einmal, nur für diese Nacht! Dann bist du wenigstens beschäftigt und kommst nicht auf dumme Gedanken! Und Amanoue! Sei brav und betrinke dich ja nicht“, sagte er tadelnd und Amanoue blickte prompt empört auf.
„Isch?“
„Ja, du! Oder denkst du, ich wüsste nicht, dass du heimlich mit den Soldaten einen kippst, wenn du bei ihnen bist?“, antwortete Henry und machte mit seiner Hand eine trinkende Geste.
Amanoue verzog ertappt den Mund und grinste verstohlen. „`öchstens, eine gans kleine wenig“, nuschelte er verlegen, „meine und Sirrahs Wiederse`en feiern, ja?“, meinte er und sah dabei so unglaublich süß aus, dass der Herzog kopfschüttelnd auflachte.
„Er wickelt Euch also immer noch, um seinen kleinen Finger, hm? Wie eh und je, dieser kleine Charmeur“, sagte er mit einem Augenzwinkern und Henry hob resignierend beide Schultern.
„Mehr denn je“, seufzte er nur, während Amanoue die Arme um seinen Hals schlang und sich zärtlich an ihn schmiegte.
„Bitte, `err, seid trossdem vorsichtisch und wenn Ihr es irgendwie vermeiden könntet, dass mit die Stier oder die Kuh, dann wäre isch wirklisch froh! Und nun geht, oder isch lasse Eusch nischd mehr fort“, hauchte er ihm liebevoll ins Ohr.
Henry schloss gerührt seine Augen und drückte ihn an sich. „Bis später, mein kleiner Liebling, aber warte nicht auf mich, es wird sicherlich spät werden, ja? Und das mit dem Stier, lässt du dir von Sebastian erklären, oder Brac“, sagte er sanft, grinste nochmals und löste sich aus Amanoues inniger Umarmung. „Ich liebe dich, mein Kätzchen und sei ja artig!“, meinte er noch und schlug ihm leicht auf den Hintern.
„Das werde isch, `err“, antwortete Amanoue belegt und plötzlich füllten sich seine wunderschönen Augen mit Tränen. „Bitte, verlasse misch nischd“, hauchte er tränenerstickt, „isch, isch…“, stammelte er und stampfte vor Verlegenheit mit einem Fuß auf.
Henry lächelte ihn zärtlich an. „Ich weiß, mein Kätzchen“, raunte er sanft und verließ mit einem glücklichen Lächeln das Zelt.
Richard nickte Amanoue noch einmal schmunzelnd zu und als er beschwingt seinem Neffen nachfolgte, lief Sirrah schwanzwedelnd mit ihm zum Zeltausgang. „Bleib!“, sagte er bestimmt und die Hündin blickte unschlüssig von ihm zu Amanoue hin.
„Komm“, rief der sie wieder zu sich und klopfte auf seine Schenkel. Sirrah trottete wieder zu ihm und setzte sich freudig hechelnd neben ihn. „So ist es brav“, lobte Amanoue sie und kraulte sie, ohne sich bücken zu müssen, hinterm Ohr.
Er wartete noch eine Weile, bis er sicher war, dass Henry und Richard fort waren, dann verabschiedete er sich von Sebastian und schlenderte mit Sirrah an seiner Seite hinüber zu Bracs Lagerplatz. Dabei kam ihm Finn entgegen und der beugte sich auch gleich grinsend über die Hündin, die jedoch sofort unter ihm wegtauchte und zurückwich.
„He, Sirrah, begrüßt man etwa so, einen alten Freund?“, rügte er sie, nicht ernst gemeint und streckte ihr seine Hand entgegen. Erneut wich der Hund vor ihm zurück, drehte ihm dann auch noch eiskalt den Rücken zu und ignorierte ihn vehement. „Was hat sie denn?“, fragte der junge Mann überrascht und richtete sich wieder auf.
„Weiß nischd“, erwiderte Amanoue achselzuckend. „Vielleischd muss sie sisch erst wieder an disch gewöhnen? Die `ersog sagte, dass sie sehr scheu geworden wäre, seltsam, nischd?“, meinte er, als sie gemeinsam zum Lagerfeuer schlenderten und sich setzten. Sirrah folgte ihnen zwar, blieb aber weiterhin äußerst misstrauisch und ließ sich nur nach anfänglichem Zögern, neben Amanoue nieder. Auch, als Brac und die anderen ihr Glück bei ihr versuchten und sie gutzuredend berühren wollten, erhob sie sich jedes Mal sofort und wich vor ihnen zurück.
„Was ist denn mit dem Köter los?“, fragte Benny gehässig, „ist ja `n richtiger Schisser geworden! So ein feiger Angsthase! Bist ja `n feiner Wachhund“, meinte er zynisch lachend, „rennst lieber davon, genau wie dein Herrchen, hm?“
„Sie mag `alt nischd von jedem angefasst werden“, verteidigte Amanoue sie und versuchte Bennys Attacke zu ignorieren. „Nischd wahr, meine Süße?“, lockte er die Hündin wieder zu sich und streichelte sie liebevoll.
„Im Gegensatz zu dir!“, stichelte Benny sofort wieder weiter und Finn stand auf. Er drängte sich an dem kleineren Gardisten vorbei und stellte sich zwischen sie.
Dabei stieß er Benny regelrecht unsanft an und der taumelte etwas zurück. „He!“, sagte er empört, doch niemanden schien es zu interessieren.
„`abt ihr vielleischd etwas su trinken?“, fragte Amanoue, genervt die Augen verdrehend und Finn nickte grinsend.
„Klar! Hier“, sagte er und reichte auch schon einen Becher mit Wein, den er von Brac grinsend herübergereicht bekam, an ihn weiter. „Ich freue mich jedenfalls für dich, dass sie dich wenigstens wiedererkannt hat“, meinte er laut und deutlich und setzte sich wieder nah neben Amanoue hin, was den Hund erneut dazu veranlasste, argwöhnisch zurückzuweichen. „Das gibt’s doch nicht! Du untreue Seele! Wie oft, bin ich mit dir spazieren gegangen, hm?“, wandte Finn sich vorwurfsvoll an das Tier.
„Sei ihr nischd böse, das wird schon wieder! Gans bestimmt! Wenn wir beide erst wieder mit ihr spasieren ge`en, sum `aufi machen, nischd?“, sagte Amanoue und strubelte mit beiden Händen in dem dichten Fell der Hündin herum. Sirrah quittierte es, indem sie ihm quer über das Gesicht leckte und alle lachten auf.
Nur Benny nicht, der mit verschränkten Armen dastand und ziemlich genervt wirkte. „Pfui Teufel“, sagte er angewidert und dieses Mal zog er die Blicke aller, auf sich. Und zwar warnend. „Ist ja schon gut“, murmelte er gereizt und drehte sich nach einem Sitzplatz suchend, einige Male schnippisch hin und her, nur um sich dann wie zufällig, neben Finns andere Seite zu setzen.
Sie aßen gemeinsam zu Abend und plauderten trinkend bis tief in die Nacht hinein. Meistens ging es dabei über den vergangenen Sommer und ihre gemeinsamen Erlebnisse, auch über Amanoues unfreiwilligen Tauchgang im Grenzfluss und alle lachten schallend. „Wie, du kannst nicht schwimmen?“, rief Amadeus fassungslos und sich die Lachtränen fortwischend, „und du wärst wirklich beinahe ertrunken?“
„Ja-a, war escht knapp“, antwortete Amanoue gelassen. „Und als isch dann meine Augen wieder aufgemacht `abe und all die dummen, verdudsden Gesischter um misch `erum gese`en `abe, `ätte isch sie am liebsten gleisch wieder sugemacht“, sagte er trocken und alle lachten wieder herzlich. „So“, meinte er schließlich und erhob sich auch schon. „Wird Seit, dass isch misch in Morpheus Arme begebe! Gute Nacht, eusch und danke, für die Wein und die Essen!“
„In wessen Arme?“, fragte Finn verdutzt und alle waren still.
„Morpheus!“
„Wer ist das denn?“, fragte Finn erneut und auch seine Kameraden sahen ziemlich belämmert aus.
Amanoue nahm den Kopf zurück und blickte ungläubig in die Runde. „Ihr wisst nischd, wer Morpheus ist, oder war? Er war die Gott der Träume, im antiken Grieschenland und misch, nennt ihr eine ungebildete Barbar!“, sagte er kopfschüttelnd und stolzierte mit Sirrah, die nicht von seiner Seite wich, zurück zu Henrys Zelt.
Amanoue versuchte zwar wachzubleiben, um auf Henry zu warten, doch irgendwann, weit nach Mitternacht, schlief er doch ein.